| Titel: | Neue Ofen-Einrichtung, von Hrn. Wilhelm Siemens. | 
| Fundstelle: | Band 146, Jahrgang 1857, Nr. XLI., S. 174 | 
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                        XLI.
                        Neue Ofen-Einrichtung, von Hrn. Wilhelm Siemens.
                        Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, August
                              1857, S. 265.
                        Siemen's neue Ofen-Einrichtung.
                        
                     
                        
                           Diese Einrichtung ist hauptsächlich da anwendbar, wo große Hitzgrade erforderlich
                              sind, denn sie bezweckt die Benutzung eines großen Antheiles der gewöhnlich in die
                              Esse entweichenden Hitze. Die Verbrennungsproduct müssen bei diesem System durch
                              eine Masse von durchlöcherten Ziegelsteinen strömen, nämlich durch den sogenannten
                              „Regenerator,“ welcher eine ausgedehnte Heizoberfläche
                              darbietet. Derjenige Theil der Ziegelsteine, auf welchen die Hitze zuerst einwirkt,
                              erhält die höchste Temperatur, während dieselbe bei den nachfolgenden Theilen immer
                              mehr abnimmt; auf diese Weise wird den Verbrennungsproducten fast alle Hitze
                              entzogen, ehe sie die Esse erreichen. Die Richtung des Luftstroms wird in
                              Zwischenräumen von ungefähr einer Stunde umgekehrt, mittelst eines Ventils an dem
                              untern Ende der Esse; die vorher von dem ersten Regenerator absorbirte Hitze wird
                              dann von der frischen Luft aufgenommen, welche nun zur Verbrennungsstelle sehr
                              erhitzt gelangt und eine Flamme von weit größerer Intensität erzeugt, als sie
                              mittelst kalter atmosphärischer Luft hervorgebracht werden könnte. Die intensive
                              Hitze der so erzeugten Flamme wird dem zweiten Regenerator mitgetheilt, in derselben
                              Weise wie vorher beschrieben, und die Verbrennungsproducte gelangen in die Esse
                              verhältnißmäßig kalt. Durch Wiederholung dieses Verfahrens, die Richtung des Zuges
                              durch den Ofen umzukehren, kann man die höchsten Temperaturgrade erzielen und die
                              Ersparung an Brennmaterial steht dabei mit dem verlangten gesteigerten Hitzgrade in
                              Verhältniß.
                           
                           Ein nach diesem Princip eingerichteter Ofen war in den letzten drei Monaten in dem
                              Werke von Marriott und Atkinson zu Sheffield zum Wärmen von Stahl und Eisen im Betriebe, und es
                              wurden mittelst desselben gegen die gewöhnlichen Glühofen, bei gleicher Arbeit, 79
                              Proc. an Brennmaterial erspart.
                           Das Regenerations-Princip wurde später auch zu anderen Zwecken angewendet; so
                              wurde zu Bolton kürzlich ein darnach construirter Puddelofen in Betrieb gesetzt und die damit erlangte
                              Brennmaterial-Ersparung war dieselbe wie die zu Sheffield.
                           Auf die Anwendung dieses Regenerationsprincips bei den Oefen verfiel zuerst Hr. Fr.
                              Siemens, es wurde aber von beiden Brüdern
                              gemeinschaftlich ausgeführt. Hr. Atkinson bemerkte bei
                              der Besprechung dieses Systems in der Versammlung der mechanischen Ingenieure zu
                              Manchester, daß das Resultat seiner Versuche mit dem neuen Ofen darin bestand, daß
                              derselbe während sechs Tagen, welche mit dem 13. Juli (1857) begannen, 1 Tonne 10
                              Ctr. Steinkohlen verbrauchte, während bei dem alten Ofen der Verbrauch 7 Tonnen
                              betrug, und die Leistung in beiden dieselbe war. Die Dauer des neuen Ofens wurde auf
                              die dreifache von derjenigen der gewöhnlichen Oefen berechnet.