| Titel: | Darstellung chemisch reiner Schwefelsäure nach Fr. Rußegger's in der k. k. Schwefelsäurefabrik in Wien eingeführten Methode. | 
| Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. CII., S. 435 | 
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                        CII.
                        Darstellung chemisch reiner Schwefelsäure nach
                           									Fr. Rußegger's in
                           								der k. k. Schwefelsäurefabrik in Wien eingeführten Methode.
                        Aus dem polytechn. Centralblatt, 1856, S.
                              								130.
                        Rußegger's Darstellung chemisch reiner Schwefelsäure.
                        
                     
                        
                           Die Darstellung der chemisch reinen Schwefelsäure in größerer Menge begleiten wie
                              									bekannt viele Schwierigkeiten, und indem ich glaube, daß es noch Wenigen gelungen
                              									seyn dürfte Quantitäten von 20 bis 25 Pfund derselben unter Benutzung einer einzigen
                              									Glasretorte durch Destillation auf einmal zu gewinnen, finde ich mich veranlaßt, bei
                              									dem nicht unbedeutenden Verbrauche der chemisch reinen Schwefelsäure mein Verfahren
                              									zur Kenntniß zu bringen.
                           Auf den Rand einer entsprechend weiten eingemauerten gußeisernen Capelle setzt man
                              									einen 4 Zoll hohen schmiedeisernen Reif, welcher mit einem passenden Ausschnitt für
                              									den Hals einer Retorte versehen seyn muß; man nimmt ferner eine gut gekühlte Retorte
                              									von weißem Glase mit ziemlich langem Halse von 10 bis 12 Maaß Inhalt und setzt
                              									dieselbe so in das Sandbad, daß am Boden und an den Seiten derselben eine 2 1/2 Zoll
                              									dicke Schicht feinen Sandes bleibt und nur ein kleiner Theil der Retorte sammt dem
                              									Halse aus dem Sandbade reicht. Man füllt hierauf die Retorte mittelst eines langen
                              									Trichters zu ungefähr 3/4 des Inhalts mit gewöhnlicher Schwefelsäure von 66°
                              									B. an, wozu beiläufig 30
                              									bis 36 Pfund erforderlich seyn werden. Zur Vorlage wählt man einen passend weiten
                              									Glasballon, in welchen der Hals der Retorte so weit hineinreicht, daß die
                              									übergehenden Tropfen nahe in die Mitte desselben fallen. Der Zwischenraum zwischen
                              									dem Halse der Retorte und dem der Vorlage wird am Zusammenstoße ringsum locker mit
                              									Asbest vermacht.
                           Den inneren Raum zwischen dem krummen Theile des Retortenhalses und dem eisernen
                              									Reife füllt man hierauf ganz mit Sand aus, und zwar so, daß auch der gekrümmte Theil
                              									des Retortenhalses ganz bedeckt wird. Dann stellt man auf den Reif eine blecherne
                              									runde, inwendig mit Lehm beschlagene Haube, die an der Basis eben so weit als der
                              									eiserne Reif und so hoch ist, daß ihr Scheitel circa 5
                              									bis 6 Zoll von dem Retortenhalse absteht. Zum leichteren Wegheben erhält diese Haube
                              									oben außerhalb einen Griff. Diese Art Bedeckung bewirkt, daß die Krümmung des
                              									Retortenhalses während der Operation eine constante Temperatur behält, wodurch bei
                              									gut geleitetem Feuer die Destillation der Schwefelsäure ohne alles Aufstoßen vor
                              									sich geht. Man kann daher bei dieser Vorrichtung alle sonstigen Mittel gegen das
                              									Aufstoßen beim Sieden, wie Platindraht u.s.w., entbehren. Nothwendig ist es, daß die
                              									Operation in einem gleichmäßig temperirten Locale vorgenommen werde. Es versteht
                              									sich ferner von selbst, daß das zuerst übergegangene Destillat, nach Verhältniß der
                              									eingesetzten Menge circa 1/6 bis 1/5, indem man das
                              									Feuer etwas unterbricht, aus der Vorlage beseitigt wird. Ebenso darf nicht der ganze
                              									noch übrige Inhalt der Retorte überdestillirt werden, sondern ein geringer Antheil
                              									soll in der Retorte zurückbleiben. Wenn man vorsichtig ist, kann man eine und
                              									dieselbe Retorte fünf bis sechs Mal zu demselben Zweck benutzen. Eine Operation
                              									lieferte in 24 Stunden durchschnittlich 20 bis 25 Pfund chemisch reiner
                              										Schwefelsäure.Die Destillation der Schwefelsäure läßt sich mit den geringsten
                                    											Schwierigleiten und mit der größten Sicherheit, in der Art ausführen, daß
                                    											man die aus den Bleipfannen gezogene Säure von 60° Baumé dazu
                                    											verwendet und die Vorlage wechselt, wenn die aus der Retorte in letztere
                                    											fallenden Tropfen durch das in der Flüssigkeit hervorgebrachte Zischen den
                                    											Uebergang der concentrirten Säure anzeigen. Auf diese Weise wurden vor
                                    											längerer Zeit in der Augsburger Schwefelsäurefabrik bedeutende Quantitäten
                                    											rectificirter Schwefelsäure dargestellt, durch Destillation aus mit Lehm
                                    											beschlagenen Glasretorten, welche in einem Galeerenofen dem freien Feuer
                                    											ausgesetzt wurden.A. d. Red.