| Titel: | Ueber Luftkessel bei Locomotiv-Speisepumpen; von B. Hager. | 
| Autor: | B. Hager | 
| Fundstelle: | Band 146, Jahrgang 1857, Nr. LXXVI., S. 321 | 
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                        LXXVI.
                        Ueber Luftkessel bei
                           Locomotiv-Speisepumpen; von B.
                              Hager.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Hager, über Luftkessel bei
                           Locomotiv-Speisepumpen.
                        
                     
                        
                           Der Maschinenmeister der New-York Newhaven-Eisenbahn G. B. Simonds brachte im Jahre 1854, um die Wirkungen von
                              Luftkesseln bei Locomotiv-Speisepumpen genau beobachten zu können, solche von
                              dickem Glas an einigen Pumpen an. Das Resultat dieser Untersuchungen zeigte, daß
                              dieselben nicht, wie man allgemein glaubte, nutzlos seyen, sondern im Gegentheil
                              sehr vortheilhaft wirken, indem sie nicht bloß die Bewegungen der Ventile, auch bei
                              bedeutenden Geschwindigkeiten, sehr erleichterten, sondern auch die Heftigkeit der
                              durch die Ventile auf die Speiseröhren hervorgebrachten Stöße ungemein verminderten.
                              Es möchte daher nicht ohne Interesse seyn, da in Deutschland an Locomotivpumpen nur
                              selten Windkessel angebracht sind, diesen Resultaten einige Aufmerksamkeit zu widmen
                              und wo möglich Nutzen davon zu ziehen.
                           Das zu den Versuchen verwendete Glas war 3/4 Zoll stark, auf beiden Seiten
                              aufgeschliffen und mit einer Klammer von Eisen, die über das Glas lief und sich an
                              beiden Seiten des Ventils einhakte und durch welche eine Schraube auf eine Platte,
                              die das Glas oben verschloß, ging, über dem Ventil befestigt. Der Glascylinder war
                              ungefähr 7 Zoll hoch und von 2 1/2 Zoll innerem Durchmesser.
                           Bei geringen Geschwindigkeiten der Pumpen, welche 20 Zoll Hub hatten, füllte sich der
                              Glascylinder bis 1 1/2 Zoll von der ihn verschließenden Platte, indem das Wasser
                              leicht mit jedem Kolbenhube pulsirte. Bei größeren Geschwindigkeiten fiel jedoch
                              dieses Wasserniveau gegen die allseitige Erwartung, bis bei einer Geschwindigkeit
                              von 35 englischen Meilen per Stunde mit Treibrädern von
                              5 1/2 Fuß Durchmesser, die Wasseroberfläche größtentheils 5 Zoll unter der
                              Deckplatte stand. Merkwürdig ist nun hierbei, daß bei jedem Kolbenhube im Mittel des
                              Glascylinders sich eine Wassersäule von 4 Zoll Höhe und ungefähr 1 Zoll Durchmesser
                              erhob, welche genau die Außenfläche hatte, wie die innere Fläche des Glascylinders.
                              Die Zunahme der Luftsäule oder das Sinken des Wasserniveau's im Glase ist eine Erscheinung,
                              die sich bloß durch die Vermuthung erklären läßt, daß sie Folge eines
                              ununterbrochenen Wasserzuflusses in den Kessel ist, denn offenbar gehört weniger
                              Wasserdruck dazu, das Ventil fortwährend offen zu erhalten, als es immer abwechselnd
                              zu öffnen, wie es jedenfalls bei geringeren Geschwindigkeiten geschieht. Es fällt
                              also wahrscheinlich bei höheren Geschwindigkeiten das Ventil nicht bei jedem
                              Kolbenhube in seinen Sitz zurück und wird durch den Luftkessel ein ununterbrochener
                              Wasserzufluß in den Kessel hervorgebracht, während die Wirkung jedes Kolbenhubes von
                              der gepreßten Luft im Luftkessel absorbirt und dadurch dieses Steigen einer
                              Wassersäule im Mittel der Luftsäule, die schneller nach oben als nach den Seiten hin
                              weichen kann, erzeugt wird.
                           Mittelst dieser Hypothese läßt sich nun erklären, daß die Speiseröhren, sowie die
                              Kolben der Speisepumpen, weniger durch Ventilstöße und die unterbrochene Bewegung
                              der in ihnen laufenden Wassersäulen zu leiden haben, weil eben diese durch Anwendung
                              von Luftkesseln gänzlich wegfallen, und die Praxis bestätigt dieß vollständig, da es
                              Thatsache ist, daß die Speiseröhren sehr selten bei den Locomotiven brechen, an
                              denen Luftkessel mit den Speisepumpen verbunden sind.
                           Nach wenigen Versuchsfahrten brach leider ein Glascylinder mit einer heftigen
                              Explosion im Maschinenhaus und warf die Glassplitter mit fürchterlicher Gewalt nach
                              allen Seiten, bis in die äußersten Ecken des Gebäudes, jedenfalls eine Folge der
                              ungleichen Ausdehnung des Glascylinders und der ihn haltenden Eisenklammer;
                              glücklicherweise geschah kein Unglück, allein die Folge davon war die sofortige
                              Entfernung der übrigen improvisirten gläsernen Windkessel und deren Ersetzung durch
                              metallene.
                           Vor diesen Versuchen glaubte man, wie auch gegenwärtig noch in Deutschland und
                              England, daß Pumpen mit langem Kolbenhube, d.h. Pumpenkolbenhub dem
                              Cylinderkolbenhub gleich, bei hohen Geschwindigkeiten nicht gut arbeiten, und
                              verband die Pumpenstangen mit den Rückwärts-Excentrics; es hat dieses jedoch
                              viele Unannehmlichkeiten und ist bei Locomotiven, zwischen deren Treibrädern der
                              Feuerkasten hängt, durch den hierdurch entstehenden unverhältnißmäßig großen
                              Radstand ein Nachtheil, den man durch Pumpen mit langem Kolbenhub, welche an beiden
                              Seiten des Kessels angebracht sind, ganz umgeht. Bei Reparaturen kann man besser zu
                              den Pumpen kommen, welche sich bei längerem Kolbenhube auch weniger abnutzen, und
                              braucht die Speiseröhren nicht unter allen nur erdenklichen Winkeln zu biegen, um
                              vom Tender aus unter den Kessel zu den Pumpen zu gelangen.
                           
                           Gegenwärtig bringt man bei allen Locomotiven in den Vereinigten Staaten den
                              Feuerkasten zwischen den Treibrädern an, auch bei Lastmaschinen, da hierdurch das
                              Gleichgewicht besser vertheilt und ein ruhigerer Gang erzielt wird.
                           Eine weitere Eigenthümlichkeit der amerikanischen Locomotiven ist das bewegliche
                              Vordergestell mit vier kleinen Laufrädern und der weite Schornstein, so wie eine in
                              der Mitte des Kessels hängende Glocke, mit welcher vor Wegübergängen geläutet wird.
                              Eine hoch über dem Wegübergang gleich einer Ehrenpforte angebrachte Tafel mit den
                              Worten „Look out for the Engine, while the bell
                                    rings“ (siehe dich nach der Locomotive um, wenn die Glocke
                              klingt) warnt den einsamen Wanderer die Bahn nicht zu überschreiten, wenn geläutet
                              wird. Der Locomotivführer hat einen überbauten Stand, der an beiden Seiten mit
                              Fenstern versehen und nach vorn offen ist. An der Decke sämmtlicher Wagen läuft eine
                              Schnur hin, die mit der Dampfpfeife verbunden ist und nach welcher jeder Passagier
                              von seinem Sitz aus gelangen kann. Ein einziger Conducteur bedient den ganzen Zug
                              und keinem Passagier wird ein Sitz angewiesen, sondern jedem die Auswahl gestattet;
                              auch während des Fahrens darf man aus einem Wagen in den andern gehen, indem selbige
                              hinten und vorn eine Thür und in der Mitte einen Gang haben, an dessen beiden Seiten
                              rothsammetne Sitze für je zwei Personen angebracht sind. Die Wagen enthalten
                              gewöhnlich 60 Plätze, sind mit Mahagoni furnürt und mit Goldleisten und Spiegeln
                              geziert. An einer Seite ist ein Cabinet (privy) für
                              Damen angebracht, in welchem sich ein kleines Sopha befindet, dessen Kissen zum
                              Abnehmen u.s.w. ist. In jedem Wagen ist auf einem Ecktischchen ein großer thönerner
                              Krug mit frischem Wasser und einem Becher, und im Winter steht in der Mitte ein
                              eiserner Ofen. Auf vielen Bahnen sind an den Wägen Ventilationsapparate angebracht,
                              welche die Luft durch Wasser führen ehe sie in den Wagen tritt, und so immer eine
                              reine, frische Luft herbeischaffen, was bei einem trockenen, staubigen Sommer sehr
                              angenehm ist. Die bequemsten Waggons haben die Bahnen mit 6 Fuß breitem Geleise (broad gauge-railroads).
                           Zu erwähnen ist noch, daß man den Ventilen jetzt nicht über 1/4 Zoll Hub gibt,
                              während man früher 5/8 Zoll als das gewöhnliche Maaß annahm. Ein oft angewendetes
                              Ventil ist Bradley's
                              puppet valve, Fig. 8 und 9. Es ist in der Praxis
                              immer mit vielen Schwierigkeiten verbunden gewesen, ein gut schließendes und mit
                              wenig Reibung arbeitendes Ventil herzustellen. Die wenigste Reibung verursachen die
                              Kegelventile, sie sind aber nicht gut genau schließend anzufertigen und schlagen sich beim Gebrauch
                              leicht aus. Das Kegelventil hat den Uebelstand, daß es in seinen Führungen mit mehr
                              Reibung arbeitet und immer auf derselben Stelle niederfällt, d.h. sich nicht
                              horizontal um seine Achse dreht und hierdurch leicht undicht wird und sich einseitig
                              abnutzt. Man hat deßhalb durch verschiedene complicirte Mechanismen versucht, einem
                              Kegelventil neben seiner verticalen eine horizontale rotirende Bewegung zu geben;
                              Bradley's Ventil nun ist sehr einfach und bewegt sich
                              automatisch bei jedem Hub ein wenig um seine Achse.
                           Das Ventil C besteht aus einem Cylinder, der sich lose in
                              den Seiten eines hohlen Cylinders G, des Ventilgehäuses,
                              auf und nieder bewegen läßt und an seinen Seiten mit spiralförmigen Rippen F und Einschnitten E
                              versehen ist, durch welche das Wasser in die Höhe steigen kann. In der Mitte der
                              Ventilhöhe sind die Rippen, um dem Wasser hinlänglichen Raum zum Abfließen durch B zu geben, ganz weggelassen. Das Ventil ist oben bis
                              zur Mitte ausgebohrt und hat vier Verbindungsöffnungen D, D,
                                 D, D, welche, wenn dasselbe geöffnet ist, eine Verbindung des zu hebenden
                              Wassers mit dem Luftkessel A herstellen, gegen dessen
                              untern Rand es mit seiner obern Fläche anschlägt. Sobald nun der Wasserzufluß durch
                              H unterbrochen wird, fällt das Ventil durch seine
                              Schwere in seinen Sitz zurück, wie ein gewöhnliches Kegelventil, ausgenommen, daß es
                              seine Rippen genau in dem Ventilgehäuse und fast ohne Reibung führen, und das in den
                              Einschnitten des Ventils aufsteigende Wasser dasselbe ein wenig um seine Achse
                              dreht.
                           Solche Ventile sind auch wiederholt bei hydraulischen Pressen, welche bekanntlich oft
                              mit einem Druck von mehreren hundert Pfund auf den Quadratzoll arbeiten müssen,
                              erfolgreich angewendet worden, und haben den Vortheil, auch bei sehr kleinen
                              Dimensionen, dicht zu schließen und der Abnutzung lange zu widerstehen, da eben eine
                              stellenweise Abnutzung unmöglich ist.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
