| Titel: | Ueber die Anwendung schneckenförmiger Federn bei den Eisenbahnwagen und Sicherheitsventilen; von Hrn. J. Baillie. | 
| Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. XCII., S. 401 | 
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                        XCII.
                        Ueber die Anwendung schneckenförmiger Federn bei
                           								den Eisenbahnwagen und Sicherheitsventilen; von Hrn. J. Baillie.
                        Aus dem Mechanics' Magazine, Decbr. 1855, Nr.
                              									1690.
                        Baillie, über die Anwendung schneckenförmiger Federn bei den
                           								Eisenbahnwagen und Sicherheitsventilen.
                        
                     
                        
                           Die schneckenförmig gewundene Feder für Eisenbahnen etc. (man sehe deren Beschreibung
                              									und Abbildungen im polytechn. Journal Bd. CXVI S.
                                 										86) besteht in einer einzigen Stahlplatte, welche spiralförmig in
                              									conischer Gestalt gewunden ist und die bezüglich ihrer Breite, statt der Dicke, dem
                              									Druck unterzogen wird. Je nach der Stärke des Drucks werden mehr oder weniger dicke
                              									Platten angewandt.
                           Indem man den Stahl, um dem Druck zu widerstehen, in dieser Form anwendet, erlangt
                              									man das Resultat, daß schneckenförmige Federn, welche nur ein Drittel vom Gewicht
                              									und der Stärke der elliptischen Federn haben, dieselbe Last tragen.
                           Wegen der eigenthümlichen Art, in welcher die Starrheit und Elasticität des Materials
                              									dieser, obwohl so sehr leichten Federn, angewendet wird, sind sie nicht zum
                              									Zerbrechen geneigt, oder durch irgend eine Kraft zu beschädigen, wenn sie gehörig
                              									eingerichtet sind. Die Erfahrung von mehr als sieben Jahren liefert den Beweis, daß
                              									sie bei den Locomotiven sehr haushälterisch sind. Dieselbe Erfahrung hat die
                              									Unzweckmäßigkeit des Kautschuks oder anderer, statt des Stahls zu mechanischen
                              									Zwecken angewendeten Substanzen bewiesen, in den Fällen wo sie einer großen
                              									Abnutzung widerstehen mußten. Die gewöhnlich angewandte elliptische Form der Federn
                              									hat manche Nachtheile, welche durch die directe Wirkung, die Festigkeit und
                              									Elasticität der Schnecke vermieden werden. Außerdem wird durch letztere, im
                              									Vergleich mit den gewöhnlichen Federn, viel Eisenwerk erspart.
                           
                           Die Schneckenfedern sind nicht allein in großer Anzahl an den Locomotiven des
                              									Festlandes und Englands angebracht, sondern auch an Tendern, Waggons, Last-
                              									und andern Wagen als Trag-, Buffer- und Zugfedern, und zwar im
                              									Vergleich mit den elliptischen Federn mit dem entschiedensten Vortheil in Beziehung
                              									auf Raum und Dauerhaftigkeit. jetzt fängt man auch an, sie bei den gewöhnlichen
                              									Personenwagen in Städten und auf Landstraßen anzuwenden. Sie lassen sich aber auch
                              									sehr gut bei manchen Maschinen, die einen plötzlichen Druck ausüben und welche ohne
                              									Federn leicht zu Bruche gehen würden, benutzen.
                           Man ist allgemein überzeugt, daß die Dimensionen der Sicherheitsventile unzweckmäßig
                              									und die Hauptursache der Explosionen sind, aber auch, daß es große Schwierigkeiten
                              									hat diese Ventile bei dem jetzigen System der Belastung zu vergrößern.Wir verweisen auf das neue Belastungssystem,
                                    											welches S. 1 in diesem Bande des polytechn. Journals beschrieben wurde.A. d. Red. Ich stellte daher Versuche an, ob ein großes Sicherheitsventil nicht
                              									zweckmäßig und stetig durch eine Anzahl von Schneckenfedern von bekannter Kraft
                              									niedergehalten werden könne. Es schien sich dieß sehr gut ausführen zu lassen; um
                              									das neue System im Vergleich mit dem ältern zu erproben, wurde ein Sicherheitsventil
                              									von 12 Zoll Durchmesser, welches von sieben Schneckenfedern niedergehalten wurde, an
                              									einem Locomotivkessel angebracht, an welchem sich auch ein gewöhnliches Ventil von
                              									3,6 Zoll Durchmesser befand, das mit der gewöhnlichen Hebel- und Federwaage
                              									belastet war. Der Kessel hatte eine Heizoberfläche von 890 Quadratfuß; damit die
                              									Cylinder nicht zu viel Dampf erhielten, ließ ich die Maschine während der Versuche
                              									stehen und der Zug wurde durch einen fortwährenden Dampfstrom von 1/2 Zoll
                              									Durchmesser, der in die Esse eingeführt wurde, unterhalten. Beide Ventile waren mit
                              									einem Druck von 64 Pfd. auf den Quadratzoll belastet. Das große Ventil wurde dann
                              									niedergehalten und in 4 Minuten war der Druck des Dampfes auf 105 Pfd. gesteigert,
                              									als sich das kleine Ventil um 1/12 Zoll öffnete, worauf der Versuch unterbrochen
                              									wurde, da das Ventil den Dampf nicht so rasch ausströmen lassen konnte, als er sich
                              									erzeugte.
                           Darauf wurde das kleine Ventil festgeschraubt und das große frei gemacht; der
                              									Dampfdruck war in 4 Minuten von 64 nur auf 76 Pfd. per
                              									Quadratzoll, also um 12 Pfd. gestiegen, als sich das Ventil um 1/24 Zoll hob; und
                              									obgleich das Feuer über eine halbe Stunde lang sehr stark unterhalten wurde,
                              									erlangte der Dampf doch keine höhere Pressung als 76 Pfd., weil die große Oberfläche
                              									des Sicherheitsventils allem erzeugten Dampf auszuströmen gestattete.
                           
                           Diese Versuche wurden für so genügend befunden, daß das System der Schneckenfedern
                              									bei allen Locomotiven-Ventilen auf den
                              									österreichischen und ungarischen Bahnen angenommen worden ist.
                           Bereits liegen 81 österreichische und ungarische Locomotiven auf Schnecken-Trag-Federn und man wird, wenn sich die
                              									Gelegenheit darbietet, auch alle übrigen auswechseln. In der Mitte hat man meistens
                              									doppelte Federn angewendet, es zeigte sich aber, daß dieß nicht nothwendig ist, da
                              									einige mit einfachen Federn versehene Maschinen einen eben so ruhigen und stetigen
                              									Gang hatten, und nicht mehr Stößen unterworfen waren, als die andern. Sehr
                              									wesentlich ist es, die Schneckenfedern nicht zu überladen oder zu fest
                              									niederzuschrauben. Eine Schneckenfeder von 5 1/4 Zoll Breite und 7/32 Zoll Dicke
                              									darf höchstens mit 20 Cntr. belastet werden; eine 4 1/4 Zoll breite und 7/32 Zoll
                              									starke nur mit 15 Cntr.; es würde aber weit zweckmäßiger seyn, diese Belastung auf
                              									respective 18 und 13 1/2 Cntr. zu vermindern.
                           Man muß daher eine große Aufmerksamkeit auf die verhältnißmäßige Belastung der Federn
                              									unter den Maschinen verwenden und den Locomotivführer streng dahin instruiren, die
                              									Stellung der Muttern an den Haltbolzen der Federn nicht zu verändern, weil sonst,
                              									abgesehen von der Beschädigung der Schneckenfedern, auf die anderen Achsen ein zu
                              									starkes Gewicht kommt, wodurch sowohl die Maschine als die Schienen benachtheiligt
                              									würden.
                           Mit den gewöhnlichen flachen Federn hält es schwer, genau den Druck zu bestimmen,
                              									welcher in Folge veränderter Stellung der Mutterschrauben auf sie ausgeübt wird; für
                              									die Schneckenfedern gibt es aber ein gewisses Gesetz, welches den absoluten Druck,
                              									dem sie unterworfen sind, ergibt. Jede solche Feder wird durch ein Gewicht
                              									verhältnißmäßig niedergebogen, z.B. eine von gewissen Dimensionen durch 6 Cntr. um
                              									1/4 Zoll; wenn daher die Feder im Anfang unbelastet 8 1/4 Zoll hoch ist, so muß sie
                              									sich unter einem Gewicht von 18 Cntr. bis auf 7 1/2 Zoll niederbiegen; bemerkt man
                              									nun diese Probegewichte auf den Federn und regulirt dieselben darnach, so läßt sich
                              									der auf sie einwirkende Druck sicher berechnen.
                           Die Brückenwaage zur Bestimmung des Gewichts, welches auf jedes Rad einwirkt, wird
                              									jetzt fast überall mit dem besten Erfolg angewendet. Um den Maschinenführer zu
                              									verhindern, das Gewicht auf den Federn verändern zu können, werden zwischen dem
                              									Querstabe und dem Halse auf jeden Haltbolzen dünne Scheiben gelegt. In Folge der
                              									Regulirung des Drucks auf die Schneckenfedern der Locomotiven, hat man sich nur
                              									selten mit diesen Federn zu beschäftigen und es kommen nur sehr wenig Brüche vor,
                              									selbst wenn die Eisenbahn nicht in ganz gutem Stande ist.
                           
                           Man hat die Schneckenfedern auch an den Sicherheitsventilen der Wasserleitungsröhren
                              									angebracht, um den Druck in denselben auszugleichen und um die nachtheiligen
                              									Wirkungen der Stöße, welche durch die Schwankungen der Wassersäule veranlaßt werden,
                              									zu vermeiden. Bei den Amsterdamer Wasserwerken wurde dieses System für eine
                              									Wassersäule von 170 Fuß, die einen Druck von 39,2 Pfd. auf den Quadratzoll, oder von
                              									1970 Pfd. auf das ganze Ventil darstellte, mit bestem Erfolge angewendet; ein
                              									solches Ventil war sechs Monate lang in Gebrauch, ohne daß es die geringste
                              									Reparatur erforderte. Die Einrichtung besteht einfach in einem senkrechten Zweigrohr
                              									von 8 Zoll Durchmesser, welches von der horizontalen Hauptröhre von 6 Zoll
                              									Durchmesser hervortritt; am obern Ende des Zweigrohrs ist ein Ventil und ein Sitz
                              									von Bronze angebracht; auf den Lappen des Sitzes sind die schmiedeisernen Bolzen
                              									befestigt, welche die Querstange halten, zwischen deren unterer Seite und dem obern
                              									Theil des Ventils die Schneckenfeder angebracht ist, welche etwa 50 Cntr. Belastung
                              									tragen kann. Der genaue Druck wurde durch Adjustirbolzen, die mit Muttern versehen
                              									sind, regulirt, und der Apparat konnte für die erwähnte Wassersäule sehr genau
                              									vorgerichtet werden.