| Titel: | Die amerikanische Kanone, welche von hinten geladen wird. | 
| Fundstelle: | Band 146, Jahrgang 1857, Nr. XXII., S. 92 | 
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                        XXII.
                        Die amerikanische Kanone, welche von hinten
                           geladen wird.
                        Aus dem Mechanics' Magazine, 1857, Nr.
                              1772.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Ueber die amerikanische Kanone, welche von hinten geladen
                           wird.
                        
                     
                        
                           Im Jahre 1853 erhielt der Amerikaner Eastman ein Patent
                              für eine Erfindung, bei welcher der hintere Theil der Kanone mit Hülfe einer an ihm
                              selbst befindlichen Schraube und einer am Lauf angebrachten Schraubenmutter an den
                              letzteren befestigt wird. Von beiden Schrauben ist nämlich ein Theil so
                              hinweggeschnitten, daß die Schwanzschraube in den Lauf geschoben werden kann, um
                              sodann mittelst einer kurzen Drehung an den Lauf befestigt werden zu können. Die
                              Erfindung besteht im Wesentlichen in einer Methode, die Schwanzschraube von dem Lauf
                              loszuschrauben und herauszuziehen, dann so in die Höhe zu drehen, daß ihre Kammer in
                              eine verticale, zum Laden geeignete Lage gelangt, dieselbe wieder in den Lauf zu
                              schieben und beide fest mit einander zu vereinigen. Alle diese Bewegungen werden von
                              dem Kanonier durch Vermittlung geeigneter Verzahnungen, Haken und Federn, durch die
                              Bewegung eines einzigen Hebels ausgeführt.
                           Die Erfindung umfaßt eine sehr wichtige Anwendungsweise der Schraube, um den hinteren
                              Theil mit dem Lauf zu verbinden. Diese besteht darin, daß die Fuge vor der Ladung
                              angebracht wird, so daß das Schwanzstück als ein Geschütz für sich zu betrachten
                              ist. Dadurch ist eine Schwierigkeit beseitigt, welche bei den seitherigen
                              Geschützen, die von hinten geladen werden, empfunden wurde, nämlich die
                              Schwierigkeit eine dichte Fuge zu erhalten. Denn die durch die Explosion erzeugten
                              Gase können nicht eher die Fuge erreichen, als bis ihre Spannkraft sich bereits
                              bedeutend gemindert hat. Dieses Resultat ist von großer Wichtigkeit und bildet die
                              Grundlage aller übrigen Verbesserungen des Erfinders. Wir lassen nun die
                              Beschreibung der von der englischen Regierung gekauften und kürzlich im Arsenal zu
                              Woolwich ans Land gebrachten sechs gußeisernen Geschütze folgen.
                           Wenn man an das Ende des hinteren Theils der Kanone eine Schraube a, Fig. 16, und ins Innere
                              des Laufes eine entsprechende Schraubenmutter b, Fig. 17,
                              schneidet, diese Schrauben in sechs Abschnitte theilt und die Gänge der Abtheilungen
                              abwechselnd, wie z.B. c, c' durch einen Einschnitt
                              unterbricht, so ist klar, daß die Schwanzschraube, indem man ihr eine solche Lage
                              gibt, daß die Abtheilung a der Schraube dem Einschnitte c' des Laufes gegenüber zu liegen kommt, leicht in den
                              letzteren hineingeschoben werden kann. Gibt man nun der Schwanzschraube 1/6 Drehung,
                              so greifen ihre Gänge in die Muttergänge des Laufes und beide Theile werden dadurch
                              fest und dicht an einander gedrückt. Diese Erläuterung genügt zur Erklärung wie
                              Schwanzschraube und Lauf mit einander verbunden werden.
                           Fig. 18
                              stellt eines der zu Woolwich angelangten Geschütze im Grundriß, Fig. 19 im Seitenaufrisse
                              dar. A ist die Schwanzschraube; B der Lauf; C ein die Schwanzschraube
                              umgebender Kragen; D sind die Schildzapfen. Mit dem
                              Kragen C sind die Getriebe d,
                                 d verbunden, welche auf den mit den Seiten des Geschützes fest verbundenen
                              Zahnstangen e, e laufen. Die Schwanzschraube läßt sich
                              innerhalb des Kragens um einen Bogen drehen; diese Bewegung wird durch die Aufhälter
                              s, s eingeschränkt. In der Traube f befindet sich ein Loch g
                              zur Aufnahme des Endes h des in Fig. 20 abgebildeten
                              Hebels. Die Getriebe d, d sind mit Zapfen versehen, um
                              sie mit Hülfe von Hebeln längs den Zahnstangen e, e
                              bewegen zu können. Angenommen nun, das Geschütz sey abgefeuert worden, so steckt der
                              Kanonier den Hebel Fig. 20 in das Loch g der Traube und dreht
                              damit die Schwanzschraube A so weit, daß die
                              Schraubengänge außer Eingriff kommen. Hierauf setzt er die Getriebe d, d in Bewegung und zieht dadurch die Schwanzschraube
                              A aus dem Lauf. Das hintere Ende der Schwanzschraube
                              wird endlich hinabgedrückt und dadurch das vordere Ende in die Höhe gerichtet, um
                              die Ladung aufnehmen zu können. Ist dieses geschehen, so nimmt man die
                              entgegengesetzten Operationen vor. Das Geschütz ist jetzt zum Abfeuern bereit.
                           Das ganze Gewicht einer solchen Kanone beträgt 16 1/2 Tonnen. Die Schwanzschraube
                              allein wiegt 5 Tonnen, kann jedoch rasch und leicht durch vier Mann gehandhabt
                              werden. Die Länge der Bohrung beträgt 12 Fuß, und das Kaliber von drei der obigen
                              Geschütze 8 1/4 Zoll und von drei anderen 6 1/4 Zoll. Das Innere jedes Laufes
                              besitzt fünf Züge von der nämlichen Breite wie ihre Zwischenräume. Diese Kanonen
                              sind aus dem besten amerikanischen mit Holzkohlen erzeugten Gußeisen angefertigt,
                              und so construirt, daß das Kaliber mit geringen Kosten für Versuchszwecke bedeutend
                              vergrößert werden kann. Die durch ein solches Geschütz abzufeuernde Patrone wiegt
                              170 Pfund.Die bis jetzt mit diesen Geschützen vorgenommenen Proben, worüber jedoch kein
                                    Bericht der Oeffentlichkeit übergeben wurde, fielen so günstig aus, daß der
                                    brittische Kriegsminister Lord Panmure den
                                    Erfinder belohnt und ihm sein Patent abgekauft hat. A. d. Red.
                              
                           
                        
                     
                  
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