| Titel: | Ueber das Glanzgold; von J. G. Gentele. | 
| Autor: | Johan G. Gentele [GND] | 
| Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. CIII., S. 436 | 
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                        CIII.
                        Ueber das Glanzgold; von J. G. Gentele.
                        Gentele, über das Glanzgold.
                        
                     
                        
                           In den Porzellanfabriken, wo das Fabricat hauptsächlich in Spielwaaren, kleinen
                              									Figuren, Nadel-Etuis, Riechfläschchen, Vögeln, Thieren und ähnlichen kleinen
                              									Gegenständen besteht, wie es beinahe in allen Fabriken des Thüringer-Waldes
                              									der Fall ist, werden zweierlei Präparate als Glanzgold benutzt, welche sehr schwache
                              									Vergoldungen von sehr glänzendem Ansehen geben, die bei gelindem Feuer eingebrannt
                              									werden. Diese Vergoldung ist zwar vergleichsweise viel weniger haltbar als die
                              									sogenannte ächte Vergoldung mit gefälltem metallischem Golde, aber die Waaren wozu
                              									sie angewendet wird, erheischen auch nicht viel mehr als ein schönes Aussehen, indem
                              									sie keine Benutzung wie die Tafelgeschirre auszuhalten haben, sondern einfach als
                              									Zierrathen aufgestellt werden, oder in den Händen von Kindern als Spielzeug viel
                              									früher zerbrechen, als die Vergoldung abgenutzt ist.
                           
                        
                           I.
                           Das erste Präparat kommt im Handel in Teigform vor, in
                              									kleinen mit Blasen verbundenen Büchsen. Der Goldgehalt ist ungefähr 1 Ducaten, der
                              									Preis davon aber 5 Rthlr. 8 Sgr. preußisch, mit einem kleinen Rabatt bei größerer
                              									Abnahme. Dieses Präparat besteht in nichts anderem als in Knallgold, welches in flüchtigem Schwefelbalsam
                              									abgerieben ist. Die Darstellung des Knallgoldes ist bekannt, auch diejenige des
                              									Schwefelbalsams, letzterer muß aber durch Kochen von gleichen Theilen Terpenthinöl
                              									und Lavendelöl mit Schwefel dargestellt und das Kochen dabei so lange fortgesetzt
                              									werden, bis sich die dicke rothbraune Flüssigkeit mit Terpenthinöl kalt verdünnen
                              									läßt, ohne daß sich Schwefel ausscheidet, was derjenige flüchtige Schwefelbalsam
                              									immer thut, welcher in den Apotheken angefertigt wird. Da das Abreiben des
                              									Knallgoldes in dem Schwefelbalsam nicht gefahrlos ist, so will ich bemerken, daß das
                              									sicherste Verfahren darin besteht, das nasse gewaschene Knallgold in eine
                              									Porzellanschale zu bringen, es darin bei gelinder Wärme zu trocknen, es nach dem
                              									Trocknen mit etwas Terpenthinöl zu übergießen und wieder zu trocknen, und dieß
                              									einigemale zu wiederholen ehe man es auf die Glaspalette bringt. Dort zerdrückt man
                              									es sachte, benetzt es mit Schwefelbalsam und reibt dann vorsichtig, bis alles
                              									benetzt ist, worauf keine weitere Gefahr stattfindet. Wenn alles so fein gerieben
                              									ist, daß es den gehörigen feinen Strich gibt, wird noch soviel Schwefelbalsam zugesetzt, daß das Präparat
                              									gerne vom Pinsel geht; es ist dann brauchbar. Es verliert seine Brauchbarkeit durchs
                              									Eintrocknen nicht, wenn es nachher nur wieder mit Terpenthinöl fein genug gerieben
                              									wird. Zu beachten ist, daß der geringste Kupfergehalt im Präparate dem Glanze
                              									schadet. Chlorsilber erhöht den Glanz des Goldes, ertheilt ihm aber bei zu großem
                              									Zusatze Messingfarbe.
                           Behufs meiner Versuche, das nachher zu besprechende zweite Präparat nachzuahmen,
                              									stellte ich mir beide Arten von Schwefelgold dar, nämlich das schwarze, welches man erhält, wenn man Chlorgoldlösung mit
                              									Schwefelwasserstoffgas fällt, und das gelb-braune,
                              									welches entsteht, wenn man das erstere mit wässerigem Ammoniak in der Wärme
                              									digerirt. Die Versuche ergaben, daß sich das schwarze
                                 										Schwefelgold ebensogut zur Glanzvergoldung eignet, als das Knallgold, nur
                              									muß es mit soviel fettem Schwefelbalsam (wie man ihn zum Goldlüster gebraucht)Man s. polytechn. Journal Bd. CXXXVII S.
                                       												284. abgerieben werden, daß die Farbe gut und saftig aus dem Pinsel geht, setzt
                              									man sie dann so dick auf, daß das Porzellan nicht durchscheint, so erhält die
                              									Vergoldung einen äußerst schönen Glanz. Zugesetztes Chlorsilber hat den oben
                              									angegebenen Erfolg, ebenso ein Kupfergehalt. Bei der Darstellung dieses Präparates
                              									bemerkte ich den nachtheiligen Einfluß, welchen die geringste Spur von Kupfer in der
                              									angewendeten Goldlösung hat, aus welcher es zugleich mit dem Golde gefällt wird. Das
                              									Kupfer läßt sich jedoch aus dem Schwefelgolde leicht durch reine verdünnte
                              									Salpetersäure ausziehen.
                           Dieses Präparat wird, wenn es einmal in weiteren Kreisen bekannt ist, das Knallgold
                              									– Glanzgold ohne Zweifel verdrängen, weil seine Bereitung nicht gefährlich
                              									ist; überdieß kann man die Dicke der aufgetragenen Schicht weit leichter
                              									beurtheilen. Hinsichtlich der aufgetragenen Schicht gilt von ihm dasselbe wie vom
                              									Knallgold-Präparat, daß es nämlich nicht fest hält, wenn die Schicht zu dick
                              									oder zu dünn aufgetragen worden ist. Beide Präparate kommen aus den Muffeln bei
                              									schwächerem Einbrennen mit mehr Glanz, halten in diesem Falle aber nicht gut; bei
                              									stärkerem Einbrennen halten sie besser, müssen dann aber gewischt oder etwas polirt
                              									werden. Das aufgetragene Knallgold, welches auf dem Scherben grünbräunlich aussieht,
                              									wird nach und nach schwarz, und dann erst erhält es seinen Glanz; das
                              									Schwefelgold-Präparat wird nur etwas dunkler.
                           
                        
                           
                           II.
                           Die erwähnte, im Handel vorkommende zweite Sorte
                              									Glanzgold-Präparat, von Berlin zu beziehen, ist eine dunkel-rothbraun
                              									durchscheinende Flüssigkeit (welche doch nicht ganz dieselbe seyn soll, mit welcher
                              									die leichte Meißen'sche Vergoldung hergestellt wird). Sie riecht terpenthinartig.
                              									Auf eine Glasplatte getröpfelt, verflüchtigt sie sich sogleich und hinterläßt eine
                              									bräunlichgrün durchscheinende Haut. Auf einem Scherben über der Weingeistlampe
                              									erhitzt, entzündet sie sich, wird dann schwarz, zuweilen grün, und hinterläßt eine
                              									schöne Vergoldung. In einer Glasröhre schwach gekocht, vergoldet sie den Boden des
                              									Glasröhrchens. Man verwendet sie nicht in der Consistenz wie man sie erhält, sondern
                              									verdunstet die Flüssigkeit, bis sie dick genug ist, ungefähr wie dicker
                              									Schwefelbalsam. Bei dieser Verdunstung steigt in Porzellanschalen die Flüssigkeit
                              									immer an den Wänden hinauf, und bildet überhaupt solche Streifen wie sie beim
                              									Verdunsten von Terpenthinöl und anderen ätherischen Oelen entstehen.
                           Mit Terpenthinöl läßt sich diese Flüssigkeit ohne Niederschlag verdünnen. Alkohol und
                              									Aether, im Uebermaaß zugesetzt, bewirken aber die Fällung eines graubraunen Körpers,
                              									welcher abfiltrirt zu einer schwarzbraunen Masse vertrocknet, die in einer Glasröhre
                              									erhitzt, nach Schwefelkohlenstoff riechende Dämpfe entwickelt und Gold hinterläßt.
                              									Der ungeglühte Niederschlag löst sich in frischer Glanzgold-Flüssigkeit, aber
                              									nicht in Terpenthinöl auf. Die abfiltrirte ätherische oder alkoholische Lösung
                              									enthält noch etwas Gold, wird aber beim Verdünnen mit Wasser durch ein sich langsam
                              									abscheidendes ätherisches Oel weiß getrübt. Wasser, und Kali in Wasser gelöst,
                              									entziehen der Glanzgold-Flüssigkeit nichts, sie schwimmt unzersetzt darauf,
                              									und nach dem Schütteln steigt sie wieder auf die Oberfläche. Mit Kalihydrat
                              									eingetrocknet und im gedeckten Tiegel geglüht, hinterläßt das Präparat Gold; die
                              									durch Behandlung des Rückstandes mit Wasser erhaltene Flüssigkeit fällt die ersten
                              									Tropfen einer Bleizuckerlösung braun, und riecht, mit Säure versetzt, deutlich nach
                              									Schwefelwasserstoff. Mit Salpeter geglüht, verpufft das Präparat wenig, hinterläßt
                              									Gold, und der aufgelöste Salzrückstand liefert, mit Salpetersäure neutralisirt, mit
                              									salpetersaurem Silberoxyd viel Chlorsilber. Aus diesen Reactionen folgerte ich, daß
                              									das Gold in der Flüssigkeit, die ein ätherisches Oel oder eine Aetherart ist, als
                              									Chorgold gelöst, und ihr etwas flüchtiger Schwefelbalsam beigemischt ist, welcher
                              									ihr die Farbe ertheilt.
                           Dagegen spricht jedoch die Fällung der Goldverbindung durch Aether und Weingeist, in
                              									welchen Chlorgold löslich ist. Es wäre sehr zu wünschen, daß ein in derartigen
                              									Untersuchungen geübter und mit allen Mitteln ausgerüsteter Chemiker die Zusammensetzung dieses
                              									Präparates auf analytischem Wege zu ermitteln suchen würde. Dasselbe muß durch einen
                              									Zufall entdeckt worden seyn, wahrscheinlich bei der Bereitung des Goldlüsters.
                           Ich war bemüht, mit verschiedenen ätherischen Flüssigkeiten, Schwefelbalsam und
                              									Chlorgold, wenigstens ein ähnliches Präparat herzustellen. Obgleich mir dieses nicht
                              									gelungen ist, will ich doch meine Resultate in dieser Hinsicht mittheilen.
                           Als Auflösungsmittel des Chlorgoldes versuchte ich Terpenthinöl, Lavendelöl, Pechöl,
                              									Chloroform, Schwefelkohlenstoff und Schwefelbalsam (mit Terpenthin- und
                              									Lavendelöl bereitet); keines dieser Oele löst das Chlorgold in bedeutender Menge
                              									auf, vielmehr wird es durch dieselben schnell reducirt. Dagegen löst sich das
                              									Chlorgold reichlich in Kreosot auf; Amylalkohol (reines Kartoffelfuselöl) entzieht
                              									es sehr rasch seiner wässerigen Lösung und zwar vollständig. Die Lösung des
                              									Chlorgoldes in Kreosot setzt sehr bald metallisches Gold ab. Dagegen kann die Lösung
                              									in Amylalkohol gekocht werden, ohne sich zu reduciren; nach tagelangem Stehen an
                              									einem sehr warmen Orte aber, wo viel Amylalkohol verdunstet, setzt sich metallisches
                              									Gold ab, und zwar in schönen breiten sechsseitigen und dreieckigen Flittern, die
                              									alle deutliche Oktaeder-Abschnitte sind, den schönsten Goldglanz besitzen und
                              									dem Gefäße nicht anhängen.
                           Die ätherische Goldlösung, d.h. diejenige in Aether (Aethyloxyd) wird durch
                              									Terpenthinöl, Chloroform, Schwefelkohlenstoff oder Schwefelbalsam (mit Terpenthinöl
                              									dargestellt), in einigen Augenblicken gefällt; es setzt sich rasch ein nicht sehr
                              									glänzendes bräunliches metallisches Gold ab. Mit Lavendelöl läßt sich jene Lösung
                              									mischen, setzt aber doch über Nacht Gold ab; mit Schwefelbalsam (mit Kienöl oder mit
                              									Lavendelöl dargestellt) läßt sie sich ebenfalls mischen; es entsteht eine geringe
                              									Trübung, die anfangs kein Gold sondern Schwefel ist, aber das Gemisch setzt doch
                              									nach einigen Tagen Gold ab; nach Verlauf von vier Wochen ist diese Fällung noch
                              									nicht ganz beendigt. – Bei gelinder Wärme läßt sich die besprochene
                              									ätherische Goldlösung eindunsten, wie die fragliche Goldflüssigkeit, ohne viel
                              									getrübt zu werden; frisch neben letztere auf einen Porzellanscherben gestrichen, und
                              									geglüht, verhält sie sich völlig gleich; die Vergoldung
                              									hat gleichen Glanz und Haltbarkeit; beide trocknen gleich rasch, und eine könnte
                              									statt der andern gebraucht werden, wenn die von mir bereitete nur dieselbe Haltbarkeit besäße, welche auf keine Art zu erreichen
                              									war. Die käufliche Flüssigkeit enthält aber jedenfalls wenig oder keinen
                              									Schwefeläther, denn sie riecht nicht im geringsten darnach.
                           Da die Lösung des Chlorgoldes in Amylalkohol gegen Licht und Wärme viel haltbarer
                              									ist, als seine Lösung in Aether, so wurden mit jener entsprechende Versuche
                              									angestellt. Alle obigen Zusätze wirkten analog; die Haltbarkeit der Flüssigkeit
                              									konnte aber ebenfalls nicht erzielt werden. Das so verschiedene Verhalten der
                              									Schwefelbalsame und der ätherischen Oele zum Chlorgold scheint zu der Folgerung zu
                              									berechtigen) daß das Geheimniß auf der Anwendung eines ätherischen Oeles beruht,
                              									welches das Chlorgold löst, es aber nicht reducirt. Theure ätherische Oele können
                              									hierbei nicht in Betracht kommen. Eben so wenig kann in der fraglichen
                              									Goldflüssigkeit eine complicirte schwer darstellbare Goldverbindung enthalten seyn,
                              									welche theuer zu stehen käme, wie z.B. das in Schwefelammonium lösliche Goldcyanür
                              										AuCy, oder das in Alkohol und Aether sehr lösliche
                              									Goldcyanid Au 3Cy, oder Goldcyanür-Ammoniumcyanür
                              										AuCy + NH₄ Cy. Der im Präparat enthaltene Schwefelbalsam hat die
                              									Chlorgoldlösung nur zu verdicken, und von ihm kommt die Reaction auf Schwefel.
                           Die besprochene, im Handel vorkommende Glanzgold-Flüssigkeit hat entschiedene
                              									Vorzüge vor dem Knallgold-Glanzgolde; denn sie liefert nicht nur eine ebenso
                              									haltbare Vergoldung wie dieses, sondern das Gold kommt auch bei reinlicher
                              									Behandlung mit einem solchen Glanze aus den Muffeln, wie ihn das bestpolirte Gold
                              									nicht hat; man ist also bei dem fraglichen Präparat des Polirens ganz überhoben, und
                              									man kann auch Stellen glänzend vergolden, z.B. Vertiefungen, wo das Poliren
                              									unmöglich auszuführen wäre; überdieß ist die Goldlage viel dünner, so daß selbst bei
                              									höherem Preise des Goldes in diesem Präparate der Consument noch erspart. Nur die
                              									mißliche Eigenschaft hat das fragliche Präparat, daß es sich nicht auf bemaltes
                              									Porzellan mit den Farben einbrennen läßt, was eben seinem Chlorgehalt zuzuschreiben
                              									ist, welcher bekanntlich auch in dem Falle auf die Farben schädlich wirkt, wenn
                              									durch salpetersaures Quecksilberoxydul gefälltes Gold angewendet wird, welchem
                              									Quecksilberchlorür (Calomel) beigemischt ist. Bei zugleich bemalten Gegenständen
                              									wendet man daher fast nur das Knallgold-Glanzgold an; dagegen benutzt man die
                              									Berliner Goldflüssigkeit zur Vergoldung ganz weißer Piecen, und dazu sind ihre
                              									Eigenschaften unübertrefflich. Die Haltbarkeit der letztern Vergoldung ist aber auch
                              									nicht größer als die des Knallgold-Präparates; sie verträgt ebensowenig
                              									Reibung oder Abnutzung.Ob ein Gegenstand durch gefälltes metallisches Gold oder durch ein
                                    											Glanzgold-Präparat vergoldet ist, läßt sich mit Sicherheit nicht
                                    											durch Streichen mit dem Finger, mit Leder, oder durch Kratzen mit den Nägeln
                                    											etc. beurtheilen. Führt man aber die vergoldete Fläche einigemale gegen das
                                    											Haupthaar, so nimmt dieses die Glanzvergoldung wie eine feine Feile weg,
                                    											wogegen die ächte Vergoldung davon nicht leidet.