| Titel: | Ueber die Darstellung der Torfkohle in Frankreich; von Hrn. H. J. Angerstein. | 
| Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. LXXIV., S. 299 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LXXIV.
                        Ueber die Darstellung der Torfkohle in
                           								Frankreich; von Hrn. H. J.
                              									Angerstein.
                        Aus den Mittheilungen des hannoverschen
                                 									Gewerbevereins, 1855, S. 334.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									IV.
                        Angerstein, über die Darstellung der Torfkohle in
                           								Frankreich.
                        
                     
                        
                           Bekanntlich steht in Norddeutschland die Verwendung des Torfes als Brennmaterial in
                              									keinem Verhältniß zu den vorhandenen Torflagern; große Strecken Torfmoore liegen
                              									fast unbenutzt, oder werden doch nicht in einem solchen Umfange ausgebeutet, als die
                              									vorhandene Menge und die Wiedererzeugung des Torfes gestatten. Die Ursache hiervon
                              									ist vorzugsweise in den Unbequemlichkeiten zu suchen, die mit der Verwendung des
                              									Torfes als Brennmaterial verbunden sind: sein Volumen ist meistentheils im Vergleich
                              									zu seiner Heizkraft ein sehr großes, bei seiner Verbrennung erzeugen sich bedeutende
                              									Mengen übelriechender Producte, die den Torf zur Zimmerheizung fast unbrauchbar
                              									machen. Man hat daher gesucht denselben dadurch zu verbessern, daß man daraus in
                              									ähnlicher Weise, wie solches bei der Darstellung der Holzkohle und der Kohks
                              									geschieht, Torfkohle darstellt. In Frankreich wird dieses
                              									in sehr großem Maaßstabe ausgeführt; auf der Pariser Industrie-Ausstellung
                              									fand sich Torfkohle vielfach vor, und einen Beweis von der dortigen allgemeinen
                              									Benutzung dieser Kohle liefern die Pariser Magasins de
                                 										Combustibles, welche fast nur mit Torfkohle angefüllt sind, rohen Torf aber
                              									gar nicht enthalten.
                           Auf einer Torfköhlerei in der Nähe von Paris benutzt man zur Verkohlung des Torfes
                              									einen Ofen von Ziegelsteinen aufgeführt; derselbe hat die Gestalt eines länglichen
                              									Vierecks von 20 Fuß Länge, 15 Fuß Breite und 10 Fuß Höhe. An jede der beiden kurzen
                              									Seiten führen zwei Oeffnungen, a, a, Fig. 17 u. 19, zu zwei
                              									gewölbten Räumen, welche 8 Fuß tief, 4 Fuß breit und 4 Fuß hoch sind, deren Wandstärke 6 Zoll
                              									beträgt. Im Scheitel eines jeden dieser Räume ist ein Rohr von Eisenblech, 9 Zoll im
                              									Durchmesser, angebracht, r, r, Fig. 17 u. 18, welches
                              									seitlich in den Feuerraum f ausmündet und durch welches
                              									die bei der Verkohlung des Torfes entstehenden Dämpfe und Gase in das Feuer geleitet
                              									werden. In der Mitte an jeder der beiden langen Seiten befindet sich ein Feuerraum
                              									mit sechs Quadratfuß Rostfläche; von hier aus wird das Feuer durch angebrachte Züge
                              									so geleitet, daß es die gewölbten Räume von allen Seiten umgibt, und zwar ein Feuer
                              									je zwei solcher Räume, wie durch die punktirten Linien in Fig. 19 angedeutet ist.
                              									Im Mittelpunkt des Ofens steht ein 25 Fuß hoher Schornstein.
                           Bei der Verkohlung werden nun zunächst die gewölbten Räume mit Torf ganz angefüllt,
                              									wobei man darauf zu achten hat, daß die Torfstücke dicht zusammengepackt und
                              									Zwischenräume möglichst vermieden werden; darauf werden die Oeffnungen durch eiserne
                              									Thüren und Lehmverstrich dicht verschlossen, nur in der Mitte der Thür bleibt eine
                              									kleine runde Oeffnung von 1 Zoll Durchmesser. Hierauf bringt man das Feuer in Gang
                              									und unterhält dasselbe so lange, bis durch das Blechrohr keine Dämpfe oder Gase mehr
                              									entweichen, was gewöhnlich in 40 bis 43 Stunden erreicht ist. Der verkohlte Torf
                              									wird dann mittelst eiserner Harken in große mit dichtschließendem Deckel versehene
                              									Kasten von Eisenblech gebracht, worin er erkaltet. Die größeren Stücke der Torfkohle
                              									werden ohne weiteres in den Handel gebracht, den pulverigen Abfall aber besprengt
                              									man mit Lehm- oder Thonwasser und formt aus der feuchten Masse, durch festes
                              									Eindrücken in Metallformen, Kohlenziegel von verschiedener Gestalt, welche an der
                              									Luft getrocknet ein sehr bequemes Brennmaterial sind. Von solchen Kohlenziegeln,
                              									welche 6 Zoll lang, 2 Zoll breit und 1 1/4 Zoll dick waren, fertigt ein Arbeiter
                              									täglich 700 Stück.
                           Zur Verkohlung eignet sich am besten der schwere schwarze Torf von erdiger Textur,
                              									wie solcher in Norddeutschland häufig vorkommt. Man erhält daraus gewöhnlich dem
                              									Volumen nach ein Drittel, dem Gewichte nach ein Viertel an Torfkohle. Bei der
                              									Ermittelung der verhältnißmäßigen Heizkraft der Torfkohle, verglichen mit anderen
                              									Brennmaterialien, wurde als Maaß der Heizkraft das Gewicht des Wassers angenommen,
                              									welches durch ein Pfund Brennmaterial verdampft wurde; dabei aber auch für die
                              									Wärmemenge, welche erforderlich war um das kalte Wasser zum Sieden zu erhitzen, ein
                              									entsprechendes Aequivalent an verdampftem Wasser hinzugerechnet. Nach den erhaltenen
                              									Resultaten betrug die so ausgemittelte verdampfte Wassermenge bei der
                              									Buchenholzkohle 416 Loth, bei der Torfkohle 103 Loth, und bei dem Torf, woraus diese Kohle dargestellt war,
                              									68 Loth.Es versteht sich von selbst, daß diese Zahlen nur zur
                                       												Vergleichung dienen sollen und können; aber keineswegs den
                                    											gesammten oder auch nur den im Großen bei gut construirten Feuerungsanlagen
                                    											nutzbar zu machenden Heizwerth auszudrücken. – Ich darf bei dieser
                                    											Gelegenheit erwähnen, daß ich durch ähnliche vergleichende Versuche im
                                    											Keinen einst folgende Mengen verdampften Wassers erhalten habe:für  1 Pfd.Buchenholzkohle 108,5 bis 122,3,
                                          													durchschnittlich116,6 Loth.  „  1  
                                          													„Torfkohle aus der Gegend von Bremervörde
                                          													(nur 3 1/2 Procent Asche haltend)104    
                                          													„  „  1  
                                          													„des Torfs, woraus
                                          													diese Kohle bereitet war  66     „s. Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
                                    											Jahrgang 1842, S. 193, und Jahrgang 1853, S. 212 (polytechn. Journal Bd. CXXXI S. 75). Diese Ergebnisse
                                    											stimmen mit den obigen auf eine überraschende Art überein.Im Königreich Hannover wurde vor kurzem eine Torfköhlerei von Hrn. Wilhelm Meyer zu Langenmoor
                                    											(Amts Bremervörde) angelegt, aus welcher mir sehr schöne Kohle zu Gesicht
                                    											gekommen ist. Diese Anstalt liefert: Torfkohle
                                    											Nr. 1, für Schmelz-, Schmiede- und Küchenfeuerungen,
                                    											Stubenöfen etc.; Torfkohle Nr. 2, für Klempner,
                                    											Schriftgießer, zum Härten des Stahls, auch zum Anheizen der Oefen; Torf-Präparat, langsam und mit schwachem
                                    											Luftzuge selbst in einzelnen Stücken fortbrennend, besonders für
                                    											Haushaltungen geeignet; Dörr-Torf, genannt
                                    												Torf-Cinders. mit langer Flamme ohne
                                    											Rauch brennend, für Ziegeleien, Glashütten, Dampfkesselheizungen u. dgl.;
                                    												Torfkohle doppelt geglüht und pulverisirt,
                                    											zur Entfuselung des Branntweins; Torfkohle
                                       												pulverisirt, als Dünger.Karmarsch.
                              								
                           Bei der beschriebenen Art der Torfverkohlung werden die entstehenden
                              									Destillationsproducte nur als Brennstoffe benutzt; ohne Zweifel würde es jedoch
                              									vortheilhafter seyn, diese Nebenprodukte zu sammeln und durch weitere Bearbeitung zu
                              									verwerthen, wobei man bekanntlich aus der wässerigen ammoniakalischen Flüssigkeit
                              									Salmiak oder schwefelsaures Ammoniak und aus dem Torftheer Torföl und Paraffin
                              									darstellen kann.
                           Das bei der Torfverkohlung entweichende Kohlenwasserstoffgas besitzt in Folge seines
                              									geringen Kohlenstoffgehalts nur eine schwache Leuchtkraft und ist daher als
                              									Leuchtgas unbrauchbar; wird aber Torftheer in Gasretorten einer sehr hohen
                              									Temperatur ausgesetzt, so erhält man daraus ein Kohlenwasserstoffgas, welches nach
                              										Foucault
                              									Polytechn. Journal Bd. CXXXVII S.
                                       											53. eine weit größere Leuchtkraft besitzt, als das gewöhnliche
                              									Steinkohlengas.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
