| Titel: | Ueber die Reinigung des amorphen Phosphors; von Hrn. E. Nickles. | 
| Fundstelle: | Band 140, Jahrgang 1856, Nr. LI., S. 230 | 
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                        LI.
                        Ueber die Reinigung des amorphen Phosphors; von
                           								Hrn. E.
                              								Nickles.
                        Aus den Comptes rendus, April 1856, Nr.
                              								14.
                        Nickles, über die Reinigung des amorphen Phosphors.
                        
                     
                        
                           Den amorphen Phosphor, welcher sich an der Luft nicht von selbst entzündet, erhält
                              									man bekanntlich, wenn man den gewöhnlichen Phosphor einige Zeit in einer
                              									sauerstofffreien Atmosphäre auf einer Temperatur zwischen 230 und 250° C.
                              									(184 und 200° Reaumur) erhält. Diese Behandlung mag aber noch so lang
                              									fortgesetzt werden, so entgeht stets ein Theil des Phosphors der Umwandlung, welchen
                              									man dann vollständig ausscheiden muß, um die wesentlichen Eigenschaften des amorphen
                              									Phosphors, seine Unschädlichkeit und seine Unveränderliche an der Luft, nicht zu
                              									beeinträchtigen.
                           Die von Hrn. Prof. Schrötter
                              									vorgeschlagene ReinigungsmethodePolytechn. Journal Bd. CXXIV S.
                                       											274. hat längst anerkannte Mängel; sie gründet sich darauf, daß der
                              									Schwefelkohlenstoff den gewöhnlichen Phosphor auflöst, nicht aber den rothen oder
                              									amorphen. Dieses scheinbar einfache Verfahren ist jedoch ebenso umständlich als
                              									gefährlich; denn man muß nicht nur das Auswaschen außerordentlich lang fortsetzen,
                              									daher es große Quantitäten von Schwefelkohlenstoff erfordert, sondern die Gefahr
                              									einer Entzündung und eines Brandes nimmt auch in dem Maaße zu, als man größere
                              									Mengen Phosphor bearbeitet.
                           Um diesen Gefahren zu begegnen, empfahl Hr. Schrötter das Filter auf welchem das Auswaschen
                              									vorgenommen wird, stets voll Schwefelkohlenstoff zu erhalten, damit der gewöhnliche
                              									Phosphor, welcher sich an den Rändern des Filters in sehr zertheiltem Zustande
                              									absetzt, nicht die Entzündung der Masse veranlassen kann. Aber selbst diese
                              									Vorsichtsmaßregel ist nicht immer ausreichend.
                           Nach zahlreichen Versuchen gelang es mir, ein auf die verschiedene Dichtigkeit der
                              									beiden Phosphorarten gegründetes Verfahren zur Trennung derselben zu ermitteln,
                              									welches einfach ist, schnell zum Ziele führt und gewöhnlichen Arbeitern anvertraut
                              									werden kann. Es besteht darin, das Gemenge beider Phosphorarten mit einer
                              									Flüssigkeit zu schütteln, deren Dichtigkeit in der Mitte zwischen derjenigen der
                              									zwei zu trennenden Körper liegt, eine Methode, welche für viele andere Trennungen
                              									benutzt werden kann. Die Dichtigkeit des amorphen Phosphors ist 2,106; diejenige des
                              									gewöhnlichen Phosphors 1,77; man kann sich daher leicht eine Salzlösung von einer
                              									Mittlern Dichtigkeit verschaffen. Eine Chlorcalcium-Auflösung von 38 bis
                              									40° Baumé erfüllt diesen Zweck vollkommen. Der gewöhnliche Phosphor,
                              									welcher leichter ist, schwimmt dann oben auf und kann durch ein wenig
                              									Schwefelkohlenstoff, der ihn auflöst, leicht beseitigt werden, daher sich die
                              									Operation in geschlossenem Gefäß durchführen läßt.
                           
                           Ich will nun das Verfahren im Detail beschreiben: In die Retorte, worin die
                              									Umwandlung des gewöhnlichen Phosphors in amorphen bewerkstelligt worden ist, gießt
                              									man ein wenig Schwefelkohlenstoff; wenn die Masse, welche meistens der Retorte stark
                              									anhaftet, sich nicht lostrennt, so taucht man den Boden der Retorte in lauwarmes
                              									Wasser, wodurch die Masse mit einem schwachen Geräusch sogleich ihren Zusammenhang
                              									verliert. Alsdann setzt man die Salzlösung zu, verschließt die Retorte und schüttelt
                              									sie; nach Verlauf von zehn Minuten haben sich die beiden Flüssigkeiten getrennt. Der
                              									rothe Phosphor, welcher dichter ist, befindet sich am Boden der Retorte, und über
                              									der Salzlösung schwimmt der Schwefelkohlenstoff, worin sich der gewöhnliche Phosphor
                              									aufgelöst hat.
                           Wenn dem rothen Phosphor nur der vierte Theil gewöhnlicher Phosphor beigemengt ist,
                              									so kann man letztern mittelst einmaligen Waschens auf angegebene Weise vollständig
                              									absondern; es ist jedoch rathsam, ein zweites Mal zu waschen, nachdem man den
                              									phosphorhaltigen Schwefelkohlenstoff abgegossen und durch eine neue Quantität reinen
                              									Schwefelkohlenstoffs ersetzt hat. Dieses zweimalige Waschen wird sogar nothwendig,
                              									wenn die beiden Phosphorarten in gleichem Verhältniß vermengt sind. Drei so
                              									vorgenommene Waschungen haben mir stets hingereicht, um dem amorphen Phosphor die
                              									geringsten Spuren gewöhnlichen Phosphors zu entziehen, in welchem Verhältniß sie
                              									auch gemengt seyn mochten.
                           Nachdem die beiden Flüssigkeiten durch Decantiren getrennt worden sind, braucht man
                              									nur noch die Salzlösung, worin sich der amorphe Phosphor abgesetzt hat, auf ein
                              									Leinenfilter zu gießen. Der amorphe Phosphor ist dann vollkommen rein, daher es
                              									unnöthig ist ihn mit einer Aetzkalilösung kochen zu lassen. Die ganze Operation kann
                              									in einer halben Stunde beendigt werden, und zwar ohne allen Unfall, weil sie in
                              									geschlossenem Gefäß vorgenommen wird, daher der Schwefelkohlenstoff nicht verdunsten
                              									und dabei den aufgelösten entzündbaren Phosphor absetzen kann.
                           Auch fällt bei dem beschriebenen Verfahren das Einathmen der
                              									Schwefelkohlenstoff-Dämpfe weg, wovon man in den Kautschulfabriken sehr
                              									nachtheilige Wirkungen auf die Arbeiter beobachtet hat.Polytechn. Journal Bd. CXXXIX S.
                                       											79.