| Titel: | Ueber das Vorkommen von Eisenoxyd-Oxydul in eisenreichen Schlacken; von Prof. Plattner. | 
| Fundstelle: | Band 140, Jahrgang 1856, Nr. LIX., S. 279 | 
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                        LIX.
                        Ueber das Vorkommen von Eisenoxyd-Oxydul
                           								in eisenreichen Schlacken; von Prof. Plattner.
                        Plattner, über das Vorkommen von Eisenoxyd-Oxydul in
                           								eisenreichen Schlacken.
                        
                     
                        
                           In der Sitzung des bergmännischen Vereins zu
                                 											Freiberg am 13. November 1855 theilt Hr. Prof. Plattner in diesem Betreff, unter
                              									Vorzeigung mehrerer Belegstücke, Folgendes mit:
                           
                              „Es ist bekannt, daß die, beim Frischen des Roheisens in Herden und in der
                                 										ersten Periode des Frischprocesses sich bildende Schlacke (die Rohschlacke) auf
                                 										einer höheren Silicirungsstufe steht, als die in der letztern Zeit sich bildende
                                 										Schlacke (die Gaarschlacke), d.h. daß erstere reicher an Kieselerde ist als
                                 										letztere. Der Grund hiervon ist der: daß im Anfange des Frischprocesses von dem
                                 										im Roheisen, neben Kohlenstoff und anderen fremdartigen Beimischungen
                                 										vorhandenen Silicium der größte Theil desselben oxydirt wird, und die dadurch
                                 										frei werdende Kieselerde gegen das, theils in eisenoxydulreichen Zuschlägen
                                 										befindliche, theils durch Oxydation eines geringen Theils von Roheisen sich erst
                                 										bildende Eisenoxydul, als auch gegen die aus vorhandenem Mangan, Calcium,
                                 										Magnesium etc. sich bildenden Oxyde und resp. Erden als Säure auftritt; hierbei
                                 										entsteht eine Schlacke, die, wenn sie nach dem Ablassen in größerer Masse
                                 										langsam erstarrt, gewöhnlich Drusenräume bildet, in welchen sich nicht selten
                                 										glasglänzende Krystalle von hell nelkenbrauner Farbe ausscheiden, die
                                 										durchscheinend bis durchsichtig sind und welche die Krystallform des Chrysoliths
                                 										besitzen, so wie auch eine diesem Minerale entsprechende chemische
                                 										Zusammensetzung von 3 RO, SiO³ haben. Nimmt
                                 										während der Zeit als der Frischproceß vorwärts schreitet, das Silicium im Eisen
                                 										ab, und es fehlt der zu verschlackenden Menge oxydirten Eisens (welches
                                 										gewöhnlich aus Eisenoxyd-Oxydul von der Zusammensetzung des Hammerschlags
                                 										= 6 FeO, Fe²O³ besteht) an Kieselerde, so bildet sich eine Schlacke (Gaarschlacke)
                                 										von der Zusammensetzung m (3 FeO, SiO³) + n (6 FeO, SiO³), die ebenso, wie die Rohschlacke,
                                 										gewöhnlich noch geringe Mengen anderer Basen, namentlich Kali, Kalkerde,
                                 										Talkerde, Thonerde und Manganoxydul enthält; gleichzeitig geht aber auch
                                 										Eisenoxyd-Oxydul von der Zusammensetzung des Magneteisens, FeO, Fe²O³, in die Schlacke mit über, indem die andern 5 Atome von FeO sich mit der Kieselerde chemisch verbinden.
                                 										Dergleichen Schlacken sind ebenfalls geneigt zu krystallisiren. Noch später
                                 										entsteht eine Schlacke, die immer mehr an kieselsaurem Eisenoxydul ab, dagegen
                                 										an Eisenoxyd-Oxydul von unbestimmter Zusammensetzung zunimmt, wie
                                 										namentlich die letzte Gaarschlacke oder der Schwall. Diejenige Schlacke nun,
                                 										welche Eisenoxyd-Oxydul enthält, besitzt in der Regel eine eisenschwarze
                                 										Farbe, erscheint mehr oder weniger metallisch glänzend und folgt in Form sehr
                                 										kleiner Stücke oder von grobem Pulver, dem Magnete. Ist der Gehalt an
                                 										Eisenoxyd-Oxydul in einer Schlacke nur unbedeutend, so scheiden sich
                                 										unter günstigen Umständen zwar mehr oder weniger vollkommen ausgebildete
                                 										Krystalle von Schlacke aus, auf ihrer Oberfläche befindet sich aber ein dünner
                                 										Ueberzug von Magneteisen, der ihnen ein eisenschwarzes, entweder mattes oder
                                 										wenig bis stark metallisch glänzendes Ansehen gibt, während der innere Kern
                                 										durchscheinend und von hellbrauner Farbe ist. Bei einem etwas höheren Gehalt an
                                 										Eisenoxyd-Oxydul enthalten selbst die Krystalle im Innern einen Theil von
                                 										dieser Verbindung eingemengt; bei einem sehr hohen Gehalt an magnetischem Oxyd
                                 										verliert die Schlacke die Geneigtheit Krystalle auszuscheiden. Die
                                 										Frischschlacken aus dem Puddelofen besitzen in der Regel, in Folge eines
                                 										Gehaltes an Magneteisen, eine eisenschwarze Farbe und auf dem Bruche
                                 										unvollkommen metallischen Glanz, selbst diejenigen, welche krystallisirt
                                 										sind.
                              
                           
                              Außer den Eisenfrischschlacken gibt es nun noch viele andere eisenoxydulreiche
                                 										Schlacken von eisenschwarzer Farbe, die bei verschiedenen Processen fallen, und
                                 										die zuweilen Krystalle von verschiedener Form ausscheiden, welche entweder matte
                                 										oder glänzende Flächen besitzen. Dergleichen Schlacken geben beim Zerreiben im
                                 										Achatmörser ein mehr oder weniger dunkelgraues Pulver, von welchem das dunkelste
                                 										am stärksten vom Magnete gezogen wird, zum Beweis, daß sie eine größere oder
                                 										geringere Menge magnetisches Oxyd enthalten. Ob nun das in einer
                                 										eisenoxydulreichen Schlacke vorhandene Eisenoxyd-Oxydul als eine
                                 										selbstständige Verbindung bloß eingemengt ist, oder ob das Eisenoxyd als
                                 										Stellvertreter einer vielleicht fehlenden Menge von Kieselerde angesehen werden
                                 										kann, wie man anzunehmen geneigt ist, darüber dürften folgende Thatsachen
                                 										entscheiden, die der Verf. in der jüngst vergangenen Zeit bei den Freiberger
                                 										Schmelzhütten zu beobachten Gelegenheit gehabt hat. Wird z.B. Kupferstein, der
                                 										reicher an Schwefeleisen ist als an Schwefelkupfer, in Stadeln mit drei Feuern
                                 										zugebrannt (geröstet) und hierauf, behufs einer Concentration des Kupfers, in
                                 										einem Flamm-Schmelzofen mit einem Zuschlag von theils rohen theils
                                 										gerösteten kiesigen Kupfererzen, hochsilicirten Schlacken und Quarz
                                 										verschmolzen, so gibt das in den rohen kiesigen Zuschlagerzen befindliche
                                 										Schwefeleisen, welches auf 1 Atom Eisen mehr als 1 Atom Schwefel enthält, seinen
                                 										Mehrbetrag an Schwefel schon bei eintretender Glühhitze größtentheils ab; der
                                 										frei werdende Schwefel, welcher sich in der ganzen Schmelzpost dampfförmig
                                 										verbreitet, wirkt auf das vorhandene, bei der Röstung entstandene Eisenoxyd
                                 										reducirend ein und entweicht als schweflige Säure, die Menge des Schwefels ist
                                 										aber nicht immer hinreichend, um alles Eisenoxyd soweit zu reduciren, daß es
                                 										sich als Oxydul verschlacken könnte; es wirkt zwar nebenbei die Flamme des
                                 										Brennmaterials (der Steinkohlen) zum Theil reducirend mit ein, aber auch diese
                                 										ist nicht vermögend das noch vorhandene Eisenoxyd-Oxydul vollständig in
                                 										verschlackbares Oxydul umzuändern: es bleibt also noch Eisenoxyd-Oxydul
                                 										in nicht unbedeutender Menge zurück, welches, da es bei Abschluß von Luft selbst
                                 										schmelzbar ist, sich mit der über dem neuen Producte, dem
                                 										Concentrations-Kupferstein sich ablagernden flüssigen, aus Silicaten
                                 										bestehenden, Schlacke innig vermengt. Erkaltet nun eine solche Schlacke nach
                                 										ihrer Entfernung aus dem Schmelzofen in größerer Masse langsam, so bilden sich,
                                 										nachdem sie an ihrer Oberfläche erstarrt ist, in Folge der fortdauernden
                                 										Contraction, im Innern größere und kleinere Drusenräume, in welchen sich, beim
                                 										Zerschlagen der völlig erstarrten Schlackenmasse, Krystalle vorfinden, die beim
                                 										ersten Anblick für Schlackenkrystalle angesehen werden können; allein,
                                 										betrachtet man dieselben mit bewaffnetem Auge näher, so erkennt man sie als
                                 										kleine, mitunter vollständig ausgebildete, glänzende Oktaëder von
                                 										Magneteisen, die stänglich nach verschiedenen Richtungen an einander gereiht
                                 										sind, und durch Schlackentheile festgehalten werden. Diejenigen Schlackentheile,
                                 										welche gleichsam als Bindemittel dienen, besitzen eine hellgraue Farbe, während
                                 										die dichte Hauptmasse, welche noch Magneteisen eingemengt enthält, auf dem
                                 										Bruche eisenschwarz und schwach glänzend erscheint, und in Form eines groben
                                 										Pulvers dem Magnete folgt. Daß diese kleinen Krystalle wirklich aus
                                 										Eisenoxyd-Oxydul von der Zusammensetzung des Magneteisens bestehen, geht
                                 										daraus hervor: daß sie begierig dem Magnete folgen, beim Zerreiben im
                                 										Achatmörser ein schwarzes Pulver geben, und daß ihre Auflösung in
                                 										Chlorwasserstoffsäure anscheinend gleich stark auf Eisenoxyd und Eisenoxydul
                                 										reagirt. Besitzen die Drusenräume in der betreffenden Schlackenmasse nur eine geringe Weite,
                                 										erstrecken sich aber mehr in die Länge und Breite, so sind die
                                 										Begränzungsflächen oft ganz mit Krystallen von metallisch glänzendem Magneteisen
                                 										bedeckt, die weniger über- als nebeneinander sitzen und von denen manche
                                 										zu vollständigen Oktaëdern bis zur Größe eines Stecknadelkopfes
                                 										ausgebildet sind. Die unter diesen Krystallen zunächst befindliche Schlacke
                                 										erscheint bis auf 1/4 Zoll herab hellgrau und wird nicht vom Magnete gezogen,
                                 										während die übrige Schlackenmasse auf ihrem Bruche eine eisenschwarze Farbe und
                                 										schwachen Metallglanz besitzt und in Form eines groben Pulvers dem Magnete
                                 										folgt.
                              
                           Da dieselben Erscheinungen auch zuweilen bei andern Schmelzprocessen in Flammöfen
                                 										vorkommen, wo nicht alles oxydirte Eisen als Oxydul verschlackt wird, sondern
                                 										ein Theil desselben als Oxyd-Oxydul zurückbleibt und als solches mit in
                                 										die Schlacke übergeht, so kann wohl auch angenommen werden, daß das
                                 										Eisenoxyd-Oxydul in eisenreichen Schlacken, als eine selbstständige
                                 										Verbindung von der Zusammensetzung des Magneteisens, bloß eingemengt, und nicht
                                 										als ein zur chemischen Zusammensetzung der wirklichen Schlacke gehöriger
                                 										Bestandtheil zu betrachten ist.“ (Berg- und hüttenmännische
                                    									Zeitung, 1856, Nr. 14.)