| Titel: | Ueber Darstellung des Aluminiums; von C. Brunner. | 
| Fundstelle: | Band 140, Jahrgang 1856, Nr. LXXXIV., S. 357 | 
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                        LXXXIV.
                        Ueber Darstellung des Aluminiums; von C. Brunner.
                        Aus den Berner Mittheilungen, Mai 1856, Nr.
                              								366.
                        Brunner über Darstellung des Aluminiums.
                        
                     
                        
                           Berzelius lehrte zuerst durch die Anwendung der
                              									alkalischen Metalle aus einigen Fluorverbindungen die vorher noch nicht isolirten
                              									oder nur sehr unvollkommen bekannten Radicale darzustellen. Seine Versuche betrafen
                              									das Silicium, das Bor und das Zirkonium. Indem er die Verbindungen dieser Körper mit
                              									Kalium und Fluor der Einwirkung des Kaliums aussetzte, gelang es die Radicale
                              									derselben zu isoliren. Es scheint nicht, daß er diese Methode auf die übrigen
                              									Erdmetalle ausgedehnt habe.
                           Mittlerweile war durch die Entdeckung der wasserfreien Chlorverbindungen derselben
                              									und die von Wöhler zuerst ausgeführte Bereitung des
                              									Aluminiums aus dem Chloraluminium ein neuer Weg eröffnet worden, auf welchem nun die
                              									Metalle der Thonerde, Thorerde, Beryllerde und Talkerde aus den betreffenden
                              									Chlorverbindungen erhalten wurden.
                           Die genauere Kenntniß des Aluminius, die wir vorzüglich den Bemühungen Deville's verdanken, welchem es
                              									gelang, mit großartigen Mitteln die Versuche Wöhlers in
                              									einem vorher kaum geahnten Maaßstabe auszuführen, lenkte die Aufmerksamkeit der
                              									Chemiker von Neuem auf diese Reductionsversuche, und Heinrich Rose hatte, wie es scheint, zuerst den glücklichen Gedanken, wieder eine
                              									Fluorverbindung hierzu in Anwendung zu bringen. Es war dieses das unter dem Namen
                              										Kryolith bekannte grönländische Mineral, welches von
                              										Berzelius als eine sauerstofffreie Verbindung von
                              									Fluoraluminium und Fluornatrium erkannt worden war.
                           Die Leichtigkeit, mit welcher aus diesem Fossil durch Glühen mit Kalium oder Natrium
                              									unter Zusatz eines schicklichen Flußmittels (Kochsalz oder Chlorkalium) das
                              									Aluminium in geflossenen Kugeln von vollkommen metallischer Natur erhalten werden
                              									kann, ist wirklich überraschend. Wenn man, wie es mir durch die Güte des Hrn.
                              										Deville vergönnt war,
                              									Zeuge dieser Reduction war, so verschwindet das Wunderbare jener gewaltigen Stücke
                              									dieses Metalles, welche auf der letztjährigen Pariser Ausstellung zu sehen
                              									waren.
                           Soll jedoch die Anwendung des Aluminiums zu einer eigentlichen technischen gebracht
                              									werden, so sind hierzu zweierlei Bedingungen erforderlich: nämlich Sicherung des Rohstoffes, aus dem es bereitet wird, und
                              										
                              									wohlfeilere Darstellung. Jede Verbesserung des Verfahrens
                              									in einer diesen beiden Richtungen kann nicht ganz der Beachtung unwerth seyn.
                           Was zunächst den Rohstoff betrifft, aus welchem das Aluminium dargestellt werden
                              									kann, so dürfte man der Meinung seyn, daß es wohl an Thonerde so bald nicht fehlen
                              									werde. Bedenkt man aber, daß dieselbe aus dem rohen Zustande, wie sie uns die Natur
                              									darbietet, zuerst durch mehrere Operationen gereinigt und dann in Chloraluminium
                              									umgeschaffen werden muß, daß man in Bezug auf die Aluminiumbereitung dieses oder den
                              									Kryolith als Rohstoff oder erstes Präparat ansehen muß, so erhält die Sache eine
                              									andere Bedeutung.
                           Könnte man mit Sicherheit annehmen, daß der Kryolith fortwährend in großen Massen und
                              									daher zu billigen Preisen zu bekommen sey, so dürfte es beinahe überflüssig
                              									scheinen, sich nach einem andern Material umzusehen. Allein Niemand bürgt uns dafür,
                              									daß es nicht ein bloßer Zufall sey, welcher Hrn. Rose dieses Material in solcher Menge zur
                              									Verfügung stellte.
                           Der Mangel an diesem Fossil führte mich auf den Gedanken, eine demselben ähnliche
                              									Verbindung künstlich darzustellen. Da dieses sehr leicht gelang, so erlaube ich mir
                              									hiermit, die ganze Folge des anzuwendenden Verfahrens zu beschreiben. Ich darf
                              									vielleicht hoffen, daß, abgesehen von dem vorliegenden Zwecke, diese Erfahrung noch
                              									zu anderweitigen nützlichen Ergebnissen führen dürfte.
                           Vorerst handelte es sich um eine praktische Methode, reine Thonerde zu bereiten.
                              									Steht Ammoniakalaun zu Gebote, so dürfte wohl das einfachste Verfahren seyn, sich
                              									dieselbe durch starkes Glühen dieses Salzes zu verschaffen. Da jedoch dasselbe nicht
                              									überall zu bekommen ist, so sieht man sich auf den gewöhnlichen Kalialaun
                              									angewiesen. Das bekannte Verfahren, aus diesem die Thonerde durch Niederschlagen mit
                              									kohlensaurem Ammoniak darzustellen, ist schon ein für die Technik beinahe
                              									unausführbares. Abgesehen von der Verwendung einer Menge des Ammoniaksalzes, ist das
                              									Auswaschen eines Thonerdeniederschlages eine Arbeit, welche Geduld und Zeit in nicht
                              									geringem Maaße in Anspruch nimmt.
                           Viel leichter erreicht man seinen Zweck auf folgende Art:
                           Durch öfteres Umkrystallisiren von Eisen so gut als möglich befreiter Alaun wird auf
                              									die bekannte Art zu Alumen ustum gebrannt. Man erhitzt
                              									dabei das Salz so weit, daß bereits Dämpfe von Schwefelsäure sich zu erkennen geben.
                              									Alsdann wird die Masse zur Raumersparung zu einem gröblichen Pulver zerstampft und
                              									dieses in einem Tiegel während etwa zwei Stunden einer guten Rothglühhitze
                              									ausgesetzt. Nach dem Erkalten wird die zusammengesickerte Masse zerrieben und mit Wasser
                              									annähernd ausgewaschen. Das so erhaltene Präparat ist nun Thonerde, die noch eine
                              									geringe Menge Schwefelsäure (ohne Zweifel als basisches Salz) zurückhält, die durch
                              									kein Auswaschen entfernt werden kann.Bei der Bereitung des Alumen ustum ist, wie
                                    											bekannt, die erste Wirkung das Entfernen des Wassers. Dieser folgt aber auf
                                    											dem Fuße die Zersetzung des Salzes, welche zunächst darin besteht, daß die
                                    											schwefelsaure Thonerde ihre Säure theilweise abgibt und sich in basisches
                                    											Salz verwandelt. Wird die Arbeit in einem gewissen Zeitpunkt unterbrochen,
                                    											so kann durch Wasser doppelt-schwefelsaures Kali ausgezogen und
                                    											dieses sogar durch Abdampfen krystallisirt erhalten werden. Durch länger
                                    											fortgesetztes Glühen würde zuletzt auch dieses in neutrales Salz verwandelt
                                    											werden, welcher Punkt jedoch zu unserm Zweck zu erreichen unnöihig ist. Man trocknet nun die unvollständig gewaschene Masse so weit, daß sie von der
                              									Filtrirleinwand abgenommen werden kann, und rührt sie mit einer concentrirten Lösung
                              									von kohlensaurem Natron an. Hierzu ist nur eine geringe Menge dieses Salzes,
                              									höchstens 1/10 des in Arbeit genommenen Alauns erforderlich. Das breiartige Gemenge
                              									wird nun eingetrocknet und der Rückstand etwa eine Stunde lang mäßig geglüht. Durch
                              									diese Operation wird der basisch-schwefelsauren Thonerde ihre Säure
                              									vollständig entzogen. Kocht man die gebrannte Masse mit Wasser aus, so ist der
                              									Rückstand reine Thonerde, welche sich leicht und vollständig auswaschen läßt.
                           Würde bei der letztern Operation eine größere Menge kohlensauren Natrons genommen,
                              									als oben angegeben ist, so geht ein Theil der Thonerde mit diesem in Verbindung,
                              									löst sich beim Auswaschen auf und geht für die Bereitung verloren. Bei dem
                              									angegebenen Verhältniß ist dieser Verlust ganz unbedeutend.
                           Um nun die Thonerde in Fluoraluminium zu verwandeln, wird sie bei höherer Temperatur
                              									den Dämpfen von Fluorwasserstoffsäure ausgesetzt. Zu diesem Ende bringt man sie,
                              									wenn der Versuch mit kleinen Mengen, z.B. 8 Gram., gemacht werden soll, in einen
                              									Platintiegel, hängt diesen mittelst eines Eisendrahtes über einer guten
                              									Spirituslampe oder einem Kohlenfeuer in schiefer Stellung auf und erhitzt ihn bis
                              									zum eben anfangenden Glühen. Alsdann läßt man die fluorwasserstoffsauren Dämpfe, die
                              									aus einer Blei- oder Platinretorte entwickelt werden, mitten in die Thonerde
                              									hineindringen, die man, um alle Theile mit dem Gase in Berührung zu bringen, mit
                              									einem Platinspatel öfter umrührt.
                           Da bei dieser Operation das Thonerdepulver sein Ansehen nicht merklich verändert, so
                              									beobachtet man, um das Fortschreiten und zuletzt die Beendigung der Arbeit zu
                              									beurtheilen, von Zeit zu Zeit die Gewichtszunahme der Substanz. Am bequemsten ist
                              									es, den Tiegel mit seinem (abgewogenen) Inhalte zu tariren und durch öfteres Wägen seine Gewichtszunahme zu
                              									bestimmen.
                           Die Berechnung ergibt nämlich, daß, wenn die Thonerde Al₂ O₃ in Al₂ F₆ übergeht (und diese
                              									Verbindung scheint sich hier zu bilden), 100 Theile zu 163,3 werden müssen. Diesen
                              									Punkt erreicht man nur nach ziemlich langer Arbeit, indessen kann er wirklich
                              									erreicht werden. Der Grund mag darin liegen, daß das entstehende Fluoraluminium die
                              									noch übrige Thonerde einschließt und hierdurch die gänzliche Umwandlung erschwert
                              									wird. Zu dem nachherigen Gebrauche hat jedoch dieser Umstand keinen wesentlichen
                              									Nachtheil. Man erspart Zeit und Mühe, wenn man die Vermehrung nur bis auf 150
                              									fortsetzt. Wesentlich ist bei dieser Operation der richtige Wärmegrad, da bei höhern
                              									und niedrigem Temperaturen die Verbindung viel schwieriger entsteht. Eine kaum
                              									anfangende Glühhitze scheint die günstigste Temperatur zu seyn. Ebenso ist ein
                              									öfteres, ja bei größeren Mengen ein fortwährendes Umrühren sehr zu empfehlen.
                           Bei Zubereitungen unter Anwendung von 8 Grammen Thonerde erforderte diese Operation
                              									gewöhnlich 1 1/2 Stunden. Es ist aber klar, daß bei gehöriger Einrichtung des
                              									Apparates in der nämlichen Zeit ebenso viele Pfunde dargestellt werden könnten. Das
                              									so erhaltene Präparat nimmt beinahe das doppelte Volumen der ursprünglichen
                              									geglühten Thonerde ein, welche Volumvermehrung vorzüglich gegen das Ende der
                              									Operation eintritt. Man bewahrt es in Gläsern auf.
                           Zur Reduction des Metalles bediente ich mich der von Rose
                              									und Deville empfohlenen Methode.
                           Man schichtet in einem hessischen Tiegel eine beliebige Menge des nach der so eben
                              									beschriebenen Methode bereiteten Fluoraluminiums mit 1/2 seines Gewichtes in dünne
                              									Scheiben zerschnittenen Natriums,Am besten ist es, die Natriumscheiben mit einem flachen Pistill auf mehrfach
                                    											zusammengelegtem Fließpapier flach zu drücken, so daß sie den Tiegel in
                                    											seinem ganzen Durchmesser ausfüllen. Hierdurch werden sie zugleich von dem
                                    											anhängenden Steinöl vollkommen gereinigt. drückt das Gemenge in dem Tiegel mit einem Stempel möglichst fest zusammen
                              									und schüttet oben darauf etwa 1/2 Zoll hoch geschmolzenes und in kleine Stücke
                              									zerstoßenes Kochsalz. Der Tiegel wird mit seinem Deckel oder besser mit einem runden
                              									feuerfesten Backstein bedeckt.
                           So vorgerichtet gibt man nun ein rasches ziemlich kräftiges Feuer, wozu am besten ein
                              									kleiner Sefström'scher Ofen mit Gebläse angewendet wird.
                              									Es ist wesentlich, daß eine gute Rothglühhitze, doch nicht Weißglühhitze angewendet werde, indem man
                              									sonst keine deutliche Schmelzung des reducirten Metalls erreicht; allein ebenso sehr
                              									ist es zu empfehlen, dieselbe nach vollendeter Reduction nicht zu lange andauern zu
                              									lassen, indem sonst leicht ein Antheil des reducirten Metalls verbrennen oder der
                              									Tiegel durch die Einwirkung des entstandenen Fluornatriums Schaden leiden kann.
                              									Gewöhnlich hört man im Augenblicke, da die Reduction vor sich geht, ein Zischen oder
                              									Krachen im Tiegel. Von da hinweg setzt man die Feuerung nur etwa noch 5–8
                              									Minuten fort, rührt die geschmolzene Masse mit einem thönernen Pfeifenstiel um,
                              									wodurch sich das Aluminium zu einem einzigen Klumpen zusammenschmelzt, erstickt nun
                              									sogleich das Feuer durch Bedeckung und durch Schließen aller Oeffnungen des Ofens
                              									und läßt den Apparat erkalten.
                           Nach gänzlichem Erkalten wird der Tiegel in ein Gefäß mit Wasser gelegt, wodurch sich
                              									die graue Salzmasse aufweicht, und diese herausgenommen. Auf dem Boden des Tiegels
                              									findet man das reducirte Aluminium als eine runde, völlig metallische Kugel.
                           Die übrige Salzmasse enthält noch eine ziemliche Menge fein zertheiltes Metall,
                              									theils in kleinern Körnern, theils als ein grauliches, mehr oder weniger gröbliches
                              									Pulver, welches beim Zerdrücken in einem Achatmörser metallischen Glanz annimmt. Man
                              									sammelt dasselbe, reinigt es durch Schlämmen, wobei zuweilen noch ansehnliche
                              									geschmolzene Kugeln zum Vorschein kommen. Bei diesem Schlämmen entwickelt sich
                              									gewöhnlich ein übelriechendes Wasserstoffgas. Es ist anzurathen, das Wasser sehr oft
                              									zu erneuern, weil die sich bildende alkalische Lösung auf das Aluminium oxydirend
                              									einwirkt.
                           Hat man bei dieser Operation die metallischen rundlichen Körner herausgesucht, so ist
                              									es unnütz, das übrige amorphe Pulver weiter auf Aluminiumgewinnung zu behandeln.
                              									Wenigstens gelang es mir nie, es ordentlich zusammenzuschmelzen. Man begnüge sich
                              									mit denjenigen Metallkörnern, welche nicht kleiner als ein Stecknadelknopf sind und
                              									die man sehr leicht heraussuchen kann.
                           Dagegen enthält dieser Rückstand oft einen nicht geringen Antheil von Silicium, ohne
                              									Zweifel aus der Masse des Tiegels herrührend. Es ist dieses dasselbe Product, wie es
                              									schon Deville
                              									Annales de Chimie et de Physique (3) t. XLIII p. 31. beobachtete und Wohler
                              									Annal. d. Chemie und Pharm. Bd. XCVII S. 266. neuerdings beschrieben hat.
                           Zuweilen gelingt es, nach Ausziehen des fein zertheilten Aluminiums mit Salzsäure,
                              									einzelne Siliciumkörner zu isoliren.