| Titel: | Beiträge zur Bestimmung des richtigen Röhren-Durchmessers und des Minimalgefälles der Drains. | 
| Autor: | v. Möllendorff, Waege, E. John | 
| Fundstelle: | Band 138, Jahrgang 1855, Nr. LXVIII., S. 257 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LXVIII.
                        Beiträge zur Bestimmung des richtigen
                           								Röhren-Durchmessers und des Minimalgefälles der Drains.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									VI.
                        Ueber Bestimmung des Röhren-Durchmessers der
                           								Drains.
                        
                     
                        
                           Der entschiedene Einfluß, den die Wahl des richtigen Durchmessers der Röhren auf die
                              									erfolgreiche Wirkung und die zu hoffende Dauer einer Drainanlage ausübt, darf als
                              									allgemein bekannt vorausgesetzt werden.
                           Ist der Durchmesser einer Röhrenleitung so klein, daß die zu bewältigende Wassermasse
                              									in dem zur Trockenlegung des Grundstücks festgesetzten Zeitraume nicht abgeführt
                              									wird, so ist die beabsichtigte Wirkung verfehlt, denn der Boden bleibt länger naß,
                              									als für zuträglich erachtet war. Ist der Durchmesser so groß, daß die Röhren
                              									jährlich nicht ein- oder einigemale vollfließen und dadurch von den
                              									Boden- und Ocker-Ablagerungen gereinigt werden, so ist für. die Dauer
                              									der Anlage zu fürchten, denn es werden nach längerer oder kürzerer Zeit
                              									Verstopfungen eintreten.
                           Bei der Berechnung des anzuwendenden Röhrendurchmessers sind drei Momente zu
                              									berücksichtigen:
                           
                              1) die Ermittelung der abzuführenden Wassermenge;
                              2) die Feststellung des Zeitraums, binnen welchem das Wasser aus
                                 										dem Boden entfernt werden soll, und
                              3) die Berechnung der Geschwindigkeit, mit welcher das Wasser in
                                 										den Röhren unter den verschiedenen Gefällverhältnissen abläuft.
                              
                           Hier soll nur der letztere Punkt ins Auge gefaßt werden.
                           Jeder wissenschaftliche Draintechniker kennt die hydrostatischen Formeln zur
                              									Berechnung der Abflußgeschwindigkeit in Röhrenleitungen, und weiß daß ein aus
                              									angestellten Versuchen hergeleiteter Contractions-
                              									und Widerstands-Coefficient die hypothetische in
                              									die wirkliche Geschwindigkeit verwandelt. Diese von
                              									gelehrten Forschern aufgestellten Formeln beziehen sich aber sämmtlich auf Metallröhren ohne Unterbrechung, nicht auf Thonröhren, die von
                                 										Fuß zu Fuß aneinander gereiht sind, und welche durch ihre rauheren
                              									Wandungen und durch die Stauung an den Stoßfugen dem Wasserabflusse einen größern
                              									Widerstand entgegensetzen, als die metallenen Röhren.
                           Da die in der Eytelwein'schen Formel:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 138, S. 257
                              
                           
                           enthaltenen Größen, von welchen c die Geschwindigkeit des
                              									Wasserablaufes pro Secunde, d den Röhrendurchmesser, h die Gefällhöhe, l die Länge der Leitung bedeutet, sich durchgängig auf
                              									preußische Duodecimalfuße beziehen, so ist in der Regel diese Formel als die
                              									bequemste und auch für den Zweck genügend genaue, von den preußischen
                              									Drain-Ingenieuren mit Rücksicht auf den größeren Widerstand modificirt und
                              									der Geschwindigkeitsberechnung für Drainröhrenleitungen untergelegt worden.
                              									Natürlich mußten die von verschiedenen Technikern gemachten gutachtlichen
                              									Modificationen auch verschiedenartige Resultate ergeben, weil dieselben nur auf
                              									Annahmen, nicht aber auf directen Versuchen beruhen, und deßhalb können die von Vincent in seiner „Theorie und Praxis der
                                 										Drainage“ Seite 36 und von Stocken in Nr.
                              									9 der Zeitschrift „für deutsche Drainirung und andere landwirthschaftliche
                                 										Meliorationen“ Jahrgang 1852 vorgeschlagenen Reductionen nicht
                              									genügen.
                           Da bis jetzt Experimente zur Ermittelung des Coefficienten nicht angestellt,
                              									wenigstens nicht veröffentlicht worden sind, so mußte, um den unsicheren
                              									gutachtlichen Annahmen nicht noch neue hinzuzufügen, durch inductive Versuche eine
                              									Grundlage' erstrebt werden.
                           Die behufs dessen von den Unterzeichneten angestellten Versuche zerfallen insofern in
                              									zwei Reihen, als der erforderliche constante Wasserspiegel bei der ersten Reihe in
                              									einem kleineren Wasserbehälter, nämlich einem Holzgefäße, bei der anderen in einem
                              									größeren, nämlich einem Mühlteiche, hergestellt wurde.
                           I. Reihe. Der Apparat, welcher bei den auf der städtischen
                              									Ziegelei zu Görlitz veranstalteten Versuchen angewendet wurde, war folgendergestalt
                              									zusammengesetzt.
                           Durch ein Pumprohr a, Fig. 19, wurde das Wasser
                              									aus einem Teiche in die Rinne b gehoben, und in dieser
                              									bis in das obere, auf einem Gestelle ruhende Reservoir A
                              									fortgeleitet. Der unmittelbar vor demselben auf dem Erdboden stehende Regulator B empfing seine Füllung aus dem Reservoir A durch ein Spundloch c,
                              									welches durch einen langen, conisch gearbeiteten Zapfen, je nach der erforderlichen
                              									vergrößerten oder verringerten Abströmung, mehr oder weniger geöffnet oder ganz
                              									geschlossen werden konnte. In die Oberkante der Seitenwand des Regulators B war eine halbrunde Oeffnung d geschnitten, welche eine nicht ganz 2 Ruthen lange Rinne f aufnahm und unbeweglich festhielt. Das andere Ende g der Rinne konnte durch die Winde w auf und nieder gehoben werden, und wurde auf jeder
                              									Seite durch einen in die Erde getriebenen Pfahl p vor
                              									seitlichen Verschiebungen gesichert. In die Rinne f
                              									wurden 24 Stück Drainröhren hart an einander, wie in Draingräben, gelegt und mit nassem Thon gut
                              									verstrichen, so daß kein Wasser aus den Stoßfugen hervordringen konnte. Das erste
                              									Rohr ragte einen Zoll über die innere Wand des Gefäßes B
                              									bei der Oeffnung d heraus, das letzte am Rinnenende g ebenfalls einige Zoll über den Endpunkt der Rinne. Der
                              									Recipient oder Wassermesser (C) am Ufer des Teiches,
                              									nach welchem hin das Terrain Abfall hatte, stand unter dem Rinnenende g und war mit einem Spundloche k versehen, um ihn vor Beginn jedes einzelnen Versuches völlig entleeren
                              									zu können.
                           Dieser Recipient, welcher einen abgestumpften Kegel bildete, hatte eine Tiefe von 24
                              									Zoll, der Durchmesser der oberen Oeffnung enthielt 4 Fuß 7 Zoll, der des Bodens 4
                              									Fuß 3 Zoll.
                           Die Operation wurde in folgender Weise ausgeführt:
                           Nachdem die Länge (l) der Röhrenleitung gemessen und
                              									mittelst eines Röhrenlibellen – Niveau's und der Winde w das angenommene Gefälle g sorgfältig
                              									hergestellt war, wurden das Reservoir und der Regulator mit Wasser gefüllt, und die
                              									untere Röhrenmündung bei g so lange verstopft, bis das
                              									in die Röhrenleitung getretene Wasser keine Blasen bei d
                              									zurückwarf und dadurch der Beweis geliefert worden war, daß keine mit Luft gefüllten
                              									Räume in den Röhren mehr vorhanden waren. Jetzt erst erfolgte die Abströmung in den
                              									zuvor völlig geleerten Recipienten C; die Röhrenmündung
                              									bei g wurde geöffnet, dieser Zeitpunkt nach einer
                              									Secunden-Uhr genau notirt, und der Wasserstand in dem als Regulator dienenden
                              									Gefäße B durch größeres oder geringeres Oeffnen des
                              									Spundloches c während der ganzen Dauer des Abflusses in
                              									einer solchen Höhe erhalten, daß der Wasserspiegel mit der äußeren Oberkante der
                              									ersten Drainröhre abschnitt. Hierdurch sollte vermieden werden, daß das Wasser unter
                              									Druck in die Röhren trat. – Endlich ließ man die Röhren so lange fließen, bis
                              									der Wasserstand im Recipienten C eine für den
                              									jedesmaligen Versuch verhältnißmäßig genügende, genau gemessene Höhe erreichte, und
                              									beobachtete diesen Zeitpunkt abermals nach der Secundenuhr, wodurch die ganze Dauer
                              									des Abflusses bis auf die Secunde genau bestimmt war.
                           Sobald ein Versuch beendet war, wurde das Wasser aus dem Recipienten abgelassen, und
                              									entweder das Gefälle unter Beibehaltung der Röhren mittelst der Winde verändert und
                              									mit dem Nivellirinstrument abgewogen, oder mit Belassung des Gefälles andere
                              									Röhren-Dimensionen in die Rinne f gelegt und
                              									alsdann dasselbe Verfahren wiederholt. – Nachdem sechs Versuche mit zwei
                              									verschiedenen Gefällverhältnissen und drei verschiedenen Röhrendimensionen
                              									unternommen waren, wurde zur Berechnung geschritten. Zunächst war die aufgefangene
                              									Wassermenge zu ermitteln. Bezeichnet R den Halbmesser der Oeffnung, r den Halbmesser des Faßbodens, H die gemessene Höhe des jedesmaligen Wasserstandes im Gefäße C, ferner ρ den zu suchenden Halbmesser des
                              									Wasserspiegels, Q den Kubikinhalt der aufgefangenen
                              									Wassermasse, alles in preuß. Duodecimalfuß, endlich noch t die beobachtete Zeitdauer des Abflusses in Secunden, so ergibt sich, da
                              									die Gefäßtiefe 2 Fuß beträgt,
                           ρ = (R – r)/2 H
                              									+ r und
                           Q = 1/3 π
                                 										H (r² + ρ² + rρ).
                           Sodann führten folgende Formelentwickelungen zu den nachstehenden Resultaten.
                           Als bekannt darf die Herleitung der Formel für die allgemeine
                              									Ausflußgeschwindigkeit
                           c = 2 √gh
                              								
                           vorausgesetzt werden, in welcher g
                              									die Beschleunigung für den freien Fall schwerer Körper im luftleeren Raume = 15,625
                              									preuß. Duodecimalfuß und h die gesammte Druckhöhe
                              									bedeutet. Hieraus ergibt sich
                           c = (7,₉₀₅₇ ...) √h.
                              								
                           Bei dem Abflüsse des Wassers durch Röhrenleitungen treten indessen zwei verschiedene Ursachen auf, welche die
                              									Geschwindigkeit vermindern, die eine durch die Zusammenziehung des Strahles beim Eintritte des Wassers in die Röhren, die
                              									andere durch den, vermöge der Reibung des Wassers an den Röhrenwandungen sich
                              									erzeugenden Widerstand.
                           Es hat nämlich nicht allein die vor der Röhrenöffnung in der Richtung der
                              									Verlängerung der Röhrenleitung befindliche Wassersäule das Bestreben des Abflusses,
                              									sondern es übt auch das zur Seite dieser Säule stehende Wasser einen Druck auf
                              									dieselbe, drängt sich mit unter das abfließende Wasser, bewirkt dadurch eine
                              									Zusammenziehung des in die Röhre tretenden Wassers und hemmt offenbar die freie
                              									Beschleunigung des Abflusses, also die normale Geschwindigkeit. Eine ähnliche
                              									Bewandtniß hat es mit dem in den Drainröhren abfließenden, und während ihres
                              									Vollfließens in dieselben durch die Stoßfugen hinzutretenden Wassers. Denn wenn auch
                              									bei den Drains der Wassereintritt nicht wie aus einem Gefäße oder Teiche mit einem
                              									male am Anfange der Leitung in dem vollen Querschnitte des Rohrs erfolgen kann,
                              									sondern sich die abströmende Masse erst allmählich ansammelt, und endlich durch
                              									fortwährenden Zudrang zwischen den Stoßfugen anschwillt bis zur vollständigen
                              									Füllung der Röhren, so ist zwar eine Zusammenziehung des eintretenden Wassers in der
                              									oben angedeuteten Art nicht vorhanden, aber die durch die Röhren fließende Wassersäule erleidet von
                              									Fuß zu Fuß an jeder Stoßfuge, die es zu überschreiten hat, einen in diesen kurzen
                              									Zwischenräumen sich fortwährend wiederholenden verticalen und Seitendruck durch
                              									dasjenige Wasser, welches sich unter die Strömung mengt und hierdurch eine Ablenkung
                              									von der geraden Richtung derselben herbeiführt. Es erscheint daher einleuchtend, daß
                              									es gleichgültig seyn muß, ob die das Rohr füllende Wassermasse gleich beim ersten
                              									Eintritte in die vordere Oeffnung den Druck des Seitenwassers in dessen ganzer Menge
                              									erfährt und dann ungestört weiterfließt, oder ob ein in bestimmten Unterbrechungen
                              									wiederkehrender Zudrang dergestalt stattfindet, daß der in Bewegung befindliche
                              									Wasserstrom denselben mit aufnehmen und fortführen muß. Mithin kann die Verminderung
                              									der Geschwindigkeit bei Röhrenleitungen, welche ihre Speisung an ihrem oberen vollen
                              									Querschnitte empfangen, als gleich groß betrachtet werden mit der Verminderung der
                              									Abflußgeschwindigkeit in Drainröhren, weil dieselbe bei beiden aus gleichen Ursachen
                              									entspringt.
                           Hiernach ist es klar, daß nicht mehr der für den freien Fall berechnete Coefficient
                              									7,₉₀₅₇ in der Formel für die Abflußgeschwindigkeit in
                              									Röhrenleitungen zur Anwendung gebracht werden kann, sondern daß ein anderer, ein
                              									Erfahrungs-Coefficient, an dessen Stelle treten muß, welcher mit α bezeichnet und Contractions-Coefficient genannt wird.
                           Ebenso bedarf es auch zur Bestimmung des Einflusses, welchen die Reibung des Wassers
                              									an den Röhrenwandungen ausübt, eines zweiten Erfahrungs-Coefficienten,
                              									welcher durch 1/β² ausgedrückt werden soll
                              									und unter der Bezeichnung Reibungs- oder Widerstands-Coefficient bekannt ist.
                           Die gesammte Druckhöhe h äußert daher ihre Wirkung nach
                              									zwei verschiedenen Richtungen, einmal, indem sie den Eintritt des Wassers in die
                              									Röhren vermittelt und auf die Zusammenziehung des Strahls influirt, das anderemal,
                              									indem sie die Hindernisse an den Röhrenwandungen zu überwinden hat. Wird nun
                              									derjenige Theil der Druckhöhe, welcher die ersten Function erfüllt, mit h', der andere aber mit h''
                              									bezeichnet, so ist die gesammte Druckhöhe
                           1)    h =
                              										h' + h''
                           und es entsteht
                                  c = α √h' oder
                           2)    h' =
                              										c²/α².
                           
                           Der Widerstand, den das Wasser beim Durchlaufen der Röhren erfährt, ist proportional
                              									der Länge (l) der Röhren, proportional dem Quadrat der
                              									Geschwindigkeit (c²) und steht im umgekehrten
                              									Verhältnisse mit dem Durchmesser (d) der Röhren, woraus
                              									folgt:
                           3)    h'' =
                              										1/β² . c²l/d,
                              									daher
                           4)    h =
                              										c²/α² + 1/β² . c²l/d, also
                           5)    Textabbildung Bd. 138, S. 262
                              								
                           Du Buat hat aus 51 Versuchen mit Metallröhren für den
                              									Widerstands-Coefficienten 1/β² den
                              									Mittelwerth 1/44,₇₉² gefunden; wird derselbe für 1/β² eingesetzt, so ergibt sich
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 138, S. 262
                              
                           Nach Eytelwein's Untersuchungen ist der
                              									Contractions-Coefficient α auf
                              									6,₄₂ festgestellt worden, und man erhält durch Substitution
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 138, S. 262
                              
                           oder ziemlich nahe die Eingangs erwähnte bekannte Formel:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 138, S. 262
                              
                           Der Wassereintritt in die Röhren findet jederzeit in durchaus gleicher Weise statt,
                              									mag die Leitung aus metallenen, hölzernen oder gebrannten Röhren bestehen, weßhalb
                              									der Contractions-Coefficient stets derselbe seyn wird. Es ist daher
                              									einflußlos auf die Sache, ob Eytelwein bei seinen
                              									Versuchen zur Ermittelung des Contractions-Coefficienten das eine oder das
                              									andere Material verwendete, die von ihm gefundene Größe 6,₄₂ mußte
                              									unter jeder Bedingung für jedes Röhrenmaterial als dieselbe hervorgehen und muß
                              									daher auch für Drainröhrenleitungen beibehalten werden.
                           Dagegen ändert sich die größere oder geringere Reibung, und es vermehrt oder
                              									vermindert sich der dem Wasserlaufe entgegen tretende Widerstand, je nach der
                              									Unebenheit oder Glätte des Materials, aus welchem die Röhren bestehen, und daher ist
                              									es der von du Buat aus seinen Experimenten mit
                              									Metallröhren gefundene Widerstands-Coefficient, welcher zur Umwandlung für
                              									Drainröhren gebracht werden muß und von uns in dem vorliegenden Falle durch Berechnung folgendermaßen
                              									gesucht worden ist.
                           Da nämlich Q aus dem Producte des Querschnittes der
                              									Röhrenleitung und der Geschwindigkeit des Wasserlaufes sich ergibt,
                           der Querschnitt = d²/4
                              									π
                           die beobachtete Zeit = t Secunden
                           und die Geschwindigkeit = c ist,
                           so entsteht
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 138, S. 263
                              
                           und hieraus
                           6) Textabbildung Bd. 138, S. 263
                           Nach dieser Formel wurden die durch die Versuche auf der Görlitzer Ziegelei
                              									erhaltenen Resultate berechnet.
                           Leider gewährte die Berechnung kein befriedigendes Resultat, sondern ließ
                              									unzweifelhaft erkennen, daß trotz des Regulators B ein
                              									Druck auf das in die Röhrenleitung eingetretene Wasser ausgeübt worden war, weil in
                              									ihm eine drehende Bewegung des Wassers durch den comprimirten Ausfluß aus dem
                              									Reservoir A stattgefunden hatte.
                           Genöthigt durch das Mißglücken dieses ersten Experimentes, mußte dasselbe wiederholt
                              									werden. Um aber den störenden Druck aufzuheben, wurde nunmehr zum Schütze des
                              									Wassereintritts in die Röhren ein aus drei 10 Zoll breiten Brettern rechtwinkelig
                              									zusammengefügter Vorsetzer v, dessen Länge mit der Höhe
                              									des Gefäßes B übereinstimmte, angefertigt und mit seiner
                              									offenen Fläche dergestalt vor die Abflußöffnung d
                              									gebracht, daß bis zum Boden des Gefäßes nur ein Raum von 1/4 Fuß verblieb, um die
                              									Verbindung zwischen dem innerhalb und außerhalb des Vorsetzers befindlichen Wasser
                              									frei zu erhalten. Außerdem wurde noch der Strahl aus dem Spundloche c durch einen Besen aufgefangen, um die Kraft der
                              									Zuströmung möglichst zu brechen. Hierdurch erlangte man innerhalb des Vorsetzers und
                              									vor der Einmündung der Röhren einen vollkommen ruhigen Wasserspiegel. Unter dieser
                              									Vorsichtsmaßregel wurden folgende sieben Versuche mit drei verschiedenen
                              									Röhrendimensionen zu 1 5/6'' = 7/64', zu 1 7/8'' = 5/32' und zu 2 7/8'' = 23/96'
                              									Durchmesser, sowie unter den verschiedenen Gefällverhältnissen von 6, 12, 18 und 30
                              									Zoll Fall auf 10 Ruthen Länge ausgeführt.
                           
                        
                           
                           Erster Versuch.
                           
                              
                                 Länge der Röhrenleitung
                                 
                                    l
                                    
                                 = 23,₁    Fuß
                                 
                              
                                 Röhrendurchmesser
                                 
                                    d
                                    
                                 = 23/96    „
                                 
                              
                                 Gefälle 12 Zoll auf 10 Ruthen,
                                    											also   
                                 
                                    h
                                    
                                 =
                                    											0,₁₉₃      „
                                 
                              
                                 Wasserhöhe im Gefäße C, d. i.
                                 
                                    H
                                    
                                 = 20 Zoll
                                 
                              
                                 Zeitdauer des Abflusses
                                 
                                    t
                                    
                                 = 373 Secund.
                                 
                              
                                 hieraus berechnen sich
                                 
                                    Q
                                    
                                 = 25,₂₂₃ Kubikf.
                                 
                              
                                          und β = 39,₅₈.
                                 
                                 
                                 
                              
                           
                        
                           Zweiter Versuch.
                           l = 23,₁'; d =
                              									23/96'; Gefälle 18 Zoll auf 10 Ruthen, folglich h =
                              									0,₂₉₅'; H = 20''; t = 260 Sec., mithin Q =
                              									25,₂₂₃ Kubikf.
                           und β = 49,₄₃.
                           
                        
                           Dritter Versuch.
                           l = 23,₆'; d = 5/32';
                              									Gefälle 18 Zoll auf 10 Ruthen, folglich h =
                              									0,₂₉₅'; H = 15''; t = 672 Sec., mithin Q =
                              									18,₆₁₅ Kubikf.
                           und β = 35,₉₁.
                           
                        
                           Vierter Versuch.
                           l = 23,₆'; d = 7/64';
                              									Gefälle 18 Zoll auf 10 Ruthen, folglich h =
                              									0,₂₉₅'; H = 12''; t = 974 Sec., mithin Q =
                              									14,₇₅ Kubikf.
                           und β = 49,₁₅.
                           
                        
                           Fünfter Versuch.
                           l = 23,₆'; d = 7/64';
                              									Gefälle 12 Zoll auf 10 Ruthen, folglich h =
                              									0,₁₉₇'; H = 12''; t = 1180 Sec., mithin Q =
                              									14,₇₅ Kubikf.
                           und β = 49,₇₉.
                           
                        
                           Sechster Versuch.
                           l = 23,₆'; d = 7/64';
                              									Gefälle 30 Zoll auf 10 Ruthen, folglich h =
                              									0,₄₉'; H = 13''; t = 857 Sec., mithin Q = 16,₀₃
                              									Kubikf.
                           und β = 46,₆₀.
                           
                        
                           Siebenter Versuch.
                           l = 23,₆'; d = 7/64';
                              									Gefälle 6 Zoll auf 10 Ruthen, folglich h =
                              									0,₀₉₈'; H = 6''; t = 1080 Sec., mithin Q =
                              									7,₂₃₃ Kubikf.
                           und β = 35,₇₇.
                           
                           Die Summe dieser sieben Coefficienten ist = 306,₂₃, also ergibt die
                              									Durchschnittszahl aus den Versuchen der I. Reihe die in dem
                              									Widerstands-Coefficienten enthaltene Größe
                           β = 43,₇₅.
                           Hierbei wird bemerkt, daß zu den Versuchen zwar keineswegs die besten Röhren besonders ausgewählt worden waren, daß aber die Fabrication
                              									derselben auf der Görlitzer Ziegelei in großer Vollendung betrieben wird, und sich
                              									die Röhren durch vollkommen glatte innere Wandungen, mittelst Rollens hergestellt,
                              									durch scharfe und glatte rechtwinkelige Schnittflächen ohne die mindeste Spur eines
                              									Grates, durch Stauchen und Putzen erreicht, und durch gleichmäßige Wandungsstärke
                              									auf das vortheilhafteste auszeichnen.
                           Die nach den ersten sechs Versuchen erkannte Notwendigkeit, einen gleichmäßigen und
                              									ruhigen Wasserspiegel herzustellen, führte außer dem eben beschriebenen noch ein
                              									zweites Verfahren herbei und gab so Veranlassung zu der zweiten Reihe von
                              									Versuchen.
                           II. Reihe. Diese Versuche wurden am Mühlteiche zu Stenker
                              									bei Rauscha angestellt.
                           Die Einbettung der Röhren mittelst Thon in eine Holzrinne und die Auffangung und
                              									Messung des durch die Röhrenleitung geflossenen Wassers in einem Recipienten fand
                              									wie bei der I. Versuchsreihe statt. Dagegen bestand das Reservoir- und das
                              									Regulator-Faß in dem Teiche selbst, indem jene Vorrichtung in dem Gerinne
                              									einer der Teichschleußen angebracht, in das oberste Spundbrett ein der Breite der
                              									Holzrinne entsprechender und mittelst eines Schiebers, Fig. 20, s verschließbarer Einschnitt d gemacht und in diesen die obere Oeffnung der Holzrinne f, also auch der Röhrenleitung gelegt worden war. Der
                              									ruhige Wasserspiegel im Teiche mußte in gleicher Höhe mit der obern Culmination der
                              									ersten Röhre stehen und wurde nach Beginn der Versuche in dieser Höhe mittelst
                              									Stellung einer anderen Schleiche desselben Teiches erhalten. Die Rinne und
                              									Röhrenleitung war genau 2 Ruthen lang; sie hatte drei Unterstützungspunkte –
                              									der am Einschnitt im Spundbrette war unverrückbar, die beiden anderen in der Mitte
                              									ihrer Länge und am unteren Ende wurden je nach dem bestimmten Gefälle gehoben oder
                              									gesenkt. Die hier angewandten Röhren waren der Fabrik in Tiefenfurt entnommen,
                              									wurden aus einer größeren Anzahl in den besten Exemplaren ausgewählt, so daß sie,
                              									wenn auch den in Reihe I angewandten Röhren nicht völlig gleichstehend, eine ihrer
                              									vorliegenden Bestimmung entsprechende Güte hatten. Auch hier kommen drei Dimensionen
                              									in Anwendung, im Lichten von 1 7/24, 2 1/4 und 3 1/8 Zoll.
                           
                           Die Bestimmung des Gefälles und der Zeit geschah wie bei Reihe I. Die beobachtete
                              									Wassermenge war bei allen Versuchen gleich groß und es betrug Q = 11,043 Kubikfuß.
                           Bei den 1 7/24 zölligen Röhren wurden 5 Gefällverhältnisse – von 10, 15, 20,
                              									25 und 60 Zoll auf 10 Ruthen;
                           bei den 2 1/4 zölligen Röhren 6 Gefällverhältnisse – von 5, 10, 20, 30, 60 und
                              									75 Zoll auf 10 Ruthen;
                           bei den 3 1/8 zölligen Röhren 4 Gefällsverhältnisse – von 15, 20, 25 und 30
                              									Zoll auf 10 Ruthen beobachtet.
                           In gleicher Weise, wie die Versuche der I. Reihe berechnet, ergeben die Versuche
                              									dieser II. Reihe:
                           
                              
                                 LaufendeNummer.  
                                 Durchmesser   der Röhren.
                                    											     = d.
                                 Gefälle auf   2 Ruthen.
                                    											    = h.
                                  BeobachteteWassermenge.
                                    											      = Q.
                                    Zeit.
                                    											   = t.
                                 Coefficient.    = β.
                                 
                              
                                      8
                                    31/288'
                                   0,₁₆₆₆
                                     
                                    											11,₀₄₃
                                   1140
                                    42,₆₀
                                 
                              
                                      9
                                       
                                    											„
                                   0,₂₅
                                         „
                                     950
                                    41,₅₈
                                 
                              
                                    10
                                       
                                    											„
                                   0,₃₃₃₃
                                         „
                                     836
                                    40,₈₀
                                 
                              
                                    11
                                       
                                    											„
                                   0,₄₁₆₆
                                         „
                                     766
                                    39,₆₆
                                 
                              
                                    12
                                       
                                    											„
                                   1,₀
                                         „
                                     492
                                    39,₈₉
                                 
                              
                                    13
                                      3/16'
                                   0,₀₈₃₃
                                         „
                                     360
                                    54,₃₉
                                 
                              
                                    14
                                       
                                    											„
                                   0,₁₆₆₆
                                         „
                                     254
                                    54,₅₈
                                 
                              
                                    15
                                       
                                    											„
                                   0,₃₃₃₃
                                         „
                                     193
                                    48,₉₇
                                 
                              
                                    16
                                       
                                    											„
                                   0,₅
                                         „
                                     160
                                    47,₉₀
                                 
                              
                                    17
                                       
                                    											„
                                   1,₀
                                         „
                                     127
                                    40,₈₈
                                 
                              
                                    18
                                       
                                    											„
                                   1,₂₅
                                         „
                                     112
                                    41,₆₅
                                 
                              
                                    19
                                     25/96'
                                   0,₂₅
                                         „
                                     115,₅
                                    41,₅₈
                                 
                              
                                    20
                                       
                                    											„
                                   0,₃₃₃₃
                                         „
                                     112
                                    35,₃₃
                                 
                              
                                    21
                                       
                                    											„
                                   0,₄₁₆₆
                                         „
                                     101,₅
                                    34,₉₂
                                 
                              
                                    22
                                       
                                    											„
                                   0,₅
                                         „
                                       70,₅
                                    52,₄₂
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                  657,₃₅
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 Durchschnitt
                                    43,₈₂
                                 
                              
                           Aus beiden Reihen der Versuche geht somit ein fast völlig übereinstimmendes Resultat
                              									hervor, denn während die sieben Versuche
                           
                              
                                 I. Reihe im Durchschnitte
                                 β =
                                    											43,₇₅
                                 
                              
                                 geben, geht aus den 15 Versuchen II.
                                    											Reihe   
                                 β =
                                    											43,₈₂
                                 
                              
                           hervor, und es beträgt nach dem Durchschnitte sämmtlicher 22
                              									Versuche 
                              									der Widerstands-Coefficient für normale
                                 										Drainröhren
                              								
                           1/43,₈².
                           In Formel 5) für β den Werth von
                              									43,₈² eingesetzt, gibt
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 138, S. 267
                              
                           Diese Formel wird nunmehr der Röhrenberechnung so lange zu Grunde zu legen seyn, bis
                              									anderweite, von Sachkundigen angestellte zuverlässige
                                 										Versuche eine gewiß nur erwünschte Berichtigung, resp. Bestätigung herbeigeführt haben werden.
                           Mit dem größten Danke würde es von allen Drainern anerkannt werden müssen, wenn sich
                              										Hydrauliker von Fach geneigt finden wollten, im
                              									Interesse der Landescultur ähnliche und bessere Versuche anzustellen und die
                              									Resultate in der „Zeitschrift für die deutsche Drainirung“ zu
                              										veröffentlichen.Der mit unterzeichnete Hr. Dr E. John, welcher die „Zeitschrift für die
                                       												deutsche Drainirung und andere landwirtschaftliche
                                       												Meliorationen“ mit Benutzung der Acten des königl. preuß.
                                    											Ministeriums für landwirtschaftliche Angelegenheiten herausgibt, hat aus Nr.
                                    											9 und 11 derselben diese Abhandlung für das polytechn. Journal
                                    											mitgetheilt.A. d. Red.
                              								
                           Die Unterzeichneten geben nunmehr eine praktische Anwendung des ermittelten
                              									Coefficienten, welche auch ohne ein näheres Eingehen auf die Eingangs sub 1 und 2 erwähnten Gesichtspunkte möglich
                              									erscheint.
                           Es betrifft dieß
                           
                              die Berechnung des Minimalgefälles
                              
                           für die verschiedenen, in Anwendung kommenden
                              									Röhrendimensionen.
                           Die Praxis hat nämlich vielfach ergeben, daß Drainröhren bestimmter Dimension bei
                              									schwachem Gefälle ihren Dienst nicht sowohl deßhalb versagen, weil die durch sie
                              									abzuführende Wassermasse zu groß gegenüber ihrem lichten Durchmesser und ihrem
                              									Gefälle ist, sondern deßhalb, weil in Folge des zu langsamen Wasserlaufes in ihrem
                              									Innern Sinkstoffe – Sand, Ocker, Wurzelfasern – sich ablagern und die
                              									Röhren verstopfen können. Gestützt auf vielfache Beobachtungen, glauben wir die
                              									Geschwindigkeit des Wasserlaufes von 1/2 Fuß in der Secunde
                                 										als die Minimal-Geschwindigkeit, bei
                              									welcher das Wasser noch im Stande ist feinen Sand fortzuführen, annehmen zu
                              									müssen.
                           
                           Da nun h = c²/6,₄₂² + 1/43,₈² . c² l/d und mit
                              									Anwendung unseres Widerstands-Coefficienten die Geschwindigkeit
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 138, S. 268
                              
                           ist, so ergibt sich für die Mimmalgeschwindigkeit c = 0,₅' das Minimalgefälle
                           h = 0,₅²/6,₄₂² . (8 +
                              									3,₁ d)/(3,1 d) = (2 +
                              									0,₇₇₅ . d)/(127,₇₇
                              										d)
                           und berechnet sich nach dieser Formel
                           
                              das Minimal-Gefälle für 10 Ruthen Länge
                              
                           
                              
                                 für 1
                                 zöllige
                                 Röhren
                                 auf 2,33 Zoll
                                 
                              
                                   „  1
                                    											1/4 
                                     „
                                     „
                                   „  1/88  
                                    											„
                                 
                              
                                   „  1
                                    											1/2 
                                     „
                                     „
                                   „  1/58  
                                    											„
                                 
                              
                                   „  2
                                     „
                                     „
                                   „  1,20  
                                    											„
                                 
                              
                                   „  3
                                     „
                                     „
                                   „  0,82  
                                    											„
                                 
                              
                                   „  4
                                     „
                                     „
                                   „  0,63  
                                    											„
                                 
                              
                                   „  5
                                     „
                                     „
                                   „  0,52  
                                    											„
                                 
                              
                                   „  6
                                     „
                                     „
                                   „  0,44  
                                    											„
                                 
                              
                                   „  7
                                     „
                                     „
                                   „  0,39  
                                    											„
                                 
                              
                                   „  8
                                     „
                                     „
                                   „  0,35  
                                    											„
                                 
                              
                           Hierzu bemerken wir, daß diese Zahlen die volle Anwendung nur bei solchen Drains
                              									finden dürfen, welche aus eben so guten und mit derselben Sorgfalt an einander
                              									gereihten Röhren gebildet werden, wie für die Ermittelung des Coefficienten in
                              									Anwendung kamen. Von beiden Momenten wird in der Praxis oft abgewichen werden:
                              									häufig kommen mangelhafte Röhren in Anwendung, und ihr Legen ist theils in Folge von
                              									Ungeschicklichkeit der Arbeiter, theils in Folge von ungünstiger Beschaffenheit der
                              									Grabenwandungen ein schlechteres. Hierzu kommt, daß bei Röhren mit schlechten
                              									Schnittflächen nicht allein feiner, sondern auch gröberer Sand durch die Stoßfugen
                              									in die Drains tritt; dieser bedarf aber behufs Fortführung eines stärkeren
                              									Wasserlaufes und Gefälles, als der jener Zahlenreihe zu Grunde liegende feine
                              									Sand.
                           In Zahlen können die durch diese Mängel bedingten Abweichungen von den auf normale Verhältnisse basirten Angaben nicht ausgedrückt
                              									werden; Drainer, welche sich denselben nicht zu entziehen wissen, kommen somit auf
                              									das böse Gebiet des Schätzens.
                           v. Möllendorff.          
                              										Waege.          
                              									E. John.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
