| Titel: | Ueber das Conserviren des Holzes vermittelst sogenannten Kreosots (Steinkohlentheeröls), und über die Anwendung des reinen Kreosots und der Karbolsäure, wie solche bei der Photogenfabrication gewonnen werden, zu demselben Zwecke; von Dr. H. Vohl. | 
| Autor: | Hermann Vohl | 
| Fundstelle: | Band 144, Jahrgang 1857, Nr. CXIII., S. 448 | 
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                        CXIII.
                        Ueber das Conserviren des Holzes vermittelst
                           								sogenannten Kreosots (Steinkohlentheeröls), und über die Anwendung des reinen Kreosots
                           								und der Karbolsäure, wie solche bei der Photogenfabrication gewonnen werden, zu
                           								demselben Zwecke; von Dr. H.
                              									Vohl.
                        Vohl, über Conservirung des Holzes vermittelst sogenannten
                           								Kreosots.
                        
                     
                        
                           Seit einer Reihe von Jahren werden die Holzmassen welche bei Eisenbahnbauten und
                              									sonstigen Anlagen in die Erde versenkt werden und dadurch der Verwesung sehr
                              									ausgesetzt sind, zur Verhütung derselben mit sogenanntem Kreosot imprägnirt. Das
                              									Tränken dieser Holzmassen, besonders der Eisenbahnschwellen, geschieht bekanntlich,
                              									indem man die Hölzer durch Luftpumpen der in ihnen enthaltenen Flüssigkeiten und der
                              									Luft beraubt und dann die Flüssigkeit von dem Holz aufsaugen läßt. Wenn man das
                              									sogenannte Kreosot, welches nichts weiter als das schwere Steinkohlentheeröl ist,
                              									auf seinen Gehalt an Kreosot prüft, so findet man daß dasselbe zum größten Theil aus
                              									einem ätherischen Oele besteht, dem geringe Mengen Kreosot und Karbolsäure
                              									beigemischt sind. Die Untersuchung ist sehr leicht vorzunehmen und wird zu dem Ende
                              									das Oel in einem graduirten Cylinder mit einigen bis 10 Proc. einer starken
                              									Kali- oder Natronlauge gemischt (stark geschüttelt), und nun der Ruhe
                              									überlassen. Die Flüssigkeit trennt sich dann in drei verschiedene Schichten, wovon
                              									die untere aus reiner Alkalilauge besteht; die mittlere, welche braun und von
                              									Syrupconsistenz ist, enthält das Kreosot und die Karbolsäure, und die oberste
                              									besteht aus dem ätherischen Oel. Da man das Volumen der angewandten Substanz gekannt
                              									hat und man nun leicht die Menge des übrig gebliebenen ätherischen Oeles bestimmen
                              									kann, so gibt die Differenz den Gehalt an Kreosot und Karbolsäure an. Da nun der
                              									eigentliche Werth der zum Imprägniren zu verwendenden Oele in dem Gehalt an Kreosot
                              									und Karbolsäure zu suchen ist, so möchte diese Methode der Untersuchung zur
                              									Werthbestimmung geeignet seyn. Es hat sich herausgestellt, daß die
                              									Steinkohlentheeröle, sowohl von England wie von Belgien und Frankreich bezogen, nur
                              									im Maximum 8 bis 10 Proc. Kreosot und Karbolsäure enthalten, wohingegen dieses
                              									Präparat bei der Photogenfabrication gewonnen, mindestens 70 Proc. dieser Körper
                              									enthält.
                           Die Gegenwart großer Mengen ätherischer Oele beeinträchtigt das Aufsaugen der
                              									Flüssigkeit von der Holzsubstanz. Bekanntlich ist das Aufsaugungsvermögen eines festen Körpers
                              									einem flüssigen gegenüber theilweise von der Benetzbarkeit des festen Körpers durch
                              									den flüssigen abhängig, und durch eine geringe Benetzbarkeit wird das Aufsaugen
                              									durch Capillarität fast gänzlich aufgehoben. Enthält nun das Holz Feuchtigkeit und
                              									will man dasselbe behufs der Conservirung mit einem ölhaltigen Kreosot tränken, so
                              									ist es klar, daß der Widerstand den die Feuchtigkeit der Benetzbarkeit des
                              									kreosothaltigen Oeles entgegenstellt, das Eindringen nicht allein beeinträchtigt,
                              									sondern gänzlich aufhebt. Je ärmer die kreosothaltige Flüssigkeit an Oel ist, desto
                              									leichter benetzt und durchdringt sie die Holzsubstanz. Eine vorzügliche Methode um
                              									Eisenbahnschwellen etc. zu kreosotiren, besteht darin, daß man das Kreosot so lange
                              									mit einer Alkalilauge versetzt, bis es ohne Zersetzung mit jeder beliebigen Menge
                              									Wasser gemischt werden kann. Sollten bei dem Auflösen sich geringe Mengen Oel
                              									abgeschieden haben, so werden dieselben durch Decantation getrennt. Die alkalische
                              									Kreosotlösung, welche nach der Verdünnung ein spec. Gewicht von 1,05 hat (Wasser
                              									gleich 1), wird durch Aufstreichen dem Holze applicirt. Nachdem die Lösung in das
                              									Holz eingedrungen ist, welches sehr rasch geschieht, kann man durch mehrmaliges
                              									Wiederholen dieser Operation das Holz beliebig stark tranken. Würde man das Holz so
                              									präparirt den Atmosphärilien aussetzen, so würde ein großer Theil des Kreosotgehalts
                              									ausgewaschen und dem Holz entzogen werden.
                           Zur Fixirung des Kreosots wende ich eine verdünnte Auflösung von schwefelsaurem
                              									Eisenoxydul (Eisenvitriol) an. Die Schwefelsäure des Vitriols neutralisirt das
                              									alkalische Lösungsmittel des Kreosots und dieses, nun frei gemacht, verbindet sich
                              									mit der Holzfasersubstanz. Das niedergeschlagene Eisenoxydul, welches die Holzfaser
                              									gleichzeitig mit dem Kreosot erfüllt, verwandelt sich allmählich in Eisenoxydhydrat,
                              									auf Kosten des im Holz enthaltenen atmosphärischen Sauerstoffs. Das dabei gebildete
                              									Glaubersalz (schwefelsaure Natron) wird allmählich durch die Bodenfeuchtigkeit
                              									ausgelaugt. Das Holz welches auf diese Art präparirt ist, hat sich während acht
                              									Jahren, binnen welcher Zeit es den beständig wechselnden Einflüssen der
                              									Atmosphärilien ausgesetzt war, ohne irgend eine Veränderung durch Verwesung oder
                              									Schwammbildung zu leiben, erhalten.
                           Von großer Wichtigkeit ist das Tränken der Schiffstaue und des Segelwerks vermittelst
                              									Kreosot, und wird durch diese Operation das Theeren nicht allein ersetzt, sondern
                              									auch in seinen nützlichen Wirkungen übertroffen. Die Operation des Kreosotirens bei
                              									Schiffstauen und Segelzeug beruht auf der Eigenschaft des Kreosots, sich mit
                              									leimähnlichen Gebilden (z.B. Felle, Leder) leicht zu verbinden. Zu dem Ende wird das
                              										Segeltuch und
                              									Tauwerk mit einer verdünnten Leimlösung behandelt und alsdann durch ein starkes
                              									Lohbad genommen.
                           Die Leimsubstanz wird durch die Einwirkung der Gerbsäuren auf die Pflanzenfaser
                              									niedergeschlagen, die nun so imprägnirt die kreosothaltige Flüssigkeit, resp. das
                              									Kreosot, sehr leicht absorbirt. Ein Faulen habe ich bei Segeltuch welches so
                              									behandelt und allen Einflüssen des Regens etc. ausgesetzt war, binnen sechs Jahren
                              									nicht eintreten sehen, weßhalb diese Methode wohl zu empfehlen ist.
                           Bonn, im Mai 1857.