| Titel: | Signalsystem für den Eisenbahndienst, mittelst dessen die Züge ohne transportablen Apparat Hülfe herbeitelegraphiren können; von Ch. V. Walker. | 
| Fundstelle: | Band 146, Jahrgang 1857, Nr. CI., S. 401 | 
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                        CI.
                        Signalsystem für den Eisenbahndienst, mittelst
                           dessen die Züge ohne transportablen Apparat Hülfe herbeitelegraphiren können; von
                           Ch. V.
                              Walker.
                        Vorgetragen in der Royal Society zu London, am 19. März 1857 – Aus
                           dem Philosophical
                                 Magazine, October 1857, S. 312.
                        Walker, über ein Signalsystem für den Eisenbahndienst.
                        
                     
                        
                           Das für den vorliegenden Zweck in Anwendung kommende Instrument ist ein großer
                              Elektromagnet mit einer beweglichen Armatur, welche einen Stiel und einen Hammer
                              trägt, der durch die directe Kraft des Magnetismus an eine Glocke schlägt. Zur
                              Herstellung des Contactes dient eine Feder, durch deren Niederdrücken ein Strom in
                              Circulation gesetzt wird. Die Spulen sind mit 19 Pfd. übersponnenem Kupferdraht Nr.
                              16 und Nr. 18 gefüllt. Der Kern besteht aus 5/8zölligem Eisen. Armatur und Zugehör
                              wiegen 2 1/4 Unzen. Glocken dieser Art sind fünf Jahre lang in Thätigkeit gewesen,
                              ohne einer Reinigung oder Reparatur zu bedürfen. Die Batterie besteht aus
                              Zink-Graphit und einer Lösung von 1 Theil concentrirter Schwefelsäure in 8
                              bis 10 Theilen Wasser. Die 7 1/2 Zoll langen und 3 Zoll breiten Platten werden in
                              Töpfe von Steinzeug gestellt (von beiläufig 1 engl. Quart Inhalt); das Zink steht in
                              einer. Quecksilber enthaltenden Zelle. Solche Batterien bleiben ein halbes Jahr lang
                              und selbst länger wirksam, ohne einer Nachhülfe zu bedürfen.
                           Die Signale bestehen aus Schlägen gegen die Glocke. Ein großer Vortheil der
                              Glockensprache liegt in ihrer Einfachheit und in der Leichtigkeit womit Signale
                              gegeben und aufgefaßt werden. Ein Schlag dient zum
                              Anhalten eines gewöhnlichen Zuges; zwei Schläge für einen
                              Extrazug; drei für die Ankunft eines Zuges; fünf für das
                              Anhalten sämmtlicher Züge; sechs für den Schluß der
                              Depesche.
                           Dieses System wurde vor fünf Jahren auf der South Eastern Eisenbahn eingeführt; es
                              besteht gegenwärtig aus ungefähr 100 Glocken, zu denen immer noch neue hinzukommen.
                              Die Glocken sind paarweise verbunden; beide Glocken befinden sich nämlich in einer
                              Kette, die sich auf jeder Station, wie gewöhnlich, in der Erde endigt. Das Zeichen
                              wird gegeben durch
                              Niederdrücken der Feder gegen das Zinkende der Batterie, wobei deren Verbindung mit
                              der Erde unterbrochen wird. Das Graphitende steht mit der Erde in permanenter
                              Verbindung. Nachdem die Batterie so zwischen der Glocke und der Erde eingeschaltet
                              ist, circulirt ein Strom längs des Drahtes und bewirkt einen Schlag gegen die
                              Glocke. Die Glocke der Zeichen ertheilenden Station kann zu dieser Zeit aus der
                              Kette ausgeschaltet werden oder nicht.
                           Auf diese Weise wird von einer Station zur andern signalisirt. Aber die
                              außerordentliche Einfachheit der Batterie, der Glocke und der Signalsprache
                              gestattet die Anordnungen so zu modificiren, daß von jeder Stelle zwischen zwei
                              Glockenstationen aus Zeichen gegeben werden können, ohne daß der Signalisirende
                              hiezu irgend eines Telegraphen oder einer Batterie, oder irgend eines elektrischen
                              Apparates bedarf. Die Anwendung des Systemes zu diesem besondern Zweck thut übrigens
                              der vollständigen Wirksamkeit der Glocken bei ihrer fortwährenden Benutzung für den
                              Eisenbahn-Telegraphendienst nicht den geringsten Abbruch; dadurch daß man den
                              Bahnwärtern und Weichenstellern ein Signal bezeichnet, wodurch sie ihre Bedürfnisse
                              ausdrücken können, wird aber offenbar für die Sicherheit des reisenden Publicums
                              viel gewonnen.
                           Es ist bekannt, daß wenn zwei gleiche und entgegengesetzte Ströme den Enden eines
                              Drahtes dargeboten werden, der Draht in einem Zustande sich befindet, als ob gar
                              kein Strom in ihm vorhanden wäre. Von diesem Gesetz in Verbindung mit obigem
                              einfachem Glockensystem Gebrauch machend, schaltet man sowohl die beiden Batterien,
                              an jeder Station eine, als auch das Glockenpaar in die Kette; der nämliche Pol, z.B.
                              der Graphitpol jeder Batterie, wird mit der Erde in Verbindung gesetzt.
                           Soll ein Signal gegeben werden, so drückt der Signalisirende die Feder nieder,
                              wodurch er in Folge der gewählten Verbindungen zugleich seine eigene Batterie aus
                              der Kette ausschaltet. Die Kette enthält alsdann nur eine Batterie, nämlich
                              diejenige an der andern Station, deren Strom sofort von einem Ende zum andern
                              circuliren kann, da er nicht mehr durch einen gleichen und entgegengesetzten Strom
                              balancirt ist; die Glocken schlagen folglich an. Dieses ist die Procedur des
                              gewöhnlichen Eisenbahn – Telegraphendienstes.
                           Durch Aenderung der den Contact herstellenden Vorrichtung, so daß sie die Batterie in
                              die Kette einschaltet, anstatt sie auszuschalten, werden beide Batterien für jedes
                              Signal verwendbar, daher sich die Stärke, mithin auch die Kosten einer jeden
                              derselben, vermindern lassen.
                           Aber der oben erwähnte Gleichgewichtszustand im Draht läßt sich eben so leicht wieder
                              aufheben, indem man ihn an irgend einer zwischen den zwei Stationen befindlichen
                              Stelle mit der Erde in Verbindung setzt; denn dadurch ist eine vollständige Kette
                              hergestellt oder ein Canal geöffnet, durch welchen beide Enden beider Batterien,
                              jede unabhängig von der andern, sich entladen können, nur daß der zwischen der Erde
                              und dem Telegraphendraht angebrachte Draht beiden Ketten gemeinschaftlich ist; somit
                              werden die Glocken an den respectiven Stationen durch die Batterien der respectiven
                              Stationen in Thätigkeit gesetzt. Zehn Schläge mit einer Pause von 1 Minute und dann
                              zehn weitere Schläge sind das Zeichen, daß die Maschine dienstunfähig ist; zehn
                              Schläge und 1 Minute Contact sind das Zeichen, daß ein Unfall sich ereignet hat; ein
                              fortgesetztes Läuten zeigt an, daß die Bahn nicht fahrbar ist. Die Stationen zu
                              beiden Seiten werden dadurch gleichzeitig benachrichtigt, und können danach ihre
                              Maßnahmen treffen. Der erwähnte Contact kann hergestellt werden, indem man die
                              Bahnschienen durch einen Draht mit dem Telegraphendraht in Verbindung setzt; man
                              könnte auch von Strecke zu Strecke Vorrichtungen zur Herstellung des Contactes an
                              den Telegraphenstangen anbringen.