| Titel: | Ueber Versilberung und Vergoldung von Glas; von Justus v. Liebig. | 
| Fundstelle: | Band 140, Jahrgang 1856, Nr. XLV., S. 199 | 
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                        XLV.
                        Ueber Versilberung und Vergoldung von Glas; von
                           									Justus v.
                              								Liebig.
                        Aus den Berichten der technischen Commission der königl. Akademie
                                 										der Wissenschaften in München, durch die Annalen der Chemie und
                                 										Pharmacie, April 1856, S. 132.
                        Liebig, über Versilberung und Vergoldung von Glas.
                        
                     
                        
                           Versilberung von Glas. – Durch den Wunsch meines
                              									Collegen Hrn. von Steinheil
                              									bin ich veranlaßt worden, einige Versuche zur Ermittelung eines Verfahrens zum
                              									Versilbern von Glas in der Kälte, im Besonderen zur
                              									Darstellung fehlerfreier optischer Spiegel anzustellen, die ich in dem Folgenden
                              									beschreiben will.
                           Die Versilberungsflüssigkeit, welche nach dem Urtheil des Hrn. v. Steinheil dem gewünschten Zwecke vollkommen
                              									entspricht, ist eine ammoniakalische, mit caustischem Kali oder Natron versetzte
                              									Lösung von salpetersaurem Silberoxyd, die mit einer Lösung von Milchzucker in Wasser
                              									bei gewöhnlicher Temperatur vermischt das Silber auf Glasoberflächen als Spiegel
                              									absetzt.
                           Zu ihrer Darstellung löst man 10 Grm. geschmolzenes salpetersaures Silberoxyd in 200
                              									Kubikcentimetern Wasser und setzt so viele ätzende Ammoniakflüssigkeit zu, als
                              									nöthig ist, um eine klare Lösung zu erhalten. Diese Flüssigkeit wird jetzt nach und
                              									nach verdünnt mit 450 Kubikcentimetern einer Kalilauge von 1,05 spec. Gewicht, oder
                              									mit demselben Volum einer Natronlauge von 1,035. Bei dem Zusatz dieser Aetzlauge zu
                              									der ammoniakalischen Silberlösung entsteht in der Regel ein schwarzbrauner
                              									Niederschlag, den man sogleich wieder zum Verschwinden bringen muß durch einen neuen
                              									Zusatz von Aetzammoniakflüssigkeit. Wenn alle Kali- oder Natronlauge
                              									zugesetzt ist, verdünnt man die Mischung mit so viel Wasser, um ein Volum von 1450
                              									Kubikcentimetern zu erhalten. Die Mischung wird jetzt tropfenweise mit einer
                              									verdünnten Lösung von salpetersaurem Silberoxyd vermischt, bis ein bleibender
                              									starker grauer Niederschlag (nicht Trübung) entsteht, und zuletzt so viel Wasser
                              									zugefügt, daß man im Ganzen 1500 Kubikcentimeter (1 1/2 Liter) Flüssigkeit erhält.
                              									Jeder Kubikcentimeter enthält hiernach etwas mehr als 6,66 Milligrm. salpetersaures
                              									Silberoxyd oder 4,18 Milligrm. Silber. Wenn die Versilberungsflüssigkeit einen
                              									reinen Spiegel geben soll, so darf sie kein freies Ammoniak enthalten, sondern
                              									dieses muß mit Silberoxyd vollkommen gesättigt seyn. Zum Zwecke dieser Sättigung
                              									kann man etwas von der Silberlösung zurückbehalten und am Ende zusetzen. In diesem Fall enthält 1
                              									Kubikcentimeter Flüssigkeit etwas weniger als 4,18 Milligrm. Silber in Lösung.
                           Die Kali- oder Natronlauge muß frei von Chlormetallen seyn; es muß dazu reines
                              									chlorfreies kohlensaures Kali, oder, was sich leichter darstellen läßt, reines
                              									kohlensaures Natron in reinem Wasser gelöst und mit Kalkhydrat, welches vorher durch
                              									Auswaschen mit destillirtem Wasser von allen Chlorverbindungen befreit ist,
                              									caustisch gemacht werden. Die erhaltene Lauge wird nicht filtrirt, sondern man läßt
                              									sie durch Stehen ganz klar werden.
                           Unmittelbar vor der Anwendung dieser Flüssigkeit zur Versilberung mischt man sie mit
                              									1/10 bis 1/8 ihres Volums der Milchzuckerlösung, welche 1 Gewichtstheil Milchzucker
                              									in 10 Theilen Wasser enthält.
                           Die Versilberung von kleineren hohlen oder erhabenen Spiegelgläsern bietet keine
                              									Schwierigkeit dar. Auf der Rückseite des Spiegelglases befestigt man vermittelst
                              									eines Harzkittes einen Stab oder einen Messinghaken, welche das Aufhängen oder
                              									Schwebenderhalten des horizontalen Glasstückes möglich machen. Man setzt jetzt unter
                              									das aufgehängte Glas eine passende Glas- oder Porzellanschale, so daß
                              									zwischen der zu versilbernden Glasoberfläche und dem Boden des Gefäßes sich ein
                              									Zwischenraum von einem halben Zoll befindet, und gießt die mit Milchzucker
                              									unmittelbar vorher gemischte Versilberungsflüssigkeit in die Schale hinein, bis die
                              									Flüssigkeit die Oberfläche des Glases berührt und vollständig benetzt; das Glasstück
                              									wird also in die Flüssigkeit eingehängt.
                           Zur Herstellung von ebenen Spiegeln habe ich Kästchen von Gutta-percha sehr
                              									zweckmäßig gefunden; sie werden nach dem Muster der Glasplatte aus einem gewalzten
                              									Stück Gutta-percha in der Weise ausgeschnitten, daß ein Rand von etwa 1 Zoll
                              									bleibt, den man, nachdem die Platte in heißem Wasser erweicht ist, umbiegt. Die
                              									Schnittränder an den vier Ecken werden mit einem heißen Spatel oder Messer
                              									wasserdicht zusammengelöthet. Beim Versilbern legt man in jede der vier Ecken des
                              									Gutta-percha-kästchens einen kleinen Träger oder Kegel von demselben
                              									Material, welcher bestimmt ist, beim Einlegen die Glasplatte zu tragen und einen
                              									Zwischenraum zwischen dem Boden des Kästchens und der zu versilbernden Glasfläche zu
                              									schaffen, welcher nicht weniger als 1/2 Zoll betragen darf. Die Höhe der Kegel oder
                              									der gewählten Träger muß darnach eingerichtet seyn. Beim Versilbern wird der
                              									Zwischenraum durch Eingießen der Versilberungsflüssigkeit ausgefüllt. Die
                              									Versilberung der Glasoberfläche soll an der Oberfläche der Versilberungsflüssigkeit
                              									und nicht am Boden des Gefäßes vor sich gehen, und eine jede andere Vorrichtung
                              									erfüllt den Zweck, durch
                              									welche die Glasplatte auf der Oberfläche schwimmend oder schwebend erhalten
                              									wird.
                           Die Vorrichtungen, die ich gewählt habe, sind, wie man leicht bemerkt, sehr
                              									unvollkommen, und in der technischen Ausführung dürften eine Menge Verbesserungen
                              									anzubringen seyn. Die Glastafeln könnten vielleicht kastenförmig gestellt werden, so
                              									daß zwischen je zwei Tafeln ein Abstand von 1 Zoll sich befindet.
                           Die Reduction des Silbers geht nach der Mischung der alkalischen Silberlösung mit der
                              									Milchzuckerlösung augenblicklich vor sich; die Mischung färbt sich sogleich dunkel.
                              									Die eingelegte Glastafel erscheint in wenigen Minuten schwarz, nach einer
                              									Viertelstunde wird sie spiegelnd und die Reduction ist vollendet, wenn die zwischen
                              									dem Glasrand und der Gefäßwand stehende Flüssigkeit mit einer weißen spiegelnden
                              									Silberhaut überzogen ist. Es schlägt sich, wie sich von selbst versteht, während der
                              									Reduction die ganze Menge des ursprünglich in Lösung befindlichen Silbers nieder,
                              									und nur der kleinste Theil desselben bleibt an der Platte als Spiegel haften.
                           Nach einer genauen Bestimmung des an einem Spiegel haftenden Silbers betrug die Menge
                              									desselben auf einer Fläche von 226 Quadratcentimeter 49 Milligramme. Die
                              									Versilberung eines Spiegels von einem Quadratmeter Fläche würde demnach 2,210 Grm.
                              									Silber oder den Werth von 14 Kreuzer in Anspruch nehmen.
                           Die zur Versilberung eines Spiegels von 226 Quadratcentimeter Fläche nöthige Menge
                              									Versilberungsflüssigkeit beträgt 280 Kubikcentim., welche 1170 Milligrm. Silber
                              									enthalten; es schlagen sich mithin 1170 – 49 = 1121 Milligrm. Silber in der
                              									Flüssigkeit und an den Wänden des Gefäßes nieder, welche wieder gesammelt und in
                              									salpetersaures Silberoxyd verwandelt werden müssen. Hierbei ist ein Verlust
                              									unvermeidlich. Die belegte Glasplatte wird nach der Versilberung aus der Flüssigkeit
                              									herausgenommen, mit warmem destillirtem Wasser abgewaschen und an einem erwärmten
                              									Orte getrocknet. Man muß sehr vorsichtig seyn die Versilberung bei dem Herausnehmen
                              									und Abwaschen der Platte mit den Fingern nicht zu verletzen, indem sonst an der
                              									verletzten Stelle das Wasser zwischen dem Silberbelege und der Glasfläche durch
                              									Capillarität eindringt und der Silberbeleg sich ablöst.
                           Nach dem Trocknen haftet der Silberbeleg an der Glasfläche so fest, daß er sich nur
                              									schwer mit dem Finger abreiben läßt.
                           Wenn die Glasplatte nach dieser Vorschrift von der Oberfläche der Flüssigkeit aus
                              									versilbert wird, so belegt sich das Glas gleichförmig mit Silber, so zwar, daß die
                              									Silberschicht oder der Glasspiegel auf seiner Rückseite einen sehr schönen, etwas opalisirenden
                              									Silberspiegel darstellt, der durch vorsichtiges Poliren mit feinem Polirroth und
                              									Sammet zu einem vollkommenen Silberspiegel wird.
                           Es ist mir häufig gelungen ganz vollkommene, fehlerfreie ebene Silberspiegel
                              									darzustellen, allein bei meiner sehr unvollkommenen Einrichtung war dieß mit
                              									Schwierigkeiten verbunden. Eine der größten und für mich kaum überwindlichen
                              									Schwierigkeiten lag in dem Putzen des Glases, welches versilbert werden sollte;
                              									diese Schwierigkeiten sind, wie ich glaube, nur technische, denn alle Gläser, welche
                              									Hr. Hofrath Hanfstängl die
                              									Güte hatte in seiner photographischen Anstalt mir für diesen Zweck herstellen zu
                              									lassen, gaben untadelhafte Spiegel; die in meinem Laboratorium geputzten Gläser
                              									bekamen in der Regel Flecken, welche den Strich der Wischlappen zeigten.
                           Der Boden des Gefäßes muß von der Glasoberfläche des künftigen Spiegels gleich weit
                              									entfernt seyn; wenn an der einen Stelle die Höhe der Flüssigkeit weniger beträgt,
                              									als an einer andern, so setzt sich an dieser eine dünnere Schicht Silber ab und der
                              									Spiegel erscheint dann an diesen Stellen dunkler, wie an den andern, welche mehr
                              									Licht reflectiren.
                           Die gleichförmige Benetzung des Glases von der Flüssigkeit ist eine nothwendige
                              									Vorbedingung zu einem tadelfreien Spiegel; die kleinste Luftblase macht an der
                              									Stelle, wo sie haftet, ein kleines Loch im Spiegelbeleg, welches im Spiegel selbst
                              									übrigens nicht wahrgenommen wird.
                           Ich habe es zweckmäßig gefunden, vor dem Einlegen der Platte in das Kästchen die
                              									Oberfläche des Glases mit Weingeist zu benetzen, welcher die anhängende Luftschicht
                              									leichter beseitigt, als Wasser.
                           Wenn die Glasplatte auf dem Boden des Kästchens liegt, so belegt sie sich zwar eben
                              									so vollkommen, wie an der Oberfläche, allein der ganze Silbergehalt der Flüssigkeit
                              									schlägt sich alsdann auf der Glasplatte in Gestalt eines grauen Pulvers nieder,
                              									welches zum großen Theil so fest haftet, daß es sich ohne mechanische Mittel, welche
                              									den Spiegelbeleg gefährden, nicht hinwegschaffen läßt. Durch die weit größere
                              									Silbermenge, welche in dieser Weise an dem Glase, ohne allen Zweck haften bleibt,
                              									wird natürlich der Spiegel sehr vertheuert.
                           Der trockene, etwas erwärmte Silberspiegel wird vor der Fassung in den Rahmen mit
                              									einem schwachen farblosen Firniß überzogen, hauptsächlich zu dem Zweck, um den Beleg
                              									vor einer mechanischen Beschädigung durch die Hände noch mehr zu schützen. Eine
                              									Auflösung von Dammarharz in Weingeist eignet sich hierzu ganz gut.
                           
                           Vergoldung von Glas. – Glas läßt sich dauerhaft
                              									und spiegelnd nur in der Wärme vergolden. Die Vergoldungen in der Kälte sind von
                              									schöner Farbe und Glanz, aber sie haften nicht und lösen sich beim Waschen mit
                              									Wasser von dem Glase ab.
                           Die Vergoldungsflüssigkeit bereitet man sich, indem man eine beliebige Menge reines
                              									Gold in Königswasser löst, dieser Lösung auf je ein Gramm Gold 292 Milligramme
                              									Kochsalz zusetzt, zur Trockne abdampft und bis zur Entfernung aller freien Säure
                              									erhitzt. Man löst alsdann das Doppelsalz in Wasser auf und setzt so viel Wasser zu,
                              									daß die Lösung in 100 Kubikcentimetern Flüssigkeit genau 1000 Milligrm. Gold
                              									enthält. Man bereitet sich jetzt zwei Flüssigkeiten, die eine, indem man von dieser
                              									Goldlösung 50 Kubikcentimet. mit 20 Kubikcentimet. einer Natronlauge von 1,035 spec.
                              									Gewicht und 300 Kubikcentimet. Wasser in einem Glaskolben mischt, zum Sieden erhitzt
                              									und siedend bis auf 250 Kubikcent. einkocht. Zur zweiten Flüssigkeit nimmt man
                              									ebenfalls 50 Kubikcent. Goldlösung, setzt 20 Kubikcent. der obigen Natronlauge und
                              									230 Kubikcent. Wasser zu und stellt das Gefäß eine Stunde lang in siedendes
                              									Wasser.
                           Beide Flüssigkeiten werden alsdann gemischt und sind frisch bereitet zur Vergoldung
                              									geeignet.
                           Wenn man ein Glasgefäß inwendig vergolden will, so gießt man in dieses Gefäß den
                              									zehnten Theil seines Voluminhalts einer Mischung von 2 Theilen Weingeist und 1 Theil
                              									Aether und füllt es sodann mit der noch heißen Vergoldungsflüssigkeit an. Das Gefäß
                              									setzt man sodann in Wasser, dessen Temperatur 80° C. nicht übersteigen darf.
                              									In 10 bis 15 Minuten überzieht sich dessen innere Fläche mit einer spiegelnden
                              									Goldhaut, und man nimmt das Gefäß aus dem heißen Wasser heraus, wenn die Wände im
                              									durchfallenden Lichte undurchsichtig sind, oder eine tief dunkelgrüne Farbe
                              									zeigen.
                           Es bedarf wohl kaum hervorgehoben zu werden, daß die alkalische Goldauflösung durch
                              									den Weingeist unter diesen Umständen immer reducirt wird, aber das Glas bedeckt sich
                              									nur dann mit einer spiegelnden Goldschicht, wenn die Flüssigkeit eine solche
                              									Beschaffenheit besitzt, daß die Adhäsion des Goldes zum Glas um etwas größer, als
                              									die des Goldes zum Wasser ist; im ersteren Fall schlägt sich das Gold nur am Glas,
                              									im anderen nur in der Flüssigkeit nieder. Es ist sehr schwierig, diesen Punkt genau
                              									zu treffen, und jeder, auch der kleinste Fehler in der Mischung, macht das Gelingen
                              									unmöglich. Ich habe die schönsten Vergoldungen damit erhalten, aber in anderen
                              									Fällen, wo etwas versäumt wurde, was ich nicht auszumitteln vermochte, war jede
                              									Bemühung vergeblich; ich glaube deßhalb nicht, daß sich diese Vergoldung überhaupt
                              									im Großen verwenden läßt. Die Mischung vergoldet nur frisch und nach 24 Stunden nicht
                              									mehr; es gehen hierbei ganz eigenthümliche Veränderungen in der
                              									Vergoldungsflüssigkeit vor, auf deren Ermittelung ich weit mehr Zeit hätte verwenden
                              									müssen, als der Gegenstand werth war. In dem zur Vergoldung geeigneten Zustand
                              									besitzt die Flüssigkeit einen sehr schwachen Stich ins Gelbliche, beim längeren
                              									Stehen wird sie farblos. Aus der ganz farblos gewordenen Flüssigkeit reducirt
                              									Weingeist das Gold nur schwierig.