| Titel: | Ueber das neue Dampfmaschinensystem von Séguin sen. in Paris. | 
| Fundstelle: | Band 146, Jahrgang 1857, Nr. XL., S. 165 | 
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                        XL.
                        Ueber das neue Dampfmaschinensystem von Séguin
                           sen. in Paris.
                        Aus dem Civilingenieur, 1857, Bd. III S.
                              198.
                        Ueber Seguin's neues Dampfmaschinensystem.
                        
                     
                        
                           Seit einiger Zeit beschäftigen sich die französischen Journale (Armengaud's Génie industriel u.s.w.)
                              lebhaft mit einem neuen Dampfmaschinensystem, welches dem Erfinder, Hrn. Séguin
                              sen. in Paris, unter dem 12. December 1854 patentirt worden ist und darauf abzielt,
                              diejenige Wärmemenge zu ersparen, welche bei der gewöhnlichen Dampfmaschine dadurch
                              verloren geht, daß die Wasserdämpfe nach Vollendung ihrer Arbeit noch in
                              dampfförmigem Zustande in die Luft austreten. In der That geht bei der gewöhnlichen
                              Dampfmaschine diejenige Wärmemenge verloren, welche erforderlich ist, um das Wasser
                              in Dämpft zu verwandeln, und eine Maschine, bei welcher dem gebrauchten Dampfe durch
                              Mittheilung von Wärme seine ursprüngliche Expansivkraft wiedergegeben werden könnte,
                              würde eine ansehnliche Ersparniß an Brennmaterial realisiren, weil hierzu eine weit
                              geringere Wärmemenge erforderlich ist, als zur Bildung neuen Dampfes.
                           
                           Auf diesem Princip beruht das Séguin'sche
                              Dampfmaschinensystem, bei welchem nicht gesättigter, sondern
                                 überhitzter Dampf zur Speisung der Cylinder verwendet, und nach jedem Spiele der
                                 gebrauchte Dampf durch neue Erwärmung auf seine ursprüngliche Expansivkraft
                                 zurückgeführt und von Neuem als Motor benutzt wird.
                           Denken wir uns, um einen Begriff von der Einrichtung dieser Maschine zu erlangen,
                              eine liegende Dampfmaschine mit zwei einfach wirkenden, an derselben Schwungradwelle
                              arbeitenden Cylindern. Die Dampfkolben sind mit hohlen und mit einem
                              schlechtleitenden Körper (z.B. Kohle) gefüllten Aufsätzen versehen, und vor den
                              Cylindern liegt ein Röhrenapparat zur Erhitzung der Dämpfe. Durch einen von der
                              Maschine bewegten Schieber ist die Einrichtung getroffen, daß der in einem
                              gewöhnlichen Dampfkessel erzeugte gesättigte Wasserdampf nach Durchströmung des
                              Röhrenapparates, wobei er bis auf 8 Atmosphären Spannung erhitzt wird, beim
                              positiven Hube hinter den Dampfkolben tritt und diesen vorwärts treibt, beim
                              negativen Hube aber (wo also der Dampfkolben des anderen Cylinders arbeitet) wieder
                              in den Röhrenapparat bei dessen vorderem Eude ausströmt, um sich daselbst wieder zu
                              erhitzen und zum neuen Spiele vorzubereiten. Denken wir uns nun die Dampfcylinder
                              mit einer Flüssigkeit umgeben, deren Temperatur so bemessen ist, daß eine geeignete
                              Abkühlung der Dämpfe eintritt, während sie arbeiten, so haben wir die Idee von der
                              ersten von Séguin zu seinen Versuchen erbauten
                              Maschine.
                           Lassen wir nun den Erfinder selbst von seinen Versuchen und Erfahrungen Rechenschaft
                              ablegen, indem wir den von ihm bei der Akademie der Wissenschaften eingereichten
                              Bericht in der Hauptsache wiedergeben:
                           
                              „Ich habe die Ehre gehabt, der Akademie unter dem 3. Januar 1855 über ein Project Mittheilung zu machen,
                                 welches ich für eine Dampfmaschine nach einem neuen Principe entworfen hatte,
                                 indem ich die Wärme und Bewegung als Kundgebungen einer und derselben Ursache
                                 unter verschiedenen Formen ansah, und die Möglichkeit voraussah, zur Erzeugung
                                 einer Bewegung nur diejenige Wärmemenge aufzuwenden, welche der erzielten Arbeit
                                 genau entspricht.
                              
                           
                              Man bedient sich bekanntlich bei den Dampfmaschinen des gesättigten
                                 Wasserdampfes, welchen man dann in die Luft ausströmen oder condensiren läßt,
                                 wobei die ganze Wärme verloren geht, welche zur Umwandlung des Wassers in Dampf
                                 aufgewendet worden ist. Da nun diese Wärmemenge in Vergleich zu derjenigen,
                                 welche zu weiterer Erhöhung der Temperatur des Dampfes, also zur Steigerung
                                 seiner Expansivkraft erforderlich ist, sehr bedeutend ist, so folgt daß, wenn man eine
                                 Maschine construiren könnte, in welcher derselbe Dampf immer wieder benutzt und
                                 ihm nur diejenige Wärme immer wieder mitgetheilt würde, welche durch die
                                 verrichtete Arbeit aufgezehrt worden ist, daß man dann einen enormen
                                 Wärmeverlust vermeiden und genau nur so viel Wärme und Brennmaterial brauchen
                                 würde, als der geleisteten Arbeit gleich kommt.
                              
                           
                              So unvollkommen meine Versuche über die zur Erhitzung des Dampfes beim Contact an
                                 heißen Flächen erforderliche Zeit waren, so hatten sie mich doch gelehrt, daß
                                 dieselbe sehr schnell vor sich gehe. Da man jedoch den Gasen allgemein eine sehr
                                 schlechte Wärmeleitungsfähigkeit zuschreibt, so hielt ich es für nöthig, zur
                                 Erhitzung der Dämpfe zwei Heizrohre anzuwenden, in der Art, daß wenn der Dampf
                                 in dem einen sich erhitzt und dann seine Arbeit gethan hätte, er sodann in das
                                 zweite Heizrohr ausströmen und dort wieder Wärme aufnehmen sollte. Ehe ich
                                 jedoch die ganze Maschine ausführen ließ, ließ ich zu vorläufigen Versuchen erst
                                 einen Heizapparat anfertigen, welcher aus zwei schmiedeisernen Röhren von 3
                                 Meter Länge, 8 Centimeter lichter Weite und 1 Centimeter Wanddicke bestand,
                                 welche an dem einen Ende knieförmig verbunden und in eine 6 Centimeter starke
                                 gußeiserne Schale eingeschlossen waren.
                              
                           
                              Nachdem dieses schwierige Stück in den Ateliers von Hrn. Farcot nach manchem verunglückten Versuch endlich hergestellt worden
                                 war, konnte ich am 15. December 1855
                                 mit einer ausführlichen Versuchsreihe beginnen. Der Apparat, welcher 1800
                                 Kilogramme wog, wurde nach Art der Gasretorten eingemauert, indem der Feuerraum
                                 mit einem Ziegelgewölbe überspannt war, in welchem Oeffnungen angebracht waren,
                                 um die Flamme hindurchschlagen und den Apparat umspülen zu lassen. Der Ofen
                                 stand in der Nähe eines auf 10 Atmosphären Spannung geprüften Dampfkessels. Auf
                                 der oberen Seite des Apparates waren in das Metall Löcher von 2 Centimeter
                                 Durchmesser und Tiefe eingedreht, welche Zinn-, Blei- und
                                 Zinkstückchen aufnahmen, um nach dem Schmelzen dieser Metalle wenigstens
                                 annäherungsweise die Temperatur dieses, am wenigsten erhitzten Theiles des
                                 Apparates abschätzen zu können. Vor den Löchern waren im Ofen Oeffnungen mit
                                 Versatzziegeln angebracht. Um die Spannung der Dämpfe an verschiedenen Punkten
                                 des Apparates ablesen zu können, war der Dampfkessel mit einem Bourdon'schen Manometer und der Heizapparat mit einem
                                 ähnlichen und genau justirten Manometer versehen worden.
                              
                           
                              Man bestimmte die Verdampfungsfähigkeit des Kessels durch einen mehrstündigen
                                 Versuch bei wohlgenährtem Feuer und constantem Wasserniveau im Kessel, und fand
                                 im Mittel 100 Kilogramme pro Stunde, was einer Dampfproduction
                                 von 170,000 Litern unter der atmosphärischen Pressung entspricht.
                              
                           
                              Die Versuche wurden meist bei einer Temperatur vorgenommen, bei welcher die
                                 Metalle eingeschmolzen und der untere Theil des Apparates dunkel rothglühend
                                 geworden war – eine Temperatur, die ich auf 800° Cels. schätze. Um
                                 die Widerstandsfähigkeit des Guß- und Schmiedeisens bei dieser Temperatur
                                 zu ermitteln, wurde mit einem gußeisernen Stäbe von 9 Millimeter im Quadrat,
                                 also von 81 Quadratmillimeter Querschnitt ein Zerreißungsversuch in folgender
                                 Weise vorgenommen. Der Stab wurde in einem Schmiedefeuer so befestigt, daß das
                                 eine Ende festgehalten, das Mittel dem heftigsten Feuer ausgesetzt und das
                                 andere Ende durch einen Winkelhebel mit einer Zugkraft von 93,8 Kilogrammen oder
                                 1,16 Kilogrammen pro Quadratmillimeter angespannt
                                 war. Man gab dann langsam Hitze bei Holzkohlen bis der Stab riß, worauf er rasch
                                 herausgezogen und kirschroth bis Hellroth glühend befunden wurde, was einer
                                 Temperatur von 800 bis 1000 Grad entsprechen dürfte. Bei einem ähnlichen
                                 Versuche mit einem 5 Millimeter starken Eisendrahte erfolgte bei gleicher
                                 Temperatur der Bruch unter einer Belastung von 2,1 Kilogrammen pro Quadratmillimeter. Sind auch diese und die
                                 folgenden Experimente nicht mit derjenigen Genauigkeit angestellt, wie sie bei
                                 wissenschaftlichen Fragen erforderlich ist, so haben wir uns doch bei der großen
                                 Zahl zu erörternder Gegenstände und bei unserer beschränkten Zeit auf solche
                                 Näherungsresultate beschränken müssen, welche genügende Sicherheit innerhalb der
                                 Gränzen unserer Versuche versprechen. Da nun der Heizapparat an den schwächsten
                                 Stellen mit einem 6 Centimeter starken gußeisernen Mantel umgeben war, also
                                 inclusive der eigenen Blechstärke 7 Centimeter Wandstärke besaß, und da die
                                 Spannung nicht über 10 Atmosphären getrieben werden sollte, so gewährte der
                                 Apparat die vollständigste Sicherheit, wenn man auch nur 1 Kilogramm Druck pro Quadratmillimeter zulassen will.
                              
                           
                              Man fing nun an den Apparat anzuheizen, und nach 48 Stunden waren die
                                 Probemetalle geschmolzen. Es wurden nun 50, dann 100, 150, endlich sogar 300
                                 Gramme Wasser eingelassen, um die Dichtheit des Apparates zu prüfen und eine die
                                 Dichtheit desselben befördernde Rosthaut darin zu erzeugen, und nachdem sich
                                 alle Theile bei 10 Atmosphären Druck dicht gezeigt hatten, schritt man zum
                                 Einlassen von Dämpfen. Da der Dampfkessel stündlich 170,000 Liter oder 47 Liter
                                 Dampf pro Secunde liefern und der Heizapparat 30
                                 Liter aufnehmen konnte, so hielt sich der Dampf nur 30/47 = 0,63 Secunden darin
                                 auf. Man beobachtete bei einem Versuche am 10. December
                                    1855 die Temperatur des Dampfes an dem Thermometer auf dem kupfernen
                                 Verbindungsrohre zwischen dem Kessel und dem Apparate zu 87 Grad, die Spannung
                                 der Dämpfe im Kessel zu 1 1/2 Atmosphären, die Spannung der Dämpfe im Apparate
                                 zu 1 Atmosphäre und die Temperatur beim Austritt aus dem Apparate zu 221 Grad.
                                 Es geht hieraus hervor, daß die Thermometer, ob sie gleich in wohlverwahrten
                                 halbrunden Bechern an dem Rohre festgemacht waren, die Temperatur des Dampfes
                                 nicht richtig anzeigten, denn der Spannung von 1 1/2 Atmosphären entspricht eine
                                 Temperatur von 110 Graden, und man suchte daher die Temperatur des austretenden
                                 überhitzten Dampfes dadurch genauer zu bestimmen, daß man in kleinen an der
                                 Oberfläche des Rohres angebrachten Vertiefungen Zinn-, Blei- und
                                 Zinkstückchen unter einer Decke von Colophonium niederlegte, woraus sich auch
                                 erkennen ließ, daß diese Temperatur über 230 Grad betrug, ja sogar 334 Grad
                                 erreichte, weil das aus Zink gefertigte Austrittsrohr einmal wegschmolz. Im
                                 austretenden Dampfe schmolz Zinn wie lange dünne Eissplitter in der Nähe eines
                                 starken Feuers, das Metall löste sich in ganz dünnen Häutchen ab und wurde vom
                                 Dampfe mit fortgerissen, jedoch geschah dieß nur auf der Seite, welche dem
                                 Strome ausgesetzt war. Von der Mündung weg nahm die Temperatur bis zu 8 Meter
                                 Entfernung, wo sie noch 100 Grad betrug, regelmäßig ab.
                              
                           
                              Bei höheren Spannungen von 2, 3, 4, 5, 6 Atmosphären erhält man ungefähr
                                 dieselben Resultate. Wenn die Dämpfe längere Zeit, 1, 2, 3 Secunden, im
                                 Heizapparate verweilten, so nahmen sie dennoch keine höhere Temperatur an, was
                                 bewies, daß die Zeit von 2/3 Secunden völlig hinreicht, um Dämpfen durch die
                                 Berührung mit glühenden Flächen so viel Wärme mitzutheilen, als sie aufzunehmen
                                 im Stande sind.
                              
                           
                              Hatte man auf diese Weise eine obere Gränze für die Zeit, welche zur Erhitzung
                                 der Dämpfe nöthig ist, erhalten, so schien es auch nöthig, eine untere Gränze
                                 für diese Zeitdauer aufzusuchen, und zu diesem Zwecke wurde ein anderer
                                 Heizapparat erbaut, welcher ebenfalls aus zwei schmiedeisernen, communicirenden
                                 und in einen gußeisernen Mantel eingeschlossenen Röhren bestand, aber bei 27
                                 Millimeter Rohrdurchmesser und 0,96 Meter Länge nur einen Fassungsraum von einem
                                 halben Liter besaß. Man bestimmte die Dampfmenge, welche ihn durchströmen
                                 sollte, durch eine dreistündige gelinde Feuerung unter dem Dampfkessel, wobei 45
                                 Kilogramme Wasser verdampft wurden, so daß die Dampfproduction 7 Liter pro Secunde betrug. Der Heizapparat wurde am unteren
                                 Theile dunkel rothglühend erhitzt und nachdem die drei Probemetalle am oberen
                                 Ende eingeschmolzen waren, ließ man die Dämpfe eintreten. Da der austretende Dampf nur die
                                 Zinnkörner zum Schmelzen brachte, so konnte man ihm eine Wärme von 230 Grad
                                 beimessen, und da er nur 0,5/7 = 0,071 Secunde im Heizapparate verweilte, so
                                 kann man schließen, daß zur Erhitzung der Dämpfe eine Zeitdauer von 0,07 bis
                                 0,63 Sec. erforderlich ist.
                              
                           
                              Aus Allem ging hervor, daß die Anwendung mehrerer Heizapparate nicht nur völlig
                                 unnöthig sey, sondern daß die rasche Erhitzung der Dämpfe sogar manche
                                 unvorhergesehene Schwierigkeiten und Hindernisse verursachen möchte. Wir hatten
                                 uns daher nunmehr mit den Mitteln zu beschäftigen, wie dem Dampfe schnell seine
                                 Wärme zu nehmen oder wie er in den Zustand des gesättigten Dampfes
                                 zurückzuführen sey, wo sein Volumen und seine Expansion nur halb so groß seyn
                                 sollte, als im überhitzten Zustande.
                              
                           
                              Diese Kondensation hätte während des negativen Hubes, welcher ungefähr eine
                                 Secunde Zeit dauerte, vollzogen werden müssen, eine Zeitdauer, innerhalb welcher
                                 der Dampf Zeit hatte, sich mehr als einmal zu überhitzen und abzukühlen, wenn er
                                 im Heizapparate nicht eine viel höhere Wärme angenommen hatte, als nöthig war.
                                 Wegen der geringen verbrauchten Wärmemenge war es unwesentlich, den Heizapparat
                                 deßhalb abzuändern, aber die Art und Weise der Abkühlung verdiente die höchste
                                 Aufmerksamkeit. Sollte man bei jedem Spiele eine kleine Menge Wasser
                                 einspritzen, welches durch die Wärme der Dämpfe in Dampf verwandelt und dann zum
                                 Ersatz etwaiger Dampfverluste verwendet werden konnte, was am einfachsten und
                                 für den Effect, Gang und die Behandlung der Maschine am günstigsten zu seyn
                                 schien? Oder sollte man nach Watt's Vorgange während
                                 des negativen Hubes eine Communication zwischen dem Cylinder und einem mit
                                 Wasser umgebenen und mit der Einspritzvorrichtung versehenen Condensator
                                 herstellen, um die Dämpfe darin in den Zustand gesättigter Dämpfe
                                 zurückzuführen? Diese Fragen erschienen wichtig genug, um sie der
                                 experimentellen Prüfung zu unterwerfen.
                              
                           
                              Um den vorhandenen Apparat zu benutzen, führten wir in den oberen Schenkel des
                                 Heizapparates ein 5 Millimeter weites Kupferrohr mit Brause ein, dessen anderes
                                 Ende mit einer Injectionspumpe von 3 Centimeter Kolbendurchmesser in Verbindung
                                 stand, um in einem passenden Momente durch einen kräftigen Druck Wasser in die
                                 Heizröhren spritzen zu können. Die eintretenden Dämpfe hatten 5 Atmosphären
                                 Spannung, wie sich am Manometer des Heizapparates ablesen ließ, und wenn die
                                 Communication mit dem Kessel unterbrochen worden war, wurde Wasser eingespritzt,
                                 was aber kein merkliches Sinken des Manometers bewirkte.
                              
                           
                           
                              Wir glaubten, daß das Einspritzwasser vielleicht zu schnell die rothglühenden
                                 Wände des Heizapparates erreiche und sich daher schneller in Dampf verwandle,
                                 als daß es die Wärme des überhitzten Dampfes aufnehme, und wechselten daher für
                                 die Brause eine durch die ganze Röhre frei hindurchgehende Rinne aus dünnem
                                 Kupferblech ein, in welche sich das Injectionswasser ergoß, allein beim Versuch
                                 zeigte sich, daß zwar im Momente des Einspritzens am Manometer ein ganz leichtes
                                 Sinken eintrat, daß es aber hierauf nur höher stieg, als vorher. Da möglicher
                                 Weise die Rinne vorher selbst eine sehr hohe Temperatur angenommen und dadurch
                                 eine Verdampfung des Wassers herbeigeführt haben konnte, so machten wir den
                                 Versuch, ob unter Verhältnissen, wo Nichts der Art einwirken konnte, dieselbe
                                 Erscheinung eintrete. Es wurde eine Gasretorte von 25 Centimeter Durchmesser und
                                 1,4 Meter Länge in verticaler Stellung in einen Ofen eingemauert, am Boden eine
                                 Schale von sehr dünnem Kupferblech aufgestellt und am oberen Ende eine
                                 Einspritzvorrichtung angebracht, übrigens aber jede Vorsichtsmaaßregel gegen das
                                 Zerspringen getroffen. Nachdem der Apparat rothglühend geworden war, wurden
                                 Dämpfe von 5 Atmosphären Spannung eingeleitet, der Dampfhahn geschlossen und
                                 Wasser eingespritzt, aber ebenfalls ohne Erfolg, obgleich man die Spannung der
                                 Dämpfe, die Temperatur des Apparates, die Einspritzwassermenge und die Art der
                                 Einspritzung mehrfach abänderte. Es schien also unmöglich auf diesem Wege den
                                 vorgesteckten Zweck zu erreichen, und man mußte zu einer Condensation nach Art
                                 der Watt'schen Maschinen schreiten.
                              
                           
                              Wir stellten daher möglichst nahe neben dem Heizapparate einen Condensator auf,
                                 welcher mittelst eines Hahnes mit weiter Bohrung damit communicirte und aus
                                 einem gußeisernen, 18 Centimeter weiten und hohen und 5 Centimeter dicken
                                 Cylinder bestand. Er faßte etwas über 4 Liter und stand in einem mit Wasser
                                 gefüllten Kühlgefäß von 6 Liter Inhalt. Sobald der Dampf eingetreten war, wurde
                                 der Dampfhahn geschlossen und der Condensatorhahn geöffnet, wodurch sogleich ein
                                 beträchtliches und andauerndes Sinken des Manometers am Heizapparate
                                 hervorgerufen wurde. Das Kühlwasser erhitzte sich andererseits immer mehr, je
                                 öfter der Versuch wiederholt wurde, und nahm zuletzt 100 Grad Wärme an; jedoch
                                 stand die Verminderung der Condensation nicht im Verhältniß der
                                 Temperaturzunahme des Kühlwassers, vielmehr erfolgte dieselbe mit solcher
                                 Schnelligkeit, daß eine Art Decripitiren und ein Geräusch eintrat, wie wenn
                                 glühendes Eisen in Wasser abgelöscht wird, und das Wasser wurde in Folge der
                                 starken Dampfbildung immer höher und höher hinaufgeschleudert. Man wiederholte
                                 diese Versuche, auf deren Gelingen allerdings der ganze Erfolg des Systemes
                                 beruht, sehr vielfach, bald mit Wasserzutritt, bald mit verschiedener Temperatur
                                 des Kühlwassers, oder des Heizapparates und der Dämpfe und dergleichen, und
                                 erhielt natürlich sehr verschiedene Resultate. Als Mittelwerth von 20 am 4.
                                 Februar angestellten Versuchen ergab sich bei niedrigerem Drucke eine Abnahme
                                 der Spannung um 2,7 bis 3 Atmosphären und bei höherem Drucke ein Sinken von 6
                                 auf 4 Atmosphären. Am 11. und 12. März beobachteten wir bei 60 Versuchen im
                                 Mittel die Abnahme von 5 auf 3 1/2 Atmosphären und von 9 auf 5 Atmosphären.
                              
                           
                              Ein anderer Kondensator, bestehend aus einem 1,6 Meter langen, 4,2 Centimeter
                                 weiten, plattgedrückten Kupferrohre von 2 Liter Inhalt, welches in einem
                                 Kühlgefäße von 10 Liter Inhalt stand, gab nicht wesentlich verschiedene
                                 Resultate, eben so wenig zeigten sich bei beiden Condensatoren große
                                 Unterschiede, je nachdem man die Kühlgefäße leer ließ oder mit Wasser füllte,
                                 immer aber erfolgte die Condensation um so vollständiger, rascher und
                                 regelmäßiger, je höher gespannt die Dämpfe waren, woraus folgt, daß
                                 hochgespannte Dämpfe und weite Communicationsrohre vortheilhaft seyen.
                              
                           
                              Ueberhaupt ergaben diese Versuche, daß es möglich war sich des Dampfes in dieser
                                 Weise zu bedienen, indem man ihn alternirend in den Zustand der Ueberhitzung und
                                 Condensation treten ließ. Die Möglichkeit einen Heizapparat zu ersparen,
                                 vereinfachte die projectirte Maschine, weil nun der Schieberapparat ausfiel,
                                 durch welchen die Dämpfe abwechselnd in den einen oder anderen Apparat gewiesen
                                 werden sollten, und das Problem schien seiner Lösung näher als je, aber dennoch
                                 waren, wie bei jeder neuen Erfindung, noch große Hindernisse zu besiegen, und
                                 erst nach vielem Probiren war eine solche Construction der Maschine gefunden,
                                 daß die Resultate dem entsprachen, was ich beabsichtigte.
                              
                           
                              Diese neue Maschine besitzt einen hohlen gußeisernen Kolben von 1,5 Meter Länge
                                 und 40 Centimeter Durchmesser, dessen Kolbenstange mittelst einer Lenkerstange
                                 auf die Kurbel einer 10 Centimeter starken Schwungradwelle mit einem 3000
                                 Kilogramme schweren Schwungrade wirkt. Er bewegt sich im Cylinder mit einem
                                 Spielraum von 1/2 Millimeter und geht an dessen vorderem Ende durch eine
                                 Stopfbüchse. Zwischen dem Cylinder und dem Heizapparate liegt ein Ventilgehäuse
                                 mit zwei durch Klappenventile geschlossenen Ausgängen nach den beiden Rohren des
                                 Heizapparates; die obere Klappe öffnet sich nach außen und gestattet beim
                                 negativen Hube dem Dampfe den Austritt nach dem Heizapparate, während die untere
                                 Klappe sich nach innen öffnet und den überhitzten Dämpfen am Anfange des
                                 positiven Hubes den Eintritt in den Cylinder gestattet. Hinter der oberen
                                 Klappe führt ein 5 Centimeter weites Rohr nach dem 12 Liter Fassungsraum
                                 besitzenden Condensator, welcher in einem weißblechernen Kühlgefäße steht. In
                                 den Communicatiosrohren zwischen dem Heizapparate und dem Condensator und dem
                                 Dampfkessel befinden sich weite Hähne, welche mittelst Excentrics von der
                                 Maschine bewegt werden und die einzigen Steuertheile sind, welche die Maschine
                                 zu bewegen hat.
                              
                           
                              Durch Manometer wurde während des Ganges der Maschine der Druck auf den Kolben
                                 ermittelt, auch wurden an der Maschine die Versuche über Condensation des
                                 überhitzten Dampfes wiederholt, wobei man beobachtete, daß bei Dämpfen von 7 bis
                                 7 1/2 Atmosphären Spannung eine Reduction auf 3 1/2 und 3 3/4 Atmosphären
                                 eintrat. Während des Ganges mußte bei jedem Hube eine kleine Quantität frischer
                                 Dampf zugelassen werden, welcher entweder zum Ersatz entwichenen Dampfes, oder
                                 zur Vertreibung der Luft aus dem Condensator, oder zu sonst irgend einem Zwecke,
                                 von welchem das gute Arbeiten der Maschine abhängt, erforderlich seyn
                                 mochte.
                              
                           
                              Natürlich läßt sich aus so unvollkommenen Angaben die Arbeit der Maschine nicht
                                 ableiten, auch begnüge ich mich anzugeben, daß bei einer Anfangspressung von 7
                                 1/2 Atmosphären am Ende des positiven Hubes noch 3 Atmosphären übrig blieben,
                                 daß beim negativen Hube die Spannung 2 1/2 Atmosphären betrug, daß also die
                                 wirksame Pressung (7 + 3)/2 – 2 1/2 = 2 1/2 Atmosphären zu setzen ist,
                                 was einem constanten Drucke von 1 1/4 Kilogrammen pro Quadratcentimeter während des ganzen Spieles entspricht. Um diese
                                 Kraft zu erzeugen, braucht nur gesättigter Wasserdampf von 3 1/2 Atmosphären
                                 Spannung oder 140 Grad Wärme auf die Temperatur von 400 bis 500 Grad erhitzt zu
                                 werden, was einen Kohlenaufwand verursacht, den ich leider an meinem Apparate
                                 nicht ermitteln konnte, der aber nur sehr gering seyn kann, da die Dämpfe trotz
                                 des sehr kurzen Aufenthaltes im Heizapparate doch sehr schnell seine Temperatur
                                 annahmen, ohne daß auch nur die geringste Wärmeabnahme am Heizapparate zu
                                 bemerken war. Ferner ist die kleine Quantität frischer Dampf in Ansatz zu
                                 bringen, womit der Apparat bei jedem Spiele gespeist werden muß, welche aber
                                 sicher nicht ein Zehntel von demjenigen Dampfvolumen beträgt, welches eine
                                 gleich starke Watt'sche Maschine consumirt. Beachtet
                                 man nun noch, daß die Dämpfe sehr schnell ihre Wärme an das Condensationswasser
                                 abtreten, wenn dieses eine Temperatur von 100 Grad hat, so wird man durch
                                 Vergrößerung der condensirenden Fläche und durch Anwendung von etwas
                                 Einspritzwasser sicher sehr leicht dahin gelangen, die mit einer Temperatur von
                                 400 bis 500 Grad eintretenden Dämpfe mittelst eines Wassers zu condensiren,
                                 welches 150 bis 160 Grad Wärme besitzt, und aus welchem sich gesättigte Dämpfe
                                 von derjenigen Spannung entwickeln, wie sie zur Speisung der Maschine erfordert
                                 werden; es wird also dann das Condensationswasser in Dampf zur Speisung der
                                 Maschine verwandelt.
                              
                           
                              Nach diesen neuen Bedingungen lasse ich meine Maschine umbauen, worauf sie
                                 wirklich als Arbeitsmaschine fungiren soll, damit es möglich sey, genau und
                                 sicher zu ermitteln, welche Vortheile das neue System besitze.“