| Titel: | Ueber die Structurveränderung des vulcanisirten Kautschuks durch Wasser; von Dr. A. Vogel jun. | 
| Autor: | Prof. Dr. August Vogel [GND] | 
| Fundstelle: | Band 146, Jahrgang 1857, Nr. XCVII., S. 384 | 
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                        XCVII.
                        Ueber die Structurveränderung des vulcanisirten
                           Kautschuks durch Wasser; von Dr. A.
                              Vogel
                           jun.
                        Mit einer Abbildung.
                        Vogel, über die Structurveränderung des vulcanisirten Kautschuks
                           durch Wasser.
                        
                     
                        
                           Man darf wohl mit Recht behaupten, daß die vulcanisirten Kautschukröhren in der
                              experimentellen Chemie Epoche gemacht haben. Bei ihrer allgemeinen so
                              außerordentlich bequemen Anwendung scheint es mit daher nicht überflüssig, auf ein
                              eigenthümliches Verhalten solcher Röhrenverbindungen aufmerksam zu machen, wenn man
                              sie anwendet um die Communication zwischen zwei wasserführenden Glasröhren
                              herzustellen – ein Verhalten, welches ich vor Kurzem zu beobachten
                              Gelegenheit hatte. Dieses Verhalten dürfte um so mehr der Mittheilung werth seyn,
                              als daraus dem Experimentirenden unter gewissen Umständen nicht unbeträchtliche
                              Unbequemlichkeiten erwachsen können.
                           Während der letzten Jahre war in meinem Laboratorium der von mit construirte
                              AspiratorPolytechn. Journal Bd. CXXXV S.
                                       113. in täglichem Gebrauche. An demselben befindet sich das Abflußrohr für das
                              Wasser, nebst dem das Abfließen regulirenden Hahne, wegen äußerer Festigkeit in Gyps
                              eingegossen. An dem von mit gewöhnlich gebrauchten Instrumente war nun die
                              Verbindung dieses Hahnes mit dem Abflußrohre des tubulirten Aspirators vermittelst
                              einer Kautschukröhre bewerkstelligt, die sich demnach mit den Glasröhren in dem
                              Gypse eingegossen befand. Zufälligerweise war bei der Anfertigung dieses
                              Instrumentes die Länge der Glasröhren nicht ganz richtig abgemessen, so daß die
                              Enden derselben nicht völlig auf einander stießen und der zwischen ihnen bleibende
                              Zwischenraum von einigen Linien durch eine starke Kautschukröhre ausgefüllt werden
                              mußte. Der Aspirator ließ bei seinem Gebrauche während der ersten drei Jahre nichts
                              zu wünschen übrig. In der letzten Zeit dagegen begann das Ausfließen in einem weit
                              schwächeren Grade stattzufinden, als früher, so daß endlich eine für das Trocknen im
                              Wasserbade nicht mehr hinreichende Menge Luft durch denselben angesogen wurde.
                              Zuletzt stagnirte das Abfließen des Wassers gänzlich und auch die Versuche, durch
                              Einführung eines Drahtes das bis dahin unbekannte Hinderniß zu beseitigen, blieben
                              erfolglos. Auffallend war jedoch dabei, daß dieser Verschluß nur nach der Richtung
                              des gewöhnlich darin abfließenden Wassers statt hatte, dagegen sich, gleich einem
                              Ventile, dem Einblasen in den Aspirator durchaus nicht widersetzte. Da also alle
                              Versuche, die Communication durch Aufräumen mit einem eingeführten Drahte wieder
                              herzustellen, ohne Wirkung waren, blieb mit nichts anderes übrig, als die Gypsmasse,
                              in der sich die Röhren eingebettet fanden, vorsichtig zu zerkleinern, um den Grund
                              des Hindernisses, von welchem ich mit bei der vollkommenen Reinhaltung des Apparates
                              keine Rechenschaft geben konnte, aufzuklären.
                           Als ich die erwähnte Röhrenverbindung durch Entfernung des Gypses bloßgelegt hatte,
                              offenbarte sich das Hinderniß in auffallender Weise. In dem Zwischenraume der beiden
                              Glasröhrenenden war nämlich das Kautschukrohr nach Innen in der Art aufgetrieben, daß dadurch die
                              Verbindung völlig gehemmt wurde. Zum leichteren Verständniß dient die untenstehende
                              Zeichnung; die Glasröhrenenden a, a sind von der
                              Kautschukröhre b, b
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 146, S. 385
                              
                           überzogen, welche bei c
                              aufgeschnitten ist. Hier zeigt sich die wulstartige Auftreibung einem Ventile
                              gleich, welche von der Richtung des Wasserstromes abzuhängen scheint.
                           Der Widerstand, den der vulcanisirte Kautschuk gegen die Einwirkung des Wassers
                              leistet, ist freilich, wie bekannt, in hohem Grade von seiner Fabricationsmethode
                              abhängig, indeß wird man stets wohl thun, bei Röhrenverbindungen, die, wie es oft
                              praktisch ist, in Gyps eingegossen sind, die Röhrenenden dicht auf einander fassen
                              zu lassen, oder in Fällen, wie bei dem erwähnten Aspirator, die
                              Kautschukverbindungen gänzlich zu vermeiden. Namentlich schien es mit nothwendig,
                              für die Construction meines Aspirators auf diese hindernde Structurveränderung des
                              vulcanisirten Kautschuks aufmerksam zu machen, um dem Experimentirenden die
                              unangenehme Nothwendigkeit zu ersparen, den Apparat, wenn auch erst nach jahrelangem
                              Gebrauche, absichtlich wieder zerstören zu müssen.