| Titel: | Ueber die Fabrication des Phosphors, des Knochenleims und des Salmiaks; von J. G. Gentele. | 
| Autor: | Johan G. Gentele [GND] | 
| Fundstelle: | Band 144, Jahrgang 1857, Nr. LIII., S. 190 | 
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                        LIII.
                        Ueber die Fabrication des Phosphors, des
                           								Knochenleims und des Salmiaks; von J. G.
                              									Gentele.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									III.
                        Gentele, über die Fabrication des Phosphors, des Knochenleims und
                           								des Salmiaks.
                        
                     
                        
                           Die Fabrication des Phosphors kann als selbstständiges Geschäft betrieben werden,
                              									wozu dann das Rohmaterial gebrannte oder rohe Knochen und Schwefelsäure abgeben.
                              									Viel vortheilhafter wird dieselbe aber in Verbindung mit der Knochenleim-,
                              									der Salmiak- und der Blutlaugensalz-Fabrication betrieben, und zwar
                              									gegenwärtig an fast allen Orten, da die hierbei weiter in Frage kommenden
                              									Rohmaterialien fast überall billig zu erhalten sind. Seit den letzten zwanzig Jahren
                              									ist die Phosphorfabrication bekanntlich ein viel wichtigerer Industriezweig
                              									geworden, als sie vordern war.
                           Um die genannten chemischen Fabricationszweige, einen jeden mit dem größten Vortheile
                              									betreiben zu können, werden eingekauft: 1) alle diejenigen thierischen Stoffe,
                              									welche für sich allein zur Blutlaugensalz-Fabrication gebraucht werden
                              									können; 2) alle Sorten frischer Knochen, wenn man nicht eine Auswahl deßwegen machen
                              									will, weil jede Sorte in der benöthigten Quantität zu Gebote steht.
                           Der Betrieb der Fabrication steht alsdann in folgendem Zusammenhange:
                           1) Die zur Blutlaugensalz-Fabrication dienenden thierischen Stoffe werden
                              									verkohlt; die erhaltene thierische Kohle dient ausschließlich zur
                              									Blutlaugensalz-Fabrication, das nebenbei gewonnene flüssige, und je nach
                              									Umständen auch das gebildete feste kohlensaure Ammoniak werden zur
                              									Salmiakfabrication benutzt.
                           2) Die angekauften frischen Knochen werden nach ihrer Entfettung durch Auskochen mit
                              									Wasser, mittelst Salzsäure von dem in ihnen enthaltenen phosphorsauren Kalk befreit,
                              									welcher sich in der Säure langsam auflöst. Die zurückbleibende organische
                              									Knochensubstanz, der Knorpel, wird nach dem Auswaschen und Trocknen, oder noch naß,
                              									zur Knochenleimfabrication verwendet. Den in der Salzsäure aufgelösten
                              									phosphorsauren Kalk neutralisirt man mit dem rohen kohlensauren Ammoniak; dabei
                              									fällt phosphorsaurer Kalk nieder, welcher zur Phosphorfabrication angewendet wird.
                              									In der Flüssigkeit bleibt Salmiak gelöst, welcher zu verkäuflichem Product
                              									verarbeitet wird. Wenn das zur Salmiakbereitung verfügbare Ammoniak nicht hinreicht, um aus allen
                              									salzsauren Lösungen der Knochen den phosphorsauren Kalk niederzuschlagen, so wendet
                              									man zur Fällung der übrig bleibenden Lösungen statt des kohlensauren Ammoniaks bloß
                              									Kalkmilch an, und erhält so neben dem phosphorsauren Kalk eine Lösung von
                              									Chlorcalcium. Man kann aber auch aus sämmtlichen Lösungen den phosphorsauren Kalk
                              									mittelst Kalkmilch fällen, wobei er weniger leicht durch kohlensauren Kalt
                              									verunreinigt wird, und dann das kohlensaure Ammoniak durch die erhaltene
                              									Chlorcalciumlösung in eine Lösung von Salmiak umwandeln, wobei der Niederschlag aus
                              									kohlensaurem Kalk besteht.
                           Ich werde nun jeden dieser Fabricationszweige für sich abhandeln, mit Ausschluß der
                              									Verkohlung thierischer Stoffe oder der Gewinnung des Ammoniaks, so wie des
                              									gegenwärtigen Verfahrens zum Sublimiren des Salmiaks.
                           
                        
                           I. Fabrication des
                                 									Knochenleims.
                           Dieselbe zerfällt in die Entfettung der Knochen, deren Behandlung mit Salzsäure, und
                              									die Verwandlung des Rückstandes in käuflichen Leim.
                           a) Die Entfettung der Knochen geschieht am besten durch
                              									einfaches Auskochen derselben in einem eisernen oder kupfernen Kessel. Das dabei
                              									flüssig werdende Knochenfett begibt sich auf die Oberfläche des Wassers und kann
                              									abgeschöpft werden; es dient zur Seifenfabrication. Da hierbei eine eigentliche
                              									Auflösung der Knochengallerte nicht beabsichtigt wird, so ist ein Auskochen unter
                              									Druck nicht vortheilhaft; damit dasselbe aber nicht zu viel Brennmaterial erheischt,
                              									kann man die ausgekochten Knochen aus dem heißen Wasser durch Rechen ausnehmen, und
                              									sie durch frische Knochen ersetzen, also einige Zeit continuirlich arbeiten, bis die
                              									Brühe gallertartig wird; letztere kann als Schweinefutter oder als Dünger verwendet
                              									werden, wenn Gelegenheit dazu vorhanden ist.
                           b) Das Extrahiren des phosphorsauren Kalkes erfolgt
                              									durch Salzsäure, welche man auf 5–7° Baumé verdünnt hat. Man
                              									stellt eine Reihe großer Bottiche auf, füllt dieselben mit den entfetteten Knochen
                              									an, und übergießt letztere mit Salzsäure von obiger Stärke, so daß sie davon bedeckt
                              									sind. Die Einwirkung erfolgt ruhig und nur langsam; die Knochen werden nach und nach
                              									biegsam und durchsichtig. Methodisch wird die Arbeit, wenn Salzsäure am Orte einigen
                              									Werth hat, so betrieben, daß man die acht Tage lang über frischen Knochen gestandene
                              									Flüssigkeit auf eine andere Knochenpartie abzapft, sie für die erste Partie durch
                              									neue Salzsäure ersetzt, und dieß so oft wiederholt, bis die Knochen vollkommen
                              									weich, biegsam und durchscheinend geworden sind.
                           
                           Hierbei sind folgende Umstände zu berücksichtigen. Beim Einkauf frischer Knochen
                              									gewinnt man mehr Fett; in alten Knochen ist die Gallerte oder Leimsubstanz
                              									großentheils zerstört. Aber auch in ganz frischen Knochen wechselt der Gehalt an
                              									Leimsubstanz und phosphorsaurem Kalk bedeutend, so daß gewisse Arten bis 45 Procent,
                              									andere nur 30 Proc. und noch weniger trockne Leimsubstanz zurücklassen, dafür aber
                              									mehr oder weniger phosphorsauren Kalk abgeben. Ist die Salzsäure am Orte von Werth,
                              									so ist es vortheilhafter, bei zulässiger Wahl der Knochen diejenigen Arten
                              									einzukaufen, welche mehr Leim geben; umgekehrt wird man, wenn eine reichliche
                              									Gewinnung von phosphorsaurem Kalk beabsichtigt ist, die kalkreicheren Sorten wählen.
                              									Nachweise über die procentischen Bestandtheile der Knochen überhaupt findet man in
                              									dem schätzbaren Werke „Chemische Untersuchungen über die Knochen und Zähne
                                 										des Menschen und der Wirbelthiere mit Rücksicht auf ihre physiologischen und
                                 										pathologischen Verhältnisse, von Freihrn. Dr. Ernst
                                 										v. Bibra, Schweinfurt 1844.“ Im
                              									Allgemeinen enthalten die Knochen um so mehr phosphorsauren Kalk und um so weniger
                              									Leimsubstanz, je dichter und fester sie sind, folglich Röhrenknochen am meisten
                              									phosphorsauren Kalk, hingegen die porösen Hornknochen am meisten Leimsubstanz.
                           c) Die von dem phosphorsauren Kalke befreiten Knochen
                              									erfordern, nachdem die letzte Salzsäure darauf gewesen ist, ein sorgfältiges
                              									Auswaschen, um die Säure zu entfernen. Wo es angeht, hängt man sie in Weidenkörben
                              									in fließendes Wasser; fehlt dazu die Gelegenheit, so übergießt man sie mehreremale
                              									mit kaltem Wasser, wascht sie zuletzt noch in einer Trommel mit etwas Kalkmilch, und
                              									entfernt dann den Kalk durch Waschen in Wasser, worauf das Austrocknen des Products
                              									an der Luft folgt. Die getrocknete Waare kann unmittelbar an Leimfabriken abgegeben
                              									werden; wird das Product aber am Platze selbst auf Leim verarbeitet, so ist es zwar
                              									vortheilhaft, sie durch Aussetzen an die Luft theilweise zu trocknen, um allenfalls
                              									anhängende Kalktheile unschädlich zu machen, aber ein vollständiges Trocknen ist
                              									nicht nöthig.
                           d) Hinsichtlich der Verarbeitung der Knochensubstanz auf
                              									käuflichen Leim habe ich mich bloß über die Darstellung der Gallerte bis zu ihrem
                              									Zerschneiden in Tafeln zu äußern, weil von da an diese Fabrication mit dem
                              									gewöhnlichen Leimfabricationsverfahren übereinstimmt. Die vollkommen oder nur
                              									theilweise getrocknete Knochensubstanz (der Knorpel) wird in eine hohe, nach oben
                              									etwas weitere Stande gefüllt, welche einen oder mehrere Senkböden enthält, mit einem
                              									gut schließenden Deckel und am Boden mit einer Ablaßöffnung versehen ist. Die
                              									Knochensubstanz wird auf den aus einem Lattengitter bestehenden Senkboden
                              									ausgebreitet. Durch eine
                              									passende Oeffnung im Deckel wird aus einem einfachen Destillirkessel (einer
                              									Branntweinblase) Wasserdampf in die Stande geleitet, dessen sich nicht verdichtender
                              									Antheil aus einer Oeffnung entweicht, die etwa 1/2 Fuß über dem Boden der Stande
                              									angebracht ist. Kurze Zeit nach dem Einströmen des Dampfes in die Stande läuft ein
                              									Strom flüssiger Gallerte aus dem Ablaßrohr, die gewöhnlich so concentrirt ist, daß
                              									sie sogleich in die Kasten ausgegossen werden kann, worin sie zu den Blöcken
                              									erstarrt, aus denen die Leimtafeln geschnitten werden. Kommt nach einigen Stunden
                              									dünnere Gallerte, so öffnet man die Stande, und bringt deren Inhalt, welcher aus
                              									zähen aufgequollenen Leimklumpen besteht, mit der gesammelten nicht hinlänglich
                              									concentrirten Gallerte (oder wenn von dieser nicht genug vorhanden ist, mit Wasser)
                              									in einen kupfernen Kessel, um denselben unter Kochen und Umrühren vollends
                              									aufzulösen, was sehr leicht vor sich geht; nöthigenfalls dampft man die Flüssigkeit
                              									noch zur gehörigen Consistenz ein; man gießt in Formen aus, und verfährt weiter wie
                              									bei der gewöhnlichen Leimfabrication.
                           
                        
                           II. Gewinnung des phosphorsauren Kalkes
                                 										und des rohen Salmiaks.
                           Hierbei können, wie schon angeführt worden, zwei Wege eingeschlagen werden.
                              									Denjenigen Theil der salzsauren Auflösungen von phosphorsaurem Kalk, zu dessen
                              									Zersetzung das kohlensaure Ammoniak nicht hinreicht, sättigt man mit einer reinen
                              									Kalkmilch, wobei die Salzsäure mit Kalk gesättigt wird, während der phosphorsaure
                              									Kalk niederfällt. Man bewirkt diese Fällung in größeren Standen, läßt den
                              									Niederschlag absitzen und beseitigt alsdann die Flüssigkeit durch Abzapfen derselben
                              									über dem Niederschlage. Man bewirkt mehrere Fällungen über demselben Niederschlage,
                              									so daß sich eine Partie desselben ansammelt, und gibt alsdann noch soviel frischer
                              									salzsaurer Knochenlösung hinzu, daß der mit derselben aufgerührte Niederschlag
                              									Lackmus selbst nach einigem Stehen noch röthet, um sicher zu seyn, daß ihm kein
                              									freies Kalkhydrat beigemengt ist. Man rührt ihn nun einmal mit Wasser auf, zapft
                              									dasselbe ab, und entleert ihn dann in gemauerte poröse Kasten, wo er nach und nach
                              									eine feste Gestalt annimmt, so daß er in halbtrocknen Stücken hantirt werden
                              									kann.
                           Wenn mit kohlensaurem Ammoniak gefällt werden soll, so bringt man einen Theil der
                              									Flüssigkeit ebenso in hölzerne Standen, und setzt von der rohen Ammoniakflüssigkeit
                              									soviel hinzu, bis Lackmuspapier schwach gebläut wird. Es entsteht ein eben solcher
                              									Niederschlag, der aber weit schmutziger ausfällt. Nach dem Absitzen desselben zieht
                              									man die Salmiaklösung hell ab, und macht ebenso mehrere Fällungen hintereinander in
                              									derselben Stande, ehe man den Niederschlag auswascht. Das Auswaschen desselben durch
                              									Uebergießen mit Wasser, Umrühren, Absitzenlassen des salmiakhaltigen Wassers, ist
                              									hier wichtiger als vorhin, um keinen Salmiak zu verlieren. Endlich setzt man dem
                              									ausgewaschenen Niederschlage noch ein wenig von der salzsauren Knochenlösung hinzu,
                              									wie oben, um zu verhüten, daß dem phosphorsauren Kalk eine Portion kohlensaurer Kalt
                              									eingemischt bleibt.
                           Bei dieser Zersetzung der salzsauren Knochenlösung erhält man zwar direct
                              									phosphorsauren Kalk und Salmiaklösung; wegen einiger Umstände ist es jedoch
                              									vorzuziehen den erstem Weg einzuschlagen, und zur Zersetzung des kohlensauren
                              									Ammoniaks den bei jenem Verfahren abfallenden salzsauren Kalk anzuwenden. Die
                              									salzsaure Knochenlösung ist nämlich sehr verdünnt) man erhält daher auch verdünnte
                              									Salmiaklösungen, welche durch Verdampfung concentrirt werden müssen. Wollte man
                              									vorher die salzsaure Knochenlösung abdampfen, so stößt man wegen der anzuwendenden
                              									Gefäße auf Schwierigkeiten. Vollzieht man das Abdampfen dagegen an der Salmiaklösung
                              									in eisernen Kesseln, so werden diese selbst bei neutraler Lösung angegriffen, es
                              									verflüchtigt sich Ammoniak und der Salmiak wird durch gelöstes Eisenoxydul
                              									verunreinigt.
                           Verwendet man aber den salzsauren Kalk, welchen man ebenfalls in verdünnter Lösung
                              									durch Fällen der salzsauren Knochenlösung mit Kalkmilch erhält, so läßt sich an
                              									diesem die Abdampfung in eisernen Kesseln bis zu beliebiger Concentration leicht
                              									vollziehen. Man kann alsdann mit derselben die rohe Ammoniakflüssigkeit fällen,
                              									wobei man soviel zusetzt, bis eine abfiltrirte Probe bei weiterem Zusatz keinen
                              									Niederschlag von kohlensaurem Kalk mehr gibt. Diese Fällung wird mit der erhitzten
                              									Flüssigkeit vorgenommen, oder unter Erhitzung beendigt, weil sonst nicht aller Kalk
                              									gefällt wird; sie erfolgt unter Aufbrausen, weil die Ammoniakflüssigkeit nicht
                              									einfach-kohlensaures Ammoniak ist, sondern mehr Kohlensäure enthält, als der
                              									Kalk des Chlorcalciums aufnimmt. Den kohlensauren Kalk trennt man von der
                              									entstandenen Salmiaklösung durch Absitzen und Auswaschen mit Wasser. Die
                              									Salmiaklösung wird dann durch Eindampfen in eisernen Kesseln concentrirt und zum
                              									Krystallisiren gebracht, worauf dieser Theil der Fabrication bis auf die Sublimation
                              									des Products beendigt ist.
                           Der durch Fällen der salzsauren Knochenlösung mit Kalkmilch gewonnene phosphorsaure
                              									Kalk, welcher mit thierischen Materien verunreinigt ist, wird gesammelt, und nach
                              									einander portionenweise in einem gewöhnlichen Reverberirofen schwach geglüht, bis er
                              									vollkommen und blendend weiß ist. Er behält dabei seine Pulverform, und ist nun zur
                              									Darstellung des Phosphors geeignet. Hierzu ist er wegen seiner leichteren
                              									Zersetzbarkeit tauglicher als die gebrannten Knochen, denn er enthält, auf oben
                              									angegebene Weise gewonnen, keinen freien oder kohlensauren Kalk wie die Knochen, was
                              									ein ökonomischer Vortheil ist, indem bei seiner Zersetzung an Schwefelsäure erspart
                              									wird.
                           
                        
                           III. Darstellung des
                                 									Phosphors.
                           Das Allgemeine dieser Fabrication ist bekannt; sie gehört unter diejenigen, auf
                              									welche die Fortschritte der Chemie wenig Einfluß gehabt haben, weil die bei dieser
                              									Fabrication vorkommenden Schwierigkeiten nicht in der Unvollkommenheit der
                              									chemischen Processe liegen, sondern einzig in der Destillation, bei welcher nicht
                              									nur Verlust an Phosphor statt findet, daher man die theoretische Ausbeute nicht
                              									erzielt, sondern auch eine sehr große Menge Brennmaterial verbraucht wird, welches
                              									überhaupt den größten Theil seiner Gestehungskosten ausmacht. Da in diesem Journal
                              										Bd. CXV S. 55 Professor A. Payen's Beschreibung der Phosphorfabrication mitgetheilt
                              									worden ist, so kann ich mich darauf beschränken, hauptsächlich auseinanderzusetzen
                              									worin die in Deutschland und im Elsaß gebräuchliche
                              									Darstellungsweise des Phosphors von jener Beschreibung wesentlich abweicht.
                           Zuvörderst fällt bei der Benutzung des künstlich dargestellten phosphorsauren Kalkes
                              									diejenige Arbeit weg, welche erforderlich ist um den unreinen phosphorsauren Kalk
                              									durch Weißbrennen der Knochen und Zerkleinern derselben zu erhalten.
                           Die Zersetzung des phosphorsauren Kalks vollführt man in der Hauptsache auf die von
                              										Payen angegebene Weise, ebenso das Auslaugen und die
                              									Verdampfung der Säure. Intelligentere Fabrikanten kürzen jedoch die Auslaugung des
                              									erhaltenen Gypses bedeutend ab, und erhalten zugleich stärkere Säuren, indem sie den
                              									Bodensatz von Gyps – anstatt ihn mit Wasser aufzurühren, in mit Blei
                              									ausgeschlagene Kufen bringen, worin sich ein durchlöcherter Senkboden von Blei
                              									befindet; auf denselben wird eine Schicht sehr grober Quarzstücke, dann eine Schicht
                              									groben Quarzsandes, auf diese eine Schicht feinen Sandes eingelegt, und auf letztere
                              									wird der Gypsbrei ohne Aufwühlen des Sandes gegossen. Die anhängende Säure tropft
                              									nun davon ab, und durch eine ganz geringe Quantität Wasser kann alle Säure aus dem
                              									Gypse mittelst Verdrängung entfernt werden. Die Gypsschicht läßt sich nachher vom
                              									Sande abnehmen, und dieses Sandfilter kann man lange ohne Erneuerung des feinen
                              									Sandes anwenden. Auch
                              									den Gyps welcher sich beim Abdampfen der Phosphorsäure abscheidet, kann man mit
                              									Vortheil auf gleiche Weise von der anhängenden Säure befreien.
                           Das Abdampfen der Phosphorsäure und das Vermischen der concentrirten Säure mit
                              									Holzkohlenpulver geschieht ganz auf die von Payen
                              									beschriebene Weise. Zum Abdampfen, vor dem Zusehen des Kohlenpulvers, verwendet man
                              									bleierne Pfannen, deren Boden auf eisernen Platten ruht; sie werden von dem
                              									abgehenden Feuer der Destilliröfen geheizt. Zum Abdampfen der mit Kohle gemischten
                              									concentrirten Säure, oder vielmehr zum Eintrocknen dieser Masse, benutzt man
                              									gußeiserne Kessel; sie werden wie gewöhnlich eingemauert, aber mit einem steinernen
                              									Gewölbe überdeckt, das vorn eine Arbeitsöffnung hat, durch welche man den Kessel
                              									beschicken und entleeren, sowie das Umrühren darin vornehmen kann. An der hintern,
                              									dem Arbeitsloche entgegengesetzten Seite communicirt das Gewölbe durch eine Oeffnung
                              									mit dem Schornstein der Kesselfeuerung, so daß die sich entwickelnden schwefelsauren
                              									und schwefligsauren Dämpfe dahin abziehen. Diese Construction ist der Leichtigkeit
                              									ihrer Ausführung wegen, und weil dabei die Dämpfe stets sicher abziehen, jeder
                              									andern vorzuziehen.
                           Die Destillation des Phosphors in den von Payen
                              									beschriebenen Retorten, Vorlagen und Oefen habe ich an keinem Orte in Anwendung gefunden, wohl
                              									aber vollständig mißglücken gesehen, wo man sie in Gang setzen wollte. In
                              									Deutschland verwendet man Retorten, deren Form von derjenigen der Glasretorten ganz
                              									verschieden ist. Die von Payen beschriebenen
                              									kugelförmigen Retorten erfordern zur Durchheizung viel Brennmaterial; sie kommen
                              									überdieß wegen ihrer schwierigen Herstellung theuer zu stehen, und gestatten nur
                              									eine einmalige Anwendung, da man sie nach dem Gebrauch nicht rein machen kann.
                              									– Die deutsche Retorte hat Aehnlichkeit mit den
                              									zur Darstellung des sächsischen Vitriolöls gebräuchlichen. Fig. 10 stellt eine
                              									solche Retorte im Durchschnitt dar; sie ist eine ziemlich regelmäßig durch
                              									Töpferarbeit von gutem feuerfesten Thonzeuge aufgedrehte Flasche, deren Hals etwas seitwärts gebogen ist. Aus dieser Retorte läßt
                              									sich durch spitzige Eiseninstrumente der Inhalt herausbringen, daher sie wenigstens
                              									einigemale benützt werden kann. Sie faßt zwar nicht so viel Masse wie die
                              									französische Retorte, kostet aber an manchen Orten auch nur 4–6 Kreuzer, bei
                              									einer Länge von ungefähr 18 Zoll und einem innern Durchmesser von beiläufig 4 Zoll
                              									am Bauche.
                           Es versteht sich, daß der Ofen zur Erhitzung dieser anders gestalteten Retorten auch
                              									eine andere Einrichtung haben muß. Derselbe ist ein Galeerenofen (ähnlich den
                              									Galeerenöfen in den Vitriolbrennereien), wovon Fig. 11 einen
                              									Durchschnitt nach der Breite im Aufriß vorstellt. Ein solcher Ofen enthält 24
                              									Retorten, nämlich 12 auf jeder Seite. Der untere hintere Theil der Retorten liegt
                              									auf der einen Seitenwand des Feuerraums auf; der vordere Theil oder ihr Hals geht an
                              									der entgegengesetzten Seite durch eine Oeffnung heraus,
                              									welche nur lose vermauert wird; durch diese Oeffnung bringt man überhaupt die
                              									Retorte in gehöriger Lage in den Ofen und auch aus ihm heraus. Zwischen je zwei
                              									Retorten bleibt ein freier Raum von 4–5 Zoll, damit die Flamme zwischen
                              									denselben hindurchgehen kann. In Fig. 11 sind A, A' die Retorten; b, b
                              									sind die Seitenwände des Feuerraums; c ist der Rost; d der in der Erde befindliche Aschenraum. Auf den Kanten
                              									von b ruhen die Retorten bei e,
                                 										e auf, doch nur wenig; b ist daselbst
                              									nischenartig um ein paar Zolle verschwächt, f, g, h, e
                              									sind die Oeffnungen, durch welche das Beschicken des Ofens erfolgt; durch sie geht
                              									der Hals der Retorte. Nach dem Beschicken wird dieser Theil der Wände b um den Retortenhals herum mit losen Steinen vermauert,
                              									ohne Mörtel, welcher bloß von außen auf die Fugen getragen wird, damit nach
                              									Beendigung der Destillation das Aufbrechen des Ofens an diesen Stellen, ohne andere
                              									Theile desselben zu beschädigen, mit Leichtigkeit erfolgen kann.
                           i, i ist eine durchbrochene Sandsteinplatte zur
                              									Bedeckung des Feuerraums. Viereckige Löcher in derselben leiten die abgehende Flamme
                              									aus dem Feuerraum in den Canal k, auf welchem die
                              									eiserne Platte l, l ruht, auf der die Bleipfanne sitzt,
                              									worin die Phosphorsäurelösung abgedampft wird. An der hintern Seite des Ofens,
                              									welcher an der entgegengesetzten Seite nur ein Schürloch hat, ist der Canal k mit dem Schornstein vereinigt, aber der Zug durch
                              									einen Schieber regulirbar. Die Sandsteinplatten können auch durch ein Gewölbe, oder
                              									durch große Charmotteplatten ersetzt werden. Jedoch sind Sandsteinplatten
                              									vorzuziehen; für solche ist meistens der magere bunte Sandstein brauchbar, welcher
                              									an manchen Orten zum Aufbau von Glasöfen und zur Anlegung von Hohofengestellen
                              									verwendet wird. Der Ofen wird am besten so angelegt, daß der Rost mit der Sohle des
                              									Gebäudes im Niveau liegt und der Aschenraum sich in der Erde befindet, damit die
                              									Vorlagen, welche mit den Retorten verbunden werden, nicht zu unbequem zu stehen
                              									kommen.
                           Die Vorlagen welche man in Deutschland benutzt, bestehen ebenfalls aus zwei Theilen,
                              									aber sie sind von gewöhnlichem Töpferthon angefertigt und mit Bleiglasur versehen.
                              									Der eine Theil derselben ist ein cylindrisches Gefäß nn,
                                 										nn, oben offen und gleichfalls in Fig. 11 im Durchschnitt
                              									abgebildet. Der andere Theil o, o paßt in den erstern
                              									einige Zolle hinab, und liegt durch einen deckelartigen Vorsprung auf ihm auf; oben
                              									endigt er sich in eine Oeffnung p, welche einen kurzen
                              									Hals bildet. Zwischen diesem Halse und dem Rande welcher in das untere Gefäß taucht, ist eine Röhre
                              									eingesetzt, die mit diesem Theile Ein Stück ausmacht; sie hat eine Länge von
                              									5–6 Zoll, und am hervorragenden Ende einen so großen Durchmesser, daß sie den
                              									Retortenhals bequem ausnehmen kann; innerhalb des Gefäßes springt diese Röhre einige
                              									Zolle vor, so daß sie durch Wasser gesperrt werden kann, und in demselben eintaucht,
                              									wenn der andere Theil der Vorlage damit angefüllt wird. Diese Vorlagen sind billiger
                              									als kupferne; die Fabrikanten welche letztere anzuwenden versuchten, wie sie Payen beschrieb, haben gefunden, daß sie an denjenigen
                              									Stellen, wo sie mit den heißen Phosphordämpfen und den sich entwickelnden Gasen in
                              									Berührung kommen, bald zerstört werden. Nachdem die Retorten der Reihe nach in den
                              									Ofen so gesetzt worden sind, daß eine um die andere ihren Hals nach derselben Seite
                              									richtet, so werden die Vorlagen zusammengepaßt; dann setzt man eine Bank vor jede
                              									Seite des Ofens, welche die erforderliche Höhe hat; hierauf werden die Vorlagen auf
                              									der Bank so angerückt, daß der Hals einer jeden Retorte einige Zolle in das Rohr
                              									einer Vorlage paßt.
                           Die Beschickung des Ofens ist nach dem Vorhergehenden leicht verständlich. Die
                              									Retorten werden mit der zu destillirenden Masse so weit angefüllt, daß bei der Lage
                              									derselben im Ofen nichts durch den Hals herausrollen kann; sie erhalten dann ihre
                              									gehörige Stellung; die offenen Nischen werden zugemauert und die Vorlagen angerückt,
                              									worauf man langsam anfeuert; während des Feuerns werden die Vorlagen mit Wasser
                              									angefüllt, und es wird in jede derselben ein kleiner Blechlöffel eingesetzt, der an
                              									einem Drahte befestigt ist, welcher ihm als Stiel dient. Nach 6–8 Stunden,
                              									während deren Verlauf man die Hitze beständig verstärkte, hat sich das in der Masse
                              									noch vorhandene Wasser verflüchtigt, nebst schwefliger Säure etc., und es kommen nun
                              									brennbare Gase, die sich von selbst entzünden. In diesem Zeitpunkt verkittet man die
                              									Fugen zwischen Vorlagen und Retorten mit magerem Lehm, so daß nur noch eine kleine
                              									Oeffnung bleibt, welche zum Entweichen von Gasen dient, und die man mit einem dünnen
                              									Drahte fast beständig offen erhält. Nun setzt man die Blechlöffel so ein, daß der in
                              									der Röhre der Vorlage sich verdichtende Phosphor in letztere hineintropft, und
                              									vermehrt die Hitze durch verstärkte Feuerung. Die Destillation des Phosphors
                              									beginnt, sobald sich an der mittelst des Drahtes an einer Stelle offen gehaltenen
                              									Fuge am Retortenhals ein wenig rothe Masse einsetzt, durch welche jene Fuge verengt
                              									und verstopft wird, worauf Blasen in der Vorlage entstehen, die sich von selbst
                              									entzünden. Den Gang der Destillation erkennt man am besten an der Menge von
                              									Phosphor, welche in einer gewissen Zeit in die Löffel tropft; man hebt letztere von
                              									Zeit zu Zeit so weit empor, daß man ihren Inhalt sieht, und leert denselben unter
                              									dem Wasserspiegel aus, so daß man den noch weiter übergehenden Phosphor immer wieder
                              									besonders erhält, und folglich im Stande ist die übergegangene Quantität zu
                              									beurtheilen.
                           Nach der Gasentwickelung an der offengehaltenen Fuge, und der Menge des übergehenden
                              									Phosphors kann man den Gang der Destillation ganz sicher beurtheilen, und zwar für
                              									jede einzelne Retorte. Die Entwickelung brennbaren Gases hört, nachdem sie begonnen
                              									hat, während der ganzen Operation keinen Augenblick mehr auf; wenn man die
                              									besprochene Fuge offen erhält, so brennt daselbst stets ein blaues Flämmchen, etwa
                              									wie ein Nachtlicht; kommen Tropfen von Phosphor, so kann man sie von Zeit zu Zeit
                              									zuwachsen lassen. Wenn aus einer Retorte kein solches Gas sich mehr entwickelt, so
                              									kann dieß davon herrühren, daß sie zersprungen ist, oder daß Oxydationsproducte des
                              									Phosphors den Hals derselben verstopfen, was jedoch seltener eintritt. Um in
                              									letzterm Falle den Retortenhals zu reinigen, nimmt man die Vorlage weg und bohrt mit
                              									einem starken Eisendraht den verstopften Hals durch, wobei man sich mit ledernen
                              									Handschuhen versteht, weil sonst zuweilen brennender Phosphor herausgeschleudert
                              									wird. Nach dem Reinigen des Halses wird die Vorlage wieder angelegt. Zeigte sich
                              									hingegen der Retortenhals offen, so ist dieß ein Beweis, daß die Retorte zersprungen
                              									ist; man schenkt ihr dann keine weitere Aufmerksamkeit, sondern begnügt sich nach
                              									Beendigung der Operation die Retorte zu zerschlagen und den Inhalt mit anderer
                              									Phosphorsäure, die mit Kohle eingedampft wird, zu vermischen.
                           Während des ganzen Verlaufs der Destillation erhält man das Wasser in den Vorlagen
                              									einigermaßen kalt, indem man das warme Wasser theilweise abläßt und es durch kaltes
                              									ersetzt, ohne daß die Sperrung der Röhren aufgehoben wird. Nachdem beiläufig 46
                              									Stunden fortgeheizt wurde und endlich beinahe die Weißglühhitze erreicht worden ist,
                              									nimmt die Menge des in einer gewissen Zeit übergehenden Phosphors so ab, daß das
                              									weitere Feuern sich nicht mehr lohnt. Die Vorlagen werden nun weggenommen und man
                              									leert den darin befindlichen Phosphor, welcher braun, roth, schwarz und weiß ist, in
                              									eine Stande unter kaltem Wasser aus; der Phosphor ist nämlich im rohen Zustande viel
                              									entzündlicher als im gereinigten. Der Ofen wird nach dem Erkalten aufgebrochen, die
                              									Retorten werden ausgenommen und die unbeschädigten gereinigt, worauf man dieselben
                              									und den Ofen aufs neue beschickt. Eine Retorte enthält gewöhnlich 7–8 Pfd.
                              									trockener Masse, und liefert 22–24 Loth Phosphor, ein Brand also 16–18
                              									Pfd. Phosphor. Falls mehrere Retorten zerspringen, wird nicht nur die Ausbeute
                              									verhältnißmäßig geringer, sondern es sind auch die Heizungskosten dieser Retorten
                              									während der langen Destillationszeit verloren. Die Anschaffung haltbarer Retorten
                              									und eine geschickte Feuerung derselben, um ihr Zerspringen zu verhüten, sind daher
                              									bei dieser Fabrication Hauptpunkte, und es sind insbesondere diejenigen Umstände zu
                              									berücksichtigen, durch welche sich die Destillationszeit verkürzen läßt, ohne die
                              									Retorten zu frühzeitig zu zerstören.
                           Die Fabricationsweise des Phosphors hat sich, so weit ich sie beschrieben habe,
                              									nämlich bis zur Reinigung des rohen Phosphors, im Wesentlichen seit langer Zeit
                              									nicht geändert, namentlich was die Destillation betrifft. Darüber wird sich niemand
                              									wundern, welcher weiß, wie schwierig diese Destillation zu leiten ist, wie langsam
                              									sie erfolgt, wie hoch zuletzt die Temperatur seyn muß um den Phosphor vollends
                              									abzutreiben, und wie leicht Unfälle wegen der Brennbarkeit des Phosphors eintreten,
                              									selbst bei Arbeitern welche jahrelang mit derselben beschäftigt waren, und keinen
                              									Schritt ohne Umsicht thun; aus diesen Gründen entschließt sich nicht leicht ein
                              									Phosphorfabrikant zu Versuchen, welche überdieß eine beständige Gegenwart von
                              									wenigstens 48 Stunden in Anspruch nehmen.
                           Die Verbesserungen, welche in der Phosphorfabrication noch gemacht werden können,
                              									beschränken sich lediglich auf die Destillation. Die
                              									Gestehungskosten der phosphorgebenden Masse betragen bei dem billigen Preise der
                              									Schwefelsäure und des phosphorsauren Kalks nicht ein volles Viertel vom
                              									Calculationspreise des Phosphors, dagegen betragen die Destillationskosten wegen des
                              									großen Brennmaterialverbrauchs über die Hälfte desselben. Es ist daher von
                              									vornherein eine vergebliche Speculation, aus schwarz
                                 										gebrannten Knochen (2 CaO, PO³) und Kohle, durch Vermengen mit Kieselerde und
                              									Destillation bei noch höherer Temperatur, mit Vortheil Phosphor im Großen herstellen
                              									zu wollen; denn wie viel Phosphor wird man wohl mit derselben Brennmaterialmenge
                              									erhalten, wenn man in die Retorten eine Masse füllt, welche nur 1/3 so viel
                              									Phosphorsäure enthält, als die bisher angewendete und außerdem einen weitern Zusatz,
                              									die Kieselerde, welche in der gewöhnlichen Masse fehlt, während die neue Masse
                              									überdieß zur Zersetzung eine höhere Temperatur erfordert?
                           Der Hauptübelstand bei der gegenwärtigen Destillation des Phosphors ist der Umstand,
                              									daß man die Oefen nicht in ununterbrochenem Betriebe erhalten kann, weil sie mit
                              									neuen Retorten beschickt werden müssen. Es ist jedoch nicht unmöglich, und darauf
                              									müssen die Verbesserungsversuche gerichtet werden, die Destillation des Phosphors in
                              										größeren Retorten
                              									vorzunehmen, wie sie zur Destillation des Zinks nach der Altenbergischen Methode
                              									benutzt werden, welche so lange im Feuer liegen bleiben, bis sie undicht werden, und
                              									ohne Unterbrechung der Feuerung entleert und auch ausgewechselt werden können. Es
                              									wird sich aber nicht leicht ein Phosphorfabrikant zur Anstellung eines solchen
                              									Versuchs entschließen, weil er im Falle des Gelingens nur für den Betrieb der
                              									Fabrication in großem Maaßstabe eine Nutzanwendung verspricht; 1 Cylinder könnte
                              									nämlich so viel Masse aufnehmen, als bisher 1 Ofen aufnahm, und um folglich einen
                              									Ofen mit mehreren Cylindern zu betreiben, müßten alle Vorrichtungen zur Beschaffung
                              									der Phosphorsäure entsprechend verändert, d.h. im größern Maaßstabe angeschafft
                              									werden.
                           Die Berechnung ergibt aber auch, daß dann höchstens die Hälfte des bisherigen
                              									Brennmaterials aufgehen könnte, und dadurch allein würden die Gestehungskosten des
                              									Phosphors um ein Bedeutendes zu vermindern seyn.
                           Um aus dem rohen Phosphor den reinen Phosphor zu erhalten,
                              									wird in Deutschland nicht das Auspressen desselben durch Leder angewendet, sondern
                              									er wird umdestillirt. Hierzu bedient man sich größerer gußeiserner Retorten von der
                              									Form in Figur
                                 										12.
                           Von diesen Retorten ist jede für sich in einem Ofen eingemauert und steht darin auf
                              									einem schmiedeeisernen Dreifuße. Figur 12 ist der
                              									Durchschnitt des Ofens mit der Retorte. Am Halse der Retorte wird der Ofen mit losen
                              									Steinen vermauert. An derselben Stelle geschieht das Einsetzen der Retorte in den
                              									Ofen. Der Ofen wird bloß mit Holzkohlen gefeuert. Der Retortenhals taucht höchstens
                              									eine Linie tief in das Wasser, welches in einer Schale von Steinzeug vorgestellt
                              									wird und überläuft, wenn eine Portion Phosphor die Menge des Inhalts der Schale
                              									vermehrt.
                           Der zu destillirende rohe Phosphor wird unter Wasser etwas zerkleinert, noch naß mit
                              									etwas angefeuchtetem Sand gemengt, und so in die Retorten gefüllt, in Quantitäten
                              									von 10 bis 12 Pfd. oder so viel, daß wenn er schmilzt, die Retorte nicht überläuft.
                              									Das Vermischen des Phosphors mit feuchtem Sand geschieht, damit er sich während des
                              									Einfüllens und des Einsetzens der Retorten nicht entzündet. Das Heizen erfordert
                              									viele Vorsicht; zuerst verdampft die dem Phosphor anhängende Feuchtigkeit, welche
                              									theilweise auch die Luft austreibt, die mit ihr entweicht; bald nachher entwickeln
                              									sich Blasen, die sich manchmal beim Austreten aus dem Wasser von selbst entzünden,
                              									endlich kommen Phosphortropfen, die sich im Halse der Retorte verdichten. Von
                              									letzterem Zeitpunkte an muß die Feuerung stets gleich bleiben, bis kein Phosphor
                              									mehr übergeht; die Hitze
                              									darf niemals zeitweise sich vermindern, weil sonst Luft oder Sperrwasser in die
                              									Retorte tritt, welche Explosionen hervorbringen könnten. Daß kein Phosphor mehr
                              									übergeht, kann man durch einen unter die Oeffnung der Retorte gesetzten Blechlöffel
                              									erfahren. Das Wasser in der Vorlage erhält man kalt. Den Phosphor im Blechlöffel
                              									nimmt man öfters, mit Wasser bedeckt, hinweg und gießt ihn unter kaltem Wasser aus,
                              									so daß in der Schüssel sich nur wenig von demselben ansammeln kann. Dieß geschieht,
                              									damit im Falle einer in der Retorte erfolgenden Explosion, wobei das Gas das Wasser
                              									der Vorlage umherwirft, nicht auch Phosphor mitgeschleudert werden kann. Solche
                              									Explosionen erfolgen jedoch nur im oben angedeuteten Falle. Zur Vermeidung derselben
                              									müssen für diese Destillation zuverlässige Arbeiter verwendet werden, von denen man
                              									überzeugt seyn kann, daß sie ein gleiches Feuer unterhalten. Die angewendete Hitze
                              									darf überhaupt nicht groß seyn, weil der Phosphor leicht verdampft; bei zu starker
                              									Erhitzung desselben könnte sich nicht mehr aller Dampf verdichten und würde daher
                              									solcher in Blasen entweichen, von denen jede nach dem Austreten aus dem Wasser unter
                              									Verpuffung verbrennt.
                           Nun erübrigt noch das Gießen des Phosphors in Stangenform. Diese Arbeit wird in
                              									einigen deutschen Fabriken noch viel bequemer bewerkstelligt, als Payen die Operation beschreibt. Zum Schmelzen des
                              									Phosphors wird zwar derselbe Apparat angewendet, aber anstatt Glasröhren
                              									auszuwechseln, benützt man eine einzige gut calibrirte Glasröhre, welche in den
                              									Krahn des Gefäßes eingekittet ist, worin der Phosphor schmilzt. Krahn und Glasröhre,
                              									welche letztere einige Fuß lang ist, gehen in einen Kasten, der mit kaltem Wasser
                              									gefüllt erhalten wird, und liegen unter dessen Spiegel. Stopselt man das offene Ende
                              									der Glasröhre mit einem passenden Kork zu, in welchen ein kleiner Draht ein-
                              									oder durchgesteckt ist, und öffnet man dann den Krahn am Gefäße, welches den
                              									geschmolzenen Phosphor enthält, so läuft derselbe in die Röhre und erstarrt darin,
                              									weil er durch das kalte Wasser abgekühlt wird. Zieht man nun am Stöpsel und Draht
                              									die Stange langsam heraus, so fließt frischer Phosphor nach, der sogleich wieder
                              									erstarrt. Wenn man daher das Ausziehen langsam vornimmt, so daß der nachlaufende
                              									Phosphor Zeit hat zu erstarren, so kann man denselben in einer einzigen Stange
                              									ausziehen, die in Ringen im Kasten aufgewickelt oder sogleich mit einer Schere unter
                              									Wasser in Stücke zerschnitten wird. Sollte durch Unachtsamkeit einmal zu schnell
                              									gezogen werden, so daß flüssiger Phosphor an das Ende der Glasröhre gelangt, oder
                              									dieselbe zerbrochen werden, so dreht man nur den Krahn zu, und bringt den
                              									ausgelaufenen Phosphor wieder zurück. Damit die Glasröhre nicht so leicht zerbricht, kann man sie auf
                              									zwei Seiten mit einem Blechstreifen einfassen, so daß dennoch das Erstarren des
                              									Phosphors in ihr erkannt werden kann, und derselben im Kasten durch Halter, an
                              									welche man die Blechstreifen löthet, eine feste Stellung geben. Diese Gießmethode
                              									ist ohne Zweifel die einfachste, sie ist völlig gefahrlos, sie kann ununterbrochen
                              									vor sich gehen, indem man stets neuen Phosphor zum Schmelzen bringt, und ermöglicht
                              									jedes Kaliber des Phosphors, indem man die Glasröhre durch eine andere von
                              									entsprechendem Durchmesser auswechselt. Es ist nur darauf zu sehen, daß man die
                              									Stange nie zu nahe an der Glasröhre abschneidet oder abbricht, damit stets ein Stück
                              									verbleibt, woran das Ausziehen aus der Röhre ausführbar ist, was am Anfange durch
                              									den eingeschmolzenen Draht erreicht werden mußte.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
