| Titel: | Mittheilungen über mehrere Gegenstände der Pariser Industrie-Ausstellung; von Hrn. Peter Rittinger, k. k. Sectionsrath. | 
| Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. LXXXII., S. 348 | 
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                        LXXXII.
                        Mittheilungen über mehrere Gegenstände der
                           								Pariser Industrie-Ausstellung; von Hrn. Peter Rittinger, k. k.
                           								Sectionsrath.
                        Aus der Zeitschrift des österreichischen
                                 										Ingenieur-Vereins, 1855, Nr. 19–22.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									V.
                        Rittinger, Mittheilungen über mehrere Gegenstände der Pariser
                           								Industrie-Ausstellung.
                        
                     
                        
                           1. Francot'sche Bauart der
                                 										Dampfmaschinenkolben.
                           Dieselben sind mit Vermeidung aller Federn bloß durch eine Schraube dienstbar zu
                              									machen.
                           Der elastische, an einer Stelle des Umfanges zerschnittene und in der Theilstelle
                              									nach der Dicke dennoch dampfdicht gedeckte Dichtungsring a, Fig.
                                 										11, hat an dem innern Umfange vorstehende Warzen, mit welchen er auf
                              									keilförmig ansteigenden Zähnen an der äußern Peripherie eines zweiten innerhalb
                              									gelegenen Ringes b ruht. Durch die Umdrehung dieses
                              									Ringes b werden die keilförmigen Zähne den Warzen
                              									entgegengeführt und diese am inneren Vorsprunge des Ringes a auseinander und dadurch auch seine äußere Peripherie herausgedrückt und gegen die innere
                              									Cylinderwand gepreßt. Zur Umdrehung des Ringes b um die
                              									Kolbenachse dient eine Schraube c, durch welche die in
                              									einer am Ringe b angebrachten Vertiefung festgehaltene
                              									Mutter d sich verschieben läßt. Die Schraubenspindel c wird mittelst einer Schraube ohne Ende f gedreht. Dem Ringe b dient
                              									bei seiner Umdrehung zur Führung oder als Achse ein dritter abermals innen
                              									liegender, an die Kolbenplatte angeschlossener Ring h.
                              									Zur innern seitwärtigen Dichtung des Ringes a an der
                              									getheilten Stelle ist mit der Warze eine längere Metallplatte entgegen gelegt.
                           
                        
                           2. Schützenregulator von Waddington zu
                                 										St. Renny.
                           An der horizontalen Spindel a, Fig. 12 und 13, durch
                              									deren Umdrehung die Zahnstangen b an der
                              									Wasserradschütze c gewöhnlich gehoben oder gesenkt
                              									werden, befinden sich zwei entgegengesetzt gezahnte Sperrräder m und n. In diese greifen
                              									die Einleger e und f ein,
                              									die an den beiden einarmigen verticalen Hebeln g und h angebracht sind. Letztere Hebel stehen mittelst der
                              									Stange i mit einander in Verbindung und werden durch die
                              									Kurbelstange k von dem Wasserrade unmittelbar oder
                              									mittelbar mittelst der Kurbel l in oscillirende Bewegung
                              									versetzt.
                           Die beiden Einleger e und f
                              									hängen mittelst Ketten p und q auf einem zweiarmigen Hebel r, dessen
                              									Umdrehungspunkt s ist, und stehen ganz außer Eingriff,
                              									sobald dieser Hebel eine horizontale Stellung einnimmt, was bei dem normalen Gange
                              									der Maschine der Fall ist. Aendert sich aber die Geschwindigkeit derselben, so
                              									ändert sich die Lage des mit der Maschine in Verbindung stehenden
                              									Centrifugal-Regulators t und dieser, mit dem
                              									Hebel r zusammenhängend, hebt oder senkt den Hebel r und bringt dadurch entweder den einen oder den andern
                              									Einleger zum Eingriff. Je nachdem aber der Einleger e
                              									oder f in Eingriff gebracht wurde, wird die Spindel a nach rechts oder links gedreht und hiermit die Schütze
                              									gestellt, wie es der normale Gang erfordert.
                           
                        
                           3. Beweglicher rauchverzehrender
                                 										Dampfkesselrost von Raymondiere und Moriscet zu Nantes.
                           Der Rost besteht aus zwei Lagen Roststäben a, a und b, b, Fig. 14, die nach der
                              									Breite des Heizraumes liegen. Diese Roststäbe werden mittelst eines bekannten, den
                              									Flachshechelmaschinen entlehnten Mechanismus (bestehend aus vier Schraubenspindeln)
                              									so in Bewegung gesetzt, daß die oberen nach rückwärts, die unteren nach vorwärts parallel
                              									fortgeschoben werden, wie es die Pfeile andeuten, während am Kesselhaupte das
                              									Kohlenmagazin k vorliegt, das, mit einem Schuber
                              									regulirt, den Rost selbstthätig belegt. Dadurch wird ein gleichmäßiges Eintragen der
                              									Kohle bei k, und gleichzeitig ein gleichmäßiges Schüren
                              									erzielt, und weil letzteres allmählich erfolgt, so wird auch die Rauchentwickelung
                              									vermieden und der Rauch möglichst verbrannt.
                           Die Hauptbestandtheile des Mechanismus zum Bewegen der Roststäbe sind folgende:
                           a, a und b, b, Fig. 16 und
                              										17, sind
                              									vier Schraubenspindeln mit flachen und tiefen Gewinden. c und d fixe Stäbe, auf welchen die Roststäbe
                              										r, r nach der Quere liegen; die Enden der letzteren
                              									spielen innerhalb der Schraubengewinde.
                           f und f sind zwei Paare
                              									Getriebräder, welche mittelst Schrauben ohne Ende von der Spindel g getrieben werden, und die zwei Paare Schraubenspindeln
                              										a und b umdrehen.
                           Das Heben und Senken der Roststäbe verrichten am Ende der Spindeln angebrachte Daumen
                              									in Verbindung von vier Haken q mit Gegengewichten (Fig. 15).
                           Durch diesen Mechanismus werden die Roststäbe in einer steten umkreisenden Bewegung
                              									erhalten, die oberen vorne mit Kohle belegt, rückwärts angelangt durch das
                              									Herabfallen von der verbrannten Kohle oder von Schlacke und Asche befreit, und leer
                              									wieder nach vorne gebracht.Die Redaction der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur-Vereins
                                    											bemerkt, daß diese oder wenigstens eine ganz ähnliche Einrichtung für
                                    											Feuerungen bereits vor Jahren der rühmlichst bekannte englische, gegenwärtig
                                    											in Marialanzendorf bei Wien domicilirende Ingenieur J. G. Bodmer ausgeführt hat. Dabei ist
                                    											zugleich gesorgt, daß die Roststäbe bei ihrem Fortrücken gegen die hintere
                                    											Rostgränze sich nach und nach mehr von einander entfernen, um die
                                    											verbrannten Theile durchfallen zu lassen und das brennende Material sanft in
                                    											Bewegung zu erhalten, beim Herabfallen endlich nur noch gänzlich von Asche
                                    											und Schlacke befreit zu werden, wogegen die unteren rückgehenden Roststäbe
                                    											sich viel schneller und daher große Zwischenräume bildend nach vorne
                                    											bewegen, um nicht zu sehr abgekühlt und durch die von den oberen Roststäben
                                    											abfallenden verbrannten Theile verunreinigt oder mit diesen unbrauchbaren
                                    											Ueberresten beladen zu werden.
                              								
                           
                        
                           4. Pferdegöpel von Renaud und Lotz zu
                                 										Nantes.
                           Eine in den Boden festgestellte Säule a trägt den
                              									vertical darin befestigten Zapfen c (Fig. 18 und 19); um diesen
                              									rotirt das Wirbelrad b, welches innerhalb mit Laschen
                              										d versehen ist, zwischen welchen die Schwengbäume
                              										f angeschraubt sind. Der Zapfen c trägt überdieß das eine Ende des Rahmens p, dessen anderes Ende außerhalb der Pferdebahn auf den
                              									Säulen r ruht. In diesen Rahmen liegt in beiderseits
                              									angebrachten Lagern die Spindel h mit dem
                              									Winkelrade g. Die Verbindung des Rahmens p mit dem Zapfen c wird
                              									mittelst eines gußeisernen Zwischenstückes m
                              									bewerkstelligt, an welchem zugleich das Lager v für die
                              									Spindel h sitzt.
                           Ist die Spindel h stark genug, um in der Mitte bei q durch ein Mittellager keine Unterstützung zu
                              									benöthigen, so kann der Rahmen p ganz weggelassen und
                              									bloß das Zwischenstück m mit feinem Lager v beibehalten werden. Uebrigens liegt die Treibwelle h hoch genug, um den Zugthieren ungehindert den
                              									Durchgang zu gestatten.
                           
                        
                           5. Stulpkolben zu einer Saugpumpe von
                                 										Maurel in Paris.
                           Das Eigenthümliche dieses Kolbens, Fig. 24, besteht darin,
                              									daß nicht der Kolben a selbst, sondern das Ventil b mit der Kolbenstange in Verbindung steht und durch
                              									diese unmittelbar bewegt wird. Der Kolben a verschiebt
                              									sich über dem Stengel des Ventils b und ist mit einem
                              									Lederstulpe n umgeben, welcher mit dem Boden des Kolbens
                              									gleichförmig ausgeschnitten ist. Der Stengel des Ventils steckt in einem Querkopfe
                              										e, welcher mit zwei Führungslaschen m versehen ist. Beim Beginne sowohl der auf- als
                              									herabgehenden Bewegung der Kolbenstange steht daher der Kolben einen Augenblick
                              									ruhig, bis er von dem Ventile oder dem Querkopfe ergriffen wird.
                           
                        
                           6. Dampfpumpe von Reed zu
                                 										New-York.
                           Diese Maschine, Fig.
                                 										25, fällt durch ihre Einfachheit und insbesondere dadurch auf, daß sie
                              									ohne Schwungrad arbeitet. Treib- und Pumpenkolben sind an einer
                              									gemeinschaftlichen Kolbenstange c angebracht. Ueber
                              									dieser befindet sich die Stange e des
                              									Steuerungsschiebers mit zwei stellbaren Ringen f,
                              									zwischen welchen der Arm g spielt, welcher auf der
                              									Kolbenstange c festgekeilt ist. In jeder extremen
                              									Stellung stoßt der Arm g an einen der beiden Ringe f und verschiebt denselben mit der Schieberstange e um 1/2–1 Linie. Dadurch ist die Umsteuerung
                              									bewerkstelligt. Die Pumpe eignet sich vorzüglich als Speisepumpe; sie ist drei
                              									Pferdekräfte stark und kostet 1200 Franken.
                           Von der inneren Construction dieser Pumpe ist von außen nichts wahrzunehmen, weil
                              									sowohl der Dampfcylinder a als auch der Pumpencylinder
                              										
                              									b von außen eine viereckige Gestalt besitzen. Die
                              									Umsteuerung wird hier durch die lebendige Kraft des Dampfkolbens bewirkt und sie
                              									kommt dadurch zur Vollendung, daß der Lauf des Steuerungsschiebers ein sehr kurzer
                              									ist. Uebrigens sollen statt der Schieber in dem Kasten Ventile angebracht seyn.
                           
                        
                           7. Horizontales Schiebergebläse von
                                 										Laurens und Thomas in Paris.
                           Statt der Saug- und Blaseventile ist dieses GebläseMan s. polytechn. Journal Bd. CXXXVIII S.
                                       												205. mit einem Vertheilungsschieber wie ein Dampfmaschinen-Treibcylinder
                              									versehen, nur mit dem Unterschiede, daß der Schieber mit keinem Gehäuse bedeckt zu
                              									seyn braucht, weil der Cylinder mit Luft aus der Atmosphäre gespeist wird. Auch ist
                              									der Schieber bedeutend größer als bei einer Dampfmaschine. Derselbe ist seitwärts
                              									des Gebläsecylinders und etwas geneigt gegen den Horizont angebracht, wie dieß aus
                              									der Queransicht Fig. 20 zu entnehmen ist. Fig. 21 stellt den
                              									Cylinder sammt Schieber nach der Durchschnittsebene MN vor.
                           a sind die beiden schlitzförmigen Saugöffnungen von 3
                              									bis 3 1/2 Zoll Breite und einer Länge, die etwas geringer ist als der innere
                              									Durchmesser des Cylinders. b ist der Blaseraum, der von
                              									dem Schieber stets bedeckt bleibt und mit einem Gehäuse c communicirt, welches unten an den Cylinder angegossen ist und an welches
                              									sich die Windleitung weiter anschließt.
                           Der Schieber wird von außen sanft gegen die Gleitfläche durch vier Federn angedrückt,
                              									die durch Stellschrauben gepreßt werden und mit zwei messingenen Längenleisten
                              									unterlegt sind. An dem Schieber befindet sich die Warze d, durch welche derselbe von der Excentrikstange hin und her bewegt wird.
                              									Der Ausschub beträgt etwa 7 Zoll.
                           Die Saugöffnungen sind nach innen verengt, um den schädlichen Raum zu beschränken. Zu
                              									diesem Ende reichen die beiden Deckel etwas in den Cylinder und sind in der Gegend
                              									der Saugöffnungen bei m ausgebaucht.
                           Die Zusammenstellung des Dampf- und Gebläsecylinders ist aus den Figuren 22 und
                              										23 zu
                              									ersehen, p Dampfcylinder, q
                              									Gebläsecylinder, r Schwungradwelle. Zwischen die
                              									Kolbenstangen beider Cylinder ist ein Bügel s
                              									eingeschaltet, innerhalb dessen sich die Schwungradkurbel bewegt. t, t sind die beiden Lenkstangen, welche mit der Geradführung in
                              									Verbindung stehen.
                           Während des Ganges verrichtete das ausgestellte Gebläse bei 60–70 Umgänge per Minute; der Kolbendurchmesser betrug etwa 2 1/4 Fuß,
                              									der Kolbenhub gegen 18 Zoll.
                           
                        
                           8. Schiebergebläse von Derosne und Cail
                                 										in Paris.
                           Dieses Gebläse hat eine ähnliche Construction wie jenes von Laurens und Thomas; nach den Angaben macht
                              									dasselbe 100 Umgänge per Minute, liefert 50 Kubikmeter
                              									Wind per Minute mit 6 Centimeter (27 1/2 Linien)
                              									Pressung. Es unterscheidet sich in der Hauptsache bloß durch die Stellung der
                              									Schwungradwelle, welche hier nicht zwischen den beiden Cylindern, sondern außerhalb
                              									und zwar an der Seite des Dampfcylinders liegt. Dadurch erhalten der Dampf-
                              									und der Gebläsekolben eine gemeinschaftliche Kolbenstange. Der Hub des Kolbens
                              									beträgt ungefähr 30'', der Durchmesser 36''. Der Preis dieses Gebläses ist 14000 Franken loco Paris. Die Dampfmaschine hat ungefähr 16
                              									Pferdekräfte. Die Schiebergebläse kommen in letzterer Zeit bereits in mehrfache
                              									Anwendung, weil man mit einem Cylinder das nämliche zu leisten im Stande ist, was
                              									sonst mit drei oder mehreren Cylindern zu geschehen pflegt, indem die größere
                              									Kolbengeschwindigkeit die Windlieferung erhöht.
                           
                              (Die Fortsetzung folgt.) 
                              
                           
                        
                     
                  
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