| Titel: | Ueber schmiedeiserne Träger und Balken; vom Civilingenieur W. Fairbairn. | 
| Fundstelle: | Band 144, Jahrgang 1857, Nr. LXII., S. 250 | 
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                        LXII.
                        Ueber schmiedeiserne Träger und Balken; vom
                           								Civilingenieur W. Fairbairn.Auszug aus seinem Bericht an den Präsidenten des Handelsamts (Board of Trade) über die Pariser allgemeine
                                 										Industrieausstellung.
                           							
                        Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, März 1857,
                              									S. 76.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									IV.
                        Fairbairn, über schmiedeiserne Träger und Balken.
                        
                     
                        
                           In der Darstellung schmiedeiserner Balken, Träger, kurz des sogenannten
                              									Façon-Eisens haben die Franzosen einen großen Vorsprung, wie die im Jahre 1855 zu
                              									Paris ausgestellt gewesenen derartigen Fabricate der Montataire- und anderer
                              									Hütten bewiesen haben, indem dieselben einen Grad der Vollendung zeigten, der in
                              									Britannien noch nicht erreicht worden ist. Einige von den Balken, deren Gestalt und
                              									Dimensionen Fig.
                                 										15 zeigt, waren bis zu 60 Fuß Länge ausgewalzt worden, und andere Formen,
                              									von größern Dimensionen, wie Fig. 16 zeigt, stellte
                              									man 40 F. lang dar. Diese und andere Schaustücke von verschiedenen Dimensionen
                              									zeigten, wieviel in dieser Beziehung schon geschehen ist und wie viel noch in diesem
                              									Fabricationszweig zu thun bleibt; und wir müssen daher fragen, warum die Walzhütten
                              									in England und Schottland noch nicht dergleichen Fabricate von derselben Güte in den
                              									Handel gebracht haben. Zweckmäßige Walzeisensorten dieser Art können in der
                              									Architektur mit großer Ersparung an Materialien und Kosten, so wie mit größerer
                              									Sicherheit als die jetzt gebräuchlichen Balken von zusammengenietetem Winkeleisen,
                              									welche Fig.
                                 										17 zeigt, verwendet werden. Es wird dadurch ein neuer Zweig der
                              									Eisenfabrication eingeführt werden, der allen Anforderungen des Bau- und
                              									Maschinenwesens entspricht, indem das Fabricat Festigkeit mit Dauerhaftigkeit
                              									verbindet. Diese schmiedeisernen Balken sind keinen zerstörenden Einflüssen
                              									unterworfen, wie das Holz durch Fäulniß, und wenn sie trocken liegen und von
                              									Gypsmörtel umgeben sind, so rosten sie auch niemals. Mehrere Bauten in Paris haben
                              									dieß hinlänglich bewiesen. Außer den genannten Vortheilen besitzen diese Balken auch
                              									den sehr wesentlichen der Feuerfestigkeit.
                           Die Decken fast aller bessern Gebäude in Paris werden jetzt mit eisernen Balken
                              									construirt, welche 2 bis 2 1/2 Fuß von einander entfernt liegen. In etwa 3 1/2 Fuß
                              									Entfernung von einander werden der Quere nach laufende Ziehstangen angebracht, auf
                              									welchen dünne eiserne Stäbe, 1/2 Zoll im Quadrat stark, liegen und zwar drei
                              									zwischen jedem Balken; diese Stäbe gehen durch hohle Ziegelsteine von der in Fig. 18
                              									dargestellten Form. Die Ziegelsteine haben eine schwache Bogenform und der Raum
                              									unter ihnen ist mit Gyps ausgefüllt, so daß die Decke vollkommen fest und dicht ist.
                              									Quer über diese Stäbe und Bögen legt man hölzerne Balken, welche den Breterbogen
                              									aufnehmen, während unter demselben, zwischen den Balken leere Räume A, A. zurückbleiben (Fig. 19). Solche Decken
                              									sind ganz feuerfest, und da der Gyps ein schlechter Wärmeleiter ist, so gleicht er
                              									die Temperatur des Zimmers aus. Der einzige Einwurf trifft die offenen Räume A, A, Fig. 19, zwischen den
                              									Bögen und dem hölzernen Fußboden, welche dem Ungeziefer einen Aufenthalt gewähren;
                              									dieß kann aber dadurch verhindert werden, daß man die Räume A, A etc. mit einer etwa 6 Zoll starken Gypsfüllung versieht, so daß gar
                              									kein Zwischenraum
                              									bleibt. Diese Constructionsart ist in Paris und in anderen französischen Städten in
                              									allgemeinem Gebrauch, und ihrer Vortheile wegen sehr zu empfehlen.
                           Bei der Fabrication des erwähnten Constructionseisens haben die Franzosen keine große
                              									Aufmerksamkeit aus die Form verwendet, um den der größten Festigkeit entsprechenden
                              									Querschnitt zu erlangen. Die französischen Mathematiker und Ingenieure kennen sehr
                              									wohl die Versuche welche im Jahre 1845 zur Ermittelung der Festigkeit und Form
                              									eiserner Balken angestellt wurden, als es sich darum handelte das Princip für den
                              									Bau der Britannia- und Conway-Röhrenbrücke festzustellen. Die aus
                              									diesen Versuchen abgeleiteten Formeln hat man dann auch in Frankreich bei ähnlichen
                              									Constructionen angewendet. Sie ergaben, daß schmiedeiserne Balken bei ihrem
                              									Widerstande gegen die auf sie einwirkenden Kräfte ein ganz anderes Gesetz befolgen,
                              									als Gußeisen; daß bei schmiedeisernen Balken die untere Querrippe wenig mehr als
                              									halb so breit wie die obere zu seyn braucht, während bei gußeisernen Balken die
                              									Oberfläche der untern Rippe das Sechsfache vor derjenigen
                              									der obern betragen muß. Dieser Unterschied rührt von dem großen Widerstande her, den
                              									das Stabeisen der zerreißenden Kraft entgegensetzt, also von seiner bedeutenden
                              									absoluten Festigkeit, und von dem geringen Widerstande den es gegen die Zerdrückung
                              									leistet, also von seiner geringen rückwirkenden Festigkeit. Letztere besitzt aber
                              									das Gußeisen in hohem und dagegen die absolute Festigkeit in geringem Grade.
                           Die nachstehende Tabelle der Widerstände zeigt, wie das Material vertheilt werden
                              									muß, um die größte Festigkeit mit dem wenigsten Material zu erreichen.
                           Es leisten Widerstand:
                           
                              
                                 
                                 der
                                    											Zerreißung,      in Tonnen.
                                 der
                                    											Zusammen-    drückung,   
                                    											in Tonnen.
                                 
                              
                                 Schmiedeiserne Platten   
                                       
                                    											23
                                         12
                                 
                              
                                 Kupfer
                                       
                                    											16
                                           3
                                 
                              
                                 Gußeisen
                                          8
                                         51
                                 
                              
                           Wir haben gesehen daß, um die größte Festigkeit bei einem schmiedeisernen Balken mit
                              									dem wenigsten Material zu erlangen, die Oberfläche der obern Rippe fast die doppelte
                              									von der untern seyn muß. Da dieß aber in der Praxis mit Schwierigkeiten verbunden
                              									ist, so empfehle ich die in Fig. 20 abgebildete Form
                              									als die größte Näherung für den festesten Querschnitt. Es ist wünschenswerth, die
                              									obere Rippe so breit als thunlich zu machen, um dem Balken Seitenfestigkeit zu
                              									geben, und bei dieser
                              									Form würde das jetzt für die untere Rippe nutzlos angewendete Material erspart
                              										werden.Mit Bezug auf die Beschreibung der bei solchen Eisensorten angewendeten
                                    											Walzwerksvorrichtung mit vor- und rückgängiger Bewegung, von dem k.
                                    											k. Hüttenverwalter Schliwa (S. 161 in diesem Bande des polytechn. Journals) bemerken
                                    											wir, daß sowohl in dem österreichischen Bericht von Tunner über die Pariser Ausstellung, S. 82, als auch in dem
                                    											Bericht der Zollvereinsstaaten, S. 318, diesem französischen
                                    											Constructionseisen großes Lob gezollt wird. Der gegenwärtige Stand dieser
                                    											Fabrication ist uns nicht bekannt, wir glauben aber annehmen zu dürfen, daß
                                    											er überall im Fortschreiten begriffen ist. H.
                              								
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
