| Titel: | Ueber die Dampfmaschine der HHrn. Wethered zu Wetheredville in Nordamerika; Bericht von Hrn. F. Moigno. | 
| Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. XXI., S. 87 | 
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                        XXI.
                        Ueber die Dampfmaschine der HHrn. Wethered zu
                           									Wetheredville in Nordamerika; Bericht von Hrn. F. Moigno.
                        Aus dem Cosmos, Revue encyclopédique, November
                              									1855, S. 518.
                        Moigno, über Wethered's Dampfmaschine.
                        
                     
                        
                           Ehe die dynamische Theorie der Wärme fast bis zur Evidenz erwiesen und allgemein
                              									angenommen wurde, konnte man daran zweifeln, daß es vortheilhaft sey den Dampf zu
                              									überhitzen, bevor man ihn seine dynamische Wirkung vollbringen läßt. Man konnte
                              									befürchten, daß er durch eine zu große Erhöhung seiner Temperatur einen Theil seiner
                              									Spannkraft verliere und diese Befürchtung mußte die Constructeure natürlich von der
                              									Anwendung des überhitzten Dampfes zu einer Zeit abhalten, wo es für sie nicht
                              									bewiesen war, daß die wirkliche Quelle der mechanischen Kraft der Maschine die
                              									verlorne Wärme ist, daß die Leistung nothwendig proportional der
                              									Temperatur-Differenz des Dampfes vor und nach seiner Wirkung auf den Kolben
                              									seyn muß.
                           Jetzt gilt es aber als allgemeine Regel, daß man die Temperatur des Dampfes möglichst
                              									zu erhöhen trachten muß, und zu denen, welche dieß praktisch nachgewiesen haben,
                              									gehört auch der deutsche Ingenieur Siemens zu London,
                              									dessen mit regenerirtem Dampf betriebene MaschineBeschrieben im polytechn. Journal Bd.
                                       												CXXXVIII S. 241. wie die Wethered'sche in Paris ausgestellt
                              									war.
                           
                           Wir haben gleich Anfangs die bedeutende Wichtigkeit der überhitzten Dämpfe anerkannt
                              									und dieselbe gegen die in mehreren Journalen ausgesprochenen Ansichten im Cosmos vertheidigt. Die Resultate verschiedener
                              									Erfinder, namentlich der HHrn. Wethered, welche das
                              									Problem der Benutzung überhitzter Dämpfe auf eine so unerwartete Weise gelöst haben,
                              									lassen uns nun über alle unsere Gegner triumphiren.
                           Diese Herren, welche weder Physiker noch Mechaniker von Profession, sondern
                              									intelligente Fabrikbesitzer sind, kannten die Vortheile des überhitzten Dampfes, mit
                              									welchem man sich in Amerika viel beschäftigt hat; sie wußten aber auch, daß der
                              									überhitzte Dampf bei seiner Verwendung große Schwierigkeiten darbietet, daß wenn
                              									seine Temperatur zu hoch ist, die Kolben-Cylinder Ritzen bekommen und
                              									schlecht arbeiten; daß wenn man gewisse Gränzen der Temperatur überschreitet, die
                              									Zunahme des Drucks durchaus nicht im Verhältniß zu der zur Ueberhitzung verwendeten
                              									Brennmaterial- oder Wärmemenge steht. Endlich hatten diese Herren die
                              									tausendfältigen Klagen der Ingenieure über den ungeheuren Wärmeverlust vernommen,
                              									der durch die Oefenmäntel, durch den Essenzug, den Uebergang der noch sehr heißen
                              									Gase in die Atmosphäre etc. entsteht, so daß man kaum ein Zwanzigstel von der
                              									Leistung der Kohlen im Ofen verwendet.
                           Das ganz elementare und höchst wirksame Mittel, durch welches sie glauben auf einmal
                              									alle diese Nachtheile beseitigt zu haben, ist nachstehendes: ihr Apparat, von
                              									welchem mehrere wesentliche Organe im Industrie-Pallast verloren gegangen
                              									waren, ohne daß man sie wieder finden konnte, konnte erst spät in Betrieb gesetzt
                              									werden und hat weder die Aufmerksamkeit der Beurtheilungs-Commission, noch
                              									diejenige des größeren Publicums in verdientem Grade auf sich gezogen; er besteht
                              									aus einem eigenthümlichen Generator und aus einer gewöhnlichen Dampfmaschine. Der
                              									Generator hat die Form eines Watt'schen Kofferkessels;
                              									der Dampf wird in einem Röhrensystem erzeugt, ähnlich demjenigen der Locomotiven,
                              									aber senkrecht stehend. In der Kuppel des Kessels hat man für den Dampf zwei
                              									Ausgänge angebracht, die mit Röhren versehen sind, deren Oeffnungen man durch
                              									angebrachte Hähne nach Belieben verändern kann. Der durch den einen Hahn
                              									ausströmende Dampf hat die Temperatur der Siedhitze, ist gesättigt, feucht, und
                              									führt eine größere oder geringere Wassermenge mit sich; er geht, wie gewöhnlich,
                              									unmittelbar in die Dampfbüchse, in welcher sich der Dampfvertheilungsschieber
                              									befindet. Der durch den andern Hahn entweichende Dampf strömt durch eine innere oder
                              									eine äußere, mit einer isolirenden Hülle umgebene Röhre zu dem Anfang einer Schlange, welche zum Theil in dem Feuercanal, zum Theil in der Kuppel der
                              									Esse hinter dem Röhrenbündel, oder dicht an demselben angebracht ist und von den aus
                              									den Röhren ausströmenden brennenden Gasen umspielt wird. Auf seinem Wege durch die
                              									Windungen der Schlange überhitzt sich dieser Dampf immer mehr, erreicht eine
                              									Temperatur von 300 bis 400° Fahr., steigt bis zu einer gewissen Höhe in der
                              									Esse und vereinigt sich endlich in der Dampfkammer oder Dampfbüchse der Maschine mit
                              									dem gewöhnlichen, mit Wasser gesättigten Dampf, welcher direct vom Röhrengenerator
                              									in dieselbe strömt. Die Wirkung dieser Vermischung ist leicht zu begreifen: der
                              									überhitzte Dampf tritt einen Theil seines Wärmeüberschusses an den mit Wasser
                              									gesättigten Dampf ab, verdampft das noch im flüssigen Zustande in letzterm
                              									enthaltene Wasser und ertheilt ihm eine höhere Spannung. Das Gemisch der beiden
                              									Dämpfe strömt alsdann durch den Vertheilungsschieber in den Cylinder, treibt den
                              									Kolben und wirkt viel vortheilhafter, als wenn man entweder mit Wasser gesättigten
                              									oder überhitzten Dampf allein eingeführt hätte, d.h. mit einem bedeutenden Gewinn an
                              									Nutzeffect.
                           Man kann nach zweierlei Methoden die Vortheile der gemischten Dämpfe in Vergleich mit
                              									dem gewöhnlichen oder dem überhitzten Dampf, deren jeder für sich allein angewendet
                              									wird, nachweisen. Die erste besteht darin zu zeigen, daß man mit einer oder
                              									derselben Brennmaterialmenge eine weit größere Leistung erlangt; die zweite besteht
                              									darin, stets die gleiche Dampfmenge unter gleichem Druck wirken, den Dampf also
                              									dieselbe Arbeit verrichten zu lassen und das verbrauchte Brennmaterial zu messen.
                              									Die örtlichen Einrichtungen im Pariser Ausstellungsgebäude gestatteten es nicht, die
                              									erste Versuchsmethode anzuwenden; Hr. Wethered hat uns
                              									aber versichert, in Amerika zahlreiche und sehr sorgfältige Versuche angestellt zu
                              									haben, die ihm den Beweis lieferten, daß bei gleichem Brennmaterialverbrauch die
                              									vermischten Dämpfe einen viel größeren Nutzeffect geben, als gewöhnlicher oder
                              									überhitzter Dampf, jeder für sich angewendet.
                           Wir haben dagegen die zweite Methode anwenden sehen, und es liegen uns zwei
                              									vollständige Versuchsreihen vor, von denen die erste am 27. und 28. September und
                              									die zweite am 1. October (1855) angestellt wurde. Die dabei erhaltenen Resultate
                              									sind nachstehende: die Maschine hatte einen Centrifugal-Ventilator in
                              									Bewegung zu setzen.
                           Am 27. Septbr. wurde die Maschine von 9 1/2 bis 3 1/2 Uhr, also sechs Stunden lang,
                              									bloß mit gewöhnlichem Dampf betrieben. Während dieser sechs Stunden blieb der Druck,
                              									welchen das von Viertelstunde zu Viertelstunde beobachtete Manometer anzeigte, im
                              									Wesentlichen constant; er schwankte von 1,9 bis 2,2 Atmosphären, so daß er
                              									durchschnittlich 1,98 betrug. Die Temperatur des Dampfes blieb sich auch im
                              									Allgemeinen gleich; sie
                              									schwankte von 250 bis 260° Fahr, und betrug im Durchschnitt 255° Fahr.
                              									(124° C.). Die Anzahl der Umdrehungen betrug durchschnittlich 456 in einer
                              									Viertelstunde, 29 in der Minute und im Ganzen 10980. Die Menge des in den Generator
                              									eingeführten Wassers betrug 1300 Liter, die Menge des verdampften 975 Liter, der
                              									Kohlenverbrauch 177 1/2 Kilogr. oder 355 Pfund.
                           Am 28. Septbr. hat man die Maschine wieder sechs Stunden lang von 9 1/2 bis 3 1/2
                              									Uhr, aber mit dem Gemisch von gewöhnlichem und überhitztem Dampf betrieben; der
                              									mittlere Druck betrug 2,1 Atmosphären, die Temperatur des Dampfes durchschnittlich
                              									328° Fahr., die Anzahl der Kolbenzüge durchschnittlich 534 in der Minute, im
                              									Ganzen 12970; die Menge des verdampften Wassers 950 Liter, die Menge der
                              									verbrauchten Kohlen 283 Pfund.
                           Der Vortheil der gemischten Dämpfe ist daher bedeutend, weil man mit einer im
                              									Verhältniß von 283 zu 355 oder von 4 : 5 geringeren Kohlenmenge, bei ziemlich
                              									gleichem Druck, eine im Verhältniß von 12970 zu 10980 = 11 : 10 größere Anzahl von
                              									Kolbenzügen erlangt hat.
                           Wenn man nach den Daten dieser Versuche die Anzahl der einerseits bei Anwendung von
                              									gewöhnlichem, andererseits von überhitztem Dampf per
                              									Liter verdampften Wassers erlangten Arbeitseinheiten berechnet, so findet man, daß
                              									diese Zahlen in dem Verhältniß von 1 zu 2,067 stehen, oder daß die Kraftsteigerung
                              									mehr als 100 Proc. beträgt.
                           Um diese Berechnung zu machen, kann man, da es sich um dieselbe Leistung handelt,
                              									d.h. um die Erzeugung eines gewissen Windvolums, als Maaß des Nutzeffects die
                              									Kubikzahl der Umdrehungen, und als dessen Gestehungskosten den Kohlenverbrauch
                              									annehmen. Nimmt man als Einheit die Zahl 10980, d.h. die Kolbenzüge welche mit
                              									gewöhnlichem Dampf erlangt wurden, so wird die Zahl der Kolbenzüge welche mit den
                              									gemischten Dämpfen erlangt wurden, nämlich 12970 = 1,1812, deren Kubikzahl = 1,6480
                              									ist. Nimmt man ferner als Einheit die Kohlenmenge (355 Pfd.), welche zur Erzeugung
                              									des gewöhnlichen Dampfes verbraucht wurde, so wird der Verbrauch (283 Pfd.) bei
                              									gemischten Dämpfen 0,7971. Für die mit gewöhnlichen Dämpfen erlangte Leistung = 1,
                              									wird die mit gemischten Dämpfen erhaltene 1,6489 : 0,7971 oder 2,0674. Daraus folgt,
                              									daß die Leistungs- oder Arbeitseinheiten per
                              									Liter Wasser, bei gewöhnlichem und bei überhitztem Dampf respective 10253 und 21762
                              									sind; die zweite Zahl ist aber mehr als das Doppelte der ersten.
                           Der Versuch am 1. October wurde drei Stunden lang mit gewöhnlichem und drei Stunden
                              									mit gemischtem Dampf gemacht und gab gleiche Resultate. Der Dampfdruck betrug in
                              									beiden Fällen genau 2,5 Atmosphären; für gewöhnlichen Dampf wurden 515 Liter Wasser verdampft;
                              									die Anzahl der Kolbenzüge betrug 4735 und die verbrauchte Kohlenmenge 168 Pfund. Für
                              									den gemischten Dampf wurden 500 Liter Wasser verdampft, die Anzahl der Kolbenzüge
                              									betrug 5845, der Kohlenverbrauch 158 Pfund.
                           Da die Menge des in 1 Stunde und durch 1 Kilogr. Kohle verdampften Wassers sowohl bei
                              									gewöhnlichem als bei gemischtem Dampf 6,19 Liter betrug, so bietet der Röhrenkessel,
                              									dessen sich die HHrn. Wethered bedienen, offenbar nichts
                              									außerordentliches dar; man wird aber auch daraus folgern, und dieß ist die
                              									Hauptsache, daß die von dem überhitzten Dampf absorbirte Wärme, welche eine so
                              									bedeutende Steigerung der Leistung veranlaßt, ohne diese Benutzung ganz verloren
                              									gehen würde.
                           Diese Ersparung von 100 Proc. oder eine doppelte Wirkung wird ohne eine Abänderung
                              									des Mechanismus der Dampfmaschine erlangt, d.h. man kann den gemischten Dampf bei
                              									jeder Maschine statt des gewöhnlichen Dampfes anwenden und wird jedesmal 100 Proc.
                              									an Nutzeffect gewinnen. Man kann daher auf Schiffen das Volum der Motoren
                              									vermindern, was ein sehr bedeutender Fortschritt ist.
                           Diese erste Ersparung schließt aber noch eine zweite, verhältnißmäßig weit wichtigere
                              									ein, welche eine Folge der Beschaffenheit des angewandten Dampfes ist. Was die
                              									Dampfschifffahrt so schwierig und so kostbar macht, ist nicht das große Volum und
                              									Gewicht der Maschinen, die einen sehr großen Platz einnehmen, sondern die schnelle
                              									Zerstörung der wesentlichen Bewegungsorgane, der Schieber, der Kolbenringe und
                              									selbst der Cylinder. Die Meerwasserdämpfe der gewöhnlichen Generatoren reißen eine
                              									bedeutende Menge von den in dem Wasser enthaltenen Salzen mit sich, und diese Salze
                              									sind es, welche die berührten Oberflächen angreifen. In gewissen Gewässern ist ein
                              									Betrieb der Maschine von einigen Stunden oder Tagen hinreichend, um die
                              									nachtheiligsten Unfälle zu veranlassen, so daß kostbare Reparaturen erforderlich
                              									werden; dieser große Nachtheil verschwindet bei dem System Wethered's, denn da er Dampf von einer den Siedepunkt weit übersteigenden
                              									Temperatur anwendet, so kann derselbe durchaus kein flüssiges Wasser mit sich führen
                              									und folglich auch nicht die demselben beigemischten Salze. Es kommt daher in allen
                              									Fällen nur reiner Dampf mit den reibenden Flächen in Berührung, welche durch
                              									denselben nicht so leiden, wie es unter den gewöhnlichen Umständen der Fall ist.
                           Dieser Vortheil ist so einleuchtend und durch die bereits angestellten Versuche so
                              									erwiesen, daß diese neue Benutzungsweise des Dampfes von den amerikanischen
                              									Schiffs-Rhedern sehr günstig aufgenommen wurde. Wir lasen einen Brief von
                              									Hrn. Collins, dem Unternehmer der großen transatlantischen Linie zwischen
                              									Liverpool und New-York, an Hrn. Wethered, worin er
                              									ihm seine aufrichtigsten Glückwünsche und seine glänzenden Hoffnungen ausdrückt. Hr.
                              										Collins hatte ein Dampfboot mit einer kleinen
                              									Maschine, um das neue System zu versuchen, Hrn. Wethered
                              									zur Verfügung gestellt; der Erfolg der unter seinen Augen gemachten Versuche
                              									veranlaßte ihn, die gemischten Dämpfe auf allen seinen Dampfschiffen anzuwenden, und
                              									wir werden bald im Stande seyn, unsern Lesern die im Großen erlangten Resultate
                              									mitzutheilen. Die englische Admiralität läßt bereits auf einem ihrer schönsten
                              									Dampfschiffe Versuche mit dem neuen Verfahren anstellen.
                           Das neue System ist sehr einfach und mit unbedeutenden Kosten bei allen schon
                              									verhandenen Maschinen anwendbar. Man gelangt ohne große Mühe und ohne langes
                              									Probiren dahin, dem Dampfgemisch die vortheilhafteste Temperatur und den
                              									zweckmäßigsten Druck zu geben. Außer den mehr oder weniger großen Oeffnungen zum
                              									Ein- und Ausströmen des Dampfes gibt es noch andere Elemente, die man dazu
                              									benutzen kann, nämlich den Durchmesser der Röhre, welche die Schlange bildet, ihre
                              									Länge, ihre Anordnung an einem der Flamme mehr oder weniger zugänglichen Raum u.s.w.
                              									Gewöhnlich hat der Generator nur einen Herd, und es dient daher dasselbe Feuer zur
                              									Erzeugung und zur Ueberhitzung des Dampfes. Unter besondern Umständen kann man aber
                              									leicht einen besondern Herd vorrichten, der die zur Ueberhitzung des Dampfes
                              									erforderliche Feuerung entwickelt. Anstatt gewöhnlichen Dampf zu überhitzen, könnte
                              									man auch direct Dampf von 300 bis 400° F. erzeugen, wie es Hr. Testud von Beauregard gemacht und wie es die HHrn. Belleville und Hédiard
                              									thun wollen. Hr. Wethered hat sich in seinem Patent das
                              									Recht auf alle Modificationen seiner Grundidee reservirt; sein Patent lautet
                              									nämlich: „auf ein Gemisch der beiden Dampfarten, des gewöhnlichen und
                                 										überhitzten, in verschiedenen Verhältnissen, um in dem Treibecylinder einen
                                 										vollkommen reinen und trockenen Hochdruckdampf zu benutzen, der eine größere
                                 										Leistung hat und womit Ersparung an Material, Raum und Brennstoff verbunden
                                 										ist.“
                              								
                           Bei der zu Paris ausgestellten, so wie bei fast allen bisher von Hrn. Wethered ausgeführten Maschinen, wird die Vermischung der
                              									Dämpfe in dem Dampfbehälter, außerhalb des Cylinders, bewirkt; bei den neuen
                              									Versuchen aber will der Erfinder die Mischung in dem Cylinder selbst, Wechselsweise
                              									über und unter dem Kolben, vornehmen. Er hofft auf diese Weise einen größern
                              									Nutzeffekt zu erlangen, indem er die Expansion benutzt, welche in dem Augenblick wo
                              									die beiden Dampfarten sich durchdringen, erfolgt. Wir fürchten jedoch, daß diese
                              									Einrichtung, welche noch
                              									nicht erprobt ist, Nachtheile zeigen wird, wenn das Wasser sehr mit Kalk und andern
                              									Salzen beladen ist.
                           Hinsichtlich der erforderlichen Dimensionen des Kessels und der Schlange bemerken
                              									wir, daß Hr. Wethered bei einer Maschine von 12
                              									Pferdekräften einen sehr guten Erfolg mit einer Generatorröhre von 59 Millimeter
                              									Durchmesser und 3,14 Meter gesammter Länge und mit einem
                              									Ueberhitzungs-Schlangenrohr von 37 Millim. Durchmesser und 4,95 Met. Länge
                              									erreichte; d.h. mit zwei Röhren von diesen Dimensionen, welche sehr wenig Raum
                              									einnehmen, erlangte man die Kraft von 12 Pferden. Das Verhältniß des Volums des
                              									gewöhnlichen Dampfes zu dem des überhitzten war 25 : 75 oder 1 : 3.
                           Nachdem wir das obige schon niedergeschrieben hatten, erhielten wir den amtlichen
                              									Bericht der zu New-York, unter der Leitung des Hrn. Collins, von Hrn. Martin, Oberingenieur der
                              									Marine der Vereinigten Staaten angestellten Versuche, aus welchem wir noch das
                              									Wesentliche mittheilen. Es ist aber immer wieder das außerordentliche Resultat der
                              									Pariser Versuche, nämlich ein Gewinn von 100 Procent.
                           I. Die ersten Versuche wurden mit einer Hochdruckmaschine, ohne Condensation, welche
                              									Hr. Collins zu den Proben über Benutzung der
                              									verschiedenen Dampfarten erbauen ließ, angestellt. Die Leistung der Maschine bestand
                              									im Wasserheben mittelst zweier Pumpen mit Behältern mit verdichteter Luft.
                           Erste Versuchsreihe, bloß mit gewöhnlichem gesättigtem
                                 										Dampf. – Dauer des Versuchs 39 Stunden 51 Minuten; Temperatur des
                              									Dampfes 109° C.; Anzahl der doppelten Kolbenzüge 69195, d.h. in der Minute
                              									fast 25; Druck der Luft in dem Behälter über denjenigen einer Atmosphäre, in
                              									Quadratzollen ausgedrückt 25,36; gesammter Kohlenverbrauch 2221 Pfd., 55,7 Pfd. in
                              									der Stunde; Gesammtzahl der Arbeitseinheiten 1754628; Arbeitseinheiten auf ein Pfund
                              									Kohlen 790.
                           Zweite Versuchsreihe, bloß mit gesättigtem Dampf.
                              									– Dauer des Versuchs 18 Stunden; Temperatur des Dampfes 178° C.
                              									Gesammtanzahl der doppelten Kolbenzüge 41609, d.h. 38 1/2 in der Minute; Druck der
                              									Luft in dem Behälter 30,97; gesammter Kohlenverbrauch 989 Pfund, 55 Pfd. in der
                              									Stunde; Gesammtzahl der Arbeitseinheiten 1288442; Arbeitseinheiten auf jedes Pfund
                              									Kohlen 1302.
                           Dritte Reihe, mit einem Gemisch von gesättigtem und
                                 										überhitztem Dampf. – Dauer des Versuchs 80 Stunden 27 Minuten;
                              									Temperatur des gesättigten Dampfes 136° Cels., des überhitzten Dampfes
                              									193° C., des Gemisches 148° C.; Gesammtzahl der doppelten Kolbenhube 182077, daher in der
                              									Stunde 37 3/4. Druck der Luft in dem Behälter 34,84; ganzer Kohlenverbrauch 3899
                              									Pfund, 48,5 in der Stunde; Gesammtzahl der Arbeitseinheiten 6337042;
                              									Arbeitseinheiten auf das Pfund Kohlen 1625.
                           Die Arbeitseinheiten auf das Pfund Kohlen sind also beim gesättigten Dampf 790, beim
                              									überhitzten 1302, bei dem Gemisch beider 1625; wenn man die erstere dieser Zahlen
                              									als Einheit nimmt, so verhalten sie sich wie 1,000 : 1,649 : 2,057. Daraus folgt 1)
                              									daß wenn man mit demselben Ofen statt des gesättigten Dampfes überhitzten Dampf
                              									anwendet, man eine Zunahme des Nutzeffects von 65 Procent erhält; 2) daß man mit
                              									einem Gemisch von beiden Dampfarten eine Nutzeffects-Steigerung von 106 Proc.
                              									bewirkt; 3) daß bei der Benutzung des Gemisches anstatt des überhitzten Dampfes
                              									allein, der Gewinn noch 25 Proc. beträgt.
                           II. Versuche, welche am 9. Januar
                                 										1854 an Bord des Dampfschiffes
                              									„Joseph Johnson,“
                              									auf dem Hudsonfluß bei New-York angestellt wurden.
                              									– Erste Reihe mit gewöhnlichem Dampf. Dauer des
                              									Versuchs 9 Stunden 53 Minuten; Dampfdruck im Generator 19,5 Zoll; Leere im
                              									Condensator 27,5 Zoll; Temperatur des Metalles in dem Cylinder 111° C.;
                              									Temperatur der Leere 51° C.; Gesammtzahl der Kolbenzüge 11447, in der Minute
                              									19 1/3; Menge der in 1 Stunde verbrauchten Kohlen 666 Pfund.
                           Zweite Reihe, mit gemischten Dämpfen. Dauer des Versuches
                              									9 Stunden 50 Minuten; Druck im Generator 18,5 Zoll; Leere im Condensator 27,8 Zoll;
                              									mittlere Temperatur des Cylindermetalles 143° C.; Temperatur der Leere
                              									64° C.; Temperatur des überhitzten Dampfes vor seiner Vermischung 303°
                              									C.; Temperatur des Gemisches 173° C.; Gesammtzahl der doppelten Kolbenzüge
                              									11904, in der Minute 20; in der Stunde verbrannte Kohlen 440 Pfd.
                           Da beide Versuchsreihen unter gleichen Umständen ausgeführt wurden, so kann man als
                              									Maaß des Nutzeffects die Kubikzahl der doppelten Kolbenzüge und als Maaß der
                              									Gestehungskosten der erhaltenen Leistung die verbrauchten Kohlenmengen annehmen. Man
                              									findet auf diese Weise daß der erhaltene Nutzeffect per
                              									Pfund Kohlen mit gewöhnlichem Dampf = 1 angenommen, mit gemischtem Dampf 1,727 ist,
                              									daher der Gewinn mehr als 72 Procent betrug.
                           Bei einer andern Versuchsreihe, welche am 22. und 23. November 1854 angestellt wurde,
                              									war man für eine genau gleiche Anzahl der Kolbenzüge besorgt, damit das Dampfboot
                              									denselben Weg, 56 engl. Meilen, entweder bloß mit gesättigtem Dampf oder mit dem
                              									Gemisch von gesättigtem und überhitztem zurücklegen konnte; der Vortheil zu Gunsten des Gemisches betrug
                              									dabei 53 Procent. Dieser geringere Vortheil findet seine Erklärung in dem Umstand,
                              									daß man, um die mit dem gewöhnlichen Dampf allein erlangte Geschwindigkeit nicht zu
                              									steigern, bei Anwendung des überhitzten Dampfs den Druck sehr niedrig halten und
                              									folglich das Feuer vermindern mußte, so daß der Rost an mehreren Stellen entblößt
                              									blieb.
                           Hr. Martin und ein anderer Marine-Ingenieur der
                              									Vereinigten Staaten, welcher jenem als Gehülfe beigegeben war, Hr. Isherwood, bestätigen die Genauigkeit aller obigen Zahlen
                              									und die daraus gezogenen Folgerungen; sie erklären außerdem durchaus keine
                              									Schwierigkeiten beim Ueberhitzen des Dampfes oder bei der Benutzung des
                              									Dampfgemisches gefunden und eben so wenig ein Verbrennen des Schlangenrohrs
                              									beobachtet zu haben.
                           Da die HHrn. Siemens und Reech
                              									es bezweifeln wollten daß der gemischte Dampf, bei gleichem Druck und bei gleicher
                              									Temperatur wie der überhitzte Dampf angewendet, einen größeren Nutzeffect als
                              									letzterer liefert, so entschloß sich Hr. Wethered auf
                              									unsere Bitte am 30. October (1855) einen vergleichenden Versuch anzustellen, welcher
                              									nachstehende Resultate ergab:
                           1. Ueberhitzter Dampf, für sich allein. – Dauer des
                              									Betriebes der Maschine 3 Stunden; Druck 2,57; Temperatur des Dampfes im Cylinder
                              									147,7° C.; Temperatur desselben beim Ausströmen aus dem Cylinder 107°
                              									C. Gesammtzahl der Umgänge des Ventilators 6430; in der Minute 35,7; verdampftes
                              									Wasser 460 Liter, verbrauchte Kohlen 180 Pfd.
                           2. Gemischte Dämpfe. – Dauer des Ganges der
                              									Maschine 3 Stunden; Dampfdruck 2,57; Temperatur der vereinigten Dämpfe beim
                              									Einströmen in den Cylinder 145°,5 C.; beim Ausströmen aus demselben
                              									102° C.; Zahl der Umdrehungen 6680; in der Minute 37; verdampftes Wasser 520
                              									Liter, verbrauchte Kohlen 140 Pfd.
                           Verfährt man mit diesen Zählen, wie oben geschehen, so findet man, daß, die Arbeit
                              									des überhitzten Dampfes für sich gleich 1 angenommen, diejenige der gemischten
                              									Dämpfe 1,4427; man hat daher bei Anwendung des Gemisches einen Gewinn von 44 Proc.
                              									Uebrigens gibt der Versuch, gegen welchen man nichts einwenden kann, auch den Grund
                              									dieses Gewinnes an. Bei Anwendung des überhitzten Dampfes für sich allein beträgt
                              									der Unterschied zwischen den Temperaturen des Dampfes beim Ein- und beim
                              									Ausströmen in und aus dem Cylinder nur 40°,7, während er sich bei gemischten
                              									Dämpfen auf 43,°5 beläuft. In dem letztern Fall verschwindet mehr Wärme, und es wird, als
                              									natürliche Folge, mehr Triebkraft entwickelt, wodurch alles erklärt ist. Dasselbe
                              									fand bei den oben beschriebenen Versuchen in New-York statt; der Wärmeverlust
                              									betrug beim gewöhnlichen Dampf 61° und beim gemischten 79°.
                           Wir wollen noch bemerken, daß die gemischten Dämpfe bei allen Anwendungen, welche man
                              									davon machen kann, zum Heizen, Trocknen, zur Verdampfung u.s.w. im Vergleich mit
                              									gewöhnlichem Dampf denselben bedeutenden Vortheil gewähren wie bei ihrer Benutzung
                              									als Triebkraft. Das mechanische Institut von Maryland hat gefunden, daß man, um eine
                              									gegebene Wassermenge zum Sieden zu bringen, indem man den im Kessel erzeugten Dampf
                              									hineinleitet, bei Anwendung gewöhnlichen Dampfes von 10,94 Zoll Druck und
                              									106° C. Temperatur, 73 Minuten braucht; bei Anwendung überhitzten Dampfes von
                              									demselben Druck und 173° C. Temperatur, 80 Minuten; bei Anwendung der Wethered'schen gemischten Dämpfe von 10 Zoll Druck und
                              									139° C. Temperatur aber nur 43 Minuten.