| Titel: | Verbesserte Wasserglasanstriche; von H. Creuzburg. | 
| Autor: | H. Ch. Creuzburg [GND] | 
| Fundstelle: | Band 144, Jahrgang 1857, Nr. LXX., S. 293 | 
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                        LXX.
                        Verbesserte Wasserglasanstriche; von H. Creuzburg.
                        Creuzburg's verbesserte Wasserglasanstriche.
                        
                     
                        
                           Vorerinnernd sey erwähnt, daß man das Wasserglas nur in Verbindung mit erdigen und
                              									metallischen Farbkörpern, und nicht für sich allein verarbeiten darf, wenn man
                              									dauerhafte Anstriche erhalten will; daß aber die meisten dieser Körper mit dem
                              									Wasserglas mehr oder weniger schnell zu einer festen Masse (Silicat) gerinnen, weßhalb das
                              									Wasserglas in dieser Weise kaum zur Anwendung tauglich ist.
                           Diesem Mangel soll mein neues Verfahren abhelfen. Dasselbe besteht darin, daß die
                              									Körperfarben nicht mit Wasserglas, sondern bloß mit einer Mischung von gleichen
                              									Theilen Wasser und abgerahmter Milch abgerieben werden. (Mit bloßem Wasser
                              									abgerieben, würden sich die Farben zu leicht wegwischen.) Das 33grädige Wasserglas,
                              									mit 2 Theilen warmen Regenwassers verdünnt, so wie die auf angegebene Weise
                              									abgeriebene Farbe wird, jedes für sich, in der Art
                              									aufgestrichen, daß jedesmal zuerst Wasserglas, dann Farbe, auf diese wieder
                              									Wasserglas und so fort aufgetragen werden, daß also die Farbschichten immer zwischen
                              									zwei Wasserglasschichten kommen, und daß mit mehreren Wasserglasanstrichen
                              									geschlossen wird. Jeder Anstrich ist in 1/2 Stunde trocken genug, um einen neuen
                              									Anstrich zu vertragen, und es kann also von 1/2 Stunde zu 1/2 Stunde ein frischer
                              									Anstrich gegeben werden. Man wird hiernach begreifen, daß man nach dieser Methode
                              									eine Menge Anstriche oder große Flächen binnen einem Tag fertig machen und überdieß
                              									die Gegenstände gleich in Gebrauch nehmen kann, da auch der letzte
                              									Wasserglasanstrich in 1/2 Stunde trocknet, ohne jene Klebrigkeit zu hinterlassen,
                              									welche bei Oelanstrichen so unangenehm ist. Die Doppelanstriche müssen natürlich
                              									mehreremale wiederholt werden, bis die Farbe gehörig deckt.
                           Bei diesem Verfahren erleiden die erdigen und metallischen Farbkörper eben so gut die
                              									Metamorphose der Verkieselung, als wären sie direct mit Wasserglas angerieben
                              									worden.
                           Ein Theil des Wasserglases wird zersetzt, indem seine Kieselsäure mit der Basis des
                              									Farbkörpers ein hartes Silicat bildet, während Alkali frei gemacht wird; ein anderer
                              									Theil des Wasserglases aber bleibt unzersetzt und verbindet die aufgetragenen
                              									Schichten zu einer einzigen.
                           Diese Anstriche werden sehr schön, wenn sie geschliffen und dann mit Oel polirt
                              									werden; es ist aber hierzu nöthig, die Anstriche öfter zu wiederholen, damit man
                              									nicht zu leicht durchschleift. Das Poliren mit Oel hat noch den Vortheil, daß das
                              									freie Alkali durch das Oel an der Oberfläche verseift und weggenommen wird, wodurch
                              									zeitweilige Auswitterungen, wenn das Alkali Natron ist, vermindert oder verhindert
                              									werden, wiewohl das Natron, wenn die Gegenstände im Freien sind, vom Regen
                              									weggewaschen wird.
                           Die großen Vortheile der Wasserglasanstriche sind in die
                              									Augen fallend; sie bestehen nämlich:
                           
                              1) in der Schnelligkeit, da jede halbe Stunde ein frischer
                                 										Anstrich gegeben werden kann;
                              2) in der Geruchlosigkeit, der lästige Firnißgeruch fällt
                                 										weg;
                              3) in der Reinheit des Farbentones. Das Nachgilben, Nachdunkeln
                                 										der Farben, besonders der weißen durch Desoxydation der Metalloxyde, ist hier
                                 										nicht möglich;
                              4) in der Dauerhaftigkeit, worin die Oelanstriche den
                                 										Wasserglasanstrichen weit nachstehen. Oel und Theer sind, als organische Körper,
                                 										vergänglich, verweslich; die Substanz des Wasserglases nebst den Basen der
                                 										Farben, welche man mit ihr verbindet, gehört dem Mineralreiche an. Ein
                                 										Theeranstrich verzehrt sich z.B. nach und nach binnen einem Jahre im Freien, und
                                 										schützt dann nicht mehr, wenn der Anstrich nicht erneuert wird. Lassen wir einen
                                 										Firnißanstrich im Freien zwei Jahre ausdauern, so wird sich bis dahin das fette
                                 										Bindemittel so verzehrt haben, daß man das Bleiweiß, womit der Firniß
                                 										aufgetragen wurde, mit dem Finger wegwischen kann;
                              5) in der Feuerbeständigkeit. Während ein Oelanstrich die
                                 										Feuergefährlichkeit des Holzes etc. vermehrt, ist beim Wasserglasanstrich gerade
                                 										das Gegentheil der Fall;
                              6) in der Wohlfeilheit der Wasserglasanstriche gegen
                                 										Firnißanstriche. Wenn das Pfund Wasserglas 18 kr. kostet, so bekommt man durch
                                 										vorschriftsgemäße Verdünnung drei Pfund Anstrichwasserglas à 6 kr. das Pfund. Die verdünnte Milch zum
                                 										Abreiben der Körperfarbe ist bezüglich des Preises nicht der Rede werth.
                              
                           Praktische Vortheile beim Anstreichen. Das verdünnte
                              									Wasserglas läßt sich natürlich ganz leicht mit dem Pinsel gleichmäßig auftragen.
                              									Nicht so leicht ist das Auftragen des Farbebreies. Die Farben, besonders
                              									Blei- und Zinkweiß, dürfen nicht zu dick angerieben werden, und das Auftragen
                              									muß so rasch und gleichmäßig als möglich geschehen, weil die Farbmasse (von der
                              									vorausgegangenen Wasserglasschichte) bald aufgesogen wird, und die Stellen, welche
                              									schon angezogen haben, sich schieben oder doppelte Schichten bilden, wenn man sich
                              									verspätet sie mit dem Pinsel auszugleichen. Solche ungleiche Schichten blättern sich
                              									gerne ab, wenn sie nachher mit Wasserglas überstrichen worden sind, während die
                              									gleichmäßig aufgetragenen Stellen ganz tadellos bleiben. Man hat sich also zum
                              									Auftragen der Farbmasse einige Fertigkeit anzueignen.
                           Geeignete Farben sind für Gelb: chromsaurer Baryt (etwas
                              									blaß), Neapelgelb (dunkler); für Blau: Smalte, Ultramarin; für Grün: die Mischung
                              									von Gelb und Blau (nicht schön), grüner Ultramarin (blaugrün) und Schweinfurtergrün;
                              									für Orange: das gewöhnliche Chromgelb (chromsaures Bleioxyd), auch die hellgelbe
                              									Sorte gibt auf Wasserglas Orange; für Weiß: Bleiweiß und Zinkweiß, Permanentweiß, Schlämmkreide; für Roth:
                              									Zinnober, Mennige; für Braun: caput mortuum, englisch
                              									Roth; für Schwarz: Kienruß, Knochenkohle.Die Anstriche der dunkleren Farben bekommen gerne einen weißen Anflug, zumal
                                    											in der Sonne, obwohl sich derselbe über Nacht wieder etwas mindert. Durch
                                    											Ueberreiben mit einem in Leinöl getränkten Lappen wird diesem weißen Anflug
                                    											größtentheils vorgebeugt. Die meisten übrigen Farben werden vom Wasserglas zersetzt und mehr oder
                              									weniger zerstört.
                           Man hat darauf zu sehen, daß das Wasserglas schwefelfrei ist (nicht nach faulen Eiern
                              									riecht), da ein solches bei den meisten Metallfarben einen schmutzigen Ton
                              										hervorbringt.Gutes, schwefelfreies Wasserglas ist zu beziehen von F. C. Fikentscher in Zwickau, Dr. L. C. Marquart in Bonn, Fr. Sänger in Erfurt, Gg. M. Orth in Marktheidenfeld a. Main, und Carl Buchner in München.
                              								
                           Hr. Sänger in Erfurt empfiehlt neuerdings ein Wasserglas
                              									geringeren Kieselerdegehaltes als Surrogat für Seife. In der That nimmt dasselbe,
                              									dem Wasser in geringer Menge zugesetzt, den Schmutz aus der Wäsche sehr schnell weg,
                              									so daß eine Ersparniß an Seife erzielt zu werden scheint. Blutflecken werden
                              									namentlich viel schneller und unmerklicher entfernt als mittelst Seife, was dem
                              									Chemiker leicht einleuchten wird.