| Titel: | Darstellung der zu Ebensee abgeführten Versuche über die Reproducirung der im Wasserdampf gebundenen Wärme durch Wasserkraft behufs ihrer Verwendung zum Abdampfen der Salzsoole etc.; von P. Rittinger, k. k. Sectionsrath. | 
| Fundstelle: | Band 146, Jahrgang 1857, Nr. XLII., S. 175 | 
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                        XLII.
                        Darstellung der zu Ebensee abgeführten Versuche
                           über die Reproducirung der im Wasserdampf gebundenen Wärme durch Wasserkraft behufs
                           ihrer Verwendung zum Abdampfen der Salzsoole etc.; von P. Rittinger, k. k. Sectionsrath.Der Hr. Verfasser hatte die Gefälligkeit der Redaction des polytechn. Journals
                                 einen Abdruck dieses Berichtes zu übersenden.
                           
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Rittinger's Versuche über die Reproducirung der in Wasserdampf
                           gebundenen Wärme durch Wasserkraft.
                        
                     
                        
                           A. Princip.Die im Jahre 1855 unter dem Titel:
                                       „Neues
                                          Abdampfverfahren“ von dem Verf. herausgegebene und im
                                       Verlage von Fr. Manz in Wien erschienene
                                    Abhandlung enthält eine umständliche Darstellung des zu Grunde liegenden
                                    Princips, sowie eine vollständige Berechnung des Apparates.
                           Der Wasserdampf ist eine Verbindung des Wassers mit Wärmestoff im
                              constanten Verhältnisse; zur Bildung von einer Gewichtseinheit Wasserdampf oder zur Verdampfung
                              von 1 Kilogr. Wasser sind nämlich erfahrungsmäßig ungefähr 650 Wärmeeinheiten nothwendig, d.h. die hiezu verwendete Wärme vermag von 650
                              Kilogr. Wasser die Temperatur um 1° C. zu erhöhen.
                           Nach den neuesten genaueren Versuchen von Regnault nimmt
                              die Bildung von 1 Kilogr. Dampf richtiger
                           606,5 + 0,305 t Wärmeeinheiten
                           in Anspruch, wenn t die Temperatur
                              des Dampfes bezeichnet.
                           Die an das Wasser behufs der Dampfbildung übergegangene und von demselben
                              aufgenommene Wärme bringt eine doppelte Wirkung
                              hervor:
                           1) sie ändert den Aggregationszustand des Wassers, indem sie dasselbe aus einem
                              flüssigen in einen ausdehnsamen Körper verwandelt, und
                           2) sie vergrößert dessen Volum mit einer bestimmten, von der Temperatur des Dampfes
                              abhängigen Spannung; so z.B. nimmt der bei 100° C. unter dem atmosphärischen
                              Druck entwickelte gesättigte Dampf ein 1695 Mal größeres Volum ein, als das Wasser,
                              aus welchem er entstanden ist.
                           Letztere Wirkung der Dampfbildung, welche als eine active
                              Eigenschaft des Dampfes bezeichnet werden kann, wird in der praktischen Mechanik
                              bekanntlich in der Art äußerst vortheilhaft benützt, daß man den sich bildenden
                              Dampf gegen den beweglichen Kolben der Dampfmaschine
                              wirken läßt, und die von ihm aufgenommene Arbeit zu beliebigen Zwecken dann weiter
                              fortpflanzt und verwendet.
                           Wird umgekehrt gesättigter Dampf in einen Cylinder mittelst eines beweglichen Kolbens
                              zusammengepreßt, so wird derselbe nach den
                              vorhandenen Umständen ein doppeltes Verhalten äußern:
                           1) Ist nämlich der Cylinder sammt Kolben nach Außen durchaus mit schlechten Wärmeleitern umgeben, vermag also der
                              abgeschlossene Dampf nach Außen weder Wärme abzugeben noch aufzunehmen, so wird bei
                              fortschreitender Zusammendrückung mittelst des Kolbens seine Pressung und mit dieser
                              gleichzeitig seine Temperatur zunehmen. Er wird also nach einander folgende
                              Pressungen und Temperaturen annehmen:
                           
                              
                                 Bei
                                 der
                                 Pressung
                                 von
                                   1 Atmosphäre
                                 die
                                 Temperatur
                                 100° C.
                                 
                              
                                   „
                                   „ 
                                       „
                                   „
                                   2        
                                    „
                                   „
                                         „
                                 121°  „
                                 
                              
                                   „ 
                                   „
                                       „
                                   „
                                   3        
                                    „
                                   „
                                         „
                                 135°  „
                                 
                              
                                   „
                                   „
                                       „
                                   „
                                   4        
                                    „
                                   „
                                         „
                                 145°  „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                     und
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                   „
                                   „
                                       „
                                   „
                                 15        
                                    „
                                   „
                                         „
                                 200  „
                                 
                              
                           
                           2) Sind dagegen die Umfangswände des Cylinders sowie dessen wettere Umgebung gute
                              Wärmeleiter, so wird der zusammengepreßte Dampf seine in Folge der Pressung
                              augenblicklich gestiegene Temperatur nicht lange beibehalten, sondern dieselbe wird
                              vielmehr in Folge des Entweichens der Wärme nach Außen wieder auf ihren
                              ursprünglichen Stand herabsinken.
                           Dadurch, daß der Dampf einen gewissen Antheil seines Wärmestoffes verliert, ändert
                              sich theilweise sein Aggregationszustand, d.h. es schlägt sich im Cylinder aus dem
                              Dampfe Wasser nieder. Das Volum des Dampfes nimmt ab, die Pressung dagegen bleibt
                              sich gleich. Die auf den Kolben ausgeübte mechanische Arbeit bewirkt demnach eine
                              Trennung des Wärmestoffes vom Wasser, und äußert sich
                              daher dampfvernichtend, während umgekehrt eine Verbindung des Wärmestoffes mit Wasser dampferzeugend wirkt und eine mechanische Arbeit
                              hervorruft. Dieses Verhalten des Dampfes beim Zusammenpressen im geschlossenen Raum
                              kann demnach als eine passive Eigenschaft desselben bezeichnet werden. Es spricht
                              sich auch hier in der Physik und Mechanik das allgemein bekannte und vielfach
                              angewendete Princip der Gleichheit zwischen Wirkung und Gegenwirkung deutlich aus,
                              dem zufolge man z.B. jede durch Wasser oder Wind betriebene Kraftmaschine in eine
                              Arbeitsmaschine und letztere umgekehrt in eine Kraftmaschine umwandeln kann; so
                              erhält man durch Umkehrung der Bewegung aus dem Wasserrade ein Schöpfrad, aus der
                              Wassersäulenmaschine eine Pumpe, aus dem Windrade einen Ventilator u.s.w., und
                              umgekehrt. Dem Vorausgeschickten zufolge wird durch Bindung
                                 der Wärme ans Wasser unter Vermittlung einer Dampfmaschine mechanische
                              Arbeit erzeugt, und umgekehrt durch Einwirkung mechanischer Arbeit auf den Dampf aus
                              diesem die Wärme freigemacht. Man hat es daher mit einer
                              umgekehrten Dampfmaschine zu thun.
                           In allen Fällen des Abdampfens, in welchen die
                              Dampfbildung bloß den Zweck hat, einen in Wasser aufgelösten Stoff aus diesem
                              auszuscheiden, geht eine wesentliche Wirkung der Verdampfung, nämlich die
                              Hervorbringung einer mechanischen Arbeit gänzlich verloren, indem die ganze an den
                              Dampf gebundene Wärme mit diesem unbenutzt entweicht. Diese Wärme wieder nutzbar zu
                              machen, sie gewissermaßen aus dem Dampf zu reproduciren
                              und neuerdings zum Abdampfen zu verwenden, ist nun der Zweck des neuen
                              Abdampfsystems. Es ist allerdings zulässig, die Wärme des entwickelten Dampfes durch
                              bloßen Contact mit neuen Partien der zum Abdampfen bestimmten Flüssigkeit an diese
                              zu übertragen, indem man den Dampf durch ein Röhrensystem hindurchstreichen läßt,
                              welches von der damit zu
                              erwärmenden Flüssigkeit allseitig umgeben ist und derselben hinreichende Oberfläche
                              darbietet. Allein auf diesem Wege der Dampfheizung
                              gelingt es bloß, größere Partien der Flüssigkeit vorzuwärmen und nur allmählich abzudampfen, weil die Dampfbildung in
                              letzterer bei einer geringen Temperatur bloß oberflächlich vor sich geht. So z.B.
                              kann man mit einem Kilogramm Dampf von 100° C. vermöge des Ansatzes
                           (x + 1) 50 = 606,5 + 30,5 = 637
                           x = 637/50 – 1 = 11,3 Kilogr.
                           im günstigsten Falle 11,3 Kil. Wasser von 0 auf 50° C.
                              vorwärmen und oberflächlich zum langsamen Abdampfen bringen, also um 10,3 Kilogr.
                              mehr, als man behufs des eigentlich continuirlichen Abdampfens braucht. Die
                              wiederbenützte Wärme wird dabei auf große Massen dilatirt, ohne deren Temperatur genügend zu steigern und ein energisches
                              Abdampfen durch die ganze Masse der Flüssigkeit zu ermöglichen.
                           Wird dagegen der beim Abdampfen erzeugte Dampf auf künstliche Weise mittelst einer
                              wohlfeilen disponiblen Kraft, etwa durch Wasserkraft,
                                 zusammengepreßt, so läßt sich dessen Temperatur nach Beschaffenheit der
                              Seitenwände des Dampfraumes beliebig steigern, und daher
                              abermals zur energischen Dampfbildung durch die ganze Masse verwenden, wenn man
                              dabei die Röhren, in welchen die Zusammenpressung vor sich geht, mit der
                              abzudampfenden Flüssigkeit umgibt.
                           Die Dampfbildung wird daher in diesem Falle unter Benützung derselben in Kreislauf gesetzten Wärmemenge vor
                              sich gehen, und an neuer Wärme wird nur gerade so viel zugeführt werden müssen, als
                              zum Ersatze der unvermeidlichen Wärmeverluste erforderlich ist. Die Wärme verhält
                              sich dabei gegen das Wasser ähnlich wie das von einem Badeschwamm aufgesaugte
                              Wasser, welches durch Zusammenpressen des Schwammes diesen verläßt und in einen
                              neuen Schwamm abermals übergehen kann.
                           Die Wände, welche die Wärme beim Zusammenpressen des Dampfes durchdringt, spielen
                              gewissermaßen die Rolle eines Filtrums, durch welches das Wasserzurückgehalten
                              wird.
                           
                        
                           B. Einrichtung des zu Ebensee
                                 aufgestellten Versuchs-Abdampf-Apparates.
                           Dieß vorausgesetzt, soll nun die Einrichtung des zu Ebensee aufgestellten Versuchs-Abdampfapparates näher beschrieben werden; dabei ist die
                              Anwendung des neuen Abdampfsystems auf einen speciellen Fall, nämlich auf das
                              Abdampfen der Salzsoole ersichtlich gemacht.
                           
                           Die Figuren 1
                              bis 6 stellen
                              den ganzen Apparat übersichtlich dar.
                           A ist der blecherne
                                 Abdampfkessel, 8' hoch und 4' weit; derselbe läuft nach unten conisch zu
                              und ist nach oben mit einer gußeisernen Kuppel geschlossen, bis zu welcher die darin
                              enthaltene und abzudampfende Soole reicht. Diesen Kessel umgibt nach allen Seiten
                              ein dickes Ziegelmauerwerk B, in welchem fünf verticale
                              Züge a behufs der Beheizung des Kessels durch ein
                              Rost- oder Pultfeuer angebracht sind. An den letzten Zugcanal schließt sich
                              die Esse D an, durch welche die
                              Verbrennungs-Producte abziehen. Zur Regulirung des Zuges befindet sich in der
                              Esse eine Drosselklappe bei α.
                           In den Soolenraum des Kessels tauchen 2 blecherne Cylinder b und c mit doppelten Wänden nebst einem
                              mittleren Rohre d, welches mit den beiden hohlen
                              Cylindern oben und unten durch Knieröhren e in
                              Verbindung gesetzt ist, und bei der Kesselkuppel herausragt. Diese hohlen Cylinder
                              b und c sind dazu
                              bestimmt, den im Kessel bei f entwickelten Siededampf
                              nach dessen Beseitigung und Zusammenpressung aufzunehmen, und bilden daher den
                              Dampfheizraum.
                           Zum Aufsaugen und Zusammenpressen des Siededampfes dient aber die horizontal liegende
                              Dampfpumpe
                              E, 16'' im Durchmesser und 36'' Kolbenhub, welche
                              ähnlich einem doppeltwirkenden Gebläsecylinder mit 2 Saug- und 2
                              Druckventilen versehen ist, wie dieß aus der Detailzeichnung Fig. 4 ersehen werden
                              kann. Diese Pumpe wird durch ein Wasserrad in Bewegung
                              gesetzt, an dessen Welle W das Getriebe p aufgekeilt ist, welches in das Getriebrad q eingreift und so die Kurbelwelle r in Umdrehung versetzt. Die Kurbel i wirkt auf die Lenkstange s
                              und ertheilt sofort der Kolbenstange und dem Kolben der Dampfpumpe die hin-
                              und hergehende Bewegung. Bei t befindet sich die
                              Geradführung.
                           Durch die Röhren g und h
                              steht die Dampfpumpe einerseits mit dem Siederaume f und
                              andererseits mit dem Dampfheizraume b, c, d in
                              Commumcation. Der Siededampf in f tritt bei jedem
                              Rückgange des Kolbens durch das Rohr g in den Cylinder
                              der Dampfpumpe, wird nach Schluß des Saugventils durch den Kolben darin
                              zusammengepreßt und sofort durch das Rohr h in den
                              Dampfheizraum d, c, b gedrückt. Der gepreßte Dampf nimmt
                              zwar im letzteren augenblicklich eine höhere Temperatur an, verliert jedoch dieselbe
                              alsbald, weil er seine freie Wärme an die Wände des Dampfheizcylinders und weiter an
                              die sie umgebende und abzudampfende Soole abgibt, wodurch neue Partien der letztem
                              in Dampf verwandelt werden. In Folge dieses Wärmeverlustes schlägt sich ein Theil
                              des Dampfes im Dampfheizraum nieder und sammelt sich daselbst zu Unterst an. Um nun dieses
                              Condensationswasser zu entfernen, dient das dünne Röhrchen k, welches bis nahe an den Boden des Mittelrohres d reicht, und durch dessen obere Kuppel hindurchgeht; an dasselbe schließt
                              sich das heberförmige Rohr l an, welches an seinem Ende
                              mit einem Hahne m versehen ist. Durch letzteren läßt
                              sich der Abfluß des Condensationswassers in der Art reguliren, daß dasselbe im
                              Dampfheizraum nicht hoch ansteigt.
                           Der Wärmeausstrahlung ist beim Cylinder der Dampfpumpe mit einem Mantel und bei den
                              Dampfröhren g und h mit
                              einem Strohgeflecht thunlichst vorgebeugt.
                           In Folge der continuirlichen Dampfbildung im Kesselraum fallen aus der Soole
                              Salzkrystalle nieder und sammeln sich an der Spitze des kegelförmigen Kesselbodens.
                              Von dort werden sie mittelst eines intermittirend sich öffnenden Hahnes partienweise
                              in die Rinne R abgelassen.
                           Die Einrichtung dieses vorläufig mittelst der Hand zu drehenden Hahnes sammt
                              Zugstange zeigt die Fig. 5. Die Rinne R₁ ist um die Achse
                              β drehbar, und man kann daher die darin mit dem Salzsande ausfließende Soole
                              durch das Neigen nach rückwärts in die Rinne T ablaufen
                              lassen, von welcher sie alsdann in die Vorwärmerinne R
                              gelangt. Der Salzsand aber läßt sich aus der Rinne R₁ mittelst einer Krücke nach vorn herausziehen.
                           Zum gleichmäßigen Speisen des Kessels mit neuer Soole dient eine Speisepumpe, deren Einrichtung mit der bei Dampfmaschinen
                              üblichen Speisepumpe ganz übereinstimmt. Sie wird gleichfalls von der Kurbelwelle
                              der Dampfpumpe in Bewegung gesetzt, zu welchem Ende an dem Getriebrade q eine Warze angebracht ist. Die Speisepumpe entnimmt
                              die Soole aus der Rinne R, in welche dieselbe aus den
                              beiden Vorrathsbottichen S (Fig. 2 und Fig. 6) zeitweise
                              abgelassen wird. Zum Vorwärmen dieser Soole dient das auf den Siedepunkt erhitzte
                              Condensationswasser, welches man in Röhren u, die sich
                              an l anschließen, durch die Soole in R leitet und es am Ende bei m' durch einen Hahn in den Bottich K
                              ausfließen läßt. Es muß daher der Hahn bei m geschlossen
                              werden, um das Condensationswasser in das Vorwärmerohr u
                              abzulenken. Da die Rinne R die Soole aus dem Bottich S empfängt und bis zur Soolpumpe leitet, so nimmt die
                              Soole in der Rinne R gegen das Condensationswasser in
                              den Röhren u einen entgegengesetzten Weg.
                           Die Speisepumpe drückt durch das Rohr w die Soole in den
                              untersten conischen Theil des Kessels; sie tritt daselbst tangential ein, um die
                              Soole im Kessel in eine drehende Bewegung zu versetzen und darin zu erhalten.
                              Dadurch sollen die aus der Soole sich ausscheidenden Salzkrystalle verhindert werden, sich an dem
                              conischen Boden des Kessels anzuhäufen und die Bodenöffnung zu verlegen.
                           Der mit dem Kessel in doppelter Communication stehende Cylinder M enthält einen Schwimmer, welcher den Wasserstand im
                              Kessel anzeigt.
                           Der Siederaum sowohl als der Dampfheizraum ist übrigens jeder mit einem besonderen
                              Thermometer und Manometer
                              versehen, um über den Zustand des Dampfes in jedem Augenblicke stets in Evidenz zu
                              bleiben. Ueberdieß sind beide Räume mit den gesetzlichen Sicherheitsventilen ausgestattet.
                           Der Apparat wirkt demnach auf die in denselben durch das Rohr w eintretende Soole in der Art, daß er den
                              einen Bestandtheil derselben, nämlich das Salz, mit einem geringen Antheil Soole bei
                              der Spitze y des Abdampfkessels ausscheidet, dagegen den
                              andern Bestandtheil, nämlich das Wasser, in welchem das
                              Salz aufgelöst war, durch das Rohr k, l und u als Condensationswasser absondert.
                           
                        
                           C. Resultate der im Frühjahre 1857
                                 abgeführten Versuche. Programm für deren Fortsetzung.
                           Die Versuche wurden mit dem Abdampfen des süßen Wassers begonnen, um ohne weitere
                              Berirrungen die physikalischen und mechanischen Bedingungen näher zu studiren, unter
                              welchen die Wirkung des Apparates sich am günstigsten herausstellt. Nach einer Reihe
                              von sieben solchen Versuchen wurde erst zur Anwendung des neuen Principes auf einen
                              speciellen Fall, nämlich auf das Abdampfen der Salzsoole
                              übergegangen.
                           Die Resultate des siebenten und letzten Versuches mit süßem Wasser sind in der
                              beiliegenden Tabelle übersichtlich zusammengestellt; als praktisch wichtig müssen
                              daraus folgende Punkte hervorgehoben werden:
                           a) daß der Apparat 7,8 Kubikfuß Wasser in der Stunde
                              verdampft;
                           b) daß auf ein Pfund lufttrockenes Holz 13,8 Pfund
                              verdampftes Wasser entfallen;
                           c) daß die dabei erforderliche Betriebskraft 12,7
                              Pferdekräfte ausmacht.
                           Da nun bei directer Feuerung im günstigsten Falle mit
                              einem Pfunde luftrockenen Holzes nur 4 1/2 Pfd. Wasser verdampft werden können, so folgt, daß die unter dem Einflusse des neuen
                              Principes bewirkte Verdampfung das Dreifache der sonst
                              theoretisch möglichen erreicht.
                           
                           Dabei muß noch berücksichtigt werden, daß die Temperatur des Rauches in der Esse
                              162° C. betrug, und daß überdieß das als Nebenproduct erhaltene
                              Condensationswasser auf 95° C. erwärmt wurde; diese beiden Nebenwirkungen des
                              Apparates können zu verschiedenen Zwecken nutzbar ausgebeutet werden.
                           Die in diesem Jahre erhaltenen Resultate stellen sich ohne Vergleich günstiger, als
                              jene des vorigen Jahres; der Grund hievon liegt theils in den Abänderungen und
                              Verbesserungen des Apparates, theils in der Steigerung der Spannung des Siededampfes
                              bis über den atmosphärischen Druck, nämlich bis auf 1,34
                              Atmosphären. Dadurch wurde nämlich nicht bloß das Eindringen der atmosphärischen
                              Luft in den Kesselraum verhindert, sondern auch das stündliche Aufbringen wesentlich
                              gesteigert.
                           Als eine in wissenschaftlicher Beziehung ganz befriedigende Erscheinung muß auch der
                              Umstand hervorgehoben werden, daß die wirklich erforderliche Betriebskraft mit der
                              theoretisch im Voraus berechneten genau übereinstimmt, und daß überhaupt alle
                              Verhältnißgrößen des Apparates und der Maschine in einem so guten Einklange stehen,
                              daß selbst bei einem Umbaue keine Aenderungen darin vorgenommen werden könnten.
                           Nachdem diese principiellen Versuche die Bedingungen des günstigsten Betriebes in der
                              Hauptsache festgestellt hatten, wurden vier Versuche mit dem Abdampfen der Salzsoole (mit 18 1/4 Pfund Salz in 1 Kubikfuß)
                              abgeführt.
                           Bei diesen Versuchen gelang es alle Hindernisse zu beseitigen, welche von Fachmännern
                              als voraussichtlich bezeichnet wurden; darunter gehört insbesondere das Absetzen und
                              Anhäufen von Salzkrystallen an den conischen Boden des Abdampfkessels, und das
                              Verstopfen der Ablaßöffnung für die Salztrübe daselbst. Ersteres wurde verhindert
                              durch das tangentiale Einleiten der Soole in den untersten conischen Theil des
                              Kessels, letzteres durch das zeitweise Einleiten eines dünnen Strahles des
                              Condensationswassers in den Hals der Bodenöffnung.
                           In den ersten Stunden des normalen Ganges traten die Salzkrystalle in kleinen
                              Körnchen von der Größe eines kleinen Sandes in größerer Menge mit einem
                              entsprechenden Antheil heißer Soole bei der Bodenöffnung des Abdampfkessels
                              regelmäßig heraus. Die Salztrübe hatte dabei bis auf die Farbe viel Aehnlichkeit mit
                              der Pochtrübe vom Feinpochen. Allmählich verminderte sich jedoch die in der
                              abgelassenen Soole enthaltene Menge des Salzsandes, so zwar, daß ungefähr von der
                              sechsten Stunde des normalen Ganges angefangen der Salzabfall beiläufig nur 1 Proc.
                              des der Verdampfung entsprechenden Salzes betrug. Nach einem zwölfstündigen normalen Gange wurde
                              endlich der Betrieb des Apparates eingestellt und man schritt zur Untersuchung des
                              Innern des Abdampfkessels nach dem schleunigen Ablassen der darin enthaltenen
                              Soole.
                           Es ergab sich, daß die Oberfläche der Soole im Kessel von jeder Krystallkruste ganz
                              frei war, daß aber alles Salz, welches der reichlich verdampften Soole entsprach,
                              an sämmtlichen von der Soole benetzten Wänden des
                              Abdampfkessels sich in sehr festen Krystallen mit strahligem Gefüge angesetzt hatte;
                              deren Härte war so bedeutend, daß ihre Lostrennung selbst einem scharfen Meißel
                              starken Widerstand leistete. Die Dicke dieser Krystallkruste betrug im Durchschnitte
                              1/2 Zoll und war in den obern Niveaux etwas stärker, nämlich bis 1 Zoll dick. Das
                              Anlegen der Krystalle fand gleichmäßig an alle Körper statt, die sich in der Soole
                              eingetaucht befanden, so z.B. an Bindfaden, Blech, Draht etc. Im Bruch zeigte die
                              Krystallkruste ein strahliges Gefüge (ähnlich dem Arragonit) und an der Oberfläche
                              waren die hexaedrischen Ecken mit scharfen Kanten selbst bis zu zwei Linien Länge
                              sichtbar. Nur an den horizontalen Flächen des Kessels, insbesondere aber an den
                              geneigten Bodenwänden desselben war das Gefüge der Krystallkruste mehr
                              feinkörnig.
                           Dieses Resultat ist ein ganz unerwartetes; es steht auch nicht im Einklange mit den
                              bisher allgemein als richtig anerkannten Krystallisationsgesetzen, denen zu Folge
                              zum Anschießen von Krystallen die Ruhe der Flüssigkeit postulirt wird; denn die im
                              Abdampfapparate enthaltene Soole befand sich immerfort in einer sehr heftig
                              kochenden Bewegung.
                           Es stimmt auch nicht überein mit den beim gewöhnlichen Sudprocesse wahrgenommenen
                              Erscheinungen, denen zu Folge die aus der Soole ausgeschiedenen Krystalle an darein
                              getauchte und vertical stehende Bleche sich entweder gar nicht oder nur so leicht anlegen, daß sie ohne merklichen Widerstand sich
                              beseitigen lassen; ein eigentliches Anschießen zu einer compacten im Gefüge
                              strahligen Masse findet dabei nicht statt.
                           In letzterer Beziehung wurden nicht bloß in den gewöhnlichen Sudpfannen zu Ebensee
                              besondere Gegenversuche angestellt, sondern es wurde auch in dem Abdampfapparate
                              selbst nach Oeffnung der beiden Mannlöcher an seiner Kuppel ein Abdampfungsversuch
                              bei atmosphärischer Spannung des Dampfes, also bei einer Temperatur der Soole von
                              108–110° C. bloß unter dem Einflusse der directen Feuerung
                              vorgenommen.
                           Der Grund der ganz eigenthümlichen Krystallbildung bei dem neuen Abdampfverfahren mag
                              vielleicht in dem Umstande liegen, daß in dem neuen Apparate das Abdampfen bei einer
                              höheren Temperatur der Soole (118 bis 120° C.) vor sich geht, als in einer
                              offenen Pfanne, wo sie bloß 108–110° C. erreichen kann; ferner daß die Dampfentwicklung in
                              größerer Menge und daher mit größerer Heftigkeit stattfindet.
                           Die beim Abdampfen der Soole mit und ohne Dampfpumpe, also
                              mit und ohne Reproduction der Wärme erhaltenen Zahlenresultate sind gleichfalls in
                              der nachfolgenden Tabelle enthalten.
                           Man entnimmt auch hieraus eine sehr günstige Wirkung des Reproductionsprincips:
                           a) die Verdampfung in der Stunde betrug 5,5 Kubikfuß
                              Soole;
                           b) ein Pfund lufttrockenes Holz verdampfte 16,2 Pfund
                              Soole oder 11,9 Pfund reines Wasser;
                           c) die erforderliche Betriebskraft ergab sich mit 12,7
                              Pferdekräften.
                           Da nun bei besteingerichtetem Salinenbetriebe mit einem Pfund Holz 6 1/2 Pfund Soole
                              verdampft werden, so ergibt sich die Leistung des neuen Apparates Zwei ein halbmal größer als sonst.
                           Die Wirkung des Reproductionsprincipes zeigt sich aber am Auffallendsten durch
                              Vergleichung des IV. Versuches mit dem V., bei welchem bloß eine directe Feuerung stattgefunden hat. Statt 5,5 Kubikfuß
                              Soole wurden dabei bloß 2,2 Kubikfuß Soole in einer Stunde verdampft, und statt 16,2
                              Pfund Soole entfallen bloß 3 Pfund Soole auf 1 Pfund verbrauchten Brennmaterials,
                              also bloß ein Fünftel jener Menge, welche die directe
                              Feuerung in Verbindung mit der Reproduction der Wärme durch Zusammenpressen des
                              entwickelten Dampfes mittelst Wasserkraft zu liefern im Stande ist.
                           Die Aufgabe der fortzusetzenden Versuche wird nun
                              hauptsächlich darin bestehen, die Bedingungen genau zu erforschen, unter welchen die
                              angeführte Krystallbildung vermindert oder aber gänzlich beseitigt werden könnte.
                              Nachstehende physikalische Vorkehrungen und Thatsachen stellen in dieser Beziehung
                              einen günstigen Erfolg einigermaßen in Aussicht:
                           a) das Abdampfen bei einer niederen Temperatur;
                           b) eine heftige mechanische Bewegung des
                              Siedewassers;
                           c) vorzüglich aber das rechtzeitige Einführen von feinem
                              Salzmehl in den Abdampfkessel, um den aus der Soole sich bildenden
                              Salzkrystall-Atomen sogleich eine genügende Menge von Körperchen darzubieten,
                              an welchen sie sich weiter fortbilden können, statt an die Kesselwände sich
                              anzulegen.
                           Es wurde daher mit Rücksicht auf die vorstehenden allgemeinen Andeutungen behufs der
                              Fortsetzung der Versuche ein detaillirtes Programm
                              entworfen, nach welchem dieselben fortgesetzt werden.
                           
                           Die bisher mit dem neuen Apparate erzielten Resultate sind für das Salinenwesen bereits von nicht unerheblicher praktischer
                              Brauchbarkeit, nämlich in allen jenen Fällen, in welchen die abzudampfende Soole
                              noch nicht gesättigt ist, in denen sie also vorerst einer Concentration durch den Siedeproceß unterzogen werden muß.
                           Durch seine bedeutende Ersparniß an Brennmaterial wird das neue Abdampfverfahren
                              dabei wesentliche Dienste leisten.
                           In das Versuchsprogramm wurden daher auch Versuche mit armer Soole aufgenommen, um
                              dabei zugleich zu beobachten, in welcher Weise die Ausscheidung der Salzkrystalle
                              aus einer solchen Soole vor sich geht.
                           Schließlich muß noch einer Erscheinung erwähnt werden, welche bei allen mit der
                              Dampfpumpe abgeführten Versuchen beobachtet wurde.
                           Es ist dieß die Ueberhitzung des Dampfes im Dampfpumpencylinder
                                 und in den Röhren
                              h, welche den gepreßten Dampf aufnehmen. Die Größe
                              dieser Ueberhitzung ist gleichfalls in der nachfolgenden Tabelle ersichtlich
                              gemacht; die Temperatur des gepreßten Dampfes betrug:
                           beim VII. Versuche 135–142° C. statt 127° (wegen 2,36
                              atmosphärischer Spannung);
                           beim IV. Versuche 140–148° C. statt 126° (wegen 2,33
                              atmosphärischer Spannung).
                           Der Grund dieser Erscheinung liegt in der Beschaffenheit der Wände der Dampfpumpe und
                              in den Dampfröhren gegenüber den Kesselwänden; nicht bloß daß erstere aus Gußeisen
                              bestehen, sind dieselben auch noch mit schlechten Wärmeleitern umgeben; die
                              Steigerung der Temperatur in Folge der Zusammenpressung theilt sich den Wänden mit,
                              die Wärme kann jedoch durch diese nur langsam durchdringen und entweichen; im
                              eigentlichen Dampfheizraume dagegen dringt die Wärme durch die Blechwände des
                              Kessels leicht durch und es stellt sich darin eine gewisse Spannung her, welche auch
                              jener Dampf annimmt, der in den Röhren h enthalten ist.
                              Da nun dieselben eine höhere Temperatur besitzen, so bildet sich ein überhitzter
                              Dampf.
                           Bei einer geringeren Spannung des Siededampfes, und jemehr dieselbe unter den Druck
                              einer Atmosphäre herabsinkt, steigt die Ueberhitzung immer mehr und es erreicht der
                              gepreßte Dampf in der Dampfpumpe selbst die Temperatur von 220° C. bei einer
                              Spannung von 3 Atmosphären, wenn die Spannung des Siededampfes auf 0,3 Atmosph.
                              gehalten wird. Dabei tritt jedoch bei den unvollkommen schließenden Mannlöchern
                              ziemlich viel Luft in den Siederaum ein.
                           Wien, im Juli 1857.
                           
                           Fortsetzung der Abdampfversuche zu Ebensee im Jahre
                                 1857.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 146, S. 186–187
                              Beobachtungen Resultate; Dauer der
                                 Beobachtung; Aufschlagwasser-Füllzeit; Umgänge der Kurbel per 1 Minute;
                                 Aeußere Temperatur; Speise-; Siede-; Condensations-;
                                 Heiz-; Wasser; Dampf.; An der Kuppel; Am Ventilkasten; Temperatur;
                                 Verbrauch; Temperatur t₁; Temperatur t₂; Menge; Temperatur
                                 t₃/t¹₃; Spanung s₁; Temperatur t₄; Spanung
                                 s₂; Temperatur t₅; Relativdruck s₃; ; Brennmaterial;
                                 Essentemperatur t₆; Betriebskraft; Ausfälle per 1 Stunde; Speisewasser
                                 (Soole); Speisewasser (Soole) per 1 Pferdekraft; Condensations-Wasser;
                                 Verdampft 1 Quadratfuß Spiegelfläche; Auf 100 Pfund Speisewasser
                                 Condensations-Wasser; auf 1 Pfd. Brennmaterial; Soole; Speisewasser;
                                 Differenz zwischen der; Spanung; des Heiz- und Siededampfes; des
                                 überhitzten und satten Dampfes; des Rauche und Siededampfes; VII. Versuch mit
                                 süßem Wasser. (Am 5 Juni 1857); IV. Versuch mit Soole (Am 20. Juni 1857.); V.
                                 Versuch mit bloß directer Heizung der Soole. (Am 23. und 24. Juni 1857.);
                                 Anmerkung. Die Stellen, an welchen die Temperatur t₁, t₂ etc. und
                                 Spannungen s₁, s₂ beobachtet wurden, sind auf den Figuren 1–3 mit
                                 gleichlautenden Buchstaben bezeichnet
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
