| Titel: | Ueber eine neue Methode das Aluminium und einige andere einfache Körper darzustellen; von H. Sainte-Claire Deville. | 
| Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. XLVIII., S. 204 | 
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                        XLVIII.
                        Ueber eine neue Methode das Aluminium und einige
                           								andere einfache Körper darzustellen; von H. Sainte-Claire Deville.
                        Aus den Comptes rendus, Decbr. 1855, Nr.
                              								24.
                        Deville, über eine neue Methode das Aluminium etc.
                           								darzustellen.
                        
                     
                        
                           In der letzten Zeit habe ich verschiedene Methoden versucht, um mir etwas
                              									beträchtliche Massen von absolut reinem Aluminium behufs der Bestimmung seines
                              									Aequivalents zu verschaffen.Man s. Deville's
                                    											frühere Abhandlungen über die Fabrication des Aluminiums, im polytechn.
                                    											Journal Bd. CXXXIV S. 284 und Bd. CXXXVII S. 125. Dieß gelang mir lange Zeit nicht, wegen des Materials der gewöhnlich
                              									gebräuchlichen Gefäße; aber diese erste Schwierigkeit wurde durch Mittel besiegt,
                              									welche ich bald veröffentlichen werde. Eine zweite Schwierigkeit bilden die
                              									fremdartigen Substanzen welche stets in den (natürlichen) Thonerdeverbindungen
                              									vorkommen; glücklicherweise hat man in den letzten Monaten beträchtliche Massen
                              									eines bisher sehr seltenen Minerals, des Kryoliths, in Grönland gefunden, welcher
                              									beinahe reines Fluoraluminium-Natrium ist.
                           Man scheint in England eine Quantität Aluminium aus dem Kryolith mittelst der
                              									galvanischen Säule reducirt zu haben; aber Prof. Heinrich Rose in Berlin hat zuerst bewiesen, daß
                              									sich aus diesem Mineral das Aluminium mittelst Natrium leicht darstellen läßt.Polytechn. Journal Bd. CXXXVII S.
                                       											363. Behufs der Reduction braucht man nur in einem Porzellantiegel abwechselnde
                              									Schichten von Natrium und von Kryolith, welcher gepulvert und mit ein wenig Kochsalz
                              									gemengt worden ist, zu bringen. Man stellt den Porzellantiegel in einen hessischen
                              									Tiegel und unterhält eine lebhafte Rothglühhitze bis zum vollständigen Schmelzen der
                              									Masse. Man rührt diese Masse mit einem thönernen Rührer um, und läßt erkalten. Man
                              									findet alles Aluminium am Boden der erkalteten Masse zu einem einzigen Regulus
                              									vereinigt. Während die Masse flüssig, und selbst nachdem sie theilweise an der
                              									Oberfläche erstarrt ist, entbindet sich ein brennbares Gas, welches die dicke Kruste
                              									hebt und sich an der Luft entzündet. Nach seinem Geruch ist es ohne Zweifel ein
                              									phosphorhaltiger Dampf; auch läßt sich mittelst molybdänsauren Ammoniaks im Kryolith
                              									Phosphorsäure nachweisen. Dieß ist das Verfahren welches ich angewandt habe; es weicht
                              									wenig von Rose's Methode ab.
                              									Wendet man einen Tiegel von Porzellan an, so enthält das Aluminium stets Silicium;
                              									es enthält Eisen, wenn man einen eisernen Tiegel anwendet, wie auch Rose bemerkt, welcher aber auf diese Weise doch ein sehr
                              									dehnbares Aluminium erhielt.
                           Dieser Versuch führte mich auf andere: bei meinen früheren Versuchen das
                              									Chloraluminium-Natrium mittelst Natrium zu reduciren, erfolgte zwar die
                              									Reduction vollständig, ich erhielt aber niemals einen metallischen Regulus; man
                              									braucht jedoch dem Gemenge nur ein wenig Fluorcalcium zuzusetzen, damit sich alles
                              									Aluminium zu Königen am Boden des Tiegels vereinigt. Dieser Versuch gelang im
                              									Laboratorium der Normalschule stets sehr gut, wo mehrere hundert Gramme sehr reinen
                              									Aluminiums auf diese Weise dargestellt wurden. Man wird aus den nachfolgenden
                              									Bemerkungen ersehen, daß das Fluorkalium und Fluornatrium, welche die Thonerde
                              									auflösen, als das beste Flußmittel für das Aluminium zu betrachten sind. Dadurch
                              									erklärt sich jener Versuch, welcher mir ein vortheilhaftes Verfahren zur Fabrication
                              									des Metalles zu liefern scheint.
                           Die Zusammensetzung des Kryoliths entspricht der Formel Al² Fl³, 3 (Na Fl) oder auch Al 2/3 Fl, Na
                                 										Fl; vergleicht man letztere Formel mit derjenigen des sauren flußsauren
                              									Natrons (flußsauren Fluornatriums) H Fl, Na Fl, so sieht
                              									mall, daß man in diesem Salz nur H durch Al 2/3 zu ersetzen braucht, um Kryolith zu haben. Wenn
                              									man daher saures flußsaures Natron und geglühte Thonerde in den durch diese Formeln
                              									angegebenen Verhältnissen innig vermengt und nach und nach in einem Platintiegel
                              									erhitzt, so entweichen nur sehr geringe Mengen von Flußsäure, und bei einer nicht
                              									hohen Temperatur erhält man eine dünnflüssige und wasserklare Masse, deren Gewicht
                              									nahezu demjenigen des Kryoliths entspricht, welcher nach der Berechnung erzeugt
                              									werden mußte. Mit Natrium behandelt, gibt diese Masse Aluminium, was beweist daß sie
                              									Fluoraluminium und nicht Thonerde enthält.
                           Dasselbe Resultat liefert ein Gemenge von Thonerde und Fluornatrium, welches man mit
                              									concentrirter Flußsäure benetzte, wobei sich die Masse erhitzt; dieselbe wird dann
                              									getrocknet, geschmolzen und hierauf zur Aluminiumbereitung verwendet. Derselbe
                              									Versuch gelingt auch mit dem Fluorkalium; wenn man besorgt ist, letzteres im Gemenge
                              									in Ueberschuß zu halten, so kann man nach dem Schmelzen die Masse mit Wasser
                              									behandeln, welches das Fluorkalium auflöst und eine krystallinische, sehr
                              									schmelzbare Substanz hinterläßt, die ohne Zweifel Kryolith mit Kalibasis ist.
                           
                           Bei allen meinen Versuchen fand ich es schwierig, die Kieselerde gehörig
                              									abzuscheiden, daher mein Aluminium oft Silicium in ziemlich beträchtlichem
                              									Verhältniß enthielt. Ueberdieß ist die Ausbeute aus dem Kryolith, wie Rose bemerkt hat, und hauptsächlich aus dieser Art
                              									künstlichen Kryoliths, immer sehr gering.
                           Im Verlauf dieser Versuche konnte ich oft die ganz eigenthümliche Eigenschaft der
                              									flußsauren Alkalien beobachten, wodurch sie bei hoher Temperatur ein fast
                              									allgemeines Auflösungsmittel werden. Man überzeugt sich davon mittelst eines leicht
                              									schmelzbaren Gemenges von Fluorkalium und Fluornatrium; man kann in demselben bei
                              									der Rothglühhitze viel Kieselerde und Titansäure, ein wenig Thonerde und eine große
                              									Anzahl anderer Substanzen auflösen; merkwürdigerweise wird das Gemisch durch diesen
                              									Zusatz fremdartiger Substanzen nur noch schmelzbarer und fast so dünnflüssig wie
                              									Wasser.
                           Ich vermuthete daß eine solche Substanz, welche die elektrischen Ströme leicht
                              									durchdringen können, ein vortreffliches Lösungsmittel für Substanzen abgibt, die
                              									unter gewöhnlichen Umständen der Wirkung der Säule widerstehen. Wenn man Kieselerde
                              									in flußsaurem Kali-Natron auflöst und den Strom hindurchleitet, erhält man in
                              									der That Silicium, welches sich bei Anwendung einer Elektrode von Platin mit diesem
                              									Metall legiren würde. Am positiven Pol entwickeln sich zahlreiche Blasen eines Gases
                              									welches nur Sauerstoff seyn kann; es ist nicht Fluor, denn wenn man dem Bad etwas
                              									Kochsalz zusetzt, so riecht man kein Chlor, während bekanntlich die Chloride vor den
                              									Fluoriden zersetzt werden. Mit der Titansäure gibt derselbe Versuch analoge
                              									Resultate.
                           Ganz anders verhält sich die Thonerde: das flußsaure Kali-Natron löst von
                              									derselben wenig auf, und unter dem Einfluß des elektrischen Stroms verbrennt Natrium
                              									am negativen Pol, während am positiven Pol Fluor entbunden wird; man erkennt es an
                              									dem sehr starken Geruch von Fluorwasserstoffsäure, welcher sich in der Flamme der
                              									zum Versuch angewandten Lampe entwickelt (diese Wirkung erklärt sich leicht durch
                              										Fremy's Untersuchungen
                              									über die Elektrolyse der Fluormetalle). Alles dieses beweist: 1) daß die Thonerde
                              									der Einwirkung der Säule mehr widersteht als die flußsauren Alkalien; 2) daß die
                              									Thonerde durch Natrium nicht reducirt werden kann, wie es sich auch erwarten ließ;
                              									3) daß das Gegentheil hinsichtlich der Kieselerde stattfindet; letztere wird in der
                              									That, wie ich gefunden habe, in Berührung mit Natriumdampf sehr leicht reducirt.
                           Bei den erwähnten Versuchen bildet die einzige Schwierigkeit einerseits das Material
                              									der anzuwendenden Gefäße, andererseits die Veränderlichkeit der Elektroden; denn die Kohle
                              									aus den Gasretorten verliert in den Bädern, welche flußsaure Salze enthalten, sehr
                              									bald ihren Zusammenhang.
                           
                        
                           Nachschrift.Das Aluminium auf der Pariser Ausstellung, hinsichtlich seiner
                                 										chemischen und physischen Eigenschaften.
                           Wir entnehmen den Mittheilungen des hannoverschen
                                 										Gewerbevereins, 1855, Heft 6, über diesen interessanten Gegenstand
                              									Folgendes:
                           
                              I. Ueber die chemischen
                                    											Eigenschaften des Aluminiums; von Hrn. Prof. Dr.
                                    											Fr. Heeren.
                              Seit etwa einem Jahre beschäftigt sich Sainte-Claire Deville zu Paris mit der Bereitung des Aluminiums aus Chloraluminium
                                 										mittelst Natrium, und verwendete es schon zum Prägen von Medaillen und anderen
                                 										Gegenständen. Die Darstellung wurde auf Kosten des Kaisers in der chemischen
                                 										Fabrik zu Javelle ziemlich im Großen betrieben, und es sollen schon 600 bis 700
                                 										Pfund davon fabricirt worden seyn. Auf der Ausstellung waren einige Dutzend
                                 										Aluminiumbarren von etwa 1 Fuß Länge, 1 Zoll Breite und 1/2 Zoll Dicke, so wie
                                 										ein aus diesem Metall angefertigter kleiner Becher nebst einigen Löffeln
                                 										ausgelegt. Der Verkauf dieses Metalles war der Handlung von Rousseau Frères, Rue de l'école de
                                    											médicine, übertragen, doch erst nach mehrere Wochen langem
                                 										Harren war die bestellte Probe zu erlangen. Gegenwärtig hat es noch den hohen
                                 										Preis von 3 Francs der Gramm.
                              Die auffallendste Eigenthümlichkeit des Aluminiums liegt in der ungewöhnlichen
                                 											Leichtigkeit dieses Metalles (nach welcher man
                                 										glauben sollte, ein unächt versilbertes Stück Holz in der Hand zu halten) im
                                 										Verein mit der bedeutenden Festigkeit, so daß
                                 										jedenfalls schon ungewöhnliche Körperkraft dazu gehören würde, eine Barre von
                                 										den oben angegebenen Dimensionen zu biegen oder abzubrechen.
                              Die chemische Analyse hat den nicht unbedeutenden Eisengehalt von 4,6 Procent nachgewiesen (eine Folge der Darstellung
                                 										des Chloraluminiums in eisernen Retorten), so daß die nachstehend aufgeführten
                                 										Eigenschaften auch nur für das unreine Pariser
                                    											Aluminium gelten können.
                              Es hält sich an der Luft sehr gut und erträgt selbst Glühhitze, ohne sich
                                 										beträchtlich zu oxydiren; doch bildet sich auf der Oberfläche augenscheinlich
                                 											ein Häutchen von
                                 										Oxyd (Thonerde), wodurch die Theilchen des Metalles dergestallt eingehüllt
                                 										werden, daß ein Zusammenfließen zu einem abgerundeten glänzenden Metallkügelchen
                                 										nicht erfolgen kann. Man ist daher beim Schmelzen und Gießen genöthigt, ein
                                 										Flußmittel anzuwenden, entweder Chlorkalium (nach Rose) oder besser Chloraluminium-Natrium (nach Deville); Borax oder Salpeter können hierzu nicht in
                                 										Anwendung kommen, weil sie das Metall stark angreifen.
                              Der Schmelzpunkt liegt bei geringer Glühhitze, aber noch weit unter dem des
                                 										Messings. Wenn der Schmelzpunkt des Zinks bei 432° C., jener des Messings
                                 										bei 900° C. angenommen wird, so würde ich jenen des Pariser Aluminiums
                                 										auf etwa 700° C. schätzen. Eine genaue Bestimmung des Schmelzpunktes
                                 										schien mir wegen der mangelnden chemischen Reinheit nicht wichtig.
                              Besonders merkwürdig ist das Verhalten gegen die verschiedenen
                                 										Auflösungsmittel.
                              a. Salzsäure wirkt
                                 										außerordentlich heftig ein, und löst das Metall unter stürmischer Entwicklung
                                 										von Wasserstoffgas zu einer farblosen, bei längerem Kochen an der Luft sich in
                                 										Folge des Eisengehaltes gelb färbenden Flüssigkeit auf.
                              b. Verdünnte
                                    											Schwefelsäure verhält sich der Salzsäure ähnlich, wirkt aber bedeutend
                                 										langsamer.
                              c. Concentrirte
                                    											Schwefelsäure scheint in der Kälte gar nicht einzuwirken, löst aber
                                 										erhitzt das Metall langsam unter Entwickelung schwefeliger Säure auf.
                              d. Concentrirte
                                    											Salpetersäure, sowohl kalt wie warm, wirkt nicht im Geringsten.
                              e. Verdünnte
                                    											Salpetersäure übt in der Kälte und selbst beim Erwärmen so geringe
                                 										Wirkung, das es zweifelhaft ist, ob die sich entwickelnden Gasbläschen wirklich
                                 										einer stattfindenden Auflösung oder Oxydation des Metalles zuzuschreiben
                                 										seyen.
                              f. Essigsäure wirkt in
                                 										der Kälte sehr wenig, aber doch bemerklich; in der Wärme schneller, wobei sich
                                 										Wasserstoffgas entwickelt.
                              g. Netzende Kalilauge
                                 										bewirkt schon in der Kälte die Auflösung des Aluminiums mit derselben Heftigkeit
                                 										und stürmischen Wasserstoffgas-Entwickelung, wie Salzsäure, wobei sich
                                 										das Eisen in Gestalt eines grauschwarzen, am Sonnenlicht glänzende Flitterchen
                                 										zeigenden Pulvers abscheidet. Dieser Rückstand, auf einem kleinen Filtrum
                                 										gesammelt und gehörig ausgewaschen, löste sich in Salzsäure sehr leicht und
                                 										vollständig unter Entwickelung von Wasserstoffgas. Zu einer weiteren Analyse, um
                                 										zu sehen, ob er etwa Kohle oder Kieselerde enthielt, reichte die disponible kleine Menge
                                 										nicht aus; doch ist es nicht wahrscheinlich, daß sich die eben genannten Körper,
                                 										falls sie vorhanden waren, in der Salzsäure sollten mit aufgelöst haben.
                              Nach diesem Verhalten gegen die verschiedenen Auflösungsmittel muß das Aluminium
                                 										unstreitig jener Abtheilung der Metalle zugezählt werden, welche man, ihrer
                                 										großen Verwandtschaft zum Sauerstoffe und ihres Verhaltens gegen den
                                 										elektrischen Strom wegen, elektropositiv nennt, und
                                 										als deren Repräsentant unter den bekannteren Metallen das Zink voransteht. Das
                                 										Aluminium aber steht demselben mindestens gleich, wenn es ihm nicht noch
                                 										vorgehen sollte, wie seine Leichtlöslichkeit in ätzender Kalilauge beweist,
                                 										welche, selbst in der Wärme, auf das Zink kaum eine bemerkliche Einwirkung
                                 										zeigt, ungeachtet sich Zinkoxyd im Kali ebenso wie die Thonerde mit größter
                                 										Leichtigkeit auflöst. Nur die auffallende Indifferenz gegen die Salpetersäure
                                 										könnte auf den ersten Blick befremden, da ja das Zink von dieser mächtigen Säure
                                 										mit fast explosionsartiger Heftigkeit oxydirt und gelöst wird. Seitdem aber auch
                                 										beim Eisen, einem unstreitig ebenfalls elektropositiven Metalle, die Beobachtung
                                 										gemacht ist, daß es in Berührung mit concentrirter Salpetersäure in einen
                                 										elektronegativen, oder, nach dem chemischen Sprachgebrauch, passiven Zustand übergeht, hat dieselbe Erscheinung
                                 										beim Aluminium nichts Auffallendes mehr; und so wie dieses letztere in Berührung
                                 										mit Salzsäure und Kali weit mehr, als das Eisen, sich auf die Seite der
                                 										positiven Metalle stellt, so ist es wohl denkbar, daß es, bei Berührung mit
                                 										Salpetersäure, ebenfalls mehr als das Eisen, dem passiven Zustande, ja in
                                 										solchem Grade anheimfällt, daß es selbst schon durch verdünnte Säure denselben
                                 										annimmt.
                              Es wäre nun sehr interessant gewesen, diesen Verhältnissen weiter nachzugehen,
                                 										indem sich gerade das Aluminium zu einer solchen Untersuchung eignet; aber auch
                                 										hier ließ die Unreinheit des Metalls keine entscheidenden Resultate hoffen. Aus
                                 										demselben Grunde habe ich meine frühere Absicht, das disponible Metall zur
                                 										Darstellung verschiedener Legirungen zu benutzen, aufgegeben; nur mag erwähnt
                                 										werden, daß es sich mit dem Quecksilber durchaus
                                 										nicht verbindet; ja, ein Stückchen Aluminium, welches längere Zeit auf kochendem
                                 										Quecksilber geschwommen hatte, zeigte sich nicht einmal auf der Oberfläche
                                 										amalgamirt. Mit Zinn dagegen schmilzt es leicht zu
                                 										einer ziemlich harten, aber doch streckbaren Legirung zusammen. Deville führt an, daß es mit Blei nicht legirt werden könne.
                              
                              Nach den bis jetzt bekannten Eigenschaften dieses Metalls kann man ihm eine große
                                 										Nutzbarkeit nicht einräumen, da es schon seiner unansehnlichen Farbe, so wie der
                                 										Leichtlöslichkeit in den meisten Säuren und den Alkalien wegen auf eine
                                 										Anwartschaft als Stellvertreter des Silbers verzichten muß. Wollte z.B. der
                                 										Zufall, daß ein Seifensieder seine Aluminium-Uhr auf eine mit Lauge
                                 										verunreinigte Stelle legte, so würde er sie durchlöchert wieder aufnehmen.
                              Sollte es dagegen gelingen – und ich halte das nicht nur für möglich,
                                 										sondern für wahrscheinlich – dieses Metall auf leichte, wenig
                                 										kostspielige Art im Großen zu produciren, so könnte es in vielen Fällen ein
                                 										vortreffliches Ersatzmittel des Eisens und Zinkes abgeben. Da das rohe Material,
                                 										die Thonerde, auf unserem Planeten in unermeßlicher Menge verbreitet ist, so mag
                                 										vielleicht der Schöpfer dem aus ihr zu gewinnenden Metalle eine große Rolle
                                 										zugedacht haben.
                              In dieser Beziehung halte ich die Bemühungen, das Aluminium aus dem Kryolith
                                 										abzuscheiden, für ziemlich unfruchtbar, weil auch bei aller möglichen Ausdehnung
                                 										des grönländischen Kryolithlagers schon der Transport einer sehr wohlfeilen
                                 										Production im Wege stehen würde.
                              Die einzigen mir bekannt gewordenen Anwendungen des Aluminiums sind:
                              a) zu sehr kleinen Gewichtstücken für ganz feine
                                 										Waagen, welche in Folge der Leichtigkeit des Metalls viel größer ausfallen und
                                 										daher weniger leicht verloren gehen, auch leichter genau zu justiren sind, als
                                 										die von Messing, Argentan oder Platin angefertigten;Der ausgezeichnete Fabrikant chirurgischer Instrumente, Hr. Charrière zu
                                       												Paris, hat der Akademie der Wissenschaften Sonden, aus Aluminium
                                       												verfertigt, vorgelegt; er bemerkt, daß es sehr wünschenswerth wäre,
                                       												gewisse chirurgische Instrumente aus einem höchst leichten Metall
                                       												herstellen zu können, weil solche manchmal im Körper des Kranken
                                       												verbleiben müssen, wo dann ihr Gewicht demselben Leiden verursachen
                                       												kann. (Comptes rendus, Dec. 1855, Nr.
                                       												27.)A. d. Red.
                                 									
                              b) zu galvanischen Apparaten, in welchen es statt
                                 										des kostbaren Platins und der in vielen Hinsichten unbequemen Kohle große
                                 										Vortheile verspricht. Für diese letztere Anwendung ist auch in dem Falle eines
                                 										nicht sehr niedrigen Preises auf eine allgemein verbreitete Anwendung des
                                 										Aluminiums zu rechnen.
                              
                           
                              II. Ueber die physischen
                                    											Eigenschaften des Aluminiums; von Hrn. Director Karmarsch.
                              Ich habe das von Paris mitgebrachte (unreine) Aluminium auf seine physischen
                                 										Eigenschaften und sein Verhalten bei mechanischer Bearbeitung untersucht. In diesen
                                 										Beziehungen kann ich Folgendes mittheilen.
                              1) Farbe. Eine reine blanke Fläche des Aluminiums
                                 										erscheint grauweiß, von einer Nuance welche zwischen der Farbe des Zinns und
                                 										jener des Zinks liegt.
                              2) Gefüge. Die Bruchflächen zeigen eine körnige
                                 										Textur, welche aber desto feiner sich darstellt, je mehr das Metall einer
                                 										mechanischen Bearbeitung unterworfen war. Näheres hierüber kommt unten vor.
                              3) Specifisches Gewicht. Es wurde, theils von Hrn.
                                 										Prof. Heeren, theils von
                                 										mir, an verschiedenen Probestücken untersucht.
                              
                                 
                                    a)
                                    Ein im offenen Einguß gegossenes Stäbchen, nicht
                                       												ganz von der   Dicke eines kleinen Fingers (Pariser
                                       												Original-Format) 20,856Gramme wiegend, auf der oberen Fläche
                                       												stark porös, zeigte(Karmarsch)
                                    2,7302
                                    
                                 
                                    b)
                                    Ein ähnliches Gußstäbchen, obenauf ebenso porös,
                                       												28,370Gramme (Karmarsch)
                                    2,7605
                                    
                                 
                                    c)
                                    Ein Stück des Stäbchens a, nachdem die porösen Stellenabgefeilt waren, 10,607
                                       												Gramme (Karmarsch)
                                    2,7694
                                    
                                 
                                    d)
                                    Das Stück c, nachdem
                                       												dasselbe durch Entnehmung einer Probeetwas vermindert war, 9,471
                                       												Gramme (Heeren)
                                    2,7636
                                    
                                 
                                    e)
                                    Blech, ungefähr von Messerrückendicke, aus einem
                                       												Theiledes Stäbchens a gewalzt, 9,085
                                       												Gramme (Karmarsch)
                                    2,7698
                                    
                                 
                                    f)
                                    Papierdünnes Blech, durch fortgesetztes Auswalzen
                                       												desvorstehenden erhalten, 1,420 Gramme (Heeren)
                                    2,7979
                                    
                                 
                              4) Klang. Das gegossene Aluminium-Stäbchen, an
                                 										einem Faden frei schwebend mit einem harten Körper angeschlagen, gibt einen
                                 										harten und schönen Klang.
                              5) Härte. Im rohen Gußstücke ist das Aluminium härter
                                 										als Zinn, aber weicher als Zink und Kupfer, etwa von gleicher Härte mit feinem Silber,
                                 										vorausgesetzt, daß letzteres ebenfalls roher Guß ist; denn Blech und Draht von
                                 										Feinsilber ritzen den Aluminium-Gußstab, sind also härter.
                              6) Verhalten beim Zerbrechen. Das gegossene Stäbchen,
                                 										mit der Säge querüber nur ganz seicht eingeschnitten, ließ sich an dieser Stelle
                                 										leicht abschlagen und brach mit unebener, zackig feinkörniger Fläche, auf
                                 										welcher einzelne Pünktchen schimmerten, die aber im Ganzen ohne Glanz war. War
                                 										kein Einschnitt vorläufig gemacht, so bog sich das Stäbchen unter den
                                 										Hammerschlägen und brach nur widerwillig ab.
                              
                              7) Verhalten unter der Feile. Das Aluminium ist sehr
                                 										leicht zu feilen, setzt sich aber in dem Feilhiebe fest und verstopft denselben,
                                 										wie Blei oder Zinn.
                              8) Unter dem Hammer zeigte sich das Gußstäbchen
                                 										geschmeidig; doch bekam es bei etwas starkem Ausbreiten viele und beträchtliche
                                 										Kantenrisse.
                              9) Zwischen Walzen gestreckt nahm der Gußstab schon
                                 										nach den ersten Durchgängen Kantenrisse an, welche fort und fort sich vermehrten
                                 										und vergrößerten. Das gewalzte Metall ist leicht zu zerbrechen und zeigt eine
                                 										matte Bruchfläche von höchst feinem Korn, etwa wie gehärteter Gußstahl (nur von
                                 										hellerer Farbe als dieser); dabei zeigt es einen bedeutenden Grad von Steifheit,
                                 										jedoch ohne auffallende Federkraft. Blech zu Papierdicke gestreckt, verträgt
                                 										ziemlich das wiederholte Hin- und Herbiegen, bevor es bricht. Ich muß
                                 										hinzufügen, daß beim Auswalzen das Metall über der Spirituslampe angewärmt wurde
                                 										(etwa bis zu der Temperatur, welche bei Zink angewendet wird und dort ein so
                                 										treffliches Mittel zur Erhöhung der Geschmeidigkeit ist), daß aber ein Nutzen
                                 										hiervon nicht bemerkt werden konnte.
                              10) Das Aluminium zu Draht zu ziehen wollte mir gar
                                 										nicht gelingen. Bei dem Versuche, von einem gewalzten Stücke, dessen Dicke 1/16
                                 										Zoll betrug, mit der Schere Streifchen abzuschneiden, zerbrachen diese während
                                 										des Schneidens schon in Trümmer. Als hierauf Streifchen von viel dünnerem Bleche
                                 										geschnitten und in die Löcher des Drahtzieheisens gebracht wurden, war es
                                 										unmöglich dieselben zu ziehen; denn stets riß die vielmals erneuerte Spitze beim
                                 										Versuch des Hindurchziehens ab, so wie nur die geringste Zugkraft auf die Zange
                                 										einwirkte.
                              Die nach 8, 9, 10 beobachtete geringe Geschmeidigkeit ist höchst wahrscheinlich
                                 										dem Eisengehalte des untersuchten Aluminiums zur Last zu legen; und ich bin sehr
                                 										geneigt zu glauben, daß zur Anfertigung der in Paris ausgelegten Gegenstände
                                 										(Becher, Eßlöffel, Theelöffel und Gabel) ein reineres Metall genommen worden
                                 										sey.