| Titel: | Ueber Brodfabriken; von C. Schinz. | 
| Autor: | C. Schinz | 
| Fundstelle: | Band 144, Jahrgang 1857, Nr. LXXI., S. 295 | 
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                        LXXI.
                        Ueber Brodfabriken; von C. Schinz.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									IV.
                        Schinz, über Brodfabriken.
                        
                     
                        
                           Es ist auffallend, daß die Industrie, welche im Verein mit dem Capital für die
                              									wohlfeilere Production der meisten Bedürfnisse so thätig ist, sich nicht schon
                              									längst mit Erfolg der Brodfabrication zugewendet hat, um, wie andere Fabricate, auch
                              									das notwendigste Nahrungsmittel des Menschen verhältnißmäßig billiger zu
                              									liefern.
                           In der neuesten Zeit wurden als Verbesserungen des Backofens sehr verschiedenartige
                              									Constructionen desselben vorgeschlagen, jedoch ohne wesentlichen Erfolg. Einerseits
                              									kamen die Sachverständigen immer wieder auf den Satz zurück, daß ein continuirlicher, Tag und Nacht fortdauernder Betrieb
                              									des Backofens das einzige praktische Mittel sey, um das immer theurer werdende
                              									Brennmaterial zu sparen. Anderseits führen die mit sämmtlichen neuen
                              									Ofenconstructionen gemachten Erfahrungen zu dem Schluß, daß der alte gewölbte
                              									Backofen, mit guten Steinen erbaut, zur Erzeugung untadelhaften Brodes sich am
                              									besten eigne. Es müssen also, um schönes Brod zu backen, gewisse Bedingungen erfüllt
                              									werden, welchen der alte Backofen besser entspricht, als alle anderen
                              									Constructionen.
                           Der Bäcker muß nothwendig eine ziemliche Uebung erlangt haben, um seinem Brodteige
                              									weder zu wenig noch zu viel Wasser einzuverleiben, denn im ersten Falle geht
                              									derselbe durch die Gährung nicht genügend auf, weil er der durch die Gährung
                              									erzeugten gasförmigen Kohlensäure zu viel Widerstand leistet, im zweiten Falle
                              									entweicht diese zu leicht, indem sie sich durch die Oberfläche des Teiges Bahn
                              									bricht. Wenn letzteres bei gewöhnlicher Temperatur nur in geringem Grade der Fall
                              									ist, so erfolgt es doch in höherer Temperatur, z.B. bei 100° C., weil dann
                              									der Teig weniger zähe wird. Die Bäcker sagen alsdann das Brod sey verlaufen, und
                              									dieses geschieht wenn entweder der Teig zu wässerig ist, oder wenn er in einen Ofen
                              									eingeschlossen wird, der nicht heiß genug ist. Warum verläuft aber der Brodteig gar
                              									nicht oder doch weniger, wenn der Ofen die richtige Temperatur hat? Weil in dem Ofen
                              									eine chemische Veränderung an der Oberfläche des Brodes eintritt; unter dem Einfluß
                              									der höheren Temperatur und bei Gegenwart von Wasserdämpfen verwandelt sich nämlich
                              									das Stärkmehl in Dextrin, welches eine elastische Rinde bildet, die dem Entweichen
                              									der im Brode eingeschlossenen Gasbläschen Schranken setzt. Nur unter dieser
                              									Bedingung können die im Brodteige vertheilten Gasbläschen sich durch die Wärme
                              									ausdehnen, ohne an der Oberfläche zu entweichen, so daß das Brod an Umfang
                              									zunimmt.
                           Man sollte nun freilich meinen, daß die richtige Temperatur des Ofens genügen würde,
                              									um dieses Resultat zu erreichen, und daß der Pariser (Roland'sche) Backofen mit sich drehender Sohle, der Münchener (Schörg'sche) eiserne Muffelofen und der Stuttgarter
                              									Backstein-Muffelofen, auf die richtige Temperatur gebracht, diese Bedingung
                              									gleich gut erfüllen würden. Dem ist aber nicht so, wie ich an einem Beispiel zeigen
                              									will.
                           Ein Backofen von 12 Fuß Länge und 7 Fuß Breite faßt 400 Pfd. Brod. Diese entsprechen
                              									im Durchschnitt 266 Pfd. Mehl, welche mit 400 Pfd. Wasser getränkt sind. Von diesen
                              									400 Pfd. Wasser werden durch das Backen wieder verdunstet: 266 Pfd. Diese Quantität
                              									Wasser erfordert zu ihrer Verdunstung 266 × 640 = 63840
                              									Wärme-Einheiten; die Erwärmung der verbleibenden Stoffe auf beiläufig
                              									160° C. erfordert 400 × 160 = 64000 Wärme-Einheiten.
                           
                           Dieser Aufwand an abzugebender Wärme findet zwar nicht in einem Augenblicke statt,
                              									denn die Backzeit für größere Brode ist gewöhnlich eine Stunde; gewiß ist aber, daß
                              									der größere Theil dieses Wärmeaufwandes von zusammen 127840 W. E. gleich zu Anfang
                              									in Anspruch genommen wird, denn der wässerige Brodteig absorbirt die Wärme sehr
                              									schnell. Der bei weitem größere Theil dieser Wärme wird der Sohle des Backofens
                              									entzogen, auf welcher die Brode liegen.
                           Nehmen wir an, die Hälfte dieser Wärme werbe in den ersten 10 Minuten nach dem
                              									Einschießen des Brodes consumirt, so muß jeder Quadratfuß Sohlenfläche in dieser
                              									Zeit 761 W. E. und folglich per Stunde 4566 W. E.
                              									abgeben. Dieß ist nahezu so viel, als die Uebertragung der Wärme in einer Locomotive
                              									beträgt. Wenn nun der Quadratfuß Sohlenfläche schnell 761 W. E. abgeben soll, so muß
                              									er auch eine solche Wärmemenge in der Art enthalten, daß weder ein Verbrennen des
                              									Brodes stattfinden kann, noch eine zu schnelle Abkühlung desselben, welche nach
                              									Verfluß der ersten Einwirkung schädlich wirken oder wenigstens den Backproceß sehr
                              									verlangsamen würde.
                           Es kommt also darauf an, der Sohle eine solche Wärmecapacität zu geben, daß sie die
                              									aufgenommene Wärme schnell abgeben kann, ohne ihre richtige Temperatur in
                              									bedeutendem Maaße zu mindern. Angenommen, die richtige Temperatur im Ofen sey 225
                              									bis 275° C., die Dicke der Sohle von Backsteinen 1/2 Fuß; so wird ein
                              									Quadratfuß
                           
                              
                                 bei 225° enthalten:
                                 1/2 . 25 . 225° = 2782 W. E.
                                 
                              
                                   „  275°      
                                    											„
                                 1/2 . 25 . 275° = 3437 W. E.
                                 
                              
                           Von diesen sind in den ersten 10 Minuten 761 W. E. abzugeben,
                              									was mit der Differenz 3437 – 2782 = 655 schon ziemlich nahe stimmt. Daraus
                              									geht klar hervor, daß dieses Verhältniß nicht erreicht werden kann, wenn die Sohle
                              									dünner oder gar von Gußeisen ist; und da eine constante Zuströmung fortdauernd
                              									entwickelter Wärme von unten erfahrungsmäßig die Gefahr darbietet das Brod zu
                              									verbrennen, so kann in jenen Fällen von Maaßhalten zwischen Temperaturen von
                              									225° und 275° C. gar nicht die Rede seyn. Diesem Uebelstande haben
                              									freilich die Erfinder verbesserter Backöfen theilweise abgeholfen, indem sie die von
                              									unten geheizte Sohle dicker machten, ohne jedoch die Gefahr des Verbrennens dadurch
                              									ganz zu beseitigen.
                           Damit sind aber noch nicht alle Bedingungen erfüllt, welche der Backproceß erheischt.
                              									Wir haben oben der chemischen Veränderung erwähnt, welche an der Oberfläche des
                              									Brodes stattfinden muß, um durch Bildung einer elastischen Kruste das Entweichen der
                              									Kohlensäure zu verhindern, und um überhaupt durch Bildung dieser Kruste ein schönes,
                              										gutes und leicht
                              									verdauliches Brod zu erzielen; hier ist nun die Klippe, an welcher unsere Erfinder
                              									verbesserter Backöfen durchgehend gescheitert sind.Die einzige mir bekannte Ausnahme macht der Perkins'sche Heißwasserröhren-Backofen (polytechn. Journal
                                    												Bd. CXXIII S. 431), welchen ich
                                    											von dem Civilingenieur Joh. Haag in Augsburg
                                    											ausgeführt sah; diese Construction ist ganz rationell, kommt aber leider zu
                                    											theuer zu stehen.
                              								
                           Um diese chemische Veränderung der Oberfläche des Brodes hervorzurufen, ist nicht nur
                              									als Hülle eine Atmosphäre von Wasserdampf erforderlich, sondern dieser Wasserdampf
                              									muß auch auf eine entsprechende Temperatur erhitzt werden, welche wahrscheinlich
                              									nicht unbedeutend höher als 225° C. ist. Da das Gewölbe des Ofens nicht durch
                              									Leitung der in ihm enthaltenen Wärme nach unten wirken kann, so muß seine Function
                              									nothwendig darin bestehen, daß es Wärme ausstrahlt, und dieses ist die richtige
                              									Lösung des erwähnten Problems. Ein von oben geheiztes Gewölbe wird nur wenig Wärme
                              									aufnehmen, selbst wenn es (statt aus Backsteinen) aus Eisenblech construirt ist, und
                              									bei einem solchen die geeigneten Temperaturgränzen einzuhalten, wäre eine praktische
                              									Unmöglichkeit. Wird hingegen, wie dieß bei dem alten Backofen der Fall ist, das
                              									Gewölbe aus Backsteinen construirt und von unten geheizt, so nimmt es eine
                              									bedeutende Wärmemenge in sich auf, welche bei eintretendem Backproceß großentheils
                              									durch Strahlung auf die Oberfläche des unter dem Gewölbe liegenden Brodes
                              									zurückgeworfen wird. Selbst abgesehen von der chemischen Veränderung welche die
                              									Oberfläche des Brodes erfahren soll, würde ein einseitiges Erwärmen des Brodteiges
                              									kein entsprechendes Brod erzeugen, weil die höheren Schichten der Teigmasse nicht
                              									gebacken werden könnten, ohne daß man von unten eine solche Temperatur wirken läßt,
                              									die das Brod an der Sohle verbrennen würde.
                           Die Ausstrahlungsfähigkeit eines Backofen-Gewölbes läßt sich nach der
                              									bekannten Dulong'schen Formel T = m (at – 1) + ntb beurtheilen.
                           Nehmen wir als Fläche 1 Quadratfuß und als Zeit eine Stunde an, so werden bei einem
                              									Temperatur-Ueberschusse des wärmeabgebenden Körpers von
                           
                              
                                 100° C. durch Strahlung
                                 146 W. E., durch Leitung
                                   84 W. E. abgegeben
                                 
                              
                                 150°        
                                    											„          „
                                 273    „        
                                    											„        „
                                 138
                                 
                              
                                 200°        
                                    											„          „
                                 460    „        
                                    											„        „
                                 197
                                 
                              
                                 250°        
                                    											„          „
                                 734    „        
                                    											„        „
                                 263
                                 
                              
                           
                           Die Strahlung aus dem Gewölbe wird daher nur dadurch zu einer constanten und
                              									gleichförmigen gemacht werden können, daß man in diesem Gewölbe eine große
                              									Wärmemenge aufspeichert, welche bezüglich des während des Backens stattfindenden
                              									Wärmeverlusts unendlich groß ist. Ein Quadratfuß Gewölbe von 1/2 Fuß Dicke faßt bei
                              									300° C. Temperatur = 300 . 25 . 1/2 = 3750 W. E.; davon strahlen während
                              									einer Stunde Backzeit, bei 100° Temperatur-Differenz zwischen Gewölbe
                              									und Sohle, nur 146 W. E. aus, und die ursprüngliche Temperatur des Gewölbes wird
                              									daher bloß auf (3750 – 146)/(25 . 1/2) = 288° herabgehen können, also
                              									um 12° C. sinken.
                           Obgleich aber alle Bemühungen, die alten Backöfen im Wesentlichen zu verbessern,
                              									vergeblich seyn werden, so folgt daraus keineswegs, daß bei der Brodfabrication
                              									nicht eine bedeutende Brennmaterial-Ersparniß erzielbar ist.
                           In erster Linie ist zu diesem Zweck, wie bereits erwähnt, ein continuirlicher Betrieb
                              									des Backofens das geeignete Mittel.
                           Ferner ist in den alten Backöfen, seyen sie Flammöfen oder werde das Holz direct im
                              									Backraume verbrannt, die Verbrennung meistens eine unvollkommene, und es entsteht
                              									viel Rauch, welcher den Kamin und die Züge mit Ruß überzieht; dieser ist aber nicht
                              									nur reiner Verlust an Brennstoff, sondern seine Entfernung verursacht auch viel
                              									Mühe.
                           Endlich macht es die Natur des Backofens unmöglich, alle entwickelte Wärme für den
                              									Backofen selbst zu benutzen; es wird sogar nur der kleinste Theil derselben wirklich
                              									zum Backen verwendet. Wie wir oben gesehen haben, sind zum Backen von 400 Pfd. Brod
                              									nach der Theorie nur 127840 W. E. erforderlich, was 33 Pfd. Holz oder 17 Pfd.
                              									Steinkohlen entspricht, also für 1 Pfd. Brod 0,08 Pfd. Holz oder 0,04 Pfd.
                              									Steinkohle, während in der Praxis von 0,2 bis 1 Pfd. Holz für 1 Pfd. Brod consumirt
                              									wird.
                           Es läßt sich daher Ersparniß an Brennstoff bei der Brodfabrication erzielen, indem
                              									man 1) den continuirlichen Ofenbetrieb einführt, 2) den Ofen mit einem Herde
                              									versieht, welcher eine möglichst vollkommene und intensive Verbrennung gewährt, und
                              									3) die große Menge abgehender Wärme zweckmäßig zu benutzen sucht.
                           Bei einer Brodfabrik ist der continuirliche Betrieb als selbstverständlich
                              									vorauszusetzen. Der geeignetste Verbrennungsapparat für den Backofen ist gewiß der
                              									bekannte Gasofen ohne Gebläse, da dieser Gasgenerator einerseits die vollständigste
                              									Ausnutzung der Brennmaterialien gestattet, anderseits eine möglichst intensive Flamme gibt, und auch
                              									die Anwendung geringerer und wohlfeilerer Brennmaterialien zuläßt.
                           Die Verwendung der sehr bedeutenden Quantität abgehender Wärme bildet endlich den
                              									wichtigsten Punkt für eine Brodfabrik welche in je 24 Stunden 15000 bis 25000 Pfd.
                              									Brod zu fertigen hat. Zu einer solchen Production sind wenigstens vier Backöfen von
                              									12 Fuß Länge und 7 Fuß Breite erforderlich, welche abwechselnd von einem und
                              									demselben Herde oder Gasgenerator beheizt werden können und in derselben Folgenreihe
                              									zum Backen verwendet werden.
                           Wird nun ein solches Backofen-System so construirt, daß alle abgehende Wärme
                              									unter Dampfkessel strömt (indem man überdieß die äußeren Wandungen der Backöfen zur
                              									Verminderung von Wärmeverlust möglichst reducirt), so wird den Dampfkesseln eine
                              									solche Wärmemenge zugeführt werden, daß dieselbe mehr als 16 Pferdekräfte zu
                              									entwickeln vermag, also eine Triebkraft welche hinreicht um so viel Getreide zu
                              									mahlen als zur Erzeugung des angegebenen Brodquantums erforderlich ist.
                           Fig. 21 und
                              										22
                              									erläutern eine solche Construction im Allgemeinen;Die Grundsätze derselben wird der Verfasser ausführlicher in seinem Lehrbuche der Wärme-Meßkunst entwickeln, welches demnächst bei C. Mäcken in Reutlingen erscheint. dieselbe könnte natürlich nur bezüglich festgestellter Verhältnisse und
                              									Localitäten in den Details entworfen werden.
                           Fig. 21 zeigt
                              									den verticalen Durchschnitt durch den Gasgenerator und die vier neben demselben und
                              									theilweise über einander liegenden Backöfen.
                           Fig. 22 ist
                              									ein horizontaler Durchschnitt durch einen der Backöfen und durch die
                              									Gasleitungs- und Gasverbrennungs-Canäle.
                           Der Generator A ist für Steinkohlengrus construirt und
                              									hat zwei pultförmig gegen einander liegende Röste; in der Zeichnung ist nur die, die
                              									Röste tragende Scheidemauer a, a sichtbar, und der
                              									Speiseschacht b, durch welchen die Kohlen aufgegeben
                              									werden.
                           c, c zeigt die Gascanäle, welche durch die feuerfesten
                              									Thonschieber d, d geöffnet und geschlossen werden
                              									können. Die Mechanismen um die Schieber zu öffnen und zu schließen, können natürlich
                              									sehr verschieden seyn, und sind in der Zeichnung nur beispielsweise angegeben.
                           e, e sind zwei concentrische Röhren von Gußeisen oder
                              									Eisenblech, mit Oeffnungen zum Durchlassen der Luft welche zur Verbrennung der aus
                              									dem Generator kommenden Gase dient; je nachdem die congruenten Oeffnungen in der Achse der
                              									concentrischen Röhren einander gleich oder mehr oder weniger verrückt werden, wird
                              									der Zutritt der Luft zu dem Gase mehr oder weniger gestattet oder auch ganz
                              									verhindert werden. Da diese Röhren unter allen drei Gascanälen hindurchgehen, so
                              									wird das Verschieben der innern Röhre zugleich für alle drei neben einander liegenliegengen Gascanäle als Regulator dienen.
                           f, f sind die Canalstücke in denen die Verbrennung der
                              									Gase stattfindet, so daß die vollständig entwickelte Flamme aus denselben heraus in
                              									die Backöfen B, B schlägt.
                           g, g sind die Füchse, durch welche die Flamme aus den
                              									Backöfen austritt; von diesen nur geht die Flamme unter die Dampfkessel C, C und endlich in den Kamin D.
                           Werden nun im Gasgenerator stündlich 100 Pfd. Steinkohlengrus consumirt, wovon 17
                              									Pfd. für das Brod effectiv verwendet werden, so bleiben 83 Pfd. Kohle oder deren
                              									Wärme-Aequivalent für die Dampferzeugung übrig, und da die Gasflamme immer
                              									noch heißer unter die Dampfkessel gelangt, als dieß bei gewöhnlicher Feuerung (wo
                              									100 Proc. Luftüberschuß mitgehen) der Fall ist, so bleibt gar kein Zweifel übrig,
                              									daß für je 5 Pfd. Kohle (also 83/5 = 16,6) eine Pferdekraft gewonnen werde,
                              									vorausgesetzt daß die Dampfkessel hinlängliche und gut angeordnete Heizflächen
                              									darbieten.
                           Es kann in Frage kommen, ob wirklich 100 Pfd. Steinkohle per Stunde nothwendig seyen, um die vier Backöfen hinlänglich zu heizen.
                              									Der erforderliche Bedarf dürfte allerdings ein geringerer seyn, aber bei geringerem
                              									Kohlenaufwand wird auch die Erwärmung oder Anheizung der Backöfen eine längere Zeit
                              									in Anspruch nehmen, als ich bei meinem Entwurf angenommen habe (nämlich 20 Minuten
                              									für jeden Backofen); für einen lebhaften Betrieb ist daher ein größerer
                              									Kohlenaufwand – bei Zeitersparniß und gleichzeitiger Gewinnung von Triebkraft
                              									– wohl gerechtfertigt.
                           Wenn auf diese Weise für 1 Pfd. Brod 0,25 Pfd. Steinkohlengrus verwendet werden, so
                              									ist dieß immer noch eine Ersparniß gegenüber dem handwerksmäßigen Bäcker, welcher im
                              									Durchschnitt 0,5 Pfd. Holz braucht.
                           Angenommen aber, man könnte diesen Brennstoffaufwand auf die Hälfte vermindern, wobei
                              									gleichviel Brod gebacken, aber statt der 16 Pferdekräfte nur 8 oder 6 gewonnen
                              									würden, so entsteht die Frage, ob die mit 50 Pfd. Gruskohle gewonnenen 8 bis 10
                              									Pferdekräfte, welche per Stunde 1600 bis 2000 Pfd. Mehl
                              									liefern, nicht so wohlfeil zu stehen kommen, daß ihre Kosten nicht mehr betragen als
                              									diejenigen des Transports des Mehles aus der Mühle zur Bäckerei. Man nimmt
                              									gewöhnlich an, eine Wasserkraft sey wohlfeiler als ein Dampfmotor, die Erfahrung
                              									lehrt aber, daß dieser Unterschied an den meisten Orten nur unbedeutend und eine
                              									abgelegene Wasserkraft sogar theurer als eine mitten im Verkehr benutzte
                              									Dampfmaschine ist; es wird daher gewiß an den meisten Orten, besonders in den großen
                              									Städten wo allein Brodfabriken errichtet werden können, die Gewinnung der Triebkraft
                              									zum Vermahlen des Getreides mittelst der von den Backöfen abgehenden Wärme, einen
                              									ersprießlichen Factor in den Gestehungskosten des fabricirten Brodes bilden.
                           Es würde mich zu weit führen, in alle Gestehungskosten des Brodes einzugehen; aber
                              									soviel kann wohl behauptet werden, daß bei dem jetzt fast überall noch üblichen
                              									handwerksmäßigen Betriebe der Brodbäckerei die Kosten für 100 Pfd. Brod, abgesehen
                              									von dem Hauptrohstoff, dem Mehle, 4 bis 5 fl. betragen.
                           Für zwanzigtausend Pfund Brod betragen somit die Herstellungskosten 80 bis 100
                              									fl.
                           Durch bessere Benutzung des Brennstoffes, Ersparniß an Handarbeit mittelst der
                              									Knetmaschinen etc., kann diese Summe füglich auf die Hälfte (40 bis 50 fl.)
                              									vermindert werden; durch die fabrikmäßige Erzeugung jenes Brodquantums werden 50 bis
                              									70 Bäcker ihren Verdienst verlieren, welcher der erwähnten reducirten Summe
                              									gleichkommen dürfte; diese müssen sich eben, wie dieß bei anderen Gewerben schon der
                              									Fall war, ihren Verdienst durch andere Beschäftigungen zu verschaffen suchen.
                           
                              
                                 Eine Brodfabrik welche 20000 Pfd. Brod
                                    											um    
                                 40 bis 50 fl.
                                 
                              
                                 produciren kann, und dabei die Hälfte des
                                    											Er-werbes von 50 bis 70 Bäckern, nämlich
                                 40  
                                    											„     „
                                 
                              
                                 gewinnt, kann ihr tägliches Product
                                    											um
                                 80   „   100
                                 
                              
                                 wohlfeiler abgeben, als ein
                                    											Publicum von 20000 Köpfen es bisherbezahlte; dieß beträgt im Jahre die
                                    											Summe von 29200 bis 36500fl., also auf je einen Kopf der Bevölkerung
                                    												per Jahr 1 fl. 24 bis 1fl. 48
                                    											kr.
                                 
                              
                           Diese Zahlen beweisen, daß Brodfabriken ein vorübergehendes Uebel für die bisherigen
                              									Bäcker, aber eine bleibende Wohlthat für die zahlreiche sogenannte arbeitende Classe
                              									wären, indem mittelst derselben jeder Familienvater im Durchschnitt jährlich 7 bis 9
                              									fl. seiner Ausgaben ersparen würde.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
