| Titel: | Ueber die Einwirkung des kohlensauren Natrons auf Gußeisen bei hoher Temperatur; von Ch. Tissier, Director der Aluminium-Fabrik zu Amfreville-la-Mi-Voie. | 
| Fundstelle: | Band 146, Jahrgang 1857, Nr. XXX., S. 119 | 
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                        XXX.
                        Ueber die Einwirkung des kohlensauren Natrons auf
                           Gußeisen bei hoher Temperatur; von Ch.
                              Tissier, Director der Aluminium-Fabrik zu
                           Amfreville-la-Mi-Voie.
                        Nach dem Technologiste, Juli 1857, S. 357, durch das
                           polytechnische Centralblatt 1857, S. 1255.
                        Tissier, über Einwirkung des kohlensauren Natrons auf Gußeisen bei
                           hoher Temperatur.
                        
                     
                        
                           Verschiedene Personen hatten ihre Verwunderung darüber ausgesprochen, daß die Masse
                              der schmiedeisernen Röhren, welche bei der Fabrication des Natriums angewendet
                              werden, niemals in Gußeisen über geht, obschon das zur Natriumdarstellung dienende Gemenge
                              sehr reich an Kohlenstoff ist. Der Verf. stellte in Folge dessen Versuche an, bei
                              denen er sich überzeugte, daß Eisen durch die Einwirkung dieses Gemenges bei der
                              hohen Temperatur, bei welcher das Natrium entsteht, durchaus keine Veränderung
                              erleidet. Er gelangte sogar, indem er Stücke von Gußeisen einer langen Einwirkung
                              dieses Gemenges aussetzte, dahin, dieselben ohne Formveränderung in Stahl und darauf
                              in Schmiedeisen zu verwandeln. Diese Ergebnisse veranlaßten ihn, die Wirkung des
                              kohlensauren Natrons auf Schmiedeisen und Gußeisen bei dem Schmelzpunkte des
                              letzteren zu untersuchen, und er fand dabei bestätigt, daß das kohlensaure Natron
                              auf das Schmiedeisen nicht einwirkt (was für die Darstellung des Natriums ein
                              glücklicher Umstand ist), daß es aber dem Gußeisen den Kohlenstoff und das Silicium
                              entzieht und es dadurch in nicht mehr schmelzbares dehnbares Eisen verwandelt. Wenn
                              man graues Roheisen (das von dem Verf. angewendete enthielt 6, 6 Proc. Silicium und
                              graphitartigen Kohlenstoff) mehrere Stunden lang in einem Ueberschusse von
                              kohlensaurem Natron, welches in einem Tiegel bei lebhafter Rothglühhitze geschmolzen
                              ist, erhält, so beobachtet man Folgendes:
                           Wenn die Hitze hinreichend gestiegen ist, kocht die Masse auf und es entwickeln sich
                              große Blasen von Kohlenoxydgas, hie mit gelblicher Flamme brennen. Die gelbe Farbe
                              ist nicht so lebhaft, daß eine Reduction von Natrium anzunehmen wäre. Wenn sich kein
                              Kohlenoxydgas mehr entwickelt, hört man mit dem Feuern auf, nimmt das Eisen mit
                              einer Zange aus dem geschmolzenen kohlensauren Natron heraus und reinigt es mittelst
                              eines Hammers oder durch Wasser von der ihm anhängenden geringen Menge dieses
                              Salzes. Es zeigt nun eine vollkommen abgebeizte Oberfläche, die Stücke sind nicht
                              verunstaltet, sie biegen sich unter dem Hammer und lassen sich in der Kälte und in
                              der Hitze schmieden; der körnige Bruch des Gußeisens ist verschwunden und durch eine
                              faserigkrystallinische Textur ersetzt; die Masse ist ferner blasig geworden und die
                              Höhlungen sind mit weißen Kügelchen von kieselsaurem Natron gefüllt, dessen
                              Kieselsäure aus dem Silicium des Roheisens entstanden ist.
                           Das so behandelte Eisen wird von Salzsäure in der Kälte kaum angegriffen und auch in
                              der Wärme nur sehr langsam gelöst. Verdünnte Salpetersäure wirkt zwar energischer
                              darauf, aber doch auch viel weniger lebhaft als auf gewöhnliches Schmiedeisen und
                              namentlich auf Gußeisen. Begreiflich erstreckt sich die Einwirkung des kohlensauren
                              Natrons nicht bloß auf Kohlenstoff und Silicium, sondern auch Phosphor und Schwefel
                              müssen durch dasselbe dem Eisen entzogen werden. Vielleicht nimmt (was der Verf.
                              noch zu untersuchen gedenkt) das Eisen etwas Natrium auf und wird dadurch nicht nur nicht
                              verschlechtert, sondern erlangt sogar Eigenschaften, wegen deren die Händler die zur
                              Natriumbereitung benutzten unbrauchbar gewordenen Cylinder gerne kaufen. Wenn dieß
                              nicht der Fall seyn sollte, so müßte man annehmen, daß eine dem entwickelten
                              Kohlenoxydgase äquivalente Menge wasserfreies Natron entsteht.
                           Bekanntlich kann man Gußeisen durch Cementiren mit Stoffen, die reich an Eisenoxyd
                              sind, in schmiedbares Eisen verwandeln, und dieses Verfahren wird von mehreren
                              französischen Fabrikanten für kleine gußeiserne Gegenstände, u.a. für die Hähne der
                              Gewehrschlösser, täglich angewendet. Vielleicht könnte man denselben Zweck leichter
                              und besser durch Einwirkung von schmelzendem kohlensauren Natron erreichen,
                              wenigstens wäre dieses Verfahren insofern vorzuziehen, als man den Gegenstand
                              jederzeit aus der geschmolzenen Masse herausziehen könnte, um zu sehen, ob er lange
                              genug behandelt wäre, was bei Anwendung des Cementirpulvers nicht thunlich ist. Der
                              Verf. hoffte die Behandlung von Gußeisen mit kohlensaurem Natron auf große
                              Gegenstände, die bisher nur durch Schmieden hergestellt werden konnten, anwenden zu
                              können; aber die Langsamkeit, mit welcher bei etwas beträchtlicher Dicke der
                              Gegenstände die Operation erfolgt, und die Porosität des so erhaltenen Eisens,
                              welche die Bearbeitung mittelst des Hammers nöthig machen würde, um die Theile
                              einander zu nähern, erfordern, daß an dem Verfahren noch irgend eine Modification
                              angebracht werde, welche diesen beiden Uebelständen abhelfen könne. Jedoch ist
                              anzuführen, daß gußeiserne Gegenstände, namentlich solche, welche nicht sehr groß
                              sind, durch die Behandlung mit kohlensaurem Natron, indem dabei an ihrer Oberfläche
                              eine mehr oder weniger dicke Schicht von zähem Eisen entsteht, eine große Festigkeit
                              erlangen, so daß sie nun dem Zerspringen nicht mehr unterworfen sind. Diese
                              Umwandlung könnte wohl am besten in einem Flammofen mit vertieftem Herde, auf
                              welchem das kohlensaure Natron geschmolzen würde, bewirkt werden. Der Verbrauch an
                              kohlensaurem Natron ist, wenn man in geeigneter Weise operirt, unbedeutend. Man muß
                              aber reines kohlensaures Natron anwenden, oder, wenn man das gewöhnliche Sodasalz
                              benutzen will, dasselbe zuvor mit etwas Kohle glühen, um das darin enthaltene
                              schwefelsaure Natron in Schwefelnatrium zu verwandeln, denn schwefelsaure Alkalien
                              greifen bei starker Hitze das Eisen sehr an, und vorzüglich dieser Wirkung ist es
                              zuzuschreiben, daß die bei der Natriumbereitung angewendeten eisernen Rührhaken sich
                              so rasch abnutzen.