| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. , S. 312 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Transatlantisches und mittelländisches
                              									Telegraphen-Project.
                           
                              I. Transatlantisches
                                    											Telegraphen-Project.
                              Man kennt aus öffentlichen Blättern das Project, Amerika mit Europa, vermittelst eines
                                 										submarinen Telegraphenseiles durch den atlantischen Ocean in elektrische
                                 										Verbindung zu setzen. Als europäischen Ausgangspunkt der Linie gedachte man Cork im südlichen Irland zu wählen, und auf dem
                                 										amerikanischen Continente sollte das Seil bei Cap
                                    											Race (Neufundland) gelandet werden. Von Cap Race bis Cap Ray im Süden von Neufundland war schon die
                                 										Landleitung hergestellt, von letzterm Punkte weiter wollte man wieder eine
                                 										submarine Leitung nach der Insel Cap Breton und von
                                 										da nach Halifax herstellen. Auf diese Weise wäre
                                 										alsdann der Anschluß an das amerikanische Telegraphennetz erreicht.
                              Durch die Vollendung der telegraphischen Linie von dem amerikanischen Festlande
                                 										bis Cap Race rückte man Europa schon um drei Tage näher; man hatte deßhalb im
                                 										Plane, von diesem Punkte aus zur Beförderung der Briefbeutel Dampfer nach Europa
                                 										laufen zu lassen.
                              Indessen ist der Versuch, ein Seil von Cap Ray nach der Insel Cap Breton zu
                                 										legen, mißlungen. Die hierüber bekannt gewordenen Details sind folgende:
                              Die Entfernung der beiden Landungspunkte des Seiles, Cap Ray an der Küste von
                                 										Neufundland und Cap North an der Küste der Insel Breton beträgt nach Angabe der
                                 										brittischen Admiralität in gerader Linie 55 1/2 Seemeilen (13,85 deutsche
                                 										Meilen). Die Länge des Telegraphenseils war 74 engl. Meilen, wobei man also für
                                 										den Bogen, welchen das Seil macht, indem es auf dem Meeresboden aufliegt, und
                                 										für die Abweichungen von der geraden Linie bei der Legung circa 15 Proc. an der Länge zugegeben hatte; 12 Proc. war das Höchste
                                 										bei all den andern Seilen, welche man bisher gelegt.
                              Das Seil wog 5–6 Tonnen pro engl. Meile, hatte
                                 										drei Leitungsdrähte und 12 unverzinkte Eisendrähte als äußere Hülle. In der
                                 										Barke „Sarah Bryant“ war das Seil von England
                                 										hinübergebracht worden. Zum Auslassen desselben waren folgende Vorkehrungen an
                                 										Bord derselben getroffen: Das Seil bildete zwei große Rollen im Bauche des
                                 										Schiffes und füllte den Schiffsraum der Länge nach aus. Durch eine kleine
                                 										Oeffnung im Verdeck wurde es zu einer ersten großen eisernen Trommel geführt,
                                 										welche 12 Fuß Durchmesser hatte und vermittelst einer mächtigen Bremse nach
                                 										Belieben gehemmt werden konnte. Das Seil lief dreimal um diese Trommel herum und
                                 										ging alsdann zu einer zweiten eisernen Trommel von gleichem Durchmesser und
                                 										ähnlicher Bremse, um welche es sich eben so oft wand. Diese letztere Trommel
                                 										verlassend, lief das Seil über einen großen eisernen Cylinder, welcher sich am
                                 										äußersten Hintertheile des Schiffes befand, in die See. Die Zahl der Umdrehungen
                                 											der Trommel
                                 										wurde durch eine Vorrichtung gezählt, so daß man stets die ausgeschossene Länge
                                 										des Seiles wissen konnte. 32 Mann waren im Innern dazu angestellt, das Seil
                                 										regelmäßig sich ausziehen zu lassen. An der Legung nahmen Theil: der Steamer
                                 											„James Adger“ als Remorqueur der Barke „Sarah
                                    											Bryant“ und ein kleines Schleppboot
                                 											„Victoria.“
                                 									
                              Am Mittwoch, den 22 August, waren alle Vorkehrungen an Bord der Barke
                                 											„Sarah Bryant“ getroffen, um mit der Legung beginnen zu
                                 										können. Dieselbe wurde alsdann von dem „Adger“ ins Tau
                                 										genommen und nach dem Cap Ray gebracht.
                              Die Landung des Seilendes geschah in einer Bucht, ungefähr 1 1/2 engl. Meilen
                                 										westlich von der äußersten Spitze von Cap Ray. Es war dieser Punkt gewählt
                                 										worden, weil dort das Meer eine geeignete Tiefe hatte und sich in dieser Nähe
                                 										keine Eisberge ansetzen, was an allen andern Punkten des Caps sehr zu befürchten
                                 										war.
                              Vor Abend war das Seilende glücklich ans Land gebracht, jedoch hatte man bei
                                 										dieser Operation mit großen Schwierigkeiten und ziemlicher Gefahr zu kämpfen. Es
                                 										herrschte nämlich ein dichter Nebel und starker Wellenschlag, so daß die Schiffe
                                 										dem Ufer nicht unmittelbar nahe kommen konnten und man mit den Booten eine
                                 										beträchtliche Strecke zu befahren hatte.
                              Der folgende Tag wurde damit verbracht, eine sichere Befestigung des Seiles auf
                                 										dem Ufer herzustellen. Tags darauf war der Nebel noch so dicht, daß man in
                                 										Unthätigkeit bleiben mußte. Am 25., Sonnabends, hatte sich der Nebel gelichtet,
                                 										es herrschte aber ein heftiger Nordwestwind, wodurch es äußerst schwierig wurde,
                                 										den „Bryant“ ins Tau vom „Adger“ zu
                                 										bringen, jedoch gelang dieß endlich, nachdem der „Bryant“
                                 										zuvor noch einmal Anker hatte werfen müssen.
                              Unter solch ungünstigen Umständen begann die Fahrt, wobei der
                                 											„Adger“ mit dem „Bryant“ im Tau
                                 										nur mit einer Geschwindigkeit von 2 bis 3 engl. Meilen pro Stunde voranschreiten konnte.
                              Unglücklicherweise entstand bald eine Collision zwischen den beiden Schiffen, in
                                 										deren Folge man das Schlepptau durchhauen mußte. Der
                                 											„Bryant“ wurde von dem Telegraphenseil am Stern
                                 										gehalten, warf jedoch auch Anker. Der „Adger“ ging auf eine
                                 										kleine Entfernung windwärts und legte sich ebenfalls vor Anker.
                              Kurz darauf gab der „Bryant“ Nothsignale, das Ankertau war
                                 										gerissen und es trieb derselbe nun mit ziemlicher Beschleunigung dem Ufer zu.
                                 										Die „Victoria“ kam zwar zur Hülfe, war jedoch nicht mächtig
                                 										genug, um das Schiff zu halten. Der „Adger“ war unterdessen
                                 										herbeigekommen, konnte aber wegen Nachbarschaft der Felsen nicht in so
                                 										unmittelbarer Nähe des „Bryant“ gelangen, um demselben das
                                 										Tau zuzuwerfen.
                              Es blieb nun nichts anders übrig, als das Telegraphenseil durchzuhauen und fahren
                                 										zu lassen, wozu man sich auch entschloß. Durch die Geistesgegenwart und
                                 										Gewandtheit des Capitän Ponsland gelang es, den
                                 											„Bryant“ unter so viel Segel zu setzen, daß derselbe in
                                 										tieferes und sicheres Fahrwasser zu bringen war; und Capitän Turner vom „Adger“ reussirte
                                 										vermittelst eines kühnen Manövers, dem „Bryant“ eine Leine
                                 										zuzuwerfen und denselben so ins Tau nehmen zu können. Das Schiff, das Seil und
                                 										das Leben Aller an Bord war auf diese Weise vom sichern Untergange gerettet
                                 										worden.
                              Einer der Anker vom „Adger“ wurde noch vor Abend dem
                                 											„Bryant“ übertragen, und beide Schiffe konnten nun
                                 										sicher vor Anker liegen; zwei Meilen Telegraphenseil waren verloren gegangen,
                                 										die Schiffe aber frei von jeder wesentlichen Beschädigung geblieben.
                              Am folgenden Tage, den 26. August, hatte sich der Wind gelegt und die See
                                 										beruhigt. Man begann nun das verlorene Ende des Seiles wieder aufzufischen, und
                                 										es gelang dasselbe an Bord des „Bryant“ zu bringen, um es
                                 										anspleißen zu können. Nachdem dieß geschehen, schleppte die
                                 											„Victoria“ den „Bryant ins Fahrwasser des
                                    												„Adger,“ damit derselbe am nächsten Morgen die
                                    											Legung von neuem versuchen könnte. Dieser Versuch mißlang; das Seil riß an
                                    											eben der Stelle wo man den Spliß gemacht hatte, eine ganze Tagesarbeit war
                                    											auf diese Weise wiederum verloren. Man hielt es nun fürs beste, ein neues
                                    											Ende in den Booten ans Land zu bringen; diese Arbeit wurde glücklich
                                    											vollbracht und füllte die Zeit vom 27. Aug. aus.
                                 									
                              Früh am Dienstag Morgen, den 28. August, nahm der „Adger“
                                 										den „Bryant“ ins Tau und die Legung wurde von neuem
                                 										begonnen. Dieselbe ging glücklich voran, so daß 1 1/2 Meilen Telegraphenseil pro Stunde ins Meer gelassen wurden, jedoch traten
                                 										zuweilen Unterbrechungen ein, welche durch Klänken verursacht wurden, die sich
                                 										im Seile innerhalb des Schiffes bildeten.
                              Am selbigen Morgen fand man schon, daß einer der Kupferdrähte den elektrischen
                                 										Strom nicht mehr zum Ufer brachte. Gegen Mitternacht riß das Seil im Innern des
                                 										Schiffes und konnte nicht vor 7 Uhr des nächsten Morgens gespleißt werden. Dann
                                 										aber wurde das Seil mit größerer Geschwindigkeit ausgelassen Gegen Mittag dieses
                                 										Tages zeigte es sich, daß der zweite Draht leitungsunfähig war. Am Nachmittag
                                 										erhob sich ein heftiger Südwestwind, und ein neuer Bruch des Seiles fand statt,
                                 										dieser wurde wieder gespleißt. Nun ließ aber der dritte der Leitungsdrähte den
                                 										Strom nicht mehr durch.
                              Der Wind hatte sich unterdessen in einen Orkan verwandelt, der
                                 											„Bryant“ wurde auf die furchterregendste Weise von den
                                 										Wellen hin und her geworfen, und es gerieth das Telegraphenseil in die größte
                                 										Anspannung; man war gezwungen das Seil durchzuhauen, und mit demselben waren all
                                 										die freudigen Hoffnungen und Versprechungen, welche man sich von diesem
                                 										Unternehmen gemacht, auseinandergerissen.
                              Sobald sich das Seil vom „Bryant“ getrennt, schwang sich
                                 										derselbe mit solcher Gewalt herum, daß er fast auf das Ende seines Kiels zu
                                 										stehen kam. Der Grund hiervon war, daß, da der größte Theil des ausgelassenen
                                 										Seiles aus dem Hintertheile des Schiffes genommen, sich der Schwerpunkt
                                 										desselben gänzlich in den Vordertheil des Schiffes verpflanzt hatte, und ward es
                                 										sehr fraglich, ob der „Bryant“ den heftigen Wind-
                                 										und Wellenschlag im Tau des „Adger“ aushalten werde. In
                                 										diesem Augenblick kam aber der brittische Kriegsdampfer
                                 											„Argos“ an, welcher bis zum nächsten Morgen bei den
                                 										Schiffen blieb. Sein Beistand wurde jedoch glücklicher Weise nicht erforderlich,
                                 										und hatte man um 3 Uhr Sidney ohne weitern Unfall erreicht.
                              In Sidney wurden die übrig gebliebenen 32 Meilen Seil aufs Werft aufgeschossen
                                 										und der Versicherungsanstalt zur Verfügung gelassen; der Verlust an Seil betrug
                                 										42 Meilen.
                              Dieses Mißlingen des Unternehmens ist theilweise dem heftigen Winde und hohen
                                 										Wellenschlag und theilweise dem Umstande zuzuschreiben, daß hier das Seil aus
                                 										einem Schiffe im Tau, anstatt aus dem Dampfer direct gelegt wurde. Bei der
                                 										Legung des Seiles von Genua nach Corsica, welche vermittelst eines Dampfers direct
                                 										stattfand, ist dieselbe trotzdem, daß See und Wind noch ungünstiger waren,
                                 										glücklich vollbracht worden.
                              Ist es auch traurig, daß so viel Energie, Mühe und Ausdauer vergeblich
                                 										aufgewendet worden sind, so unterliegt es dennoch keinem Zweifel, daß die
                                 										versuchte telegraphische Verbindung hergestellt seyn wird, bevor ein neues Jahr
                                 										verflossen ist.
                              
                           
                              II. Mittelländisches
                                    											Telegraphen-Project.
                              Folgendes sind die Details, welche über die verunglückte Legung des Seils von Cap
                                 											Spartarento (Sardinien) nach der Küste von Afrika
                                 										bekannt geworden sind. Das Segelschiff der „Result“ brachte
                                 										das Seil am 6. September nach Cagliari (das Gewicht des Seiles war 1200 Tonnen
                                 										für 162 engl. Meilen Länge). Der Steamer, welcher engagirt war den
                                 											„Result“ ins Tau zu nehmen, verzögerte sich wegen des
                                 										schlechten Wetters, das ihn auf der Reise traf, weßhalb die Expedition erst am
                                 										24. September auslaufen konnte. Der Steamer „Tartari“ von
                                 										der französischen Regierung segelte mit, als Ersatz eines andern Steamers,
                                 										welchen man bis zu jenem Tage vergeblich erwartet hatte.
                              Am Cap Spartarento wurde das Seilende mit der Landleitung in Verbindung gesetzt,
                                 										und gelang es am ersten Tage 22 geographische Meilen (5,4 deutsche Meilen) Seil
                                 										zu legen in eine durchschnittliche Tiefe von 200 Faden (1236 Fuß preuß.). Die
                                 										Legung wurde die Nacht hindurch fortgesetzt und am Morgen gegen halb zehn Uhr
                                 										waren 38 geogr. Meilen (9,3 deutsche Meilen) ausgelassen; die Tiefe betrug
                                 										alsdann 1640 Meter (5248 Fuß preuß.), wobei das Seil plötzlich mit großer Gewalt
                                 										auszuschießen begann und nicht weniger als 2 engl. Meilen in einem Zeitraum von
                                 										10 Minuten aus dem Schiffe liefen, woraus sich schließen läßt, daß sich an
                                 										dieser Stelle ein bedeutender Abhang im Meere befand.
                              
                              Es zeigte sich, daß bei dieser Gelegenheit zwei Knicken ins Seil gekommen und
                                 										über Bord gegangen waren, welche die Leitungsdrähte beschädigt hatten; denn nun
                                 										ließen vier derselben den Strom nur sehr unvollkommen durch. Man fand sich
                                 										deßhalb genöthigt, das Seil aus dieser großen Tiefe wieder aufzuziehen, um den
                                 										beschädigten Theil an Bord zu bringen und auszubessern. Dieß zeigte sich aber in
                                 										einem Segelschiff und ohne die Hülfe einer Eselsmaschine (Donkey engine) als eine Unmöglichkeit. Nachdem man drei Tage hieran
                                 										gearbeitet, waren nur 500 Faden (3090 Fuß preuß.) aufgezogen, eine Klänke
                                 										indessen war zum Vorschein gekommen. Dann aber brach die Akerwinde, womit man
                                 										bisher das Seil angezogen hatte. Mit der Ausbesserung der Ankerwinde wurden
                                 										wieder vier Tage verbracht, aber währenddem ging die See so hoch, daß bei dem
                                 										Wiederbeginn der Operation es sich zeigte, daß das Seil durch das fortwährende
                                 										Schwingen des Schiffes mannigfach sich verschlungen hatte, in 20 Fuß Länge kamen
                                 										nicht weniger als sieben Klänken vor; und zuletzt, nachdem das Seil ein Schiff
                                 										von 1700 Tonnen für sieben Tage bei einer Tiefe von einer englischen Meile
                                 										gehalten, wurde dasselbe durch ein plötzliches und heftiges Umlegen des Schiffes
                                 										entzwei gerissen. Man beschloß nun die Operation damit wieder zu beginnen, ein
                                 										Seil von Cap Spartarento nach der Insel Galita zu legen, und von dort nach
                                 										Algier die Linie erst im nächsten Jahre zu completiren. Es wurde damit begonnen,
                                 										das Seil eine Meile entfernt von Cap Spartarento in einer Tiefe von 14 Faden (84
                                 										Fuß preuß.) wieder aufzufischen, aber die hochgehende See machte den
                                 											„Result“ so heftig schwanken, daß der Capitän
                                 										befürchtete, seine Masten würden brechen, und als man versuchte am nächsten Tage
                                 										fortzufahren, zeigte es sich unmöglich, das Schiff in seinem Curs zu halten; man
                                 										beschloß deßhalb den Versuch aufzugeben und den Totalverlust des Seiles zu
                                 										riskiren. Der „Result“ ging gleich nach England zurück, um
                                 										das Seil dort zu deponiren, bis man in einer günstigen Jahreszeit die Legung mit
                                 										einem Dampfer von neuem versuchen könnte.
                              Für die Linie von Malta nach Corfu hat man beschlossen, leichtere
                                 										Telegraphenseile anzuwenden, welche man mit größerer Geschwindigkeit legen und
                                 										wozu keine Dampfer erster Größe erforderlich sind. (Eisenbahnzeitung, 1855, Nr.
                                 										46.)
                              
                           
                        
                           Elektrische Sicherheitssignale auf englischen
                              									Eisenbahnen.
                           Um den Locomotivführern die Ueberzeugung, daß eine zu passirende Drehbrücke oder
                              									Weiche sich für ihren Zug in richtiger Stellung befindet, schon in größerer
                              									Entfernung vor diesen gefährlichen Punkten der Bahn zu verschaffen, hat sich in
                              									England nachstehend beschriebene Vorrichtung als praktisch bewährt.
                           In einer Entfernung von mindestens einer englischen Meile vor der Drehbrücke etc.
                              									sind zwei voreinanderstoßende, im Schienenstrange liegende Bahnschienen gegen
                              									einander, so wie gegen die Unterlagen vollständig isolirt. Die eine dieser Schienen
                              									ist direct durch einen Draht mit einer Erdplatte, und die andere vermittelst einer
                              									Drahtleitung worin eine elektrische Batterie eingeschaltet ist, mit der Drehbrücke
                              									etc. und zwar so verbunden, daß, sobald die Brücke genau geschlossen ist, auch der
                              									elektrische Strom circuliren kann, wenn die beiden isolirten Schienen mit einander
                              									verbunden werden.
                           Diese Verbindung wird durch jedes die Strecke passirende Eisenbahnfuhrwerk in dem
                              									Momente hervorgebracht, wo das erste Räderpaar auf der vordern und das zweite auf
                              									der hintern isolirten Schiene steht. Hierauf gestützt ist auf dem Tender eine
                              									Läutevorrichtung angebracht, die sofort ausgelöst und in Gang gesetzt wird, sobald
                              									der Strom durchgeht, d.h. sobald der Tender die Schienen passirt und dabei die
                              									Brücke geschlossen ist. Durch dieses Signal wird der Führer frühzeitig
                              									benachrichtigt, daß er mit Sicherheit durchfahren kann während er beim Schweigen der
                              									Glocken vor der Brücke, die dann geschlossen war, halten muß.
                           Die vollkommene Isolirung der Schienen dürfte die schwierigste Ausgabe dieser Anlage
                              									seyn, und es ist nicht abzusehen, weßhalb man zwei und nicht bloß die eine mit der
                              									Brücke durch die Drahtleitung verbundene Schiene isolirt, und den vor und hinter
                              									liegenden Bahnstrang als Ableitung, nämlich als Erddraht annimmt, womit jedenfalls
                              									ein gleiches Resultat erzielt wird; auch möchte es die Auffassung und Achtsamkeit des Führers mehr
                              									unterstützen, wenn das Glockensignal als Warnung bei nicht geschlossener Brücke
                              									ertönte, eine Aenderung die leicht bei der beschriebenen Einrichtung angebracht
                              									werden kann Reder. (Zeitschrift des hannoverschen
                              									Architekten- und Ingenieur-Vereins, 1855, Bd. I S. 543.)
                           
                        
                           Bewegliche Baugerüste in Paris.
                           In neuerer Zeit sind in Paris zum Reinigen und Abschleifen alter in Sandstein
                              									aufgeführter Façaden bewegliche Gerüste vielfach in Gebrauch, welche ihrer
                              									Einfachheit wegen in größeren volkreichen Städten zum Ausbessern und Abfärben hoher
                              									und langer Gebäude Nachahmung verdienen. Die Construction dieser Gerüste gewährt den
                              									Vortheil, daß dieselben, ohne das Straßenpflaster zu berühren und somit die
                              									Communication belebter Straßen zu stören, ohne das Dach mittelst sogenannter
                              									Ausleger zu durchbrechen, oder geöffnete Fenster und somit bewohnte Zimmer zu
                              									benutzen, mit Leichtigkeit an jeder Etage aufgehängt werden, und jede Stelle der
                              									Façade seitwärts, auf- und niederwärts erreichen können. Da nun 2 bis
                              									3 Arbeiter auf solchen Gerüsten thätig sind und die Last der in solcher Arbeit
                              									nöthigen Materialien und Utensilien sehr gering ist, so kann das dazu verwendete
                              									Holzwerk möglichst schwach seyn, also mit Leichtigkeit transportirt,
                              									zusammengestellt und angebracht werden. Der längern Dauer und des bessern Aussehens
                              									wegen ist alles Holz gehobelt und mit Oelfarbe angestrichen. – Das Aufhängen
                              									des Gerüstes wird durch gestützte Spreizen, welche in der Leibung eines jeden
                              									Fensters des obern Geschosses festgekeilt sind, mittelst eiserner Bügel, welche eine
                              									1 1/2 Zoll starke, 4 Zoll hohe Lauflatte tragen, bewerkstelligt. Die Lauflatte trägt
                              									mittelst 4 Rollen 2 Röhrenkasten und mittelst dieser das ganze Gerüst. Diese
                              									Röhrenkasten, aus zölligen Bretern von circa 16 Fuß
                              									Länge gefertigt, werden nach Bedürfniß mittelst 2 Schraubenbolzen und 2 Stiften aus
                              									einzelnen Stücken nach unten zusammengesetzt. Der Stoß der einzelnen Stücke wird
                              									durch umgelegtes Bandeisen gesichert. In den Röhren, welche auf der vordern Seite
                              									geschützt sind, bewegen sich mittelst eines Flaschenzuges und Frictionsrollen
                              									eiserne Consolen, welche der eigentlichen Rüstung als Träger dienen und diese
                              									auf- und abwärts führen. Die 4 obern Rollen, an den obern Enden der Röhren
                              									paarweise durch Verstrebungen verbunden, werden mittelst einer Zugleine ohne Ende,
                              									welche über am Ende der Lauflatte angebrachte Rollen führt, seitwärts bewegt, und
                              									somit das ganze Gerüst nach Belieben fortgezogen. Das Gerüst, aus 3 Zoll starken
                              									Hölzern verriegelt, ist mit einem leichten Geländer umgeben, dessen eiserne Stäbe
                              									durch das Schwellwerk durchgebolzt sind, und einer leichten eisernen Winde zum
                              									Heraufziehen von Gegenständen zugleich als Lager dienen. Um den Röhrenkasten einen
                              									sichern Gang zu geben, ist an jedem derselben eine Leitrolle angebracht, welche sich
                              									auf der Wandfläche fortbewegt. (Gemeinnütziges Wochenbl. des Cöln.
                              									Gewerbevereins.)
                           
                        
                           Ueber Mineralöl- und Paraffin-Fabrication, und
                              									die Bildung einer Gesellschaft zur Verarbeitung der Blätter- und
                              									Braunkohlen-Ablagerung in dem Felde der Georgsgrube bei Dierdorf auf diese
                              									Producte.
                           Die Fabrication der Oel- und Fettstoffe aus Mineralien wurde zuerst in England
                              									auf eine lebensfähige Basis gebracht, so daß sie jeder Concurrenz von Seiten der
                              									animalischen und vegetabilischen Fette die Spitze bieten konnte; seitdem trägt sie
                              									daselbst reichliche Früchte, obgleich die besseren Rohmaterialien durch den
                              									Verbrauch zur Gaserzeugung sehr hoch im Preise sind. Die schottischen Boghead-Schiefer nehmen unter den bituminösen
                              									Rohmaterialien den ersten Rang ein, und kosten per Tonne
                              									in Glasgow 28 Shilling) trotzdem werden dieselben noch von einem
                              									Continental-Etablissement mit Nutzen verarbeitet, dem dieselben dann mit
                              									Fracht über 40 Shilling zu stehen kommen. Diese Schiefer zeichnen sich vor allen
                              									andern Rohmaterialien durch ihren großen Gehalt von Oel und Paraffin aus. Die Angaben der verschiedenen
                              									Fabrikanten stimmen darin überein, daß aus diesem Schiefer circa 8–9 Proc. Mineralöl, 6–8 Proc. Solaröl und 2 Proc.
                              									Paraffin zu gewinnen sind. Diese Schiefer werden in England hauptsächlich von Hrn.
                              										James Young in Lancashire
                              									verarbeitet, welcher daraus Schmieröl (lubricating oil)
                              									für feine Maschinen darstellt, welches hauptsächlich die Spinnereien in Bradford
                              									anwenden. – Dieselben Schiefer verarbeitet die neue
                              									Beleuchtungs-Gesellschaft in Hamburg auf feines Mineralöl und Schmiere, wo
                              									hauptsächlich die Erfahrungen des Hrn. Noblet in Anwendung kommen. – Außerdem verarbeitet man in
                              									England auch sehr arme Schiefer, z.B. die Wareham Shale Works in Dorsetshire. Der
                              									Schiefer enthält nur 2/3 Proc. Mineralöl, 1/80 Proc. Paraffin. Diese Werke haben
                              									aber beim Abbau der Schiefer gar keine Schwierigkeiten zu überwinden, und gewinnen
                              									denselben durch Abdecken, die Tonne zu 5–6 Shilling. Die Werke liefern
                              									hauptsächlich schwarzen Lack, Mineralöl und Maschinenschmieröl. – Dasselbe
                              									Vorkommen benutzen die Braithwaithe und Comp. bei Weymouth; außerdem betreibt die irländische Torf-Compagnie die letzten Jahre ihre
                              									Werke wieder stärker, doch ist hier die Gewinnung der Fette und Oele nur sehr
                              									gering. Die Torfkohks, als auch die aus den Rückständen gemachten Dünger, bedingen
                              									den Nutzen.
                           In Deutschland hatte man sich längere Zeit nur mit Illusionen herumgetragen, hielt
                              									die Gruben und das Vorkommen der Schieferablagerungen für vereinzelt, und forderte
                              									so enorme Summen für Gruben, die an und für sich wenig werth waren, daß sich keine
                              									Capitalisten fanden, um dieselben gehörig auszubeuten. Die Fabrication war selbst
                              									nur ein Herumsuchen im Finstern ohne irgend richtige Anhaltspunkte, so daß bis 1851
                              									die Industrie darnieder lag und kein besonderes Vertrauen genoß. Die mühsam
                              									dargestellten Oele waren meist mit Salpetersäure rectificirt, um ihnen den
                              									unangenehmen Geruch zu benehmen; gaben aber dafür beim Verbrennen schädliche und
                              									ätzende Gasarten, die ein Brennen in bewohnten Räumen unmöglich machten. Nach dieser
                              									Zeit gelang es dem Ingenieur P.
                                 										Wagenmann die Oele ohne derartige Stoffe zu reinigen, und es war
                              									dadurch eine Anwendung in geschlossenen Räumen ermöglicht. (Amtlicher Bericht über
                              									die Londoner Ausstellung. Bd. I S. 400.) G. Stobwasser in
                              									Berlin entwickelte für die zweckmäßige Construirung von Lampen große Thätigkeit. Die
                              									Wichtigkeit dieser Industrie einsehend, widmete Wagenmann
                              									derselben fortan seine Kräfte, und unterstützt durch den Rath von Männern der
                              									Wissenschaft gelang es ihm, im nächsten Jahre durch Anwendung der
                              									Centrifugal-Maschinen, das Paraffin als Handelsproduct liefern zu können (m.
                              									f. sein Patent für Großbritannien und Irland vom 20 Decbr. 1853, im polytechn.
                              									Journal Bd. CXXXV S. 138).
                           Bald darauf empfing die Fabrication durch denselben Techniker wichtige Verbesserungen
                              									durch die Verwendung von Vacuum-Apparaten für die Destillation (S. 43 in diesem Bande des polyt. Journals), der Gase zum Heizen
                              									u.s.w., so daß dieselbe jetzt zu einem hohen Grad von Vollkommenheit gebracht ist.
                              									Diese Fortschritte wurden wesentlich unterstützt durch die Construction zweckmäßiger
                              									Lampen, bei welchen auch das schwere und wohlfeilere Oel verwandt werden konnte, und
                              									hat sich dabei der Fabrikant Hr. Wiebecke zu Berlin ein nicht geringes Verdienst erworben.
                           Georgsgrube. – Bei der Mineralöl- und
                              									Paraffin-Fabrication ist natürlich die Güte des Rohmaterials von
                              									entscheidendem Einfluß; ein solches steht in reichster Menge und vortrefflicher
                              									Beschaffenheit für einen mäßigen Preis in der Georgsgrube zu Gebote; über die
                              									dortige Blätter- und Braunkohlen-Ablagerung entnehmen wir Folgendes
                              									einem Gutachten des Geheimen Bergraths und Universitäts-Professors Hrn. Dr. Noeggerath zu Bonn:
                           
                              „Die Georgsgrube liegt am Gebirge Rotherschoß im Bergrevier und
                                 										Bergamts-Bezirk Neuwied, in der Bürgermeisterei Dierdorf, und ist unterm
                                 										1. Juni 1852 verliehen worden. Das Grubenfeld besteht aus einer Fundgrube zu 51
                                 										Lachter ins Geviert, und 600 Flötzmassen, jede zu 14 Lachter Länge und Breite,
                                 										und umfaßt also im Ganzen einen Flächenraum von 120,000 □Lachter.
                              
                           
                              Das Blätter- und Braunkohlenlager, welches wellenförmig in flachen Sätteln
                                 										und Mulden den plastischen Thonen eingelagert ist, hat eine Mächtigkeit von 11
                                 										bis 12 Fuß; die Blätterkohle bildet in einer Mächtigkeit von 2 bis 3 Fuß das
                                 										Liegende der
                                 										Lagerstätte, der obere Theil des Lagers besteht aus der eigentlichen Braunkohle,
                                 										welche 8 bis 9 Fuß Mächtigkeit besitzt.
                              
                           
                              Die Blätterkohle ist sehr bituminös, und läßt sich besonders im trockenen
                                 										Zustande in zarte Blätterlagen, oft nur von Papierdicke, spalten. Sie entzündet
                                 										sich und verbrennt in Flammen am Kerzenlichte unter Verbreitung des dieser
                                 										Substanz eigenthümlichen Geruches, wodurch sie schon ihren reichen Gehalt an
                                 										bituminösen Destillations-Producten und ihre Vortrefflichkeit zur
                                 										Darstellung des Mineralöls und Paraffins bewährt. Das über der Blätterkohle sich
                                 										verbreitende Braunkohlenlager besteht aus erdiger, meist in würfligen Stücken
                                 										brechender Braunkohle, zwischen welcher unregelmäßig knorrige Massen und ganze
                                 										Stämme von bituminösem Holze vorkommen. Das Verhältniß der bei der Gewinnung
                                 										fallenden Grobkohle zu der sich dabei ergebenden Kleinkohlenmenge wird etwa 1:2
                                 										betragen. Die Grobkohle wird unmittelbar ein vortreffliches Brennmaterial
                                 										liefern, während die Kleinkohle, in Klütten geformt, sich ebenfalls dazu eignet.
                                 										Die Klütten können leicht in der nächsten Umgegend als häusliches Brennmaterial
                                 										debitirt werden. Die Grobkohle wird als Feuerungs-Material bei dem
                                 										Destillations-Proceß verwendet werden können.
                              
                           
                              Die bisherigen Grubenbauer haben die Lagerstätte in ungestörter Regelmäßigkeit
                                 										aufgeschlossen, und berechtigen zu der Annahme, daß das Verhalten derselben in
                                 										dem ganzen Grubenfelde ein gleiches seyn wird. Legt man daher bei der
                                 										Blätterkohle eine durchschnittliche Mächtigkeit von nur 2 1/2 Fuß, bei der
                                 										Braunkohle aber nur von 8 Fuß zu Grunde, so ermittelt sich der Kohleninhalt des
                                 										ganzen Grubenfeldes, da das Quadrat-Lachter bei der angenommenen
                                 										Mächtigkeit 110 Scheffel Blätterkohlen und 340 Scheffel Braunkohlen schüttet,
                                 										zu
                              
                           
                              
                                 
                                    13,211,000 Scheffel
                                    Blätterkohlen und 
                                    
                                 
                                    40,834,000 Scheffel
                                    Braunkohlen.
                                    
                                 
                              
                           
                              Die Kohlenmasse, welche bis jetzt aus dem Grubenfelde gewonnen worden, ist im
                                 										Vergleich zu obigen Zahlen ganz unbedeutend, da die Grubenarbeiten sich nur auf
                                 										Aus- und Vorrichtungs-Arbeiten beschränkt haben. Die Lösung des
                                 										bis jetzt aufgeschlossenen Feldertheils erfolgte durch einen in der Nähe des
                                 										Rothenhofes angesetzten Stollen, und es wird dieser Theil bei diesem natürlichen
                                 										Wasserabflusse abzubauen seyn. Wo die Lagerstätte sich unter die Stollensohle
                                 										senkt, werden später mit Hülfe einer kleinen Dampfmaschine die Wasser leicht
                                 										gewältigt werden. Der Abbau selbst wird keine besondere Schwierigkeiten
                                 										darbieten, die über der Blätterkohle befindliche Braunkohle wird die Gewinnung
                                 										der erstern nur noch erleichtern.
                              
                           
                              Das Zusammen-Vorkommen der Blätterkohle mit der Braunkohle ist für die
                                 										Anlage einer Mineralöl- und Paraffin-Fabrik in der Nähe der Grube
                                 										äußerst günstig. Die Transportkosten für Roh- und Brennmaterial werden
                                 										hier ganz erspart, und durch die unmittelbare Nähe der Grube an der Chaussee,
                                 										welche von Dierdorf nach Bendorf und Engers an den Rhein führt, wird auch für
                                 										das fertige Fabricat eine billige Abfuhr erzielt“
                              
                           Untersuchung der Blätterkohle. – Die von Hrn. Dr. Sonnenschein,
                              									Privatdocent der Chemie an der Universität zu Berlin, angestellte Untersuchung einer
                              									Probe Blätterkohle aus dem Felde der Georgsgrube hat folgende Resultate ergeben:
                           Das spec. Gewicht der Blätterkohle = 1,264. Bei 110° C. verliert dieselbe 19,9
                              									Proc. Wasser. Der beim Einäschern bleibende Rückstand beträgt = 23,52 Proc.
                           Bei der trockenen Destillation wurden erhalten:
                           
                              
                                   27,72
                                 Ammoniak haltendes Wasser,
                                 
                              
                                   29,48
                                 Wasser haltender Theer, der 25,11 reinen Theer von
                                    											0,860spec. Gewicht enthielt,
                                 
                              
                                   35,69
                                 fester Rückstand, darunter 12,17 Kohle,
                                 
                              
                                     7,11
                                 stark leuchtende und rußende Gase.
                                 
                              
                                 ––––––
                                 
                                 
                              
                                 100,00.
                                 
                                 
                              
                           
                           Obige 29,48 Theer geben:
                           
                              
                                   8,16
                                 leichtes Oel (Photogen) von 0,830 spec. Gewicht,
                                 
                              
                                   1,59
                                 schweres Oel,
                                 
                              
                                 12,87
                                 erstarrende Paraffin haltende Masse,
                                 
                              
                                   2,24
                                 kohligen Rückstand,
                                 
                              
                                   4,37
                                 Wasser,
                                 
                              
                                   0,25
                                 Verlust,
                                 
                              
                                 –––––
                                 
                                 
                              
                                 29,48,
                                 
                                 
                              
                           also sind in 100 Theilen desselben enthalten:
                           
                              
                                   27,68
                                 leichtes Oel,
                                 
                              
                                     5,39
                                 schweres Oel,
                                 
                              
                                   43,66
                                 erstarrende Paraffin haltende Masse,
                                 
                              
                                     7,60
                                 kohliger Rückstand,
                                 
                              
                                   14,82
                                 Wasser,
                                 
                              
                                     0,85
                                 Verlust.
                                 
                              
                                 ––––––
                                 
                                 
                              
                                 100,00.
                                 
                                 
                              
                           Die geschilderten Verhältnisse, bei welchen sich Alles für ein gewinnreiches
                              									Unternehmen vereinigt, veranlaßten die Gründung einer Commandit-Gesellschaft
                              									für Bergbau, Mineralöl- und Paraffinkerzen-Fabrication, unter der
                              									Firma: Paul Wagenmann und Comp. zu Bonn, deren Geschäft
                              									beginnt, sobald die Summe von 120,000 Thalern in Actien à 100 Thlr.
                              									gezeichnet ist.
                           
                        
                           Fabrication von Spiritus aus Krappwurzeln.
                           Die hohen Spirituspreise der letzten Jahre, veranlaßt theils durch das oft
                              									wiederholte Mißrathen der Kartoffeln, des wichtigsten aller Materialien zur
                              									Branntweinbrennerei, theils durch die in letzter Zeit herrschenden hohen Preise der
                              									Cerealien und das hiedurch begründete Verbot der Verwendung des Getreides in
                              									Frankreich, endlich durch die nun auch schon mehrere Jahre dauernde
                              									Traubenkrankheit, welche die Bereitung des Branntweins aus dem Weine im südlichen
                              									Frankreich in manchen Jahren fast auf Null reducirte, sind die Ursache zur
                              									Verwendung mancher Stoffe zu diesem Zwecke geworden, an deren Anwendbarkeit hiefür
                              									man ehedem kaum dachte. Hauptsächlich gilt dieß von den Runkelrüben, welche nicht nur in Frankreich in größter Menge zum
                              									Branntweinbrennen benützt werden, wenn gleich die Ausbeute nach den bis jetzt
                              									bekannten Methoden in den meisten Fällen den gehegten Erwartungen nicht entspricht;
                              									auch in Deutschland, speciell in Württemberg, finden sich bereits mehrere
                              									Rübenbrennereien, unter welchen ich nur das in neuester Zeit errichtete großartige
                              									Etablissement des Freiherrn v. Varnbüler in Hemmingen (OA. Leonberg) erwähnen will. Neuer ist die
                              									Benützung des bisher unverwendeten Wassers, mit welchem der gemahlene Krapp behufs Bereitung des sogenannten Garancins
                              									(schwefelsaure Krappkohle) gewaschen wird. Ich hatte kürzlich Gelegenheit, die sehr
                              									interessante Fabrik des Hrn. Casimir
                                 										Lichtenberger in Speyer zu besuchen, und
                              									will in folgenden Zeilen das daselbst beobachtete Verfahren, soweit es mir im
                              									Gedächtniß blieb, mittheilen.
                           Die auf Satteldarren, wie man solche in manchen Zuckerfabriken zum Dörren der
                              									Rübenschnitte hat, getrocknete Wurzel des Krapps wird auf Mühlen vermahlen, die nach
                              									Art der Oel- oder Tabakmühlen aus zwei aufrecht stehenden Mühlsteinen
                              									bestehen, und kommt sodann in Bottiche, wo sie zur Entfernung der Extractivstoffe
                              									und etwaiger Verunreinigungen mit warmem Wasser digerirt wird. Hierauf bringt man
                              									die Masse auf Beutelfilter; das zuckerhaltige Waschwasser fließt durch eine Rinne in
                              									ein Reservoir und wird in die Gährbottiche gepumpt, während der Rückstand in den
                              									Filtern mit Schwefelsäure weiter behandelt wird. Beim Anstellen zeigt dieser Saft
                              									3–4 Grad am Saccharometer. Er geräth bei warmem Wetter von selbst in Gährung,
                              									sonst wird Hefe zugesetzt. Die Gährung ist in der Regel binnen 18–22 Stunden
                              									vollkommen beendigt.
                           
                           Der Brennapparat, nach dem Derosne'schen Princip
                              									construirt, ist aus Montpellier bezogen und besteht aus vier über einander stehenden
                              									Blasen, einem Vorwärmer, einer horizontalen Schlange und einem gewöhnlichen
                              									Kühlfasse. Zur Abkühlung wird nicht Wasser, sondern der kalte Saft verwendet,
                              									welcher aus einem am Dachboden befindlichen Fasse erst in das Kühlfaß von unten
                              									eintritt, dann durch das die liegende Schlange umgebende Gefäß in den Vorwärmer und
                              									endlich in die Blasen gelangt. Täglich werden 12000 Liter abgetrieben. Der durch
                              									diese einmalige Destillation gewonnene Branntwein hat einen eigenthümlichen Geruch
                              									und eine etwas ins Gelbliche spielende Färbung, welche von den im Wasser theilweise
                              									löslichen Farbstoffen des Krapps herrührt. Beides verschwindet durch die zweite
                              									Destillation auf einem, ebenfalls französischen Rectificationsapparate, welcher 3
                              									Blasen und 5 Becken hat und geruchlose, reine, hochgrädige Waare liefert. Der
                              									Eigenthümer der Fabrik versicherte indeß, daß sich die Gewinnung dieses
                              									Nebenproduktes nur so lange lohne, als die hohen Spirituspreise andauern. Zum
                              									Abtreiben einer so schwachen Maische ist aber sehr viel Brennmaterial erforderlich,
                              									wenn auch die Steinkohlen, welche man hiezu verwendet, dort per Centner nur 23 kr. kosten. Durch Gewinnung eines concentrirteren
                              									Saftes, was vielleicht durch ein der Rüben-Maceration ähnliches Verfahren
                              									bewerkstelligt werden könnte, ließe sich wahrscheinlich eine beträchtliche Ersparung
                              									erzielen.
                           Zum Schlusse bemerke ich, daß ich bei einem Versuche im hiesigen chemischen
                              									Laboratorium aus 50 Grammen frischen Krappwurzeln (mit 18,9 Proc. trockener
                              									Substanz) 0,607 Gram. reinen Alkohol erhielt, was 1,214 Proc. der frischen, oder
                              									6,423 Proc. der trockenen Wurzeln entspricht. G. Wilhelm
                              									in Hohenheim. (Württemberg. Wochenblatt für Land- und Forstwissenschaft,
                              									1856, Nr. 7.)
                           
                        
                           Verfahren zum Enthaaren der Schaffelle behufs des Gerbens; von
                              									Richard Markindale, Kammwollspinner in Salford,
                              									Lancashire.
                           Nach dem gegenwärtig gebräuchlichen Verfahren werden die noch mit ihrer Wolle
                              									versehenen Schaffelle mittelst des Anschwödens (Anstreichens der Fleischseite mit
                              									Kalkbrei) enthaart, um diese Wolle, welche bei der nachherigen Behandlung im
                              									Kalkäscher verderben würde, noch als verkäufliches Gut zu erhalten. Dabei wird aber,
                              									weil der Kalk mit allen Theilen der Haut in Berührung kommt, die Wolle beträchtlich
                              									beschädigt und überdieß das natürliche Fett derselben zerstört. Ein anderer großer
                              									Uebelstand dieses Verfahrens besteht darin, daß es unmöglich ist die Zeit annähernd
                              									zu bestimmen, während welcher man die Felle der Einwirkung des Kalks auszusetzen
                              									hat, weil sie nicht nur von der Temperatur der Atmosphäre, sondern hauptsächlich
                              									auch von der in den Gefäßen der Fleischhaut eintretenden Fäulniß abhängt. Diese
                              									Mängel werden durch nachstehende Methode gänzlich vermieden.
                           Nachdem die Felle auf der Fleischseite mit Kalkbrei angestrichen worden sind, bringt
                              									man sie in eine gehörig eingerichtete Kammer, welche durch Dampf erwärmt werden
                              									kann. Wenn in Folge des eingeleiteten Dampfs die Kammer eine Temperatur von
                              									beiläufig 21 bis 26° Reaumur erreicht hat, offenbaren sich die Kennzeichen
                              									der eintretenden Fäulniß der Häute; man kann diese nun aus der Kammer nehmen und die
                              									ganz unbeschädigt gebliebene Wolle leicht mit der Hand ausraufen. Ein in diesem
                              									Verfahren etwas geübter Arbeiter wird mit Genauigkeit den Temperaturgrad bestimmen
                              									können, welcher nothwendig ist um die erforderliche Gährung der Häute zu
                              									veranlassen, und ebenso mit Sicherheit die auf die Operation zu verwendende Zeit.
                              									– Patentirt in England am 9. Mai 1855. (Repertory of
                                 										Patent-Inventions, Februar 1856, S. 170.)