| Titel: | Ueber die Bestandtheile des Rhabarbersafts; von E. Kopp. | 
| Fundstelle: | Band 144, Jahrgang 1857, Nr. CXV., S. 453 | 
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                        CXV.
                        Ueber die Bestandtheile des Rhabarbersafts; von
                           									E. Kopp.
                        Aus den Comptes rendus, Septbr. 1856, Nr.
                              								9.
                        Kopp, über die Bestandtheile des Rhabarbersafts.
                        
                     
                        
                           In mehreren Gegenden Englands, namentlich in den Fabrikdistricten, wie in Yorkshire
                              									und Lancashire, wird die inländische Rhabarber (Rhub.
                                 										domestique) stark gebaut und bildet ein beliebtes Nahrungsmittel der
                              									Bevölkerung. Vorzüglich die Stengel und die stärkeren Blattrippen werden zum
                              									Küchengebrauch verwendet. Da sich der Saft dieser Pflanze durch einen sehr
                              									auffallenden sauren, jedoch nicht unangenehmen Geschmack auszeichnet, glaubte ich
                              									die Pflanze, mit Umgehung ihrer Wurzel, welche niemals benutzt wird, auf die darin
                              									enthaltenen Säuren und Basen näher untersuchen zu sollen.
                           100 Kilogr. der Stengel und Blätter, von welchen die grünen Theile gröblich entfernt
                              									wurden, geben, gut zerquetscht und stark ausgepreßt, ungefähr 85 Liter eines trüben
                              									Saftes, welcher in der Ruhe eine bedeutende Menge grünen Chlorophylls absetzt. Der
                              									geklärte Saft hat eine Dichtigkeit zwischen 1,015 und 1,020. Der Saft von 1,017
                              									Dichtigkeit erforderte zu seiner genauen Sättigung per
                              									Liter eine Menge Alkalis, welche 8 Grammen concentrirter Schwefelsäure äquivalent
                              									war.
                           Nachdem man eine beträchtliche Menge Eiweiß durch Kochen hatte gerinnen lassen, wurde
                              									der Saft auf seine Säuren untersucht und zunächst eine bedeutende Menge Oxalsäure
                              									und Citronensäure gefunden, welche letztere nach einigen Wochen in Krystallen
                              									anschoß. Ferner ergab sich eine ansehnliche Menge Aepfelsäure.
                           Die hierauf vorgenommene Einäscherung einiger Kilogr. der Stengel und Blätter
                              									lieferte eine Asche, welche außer einer beträchtlichen Menge Kali kleine Mengen von
                              									Natron, Kalk, Talkerde und Eisen, sowie Kieselerde, Salzsäure, Schwefelsäure und
                              									Phosphorsäure enthielt.
                           Eine bedeutende Quantität des Saftes, zur Syrupdicke abgedampft, gab einen Syrup von
                              									sehr süßem Geschmack, der leicht in geistige Gährung zu versetzen war, nachdem man
                              									die reichlich darin gebildeten Krystalle durch Filtriren und Auspressen abgesondert
                              									hatte, welche sich als saures äpfelsaures Kali erwiesen, gemengt mit oxalsaurem und
                              									zweifachoxalsaurem Ammoniak.
                           1 Liter Rhabarbersaft gibt leicht 14–18 Grm. beinahe ungefärbtes saures
                              									äpfelsaures Kali, weßhalb diese Pflanze, da kein Farbstoff vorhanden ist, wohl sehr
                              									vortheilhaft zur Bereitung der Aepfelsäure verwendet werden könnte. Das
                              									zweifach-äpfelsaure Kali ist in kleinen farblosen, durchsichtigen Prismen
                              									leicht zu gewinnen, löst sich warm viel leichter auf als kalt, und krystallisirt
                              									sehr leicht. Es ist wasserfrei, und seine Zusammensetzung entspricht der Formel
                              									C⁴H²O⁴, HO + C⁴H²O⁴, KO. Das eingeäscherte
                              									Salz hinterläßt ungefähr 40 Proc. kohlensaures Kali.
                           Neben dem zweifach-äpfelsauren scheint auch ein vierfach-äpfelsaures
                              									Kali zu bestehen; wenn man nämlich dem neutralen Salz Aepfelsäure im Ueberschuß
                              									zusetzt, sowie auch beim Abdampfen des Rhabarbersafts, erhält man oft Krystalle,
                              									welche bei 80° R. vollkommen getrocknet, durch Einäschern nur 28 bis 32 Proc.
                              									kohlensaures Kali liefern. Reines vierfachäpfelsaures Kali müßte davon 24 Proc.
                              									liefern; diese Krystalle scheinen sonach ein Gemenge von Aepfelsäure und
                              									zweifach-äpfelsaurem Kali, oder wahrscheinlicher von vierfach- und
                              									zweifach-äpfelsaurem Kali zu seyn.
                           Vergleichende Färbeversuche auf Wolle, mit zweifach-weinsteinsaurem und
                              									zweifach-äpfelsaurem Kali angestellt, ergaben, daß letzteres Salz in den
                              									meisten Fällen den Weinstein ersetzen könnte. Doch war in den Nuancen einiger
                              									Unterschied zu bemerken; so zieht z.B. das mit dem äpfelsauren Salz erhaltene
                              									Scharlachroth etwas weniger in Orange als das mit dem weinsteinsauren erzeugte.
                              									Ebenso kann die Aepfelsäure bei Bereitung der Beizen für Kattune die Weinsteinsäure
                              									und Citronensäure ersetzen.
                           Da die Rhabarber, selbst in sehr nördlichen Lagen, üppig wächst und äußerst leicht zu
                              									ziehen ist, so wäre es nicht unmöglich, daß die Fabrication des sauren äpfelsauren
                              									Kalis mittelst derselben dereinst sich zu einem Industriezweig gestaltet.