| Titel: | Zur Farbenfabrication. Von G. E. Habich in Veckerhagen. | 
| Autor: | G. E. Habich | 
| Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. XI., S. 28 | 
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                        XI.
                        Zur Farbenfabrication. Von G. E. Habich in
                           									Veckerhagen.
                        (Fortsetzung der Abhandlung in Bd. CXXXVIII S.
                           								295.)
                        Habich, über Farbenfabrication.
                        
                     
                        
                           II. Ultramarin.
                           Die chemische Natur dieser prachtvollen Farbe ist noch immer nicht vollständig
                              									enthüllt. Gewiß ist, daß der Eisengehalt des Materials nicht die Grundbedingung der
                              									Farbe und also ein Schwefeleisen nicht dieses färbende Princip ist; – ich
                              									habe Ultramarin aus absolut eisenfreien Materialien dargestellt, welcher von der
                              									größten Farbenintensität war, und in welchem auch kein Eisen (welches etwa durch
                              									Berührung mit den Gefäßwandungen hineingekommen seyn könnte) nachzuweisen war.
                           Vielleicht wird ein Fortschreiten auf dem Wege, welchen folgender Versuch andeutet,
                              									zur genauern Bestimmung der färbenden Schwefelverbindung führen. Wenn man Ultramarin
                              									in einer Glasröhre unter einem Strome von trocknem Wasserstoffgas glüht, so erhält
                              									man Schwefelwasserstoffgas, Wasser und einen Schwefelbeschlag, – die blaue
                              									Farbe verschwindet und macht einer mattgrünen Platz. Wird dieser entfärbte Rückstand
                              									für sich an der Luft erhitzt, so verändert er seine Farbe nicht; – setzt man
                              									aber dann etwas Schwefel zu, so erscheint die blaue Farbe wieder, sobald die
                              									hinreichend hohe Temperatur eine Entzündung des Schwefels herbeiführt.
                           Der entfärbte Rückstand wurde übrigens auch nach längerm Erhitzen unter
                              									Wasserstoffgas nicht schwefelfrei erhalten, – beim Uebergießen mit Salzsäure
                              									entwickelte sich Schwefelwasserstoff; der Schwefel war also an Natrium gebunden.
                           
                           Aus diesem Gesammtverhalten muß erschlossen werden, daß die für die Farbe wesentliche
                              									Verbindung aus Schwefelnatrium und einem Schwefeloxyd zusammengesetzt ist. Wie die
                              									atomistische Zusammensetzung dieses Schwefeloxyds und in welchem Verhältnisse es
                              									sich mit dem Schwefelnatrium verbindet, habe ich nicht feststellen können. Einige
                              									Versuche gaben (wegen ungleicher Zusammensetzung der verwendeten Farbeproben) zu
                              									wenig übereinstimmende Resultate, um zu quantitiven Bestimmungen brauchbar zu seyn.
                              									Der Weg verdient aber weiter verfolgt zu werden.
                           Mag diese Schwefelverbindung nun zusammengesetzt seyn wie sie will, so ist sie
                              									bekanntlich im Ultramarin in weiterer Verbindung mit einem
                              									Thonerde-Natronsilicat. In Bezug auf dieses Substrat kann man wieder zwei
                              									wesentlich verschiedene Ultramarinsorten unterscheiden, begründet in ihrem Verhalten
                              									zu stärkern Säuren. Ultramarin mit kalter Salzsäure übergossen verliert seine Farbe
                              									alsbald, – ein Theil des Schwefels entweicht als Schwefelwasserstoffgas, ein
                              									anderer Theil desselben scheidet sich am Boden aus und mengt sich den
                              									Zersetzungsrückständen bei. Hierbei zeigt sich nun (in Folge der verschiedenen
                              									Darstellungsmethoden) ein charakteristischer Unterschied. Manche Ultramarine lassen
                              									dabei eine Kieselgallerte zurück, – andere zersetzen sich ohne
                              									Gallertbildung. Die ersteren sind hergestellt aus einem künstlich zusammengesetzten
                              									Thonerdesilicat (siehe weiter unten), – den anderen diente natürlich
                              									vorkommender weißer Thon als Fabricationsmaterial.
                           Als die Ultramarinfabrication sich in Deutschland einzuheimsen begann, wurde mehrfach
                              									nach diesem ersten Verfahren gearbeitet. Hat sich dasselbe auch als zu kostspielig
                              									herausgestellt, so bietet es doch immerhin noch wissenschaftliches Interesse genug,
                              									um seiner kurz zu gedenken. Der Proceß war folgender.
                           Durch Zusammenschmelzen von Soda, weißem Sand, Schwefel und gepulverter Steinkohle
                              									wurde eine Masse hergestellt, welche durch Auflösen in Wasser eine Lauge von
                              									Mehrfach-Schwefelnatrium und kieselsaurem Natron gewährte. Mit dieser Lauge
                              									wurde eine heiße Alaunauflösung ausgefällt, – die Zersetzung (unter
                              									Entwickelung von Schwefelwasserstoffgas) lieferte einen aus Thonerdesilicat und fein
                              									zertheiltem Schwefel (sogenannter Schwefelmilch) bestehenden Niederschlag. Dieses
                              									Silicat wurde ausgewaschen, getrocknet und dann in ein im glühenden Flusse
                              									befindliches Gemenge aus Soda und Schwefel eingetragen. Die geschmolzene Masse muß,
                              									wenn alles richtig gewahrt ist, in heißem Wasser sich leicht zertheilen und einen
                              									blaugrünen, fein schlammigen Bodensatz (grünen Ultramarin) bilden, der durch
                              									fortgesetztes Auswaschen von allen löslichen Salzen sorgfältig befreit und dann
                              									getrocknet wird. Dieser grüne Ultramarin wird dann durch Abbrennen mit Schwefelblumen, wie weiter
                              									unten gezeigt wird, angebläuet.
                           Man sieht, daß das Verfahren durch Anwendung der sehr kostspieligen Materialien sehr
                              									vertheuert wird, obwohl nicht in Abrede zu stellen ist, daß das Product an Reinheit
                              									der Farbe alle nach dem gewöhnlichen Verfahren aus Thon dargestellten Ultramarine
                              									übertrifft.
                           Dieser billigere Weg wird in der verschiedensten Weise befolgt; ich will hier das
                              									Verfahren mittheilen, welches sich mir bewährt hat.
                           Weißen Thon, wie er unter dem Namen „Lenzin“ in vielen Gegenden
                              									(z.B. bei Worms) gegraben und in den Handel gebracht wird, befreit man durch
                              									sorgfältiges Schlämmen von allen sandigen Beimengungen, trocknet ihn wieder und
                              									zerreibt ihn zum feinsten Pulver. Zehn Gewichtstheile dieses Pulvers werden nun mit
                              									22 Gewichtstheilen wasserfreiem Glaubersalz (möglichst eisenfreiem), 3
                              									Gewichtstheilen Schwefelblumen und 3 1/2 Gewichtstheilen gepulvertem amerikanischem
                              									Harz (Colophonium) aufs innigste gemischt. Da dieses Gemenge später in Töpfen
                              									geschmolzen wird, so thut man wohl, wenn man jedesmal soviel zusammenmischt, als der
                              									Schmelztopf fassen kann; – das Verhältniß bleibt dann ungestörter, und
                              									schichtenweise Ablagerungen nach den verschiedenen specifischen Gewichten werden
                              									unschädlich gemacht.
                           Die schon erwähnten Schmelztöpfe werden aus sehr magerm Thon, dem man nöthigenfalls
                              									noch etwas Sand zusetzt, auf der Scheibe gedreht, langsam getrocknet und gebrannt.
                              									Es sind kugelförmige Gefäße von 1 Fuß Durchmesser und 1 Fuß Tiefe; die
                              									Einfüllöffnung wird, nach dem Beschicken mit obiger Mischung, durch einen Deckel
                              									verschlossen und dieser mit Lehm oder Thon verschmiert. Bei dem Füllen der Töpfe ist
                              									darauf zu achten, daß die Mischung möglichst fest eingedrückt werde.
                           Die so angefüllten Töpfe werden nun in einem liegenden Ziegelofen gebrannt. Da die
                              									Schmelzgefäße in demselben Ofen gebrannt werden und es bei diesen auf eine
                              									gleichförmige Hitze weniger ankommt, als bei den mit Ultramarinschmelze geladenen
                              									Töpfen: so postirt man die leeren Töpfe vor das Feuer und den Fuchs und überläßt den
                              									Mittlern Raum im Ofen den beschickten Töpfen. Sowohl aus Gründen der
                              									Brennmaterial-Oekonomie, als auch um der gleichmäßigen Vertheilung der
                              									glühenden Gase im Ofen mehr Vorschub zu leisten, ist es rathsam, sich bei der
                              									Construction des Ofens an die von Professor Balling
                              									(dessen encyklopädische Zeitschr. des Gewerbewesens, Jahrgang 1847, S. 777)
                              									aufgestellten Normen zu halten.
                           Ein solcher Brand dauerte in meinem Ofen drei Tage; – es muß so lange gefeuert
                              									werden, bis die Masse in den Töpfen gut zusammengesintert ist. Nach dem Ausbrechen des
                              									Ofens werden die Töpfe zum völligen Erkalten bei Seite gestellt und erst, wenn
                              									dieses erfolgt ist, geöffnet; man zerschlägt sie, reinigt die Oberfläche der
                              									Schmelze von anhängenden Unreinigkeiten (von den Wandungen der Schmelztöpfe) und
                              									verwandelt sie dann in gröbliches Pulver, welches nun der Calcination (in einem
                              									Flammofen oder in einer gußeisernen Schale) so lange unterworfen wird, als sich noch
                              									schweflige Dämpfe entwickeln.
                           Diese gut geröstete Masse wird nun mit Wasser so lange ausgelaugt, bis der größte
                              									Theil der Salze entfernt ist. Die stärkern Laugen werden zur Trockne eingedampft und
                              									liefern wieder Glaubersalz.
                           Die ausgelaugte blaugrüne Farbe wird nun zum feinsten Brei gemahlen. Zu den
                              									Mahlsteinen muß ein sehr hartes Material genommen werden (etwa sog. Quarzfritten),
                              									weil weiche Steine von den Salztheilen nach und nach durchdrungen werden und dann
                              									zerbröckeln.
                           Der Farbschlamm wird nun in einem Schlämm-Apparat weiter behandelt, so daß man
                              									ein äußerst zartes Pulver erhält. Die Rückstände werden wieder auf die Mahlsteine
                              									gegeben.
                           Die abgeschlämmte Farbe wird nun mit der größten Sorgfalt ausgewaschen und zwar so
                              									lange, bis eine getrocknete Probe durch ferneres Auswaschen nicht mehr an Reinheit
                              									gewinnt oder die beiden letztgezogenen Proben eine absolut gleiche Farbe besitzen.
                              									Ist dieser Punkt erreicht, so wird die Farbe auf ein Filtrum gebracht und nach
                              									vollständigem Ablaufen getrocknet. Sie zeigt jetzt ein zwar reines aber blasses
                              									Blaugrün.
                           Die Operation, durch welche nun die blaue Farbe hervorgerufen wird, habe ich immer in
                              									einem liegenden gußeisernen Cylinder, der über einem Roste eingemauert war,
                              									vorgenommen. Die obere Seite desselben enthielt einige Oeffnungen zum Eintragen von
                              									Schwefel und um der atmosphärischen Luft den Zutritt zu gestatten; diese Oeffnungen
                              									konnten durch Deckel geschlossen werden. Außerdem enthielt der Cylinder noch eine
                              									Flügelwelle, welche bei ihrer Bewegung dicht am Boden herstreifte.
                           Dieser Apparat wird nun mit der zuvor durch ein feines Haarsieb getriebenen Farbe
                              									beschickt (etwa bis zur Hälfte) und dann Feuer auf den Rost gebracht, so daß der
                              									Inhalt glüht. Auf eine Beschickung von 100 Pfund bringt man nun etwa 6 Pfund
                              									Schwefelblumen durch die Oeffnung in den Cylinder. Der Schwefel muß in Folge des
                              									fortgesetzten Heizens zur Entzündung kommen, – sobald dieser Punkt
                              									eingetreten ist, läßt man das Feuer abbrennen und bewegt die Flügelwelle fleißig.
                              									Das Feuer wird nach kurzer Zeit wieder soweit vermehrt, daß eine aufs neue
                              									zugeworfene Portion von 3 Pfund Schwefel sich eben wohl entzündet und dann bei
                              									möglichstem Luftzutritt und fortwährendem Umrühren so lange gelinde erhitzt, bis die
                              									Intensität der Farbe ihren Kulminationspunkt erreicht hat.
                           Wenn die fertige Farbe längere Zeit der Luft ausgesetzt war und dadurch etwas
                              									Feuchtigkeit angezogen hat, so findet sich zuweilen, daß sie härtere Klumpen bildet,
                              									eine Folge von beigemengten Salzen und ein Zeichen von mangelhaftem Auswaschen.
                           
                        
                           III. Bremerblau
                                 									(Bremergrün).
                           Unter dem Namen Bremerblau (Bremergrün) kommt eine Farbe im Handel vor, die ein mehr
                              									oder weniger reines Kupferoxydhydrat ist. Seit der Erfindung derselben (sie wurde
                              									zuerst vor etwa 30 Jahren durch die Apotheker Kulenkamp
                              									und Hofschläger in Bremen dargestellt) hat man zur
                              									Darstellung verschiedene Methoden benutzt, die auf höchst wesentliche Eigenschaften
                              									des Products nicht ohne Einfluß sind.
                           Aus auflöslichen neutralen Kupfersalzen durch ätzende Alkalien gefälltes
                              									Kupferoxydhydrat trocknet stets zu einer dichten Masse mit muschlichem Bruche aus.
                              									Unauflösliche basische Kupfersalze hingegen hinterlassen nach der Behandlung mit
                              									Alkalien lockere pulverige Farben. Je nach der Säure im Kupfersalze, je nach dem
                              									befolgten Verfahren tritt die Farbe mit mehr oder weniger abweichenden, aber für den
                              									Consumenten wichtigen Eigenschaften auf, die bei den verschiedenen
                              									Darstellungsmethoden besprochen werden sollen.
                           Als Ausgangspunkt dient dieser Fabrication allenthalben das gewässerte Kupferoxyd-Kupferchlorid
                              									(basisch salzsaures Kupferoxyd). Wenn auch zur Herstellung dieser Verbindung aus dem
                              									metallischen Kupfer (altem Schiffskupfer) in verschiedenen Fabriken verschiedene
                              									Wege eingeschlagen werden, so influirt das doch nicht auf
                              									die Eigenschaften der fertigen Farbe – insofern nur mit Sorgfalt darauf
                              									Bedacht genommen wird, daß der blaßgrüne Brei (in den Fabriken
                              										„Oxyd“ genannt) durchaus kein Kupferchlorür enthält.
                              									Betrachten wir zuvor einige der Darstellungsmethoden genauer, um die Wichtigkeit der
                              									eben erwähnten Bedingung im ganzen Umfange ermessen zu können.
                           Zur Darstellung mengt man in großen hölzernen offenen Kasten (ohne eiserne Nägel
                              									zusammengefügt) oder in Mulden
                           entweder 1) 100 Thle. altes Kupfer, 99 Thle. gemahlenen Kupfervitriol und 100 Thle.
                              									Kochsalz, unter Befeuchtung mit reinem Wasser,
                           oder 2) 100 Thle. Kupfer mit 60 Thln. Kochsalz, unter Befeuchten von 30 Thln. zuvor
                              									mit dem dreifachen Vol. Wasser verdünnter
                                 									Schwefelsäure,
                           
                           oder 3) das Kupfer wird mit einer Auflösung von Kupferasche (Kupferhammerschlag) in
                              									reiner Salzsäure besprengt.
                           Im ersten Falle entsteht zunächst Kupferchlorid, welches durch Aufnahme weiterer
                              									Kupferquantitäten zu Kupferchlorür wird. Dieses Kupferchlorür zersetzt sich dann
                              									durch Aufnahme von atmosphärischem Sauerstoff zu unserer grünen basischen Verbindung
                              									(dem sogenannten Oxyd).
                           Im zweiten Falle wird Salzsäure frei, welche unter Einwirkung des atmosphärischen
                              									Sauerstoffs das Kupfer in Chlorür umwandelt, woraus dann bei weiterer Oxydation
                              									ebenwohl unser basisches Salz resultirt; – ebenso erklärt sich der dritte
                              									Fall.
                           Da nun das Kupferchlorür durch Zersetzung mit ätzenden
                              									Alkalien pomeranzengelbes Kupferoxydulhydrat entläßt, so
                              									ist es begreiflich, daß man mit der größten Sorgfalt darüber zu wachen hat, daß auch
                              									nicht eine Spur von Kupferchlorür zurückbleibt, welches bei der Weiterverarbeitung
                              									die reine Farbe des Bremerblau trüben würde.
                           In manchen Fabriken hat man zu dem Ende den Brei des Oxyds Jahre lang unter öfterm
                              									Umrühren stehen lassen, ehe man ihn zur Verarbeitung zog, – eine durch den
                              									Zinsenverlust sehr kostspielige Manier. Man erreicht aber denselben Zweck, wenn man
                              									die feuchten Gemenge von Zeit zu Zeit, vor der jedesmaligen Umarbeitung, völlig austrocknen läßt, wobei die atmosphärische Luft an Stelle
                              									des abgedunsteten Wassers tritt und so, alles durchdringend, eine vollständige
                              									Oxydation herbeiführt.
                           Bei der Umwandlung dieses grünen Oxydbreies in Kupferoxydhydrat findet nun ein höchst
                              									merkwürdiger Umstand statt. Trägt man den steifen
                              									Oxydbrei nach und nach in die kalte ätzende Kali- oder Natronlauge von etwa
                              									20° Baumé, so wird man nach vollständigem Auswaschen und Trocknen eine
                              									lockere Farbe von großer Deckkraft haben, die beim
                              									Befeuchten mit einem Tropfen Wasser dunkler wird. Verdünnt man aber den steifen Oxydbrei mit seinem gleichen Volum Wasser und bringt man das Gemisch
                              									dann auf einmal in die zur Zersetzung erforderliche und überschüssige Aetzlauge,
                              									rührt rasch um und überläßt es dann der Ruhe, so erstarrt es nach einigen Minuten zu
                              									einer schwer schneidbaren Masse. Die gut ausgewaschene Farbe ist viel leichter als
                              									die vorhergehende, besitzt aber keine Deckkraft und
                              									bekommt beim Befeuchten mit einem Tropfen Wasser einen grauweißen Fleck, der beim Abtrocknen wieder verschwindet.
                           Mag man nun nach dem einen oder andern Verfahren das Anbläuen des Oxydschlammes
                              									vorgenommen haben, so wird man doch eine nur ungenügende Farbe erhalten, indem es
                              									ihr an Dunkelheit und Frische fehlt. Dieses Ziel erreicht man, indem man dem Oxydbrei vor der
                              									Behandlung mit Lauge eine geringe Menge einer concentrirten Auflösung von
                              									Kupfervitriol zusetzt. Es scheint ein höchst basisches schwefelsaures Kupferoxyd zu
                              									existiren, welches die Farbe dunkler macht, – alle so behandelten Farben
                              									enthalten auch bei überschüssig verwendeter Aetzlauge eine geringe Menge
                              									Schwefelsäure.
                           Für die praktische Ausführung mag noch Folgendes erwähnenswerth seyn. Um das gut
                              									deckende Product herzustellen, wird man 100 Pfund des steifen Oxydschlammes zu
                              									mischen haben mit der concentrirten Auflösung von 7 Pfund Kupfervitriol, hierauf
                              									setzt man etwa 40 Pfund einer stärkern Aetzlauge (von 32
                              									bis 36° Baumé) zu und rührt rasch unter einander. Dieses Gemisch
                              									stürzt man dann in die zur Vollendung der Zersetzung erforderliche
                              									Aetzlaugen-Quantität (etwa 150 Pfund von 20° B.) und wäscht sehr gut aus. Ehe man die Farbe aufs Filter bringt,
                              									treibt man sie durch ein feines Haarsieb. Daß man beim Trocknen zu starke Hitze zu
                              									vermeiden hat, ist nach den Eigenschaften des Kupferoxydhydrats ebenso nothwendig,
                              									als die Fürsorge für eine reine, von allen schwefligen und sauren Ausdünstungen
                              									freie Luft im Trockenzimmer.
                           Das eben beschriebene Verfahren ist mit wenigen Modificationen ziemlich allenthalben
                              									eingeführt. Im Nachfolgenden will ich eine andere Methode mittheilen, welche der
                              									Aufmerksamkeit der Farbenfabrikanten in hohem Grade empfohlen zu werden
                              									verdient.
                           Wenn man neutrales salpetersaures Kupferoxyd mit ungenügenden Mengen einer Auflösung von kohlensaurem Kali versetzt, so
                              									verwandelt sich der Anfangs entstandene stockige Niederschlag von kohlensaurem
                              									Kupferoxyd unter Entweichen von Kohlensäure nach und nach in drittelsalpetersaures
                              									Kupferoxyd, welches sich als grünes schweres Pulver am Boden ablagert. Wird dieses
                              									basische Kupfersalz mit einer Auflösung von Zinkoxyd-Kali übergossen, so
                              									bildet sich eine tiefblaue, höchst lockere Farbe von großer Deckkraft, – ein
                              									zinksaures Kupferoxyd mit sehr geringer Beimengung eines höchst basischen
                              									salpetersauren Kupferoxyds.
                           Um dieses Verfahren mit allen möglichen Vortheilen ins Leben einzuführen, würde man
                              									auf Folgendes sein Augenmerk zu richten haben.
                           Man würde Kupferasche in einem Flammofen oder in Muffeln so lange erhitzen, bis alles
                              									Oxydul völlig in Oxyd umgewandelt ist, d.h. bis sich eine Probe ohne Entwickelung von rothen Dämpfen in Salpetersäure
                              									auflöst. War die Salpetersäure – wie das in der Regel der Fall ist –
                              									salzsäurehaltig, so setzt sich bei der nachfolgenden Auflösung des Kupferoxyds der
                              										nie fehlende Silbergehalt desselben als Chlorsilber
                              									an den Boden und kann unverkürzt gewonnen werden.
                           
                           Diese Auflösung wird nun erwärmt und mit einer klaren Potaschenauflösung versetzt.
                              									Sobald das Aufbrausen beendigt ist, setzt man neue Portionen kohlensaures Kali zu
                              									und unterbricht den Proceß, wenn nur noch eine geringe Kupfermenge in Auflösung ist.
                              									Diese zu gewinnen, wird die über dem grünen Niederschlag stehende Flüssigkeit
                              									abgelassen und der Niederschlag selbst einigemal mit kleinen Wasserportionen
                              									ausgewaschen. Die sämmtlichen Flüssigkeiten werden nun vereinigt und aus ihnen fällt
                              									man den ganzen Kupfergehalt durch Potaschenlösung vollständig aus. Den Niederschlag
                              									(kohlensaures Kupferoxyd) bringt man in neue Kupferlösung, wo er sich in basisches
                              									Salz verwandelt, die Flüssigkeiten aber dampft man ab und läßt den Kalisalpeter
                              									krystallisiren.
                           Um die Zinkoxyd-Lösung billig herzustellen, verfährt man folgendermaßen. In
                              									einem gußeisernen Gefäße werden Stücke metallisches Zink
                              									mit einer Auflösung von ätzendem Kali oder Natron übergossen. Es entwickelt sich
                              									augenblicklich Wasserstoffgas; wenn die Gasbildung nachläßt, ist der Proceß zu Ende
                              									und das Alkali mit Zinkoxyd gesättigt. Ist die Flüssigkeit klar, so verwendet man
                              									sie zur Zersetzung des basisch salpetersauren Kupferoxyds, wobei sich ein schönes
                              									lockeres Bremerblau abscheidet und die Flüssigkeit (bei Anwendung von Potasche)
                              									wieder Kalisalpeter liefert.
                           Man sieht ein, daß der Vortheil dieses Verfahrens wesentlich in der Herstellung eines
                              									billigen salpetersauren Kupferoxyds (wozu man die Salpetersäure aus dem billigen
                              									Chilisalpeter herbeiholt) und in der Gewinnung eines zu viel höherm Preise
                              									verwerthbaren Kalisalpeters beruht.
                           Im Vorbeigehen sey hier der Anwendung dieses zinksauren Kalis zur Fabrication des
                           
                              
                                 Mineralgrün
                                 
                              gedacht. Diese im Handel wenig begehrte Farbe von geringer
                                 										Deckkraft ist ein Gemenge aus Kupferoxydhydrat mit mehr oder weniger
                                 										arsenigsaurem Kupferoxyd, und wird dadurch bereitet, daß man Kupfervitriol mit
                                 										12 bis 15 Procent weißem Arsenik in Wasser auflöst und durch eine Aetzlauge von
                                 										Kali oder Natron fällt. Nimmt man nun zum Niederschlagen das eben erwähnte
                                 										zinksaure Kali, so erhält man eine zwar hellere, aber äußerst brillante Farbe,
                                 										die auch billig genug zu stehen kommt, um die Concurrenz mit andern grünen
                                 										Arsenikfarben auszuhalten. 100 Pfund Kupfervitriol liefern mit 15 Pfund Arsenik
                                 										und zinksaurem Alkali eine Ausbeute von 93 Pfund.
                              
                           
                        
                           
                           IV. Krapplack.
                           Es ist nichts leichter, als selbst aus den ordinärsten Krappsorten die rothen
                              									Farbstoffe rein auszuscheiden. Man braucht nur das gewöhnliche Verfahren mit
                              									Schwefelsäure zu befolgen, um – wenn man nicht zu sparsam mit dem Säurezusatz
                              									gewesen ist – ganz sicher zu seyn, daß alles, was nicht rother Farbstoff war,
                              									entweder verkohlt ist oder sich in Auflösung befindet. Da nun die rothen Farbstoffe
                              									in schwefelsaurem Wasser unauflöslich sind, wohl aber durch eine
                              									Alaun-Auflösung von der beigemengten Kohle getrennt werden können, so sollte
                              									man glauben, daß die Darstellung guter Krapplacke überall keinen Schwierigkeiten
                              									unterliegen würde. Dennoch begegnet man im Handel Krapplacken von trüber Farbe, die
                              									Fabriken entsprossen sind, in denen man sich doch der größten Sorgfalt in der
                              									Darstellung versichert halten kann. Es sind ein paar Umstände, auf die es allein
                              									kommt, wenn man sich eines gelungenen Präparats erfreuen will. Diese Umstände
                              									beruhen auf einigen Eigenschaften der rothen Krappfarbestoffe, die deßhalb für den
                              									Fabrikanten von der größten Wichtigkeit sind. Machen wir uns damit genau
                              									bekannt.
                           Zunächst ist der Umstand ins Auge zu fassen, daß der eine dieser Krappstoffe, der
                              									Krapp-Purpur, aus seiner Auflösung in Alaun durch Schwefelsäure gefällt wird,
                              									– daß also auch aus einer noch etwas Schwefelsäure enthaltenden, ungenügend
                              									ausgewaschenen Krappkohle dieser Krapp-Purpur durch eine
                              									Alaun-Auflösung nicht extrahirt werden kann und also für die Fabrication
                              									verloren geht. Für die Praxis entspringt daraus die Regel, das Auswaschen der
                              									Krappkohle so lange fortzusetzen, als in der Flüssigkeit noch Schwefelsäure
                              									enthalten ist. Die beste Probe dazu bleibt die bekannte Runge'sche. Auf einem Porzellanteller läßt man einen Tropfen einer
                              									Zuckerauflösung eintrocknen, bringt dann einen Tropfen der zu prüfenden Flüssigkeit
                              									darauf und trocknet denselben bei der Siedhitze des Wassers ein. War noch
                              									Schwefelsäure darin, so bräunt oder schwärzt sich der Rückstand auf dem
                              									Porzellan.
                           Etwaige Befürchtungen, daß durch so lange fortgesetztes Auswaschen auch Farbstoff
                              									aufgelöst und fortgeführt werden könne, da ja die beiden Farbstoffe in reinem Wasser etwas löslich seyen, – sind
                              									unbegründet. Ich habe wenigstens beim vollständigsten Auswaschen keinen Farbstoff in
                              									der Auflösung finden können, – wahrscheinlich wird er dem Wasser gegenüber von der Kohle genügend fest gehalten,
                              									während eine Alaun-Auflösung alles extrahiren
                              									kann.
                           Ferner ist zu bemerken, daß der andere der Farbstoffe, das Krapproth, nur in einer
                              										heißen Alaunlösung löslich ist und sich beim Erkalten
                              										in rothbraunen Flocken ausscheidet. Findet nun eine solche
                              									Ausscheidung während der Fällung des Krapplacks statt, so geht diese Farbstoffmenge
                              									nicht nur für die Lackbildung verloren, sondern verdirbt geradezu den reinen Ton der
                              									Farbe. Daraus resultirt also für die Praxis die weitere Regel: man ziehe die
                              									Krappkohle mit siedender Alaunlösung aus, filtrire, erhitze
                                 										das Filtrat wieder zum Sieden und fälle den Lack durch eine siedendheiße Auflösung von krystallisirter Soda aus.
                           Nur auf diesem Wege ist man im Stande, Lacke von bedeutendem Lustre und
                              									vortrefflicher Reinheit darzustellen. Es versteht sich von selbst, daß man auch
                              									andere Fällungsmittel (als: Kreide, Magnesia etc.) anwenden kann, aber –
                              									unter denselben Vorsichtsmaßregeln.