| Titel: | Ueber die Producte der trockenen Destillation des rheinischen Blätterschiefers, der sächsischen sowie der thüringischen Braunkohle, und die Anwendung derselben als Beleuchtungsmaterialien; von Dr. H. Vohl in Bonn. | 
| Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. LI., S. 216 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LI.
                        Ueber die Producte der trockenen Destillation des
                           								rheinischen Blätterschiefers, der sächsischen sowie der thüringischen Braunkohle, und
                           								die Anwendung derselben als Beleuchtungsmaterialien; von Dr. H. Vohl in Bonn.
                        Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, Januar 1856,
                              									S. 9.
                        Vohl, über die Destillationsproducte des Blätterschiefers und der
                           								Braunkohle.
                        
                     
                        
                           Die erste Aufmerksamkeit lenkte Selligues auf den
                              									bituminösen Schiefer, indem er denjenigen von Vouvant in der Vendée einer
                              									Untersuchung, resp. trockenen Destillation, unterwarf, die ihm neben einer
                              									reichlichen Ausbeute von ölbildendem, Sumpf-, Kohlenoxyd-,
                              									Kohlensäure- und Wasserstoff-Gas eine nicht unbeträchtliche Menge
                              									eines in der Kälte erstarrenden braunen Oeles ergab. Seiner Analyse zufolge erhielt
                              									er aus 100 Gewichtstheilen trockenen Schiefers:
                           
                              
                                 Asche
                                   61,6
                                 
                              
                                 Kohle
                                     7,7
                                 
                              
                                 Ueber der dunklen Rothglühhitze
                                    											flüchtige    Stoffe
                                     3,2
                                 
                              
                                 Oele
                                   14,5
                                 
                              
                                 Wasser
                                     3,2
                                 
                              
                                 Gas aus der Differenz berechnet
                                     9,8
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0.
                                 
                              
                           Er beschreibt dieses Oel als eine Flüssigkeit, die beim durchgehenden Lichte eine
                              									braune und im auffallenden Lichte eine grüne Farbe besitzt. Bei 0° nimmt das
                              									Oel eine butterartige Consistenz an, besitzt einen starken empyreumatischen Geruch,
                              									hat ein spec. Gewicht – 0,870 und brennt mit stark rußender Flamme.
                           Ein gleiches Oel wird aus dem bituminösen Schiefer aus der Gegend von AutunComptes rendus, 1840, Nr. 22; polytechn. Journal
                                    												Bd. LXXVII S. 137. gewonnen. Selligues wandte dieses rohe Oel zur
                              									Bereitung von Leuchtgas an, indem er dasselbe mit Wasserdampf rothglühende Retorten
                              									passiren ließ, die mit Kohle gefüllt waren, wohingegen in Autun das rohe Oel durch
                              									Destillation gereinigt als Beleuchtungsmaterial zur Speisung eigenthümlich
                              									construirter Lampen in den Handel gebracht wurde.Diese Lampen wurden von dem Pariser Lampisten Delignous erfunden, und sind jetzt mit einigen Veränderungen, die
                                    											jedoch nicht wesentlich sind, in Deutschland eingeführt, z.B. als Kölner
                                    											Lampe durch Cohen in Köln.
                              								
                           
                           Im Jahre 1849 wurde ich von der Société des
                                 										Schistes bitumineux du Rhin, welche ihren Sitz in Köln hatte und späterhin
                              									das Geschäft unter der Firma A. Wiesmann und Comp. fortsetzte, beauftragt, den rheinischen
                              									Blätterschiefer, auch Papierkohle genannt, einer Untersuchung zu unterwerfen. Der
                              									Schiefer, welchen ich in Untersuchung nahm, stammte von der Grube auf dem
                              									Treckenhohn bei Rott im Siebengebirge und ist Eigenthum der HHrn. Bleibtreu zu Alaunhütten, welche
                              									dieselbe auf längere Jahre pachtweise an die oben genannte Gesellschaft abgetreten
                              									haben.
                           Die Schiefer besitzen eine braune Lederfarbe, sind ziemlich elastischbiegsam,
                              									erweichen beim Erwärmen und brennen mit heller, stark rußender Flamme. Ich unterwarf
                              									die lufttrockenen Schiefer in einer eisernen Retorte bei allmählich verstärktem
                              									Feuer der trockenen Destillation, wobei Sorge getragen wurde, daß keine
                              									verdichtbaren Producte entweichen konnten. Auf die sich bildenden Gase wurde weniger
                              									Rücksicht genommen; im Durchschnitt erhielt man jedoch bei der größten Oelausbeute 4
                              									Kubikfuß eines mit leuchtender Flamme verbrennenden Gases von jedem Pfunde
                              									Blätterkohle.
                           Die Destillation beginnt noch unter der dunklen Rothglühhitze, und man erhält zuerst
                              									mechanisch eingeschlossenes Wasser mit wenig leichtflüchtigem Oel, dann ein
                              									bräunlichgrünes, zuletzt erstarrendes paraffinhaltiges Oel neben einer starken
                              									Gasentwickelung (Schwefelwasserstoff nie fehlend); in der letzten Periode der
                              									Destillation bei der Glühhitze entwickelt sich eine nicht unerhebliche Menge
                              									Ammoniakgas neben Schwefelammonium. Die Gase verlieren ihre Leuchtkraft, und zuletzt
                              									tritt eine Entwickelung von reinem Kohlenoxyd- und Wasserstoffgas ein. Im
                              									Durchschnitt ergeben 100 Gewichtstheile lufttrockenen Blätterschiefers:
                           
                              
                                 Wasser
                                   24,214
                                 
                              
                                 Theer
                                   20,014
                                 
                              
                                 kohliger Rückstand   
                                   46,326
                                 
                              
                                 Gase
                                     9,446
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,000
                                 
                              
                           Die Gase sind ölbildendes, Sumpf-, Schwefelwasserstoff-,
                              									Ammoniak-, Kohlensäure- und Kohlenoxyd-Gas.
                           Der bei der Destillation gewonnene Theer ist von hellbrauner Farbe und erstarrt durch
                              									seinen Paraffingehalt bei 9° R. zu einer butterähnlichen Masse. Er besitzt
                              									einen höchst penetranten empyreumatischen Geruch und färbt sich durch
                              									Sauerstoffaufnahme immer dunkler, bis er zuletzt eine schwarze Farbe annimmt.
                           Der Theer schwimmt auf dem Wasser und hat ein spec. Gewicht bei 14° C.
                              									zwischen 0,85 und 0,87.
                           
                           Die bei der Destillation übergehende wässerige, ammoniakalische Flüssigkeit ist
                              									leichter als reines Wasser, reagirt stark alkalisch durch ihren Gehalt an
                              									kohlensaurem und ätzendem Ammoniak, so wie an Schwefelammonium, und ist von
                              									hellgelber Farbe. Ein frischer Fichtenspan in das Ammoniakwasser getaucht und nun
                              									mit concentrirter Chlorwasserstoffsäure bestrichen, nimmt eine prächtig purpurrothe
                              									Farbe an, offenbar durch die Gegenwart von Pyrrhol. Ich werde späterhin bei dem
                              									fabrikmäßigen Betrieb auf dieses Ammoniakwasser und seine Verwendung zurückkommen.
                              									Der Schiefer, welcher während der Destillation zusammenschrumpft und sein Volumen
                              									bedeutend vermindert, hinterläßt einen graphitähnlich glänzenden kohligen Rückstand,
                              									der, wie schon früher angegeben, 46 bis 47 Proc. des angewandten Schiefers beträgt
                              									und 9 bis 11 Proc. Kohlenstoff enthält. Dieser hinterläßt beim Verbrennen unter
                              									Entwickelung schwefliger Säure eine beinahe weiße Asche, die an der Luft mit Wasser
                              									befeuchtet Sauerstoff aufnimmt, und ausgelaugt eine saure Flüssigkeit liefert,
                              									welche Thonerde und Eisensalze enthält. (Verwendung auf Alaun.) Wird ein starker
                              									Luftstrom bei der Verbrennung zugeführt, so schmilzt die Asche zu einem rothbraunen
                              									Glase zusammen.
                           Die bei der Destillation sich entwickelnden Gase haben einen höchst üblen, Kreosot
                              									und Schwefelwasserstoff ähnlichen Geruch, brennen im Anfang mit hellleuchtender
                              									rußender Flamme, wobei sie durch Gegenwart des Schwefelwasserstoffs bedeutende
                              									Mengen schwefliger Säure erzeugen. Das starke Rußen der verbrennenden Gase beruht
                              									offenbar auf einer Schwängerung derselben mit ätherischen Oelen. Im weiteren Verlauf
                              									der Destillation nimmt die Leuchtkraft des Gases ab, und zuletzt zeigt es nur noch
                              									die hellblaue Farbe des Kohlenoxydgases. Durch Kalilauge wird über die Hälfte
                              									desselben absorbirt, welche aus Kohlensäure, Schwefelwasserstoff und Cyan besteht.
                              									Der Rest besteht aus Sumpf-, ölbildendem, Kohlenoxyd- und
                              									Wasserstoffgas, geschwängert mit dem Dampfe der leichtflüchtigsten Oele und
                              									Ammoniak.
                           
                        
                           Die trockene Destillation des Blätterschiefers im
                                 									Großen.
                           Bei der Destillation des Schiefers hat man vor Allem darauf zu sehen, daß man die
                              									Temperatur anfangs nicht zu hoch, zuletzt bis zur Rothglühhitze steigert und die
                              									Destillationsproducte rasch aus den Destillirgefäßen abführt.
                           Der zu destillirende Schiefer wird zuerst gleichförmig zerkleinert, wobei die
                              									einzelnen Stücke zweckmäßig die Größe einer welschen Nuß nicht übersteigen dürfen.
                              									Sind die Stücke ungleichartig, so wird man eine Menge unabdestillirter Schiefer noch in der Retorte
                              									haben, wenn schon die kleineren Stücke längst ihres Bitumens beraubt sind. Doch
                              									abgesehen von dem ungleichmäßigen Abdestilliren der Schiefer, beeinträchtigen
                              									allzugroße Stücke die Ausbeute und vermehren die Gasentwickelung. Sind die Stücke
                              									größer, als eben erwähnt, so ist leicht einzusehen, daß man eine geringere Ausbeute
                              									an Oel erhalten muß, weil der letzte Antheil des Bitumens, welcher natürlich im
                              									Innern sitzt, die äußere abdestillirte, rothglühende Hülle passiren muß und dadurch
                              									in Leuchtgas verwandelt wird. Dagegen bietet der Schiefer in Pulverform denselben
                              									Uebelstand, indem nun durch ein festes Aufeinanderliegen den sich erzeugenden
                              									Oeldämpfen kein ungehinderter Fortgang geboten, diese aber dadurch länger als nöthig
                              									der hohen Temperatur der bedeckenden Schicht ausgesetzt und somit ebenfalls
                              									größtentheils in Leucht- und Sumpfgas übergeführt werden. Auf die Ausbeute an
                              									Oel hat ferner der Wassergehalt der Schiefer einen bedeutenden Einfluß. So erhielt
                              									ich z.B. von ganz trockenem Schiefer im Verhältniß weniger ätherisches Oel, als von
                              									solchem, welcher bloß lufttrocken war und noch 24 bis 25 Proc. Wasser enthielt. Der
                              									eben angeführte Wassergehalt ist derjenige, bei welchem man die größte Ausbeute an
                              									Oel erhält. Der Einfluß des Wassers bei der Destillation der Schiefer scheint ein
                              									zweifacher zu seyn. Erstens schützt er den Schiefer vor zu hoher Temperatur im
                              									Anfang der Destillation, und zweitens ist der Wasserdampf ein mechanisches Mittel
                              									zur Wegführung der Oeldämpfe. Was die Form der Gefäße, in welchen man die
                              									Destillation vornimmt, anbetrifft, so ist sie ebenfalls nicht gleichgültig, und sind
                              									die horizontal liegenden, mit weiten Ausströmungsöffnungen versehenen eisernen
                              									Retorten den aufrechtstehenden, wie solche in Frankreich angewandt und von dort aus
                              									angepriesen werden, vorzuziehen. Die Ausströmungsöffnungen dürfen nicht zu hoch über
                              									dem destillirenden Schiefer angebracht seyn, da die Oeldämpfe, welche ein
                              									bedeutendes spec. Gewicht besitzen, nur durch Anwendung verstärkter Wärme sich
                              									einige Zoll über die destillirende Substanz erheben lassen, diese vermehrte Hitze
                              									aber das gebildete Oel zersetzen würde. Man hat in Frankreich, und namentlich hat
                              										Delahaye einen Retortenofen mit vier
                              									aufrechtstehenden Retorten vorgeschlagen, welche letztere von unten bis oben hin mit
                              									mehreren horizontalen Ausmündungen versehen sind. Wie aber vorauszusehen war, hat
                              									sich diese Einrichtung nicht bewährt. Es wurde nach diesem Princip bei Mehlem a. Rh.
                              									von den HHrn. Portmann und Comp. ein Ofen mit vier aufrechtstehenden Retorten gebaut
                              									und in Betrieb gesetzt. Aus den eben angeführten und bekannten Gründen war das
                              									erzielte Product von geringer Qualität und Quantität, dabei der Brennmaterialaufwand
                              									ein enormer. Die nach dem Delahaye'schen Princip construirten Retorten
                              									werden oben geladen und unten durch den Boden entleert. Der Schieferrückstand muß
                              									sich also beim Entleeren an den Retortenwandungen reiben, dadurch entsteht aber ein
                              									bedeutender Kohlenstaub, der sich in den mit Theer überzogenen Abzugsröhren ansetzt
                              									und dadurch Anlaß gibt, daß dieselben bei einer jeden Ladung sich verengern, so daß
                              									in kurzer Zeit den Destillationsproducten kaum ein Abzug gewährt wird, und dadurch
                              									die Quantität sowohl wie die Güte des zu erzielenden Productes geschmälert wird.
                              									Dadurch nimmt die Ausbeute an Gas bedeutend auf Kosten des zersetzten Oeles zu.
                           Der Theer, welcher aus diesem Apparate erhalten wurde, war von schwarzbrauner Farbe
                              									und enthielt 9 bis 10 Procent Kohlenstaub. Was den Oel- und Paraffingehalt
                              									betrifft, so war derselbe bedeutend geringer als bei Theer aus der
                              									Horizontalretorte. – Da sich nach meinen Erfahrungen die Horizontalretorte am
                              									besten bewährt hatte, so wurde nach meinen Angaben bei der Gründung der
                              									Augustenhütte zu Beuel durch die Gesellschaft A. Wiesmann
                              									u. Comp. eine Retortenbatterie von zehn Horizontalretorten, wovon je zwei auf einem
                              									Feuer lagen, mit einem gemeinschaftlichen Sammelrohre verbunden. Die Retorten werden
                              									vorn mit lufttrockenem Schiefer geladen und nach einer Destillationszeit von
                              									ungefähr sechs Stunden vermittelst eiserner Krücken entleert.
                           Es stellte sich dabei heraus, daß man am Günstigsten arbeitete, wenn man je zwei und
                              									zwei Retorten zusammen ladete, und zwar in Intervallen von einer starken Stunde, so
                              									daß bei einer Batterie von zehn Retorten bei dem Laden des letzten Paares die ersten
                              									beinahe abdestillirt sind. Bei einem solchen Changiren ist es der sich fortwährend
                              									entwickelnde Wasserdampf, welcher die Oeldämpfe rasch fortführt und das Sammelrohr
                              									in einer Temperatur erhält, die das Erstarren des Theers unmöglich macht. Ein Zusatz
                              									von Kalk zur Zurückhaltung des Schwefels ist nutzlos. Was die Dimensionen und Form
                              									der Retorte betrifft, so hat sich die liegende  Form am besten bewährt, und
                              									zwar bei folgenden Verhältnissen der Länge, Breite und Höhe:
                           Auf 8 Fuß Länge, 30 Zoll Breite und 12 bis 13 Zoll Höhe.
                           Was das Ausmündungsrohr für die Dämpfe anbelangt, so sieht man leicht ein, daß
                              									dasselbe nicht zu eng seyn darf, indem sich neben den entwickelnden Oel- und
                              									Wasserdämpfen auch noch für jedes Pfund Blätterschiefer 4 bis 4 1/2 Kubikfuß Gas
                              									gleichzeitig entwickeln und ein rasches Wegführen der Destillationsproducte
                              									Bedingung der Erzielung guter Producte ist. Bei den oben angegebenen Dimensionen muß
                              									das Abzugsrohr 5 bis 6 Zoll lichte Weite haben. Sehr vortheilhaft hat sich eine
                              									Retorte bewährt, wobei
                              									das Abzugsrohr gleichsam ein aufgesetzter Retortenhals (Helm) ist.
                           Auf der Hermannshütte bei Geistingen im Siebengebirge habe ich mit der letzterwähnten
                              									Retorte gearbeitet und ein vorzügliches Product erhalten. Wenn die
                              									Destillationsproducte die Retorte verlassen haben, gelangen sie in das etwas geneigt
                              									liegende Sammelrohr, welches durch Muffe mit den Retortenmündungsröhren verbunden
                              									ist. Dasselbe ist mit Tüchern umgeben, die nöthigenfalls (im Sommer) durch
                              									Tropfröhren naß gehalten werden. Das resultirte flüssige Product wird in Fässern
                              									oder großen eisernen Reservoirs aufgefangen. Das Gas dagegen läßt man
                              									Schlangenröhren passiren, die mit kaltem Wasser umgeben sind, und es wird dann
                              									entweder unter die Feuerungen zur Verbrennung bei gehörigen Vorsichtsmaßregeln
                              									geleitet, oder in hohe, gut ziehende Kamine geführt. Das Destillationsproduct,
                              									welches sich in zwei Schichten trennt, wovon die obere das Oel (Theer), die untere
                              									Pyrrhol haltendes Ammoniakwasser ist, wird durch einen am Boden des Sammelgefäßes
                              									befindlichen Hahn von dem Ammoniakwasser befreit und nun zur Erzielung des Oels und
                              									des Paraffins wasserfrei in die weitere Behandlung gegeben. Das Auftreten
                              									bedeutender Gasquantitäten während der Destillation der Schiefer erschwert die
                              									Condensation der Oele und des Paraffins sehr, indem dieselben mit dem Dampf der Oele
                              									und des Paraffins geschwängert nur sehr schwer von diesen Körpern zu befreien sind.
                              									Auffallend ist es, daß sich das Gas eher entölen, als von seinem Paraffingehalt
                              									befreien läßt. Nachdem die Gase lange, gut abgekühlte Schlangenröhren passirt haben,
                              									sind dieselben noch nicht ihres ganzen Paraffin- und Oelgehalts beraubt,
                              									sondern setzen an einen davorgehaltenen Wergbündel gelbe schmierige Massen ab. Dieß
                              									Verhalten führte bald zu einer Condensationsvorrichtung, welche darin bestand, daß
                              									man die Gase zuletzt Röhren oder sonstige Gefäße, z.B. Fässer passiren ließ, die
                              									entweder mit Rebenschanzen oder Schmiedeeisenbohrspänen, wie solche auf
                              									Maschinenfabriken abfallen, gefüllt waren. Die größere Ausbeute, welche man dadurch
                              									erzielt, beträgt circa 0,1 Proc., jedoch wird dieser
                              									Vortheil durch einen vermehrten Druck auf die Retorten und in Folge dessen eine
                              									langsamere Destillation und schlechtere Production aufgewogen; auch geben diese
                              									Condensationsvorrichtungen häufig Veranlassung zu fürchterlichen Explosionen während
                              									des Ausziehens der abdestillirten Schiefer, hervorgerufen durch das Entzünden der in
                              									den Fässern mit atmosphärischem Sauerstoff gemischten brennbaren Gase. Demnach sind
                              									diese Condensationen zu verwerfen.
                           Bei der Destillation im Großen findet man oft in dem Sammelrohr, wo dasselbe mit der
                              									Retorte verbunden ist, glänzende krystallinische Krusten, welche nur theilweise löslich in
                              									Wasser sind und größtentheils aus arseniger Säure neben Schwefelarsen und
                              									Arsenmetall bestehen. Die von A. Wiesmann u. Comp.
                              									verarbeiteten Schiefer sowohl von der Grube Romerickeberge wie Stößgen bei Linz am
                              									Rhein enthalten nicht unbeträchtliche Mengen dieses höchst giftigen Körpers. Beim
                              									Ausziehen der Retorten nimmt man auch einen starken Arsengeruch wahr. Die Arbeiter,
                              									welche diese Retortenbatterie bedienen, klagen häufig über Kolikanfälle und werden
                              									oft von Hautentzündungen und Geschwüren an der Nasenwurzel sowie den Gelenken
                              									heimgesucht, als deren Ursache man das Einathmen der arsenikalischen Dämpfe annehmen
                              									muß. Das Auftreten des Arseniks kann uns hier nicht befremden, da derselbe ein
                              									steter Begleiter des Schwefelkieses (Wasserkies) ist, welcher theils in
                              									wohlausgebildeten Krystallen, sowie in der ganzen Masse des Blätterschiefers fein
                              									zertheilt vorkommt.
                           Bonn, im Mai 1855.
                           
                        
                           (Die Fortsetzung folgt in einem
                              									späteren Hefte.)