| Titel: | Ueber die Anwendung und Darstellung des sogenannten Indigpurpurs; von Prof. P. Bolley. | 
| Fundstelle: | Band 146, Jahrgang 1857, Nr. XCII., S. 366 | 
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                        XCII.
                        Ueber die Anwendung und Darstellung des
                           sogenannten Indigpurpurs; von Prof. P.
                              Bolley.
                        Aus der schweizerischen polytechnischen Zeitschrift, 1857,
                              Bd. II S. 113.
                        Bolley, über die Anwendung und Darstellung des sogenannten
                           Indigpurpurs.
                        
                     
                        
                           Vor einigen Jahren gab Häffely im Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse Kunde davon,
                              daß er die Purpurschwefelsäure (Phönizin-Schwefelsäure) in die Wollfärberei
                              in Lancashire eingeführt habe, und Camille Köchlin gab an
                              die Gesellschaft einen erläuternden Bericht über deren Eigenschaften zum Bedrucken
                              oder Färben von Wolle und Seide.Im polytechn. Journal 1853, Bd. CXXIX S. 224. Die Präparate, welche Häffely beschreibt, können
                              einen nach unserm Dafürhalten wichtigen Dienst nicht erfüllen und es geschieht auch
                              in den genannten beiden Abhandlungen der von uns gemeinten Anwendung keine
                              Erwähnung. Es soll die Purpurschwefelsäure nach Häffely
                              nur 1) zu einem Blau dienen, das klarer ist, als Indigschwefelsäure es gibt, und 2)
                              soll das Blau sich durch alkalische Bäder in Violett von den verschiedensten
                              Abstufungen der Nüance umwandeln lassen. Das Präparat ist
                                 sauer und erträgt nicht einen Zusatz von Orseille, um lebhaftere und
                              mannichfaltigere Nüancen von Violett hervorzubringen. Es kommt seit einiger Zeit
                              unter dem Namen Indigpurpur ein in Württemberg
                              patentirtes Präparat von den Gebrüdern Krosp in Stuttgart
                              in den Handel, das den Vorzug hat, beliebige
                              
                              Zusätze von Orseille zu ertragen und auf Wolle ohne jede
                                 vorausgegangene Beize recht schönes Violett zu geben. Dieses Präparat wurde
                              in dem pharmaceutisch-technischen Laboratorium des schweizerischen
                              Polytechnicums untersucht und mehrere Versuche zu seiner Darstellung angestellt.
                           Hr. R. Mühlberg von Aarau fand in der feuchten blaurothen
                              Paste:
                           
                              
                                 81,56 Proc.
                                 Feuchtigkeit,
                                 
                              
                                 12,61 Proc.
                                 organische Stoffe,
                                 
                              
                                   5,80 Proc.
                                 Asche.
                                 
                              
                           Die Asche wurde zusammengesetzt gefunden aus 60,5 schwefelsaurem Natron, 8,6
                              Thonerde, 12,2 Kieselsäure, etwas Sand, wenig Kalk und Eisenoxyd und kohlensaurem
                              Natron. Daraus war zu folgern, daß gewisse Bestandtheile, die Kieselsäure und
                              Alaunerde, dem Indigo ursprünglich angehörten, daß die Schwefelsäure im freien
                              Zustand zur Lösung des Indigo diente, aber nach der Bildung der Purpurschwefelsäure
                              mit kohlensaurem Natron abgestumpft wurde, und daß ein Ueberschuß von letzterem
                              hinzukam. Zur Darstellung des Präparates wurde nach Versuchen, die Hr. Mühlberg ausführte, der Weg als der sicherste und die
                              größte Ausbeute liefernde gefunden, daß 1 Theil fein geriebener Indigo in Teigform
                              mit der 20fachen Menge englischer Schwefelsäure allmählich übergossen wurde, während
                              man durch äußere Abkühlung das Steigen der Temperatur im Gefäße zu verhindern
                              suchte, und daß man die Säure einige Zeit lang auf den Indigo einwirken ließ. Es
                              bedarf, wenn auf diese Weise gearbeitet wird, nicht mehr als 1/2 Stunde Zeit, um ein
                              sehr stark roth-violettes Product zu erhalten. Die Prüfung der Farbe durch
                              Bestreichen einer Fensterscheibe ist hinlänglich zuverlässig zur Beurtheilung, ob
                              das Präparat recht ausgefallen. Man gießt nun die ganze breiige Masse in viel
                              Wasser, läßt etwas absetzen oder filtrirt, sobald die Flüssigkeit erkaltet ist; das
                              Filtrat ist blau (Indigschwefelsäure), der Niederschlag ist je nach der Dauer der
                              Einwirkung und der Menge der Schwefelsäure mehr oder minder rothviolett. Man wascht
                              ihn mit Wasser aus. Sobald die ablaufende Flüssigkeit nicht mehr stark sauer ist,
                              wird mit ganz verdünnter Lösung von kohlensaurem Natron nachgewaschen und damit
                              fortgefahren, bis die ablaufende Flüssigkeit nicht mehr sauer reagirt. Die
                              abgelaufene Lösung kann durch Einlegen von Wolle und Abziehen der Farbe mit
                              Sodalösung auf Indigcarmin benützt werden. Das auf dem Filter gebliebene Präparat
                              hat alle Eigenschaften des in Württemberg patentirten Indigpurpurs. Man hat in dem
                              hiesigen technischen Laboratorium verschiedene Nüancen erzeugt. Mögen auch einige
                              Abänderungen des hier
                              beschriebenen Verfahrens in dem Patente enthalten seyn, das Product läßt sich auf
                              oben angegebene Weise leicht und sicher erzielen. Zur Vergleichung der beiden
                              Präparate des käuflichen nach dem Geheimverfahren dargestellten von Krosp und des in unserm Laboratorium erzeugten wurden
                              Wollenmuster mit beiden gefärbt. Die Reihe der Schattirungen durch Zusatz von
                              Orseille zu der Indigpurpurlösung fiel ganz gleich aus.