| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 146, Jahrgang 1857, Nr. , S. 152 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Anwendung der Photographie zur Reduction der Karten im
                              brittischen topographischen Bureau; vom Obersten James.
                           Nachdem die englische Regierung entschieden hatte, daß die Plane der cultivirten
                              Districte Großbritanniens im Maaßstab von 1/2500, oder von 25 344/1000 Zoll auf eine
                              englische Meile gezeichnet werden sollen; und daß diese Plane, sowie auch die Plane
                              der großen Städte, auf den Maaßstab von 6 Zoll auf eine Meile, nach welchem die
                              uncultivirten Districte gezeichnet sind, reducirt werden sollen, damit die Karten
                              aller Grafschaften auf einen gleichförmigen Maaßstab gebracht werden, worauf sie
                              wieder auf den Maaßstab von 1 Zoll für die Generalkarte zu reduciren seyen; da war
                              es offenbar von höchster Wichtigkeit, das in der kürzesten Zeit und mit den
                              geringsten Kosten zum Ziele führende Verfahren anzuwenden, um die Plane von dem
                              größern auf den kleinern Maaßstab zu reduciren.
                           Ich stellte daher im vorigen Jahr, während ich mich zu Paris aufhielt, Versuche über
                              die Möglichkeit an, Plane durch Photographie zu reduciren, und nachdem ich mich
                              überzeugt hatte, daß man auf diesem Wege genaue Reduktionen ohne Schwierigkeit
                              erzielt, ließ ich zwei der mich begleitenden Sappeure in der Photographie
                              unterrichten; seitdem haben wir mit so vollkommenem Erfolg alle Reductionen nach
                              dieser Methode gemacht, daß wir selten mehr ein anderes Verfahren anwenden.
                           Die Vortheile, welche die Einführung dieser Methode gewährt, werden Jedem
                              einleuchten, welcher mit den bisher angewendeten umständlichen und langwierigen
                              Verfahrungsarten, vermittelst des Pentagraphen oder Eidographen, oder des
                              Proportionalzirkels etc. vertraut ist; der Plan einer großen Stadt, welcher im
                              Maaßstab von 1/500 gezeichnet ist, kann nun mittelst der Photographie, zuerst auf
                              den Maaßstab von 1/2500, und von diesem auf den Maaßstab von 6 Zoll auf die engl.
                              Meile in sehr kurzer Zeit reducirt werden und zwar mit bloß dem hundertsten Theil
                              der Kosten, welche wir früher für diese Arbeit aufwenden mußten. So hat während der
                              letzten Woche ein Mann mit Beihülfe eines Druckers und eines Arbeiters 32,000 Acres
                              von dem Maaßstab von 25 Zoll auf den von 6 Zoll per
                              engl. Meile reducirt und drei Copien von 45 Blättern, also 135 Abdrücke angefertigt,
                              Alles in sechs Tagen; hundert Zeichner hätten aber diese Arbeit nicht zu Stande
                              gebracht (Civil Engineer and Architect's Journal,
                              Septbr. 1857, S. 307.)
                           
                        
                           Teleskop von versilbertem Glas, nach Léon Foucault.
                           Das astronomische Fernrohr hat im Vergleich mit dem Teleskop van den nämlichen
                              Dimensionen den Vortheil, mehr Licht zu geben; der Strahlenbüschel, welcher auf das
                              Objectiv fällt, geht zum größeren Theil hindurch und wird beinahe vollständig zur
                              Bildung des Bildes im Brennpunkte verwendet, während auf dem Metallspiegel nur ein
                              Theil des Lichtes in einem convergenten Strahlenbüschel reflectirt wird, der noch
                              dadurch einen Verlust erleidet, daß er durch eine zweite Reflexion dem Beobachter
                              zugeführt wird. Da indeß das Teleskop wesentlich von der Aberration in Folge der
                              Brechbarkeit befreit ist, da die Reinheit der Bilder nur von der Vollkommenheit
                              einer einzigen Oberfläche abhängt, da es bei gleicher Brennweite einen größeren
                              Durchmesser als das Fernrohr gestattet, so bringt es zum Theil die Verluste wieder
                              ein, welchen das Licht bei der Reflexion unterworfen ist, und einige Beobachter,
                              besonders in England, haben ihm den Vorzug über das Fernrohr zur Erforschung
                              himmlischer Gegenstände eingeräumt. Gewiß ist, daß gegenwärtig, trotz aller
                              Vervollkommnungen die man bei der Anfertigung großer Gläser angebracht hat, das
                              mächtigste Instrument, welches man gegen den Himmel gerichtet hat, ein Teleskop mit
                              Metallspiegel, das Teleskop von Lord Rosse
                               von 6 engl. Fuß
                              Durchmesser und 55 Fuß Brennweite ist. Vielleicht würden die Reflectionsinstrumente
                              selbst die Oberhand bekommen haben, wenn sich das Metall so gut wie Glas bearbeiten
                              ließ. wenn es eine eben so dauerhafte Politur annähme, und wenn es nicht viel
                              schwerer wäre.
                           Indem man so die beiden Arten von Instrumenten in Parallele stellt, gelangt man zu
                              der Ansicht, daß es sehr vortheilhaft seyn würde, ein Teleskop in Glas zu
                              construiren, wenn man dem Spiegel, nachdem er einmal geschliffen und polirt, einen
                              solchen metallischen Glanz mittheilen könnte, daß man dadurch eben so helle Bilder
                              als die der Gläser erhielte. Diese Ansicht hat sich auf sehr befriedigende Weise
                              verwirklicht.
                           Wenn das Glas von einem geschickten Optiker geschnitten und gründlich polirt worden
                              ist. ist es sehr geeignet durch das Verfahren von Drayton
                              eine dünne und gleichförmige Schicht von Silber anzunehmen. Diese metallische
                              Schicht, wenn sie aus dem Bade hervorgeht, worin sie gebildet worden ist, erscheint
                              matt und dunkel, hellt sich aber durch Reiben mit weichem Leder und etwas
                              Englisch-Roth auf, und erlangt dabei in wenig Augenblicken einen sehr
                              lebhaften Glanz. Durch dieses Verfahren versilbert sich die Oberfläche des Glases
                              und wird stark reflectirend, ohne daß die feinsten Untersuchungen die geringste
                              Formveränderung verrathen. Nachdem der Spiegel so versilbert war und eine
                              vollkommene Politur erlangt hatte, bildete Foucault
                              daraus ein Teleskop von 10 Centimeter Durchmesser und 50 Centimeter Brennweite.
                              Dieses kleine Instrument verträgt sehr gut ein Ocular, welches die Vergrößerung auf
                              200 steigert, und, verglichen mit einem Fernrohr von einem Meter, einen merklich
                              höheren Effect gibt.
                           Die Vergleichung der Intensität eines von einer so präparirten Oberfläche
                              reflectirten Strahlenbüschels mit dem Strahlenbüschel, welcher durch ein Objectiv
                              von gleicher Oberfläche hindurch gegangen ist, fällt zu Gunsten des neuen Teleskops
                              aus. Der auf dem versilberten Glase reflectirte Strahlenbüschel beträgt ungefähr 90
                              Proc. des Büschels, welcher durch ein Objectiv mit vier partiellen Reflexionen
                              gegangen ist, so daß das neue Instrument den Vortheil eines Ueberschusses an Licht
                              bietet, welcher vermöge des größeren Spiegeldurchmessers auf sehr kräftige Weise zur
                              Bildung des Focalbildes beiträgt.
                           Bei gleichem Durchmesser ist das Glas-Teleskop um die Hälfte kürzer als das
                              Fernrohr, und gibt den Bildern beinahe eben so viel Licht und mehr Reinheit. Bei
                              gleicher Länge verträgt es den doppelten Durchmesser und sammelt 3 1/2, Mal mehr
                              Licht.
                           Von einem anderen Gesichtspunkt betrachtet, unterscheider sich die neue optische
                              Combination dadurch, daß sie ihre volle Wirkung hervorbringt, ohne den Zusammenfluß
                              zahlreicher Bedingungen zu erheischen, denen man bisher genügen mußte, sollte ein
                              Instrument, Fernrohr oder Teleskop, mit einer gewissen Vollkommenheit ausgestattet
                              werden. Das Fernrohr besonders erfordert, daß der Constructeur sich gleichzeitig
                              beschäftigt mit der Gleichartigkeit der beiden Glassorten, die das Objectiv bilden,
                              mit ihrer brechenden und zerstreuenden Kraft, mit der Combination der Krümmungen,
                              der Centrirung und der Herstellung von vier sphärischen Oberflächen. Bei dem neuen
                              Teleskop dagegen kommt das Glas nicht als brechendes Mittel in Betracht, sondern nur
                              als Träger einer dünnen metallischen Schicht. Die Gleichartigkeit der Masse wird
                              keineswegs erfordert, und das gewöhnlichste Glas, bei hinlänglicher Dicke mit
                              Sorgfalt geschliffen, kann eine concave Oberfläche vertreten, die, versilbert und
                              polirt, für sich allein und durch Reflexion sehr gute Bilder gibt.
                           Man hat den Spiegelteleskopen vorgeworfen, daß sie sich mit der Zeit oxydiren und bei
                              Berührung mit der Luft matt werden. Seit sechs Wochen hat der Verfasser versilberte
                              Spiegel, ohne daß sie eine merkliche Veränderung erfahren hätten; wird dieser
                              Conservationszustand von langer Dauer seyn? Die Erfahrung ist noch zu neu, um dieß
                              in dem einen oder anderen Sinn zu beantworten; aber selbst wenn der Spiegelglanz
                              sich schwächen sollte, würde nichts verhindern ihn durch dasselbe Mittel wie
                              ursprünglich, nämlich Reiben mit einem Ballen, wieder zu beleben; wenn endlich das
                              Silber sich in seiner Dicke ändern sollte, so ist das Verfahren, wodurch man es
                              auflegt, von so leichter und schneller Ausführung, daß man es leicht wiederholen
                              könnte.
                           Kurz zusammengefaßt, das neue Instrument gewährt, im Vergleich mit dem astronomischen
                              Fernrohr, bei viel geringeren Kosten mehr Licht, mehr Reinheit, und ist als Teleskop von jeder
                              Aberration in Folge der Brechung befreit. (Aus den Comptes
                                 rendus t. XLIV p. 339, durch das polytechnische
                              Centralblatt, 1857. S. 571.)
                           
                        
                           Ueber die Erkennung des Fluors, von J. Nicklès.
                           Hr. Nicklès beweist in einem ersten Aufsatz über
                              diesen Gegenstand, daß bei dem gewöhnlichen Verfahren das Fluor nachzuweisen, indem
                              man die Probe mit Schwefelsäure übergießt und den aufsteigenden Dampf auf eine mit
                              Wachs überzogene Glasplatte wirken läßt, in deren Wachsüberzug man Schriftzüge
                              einradirt hat, auch ohne Gegenwart von Fluor die Schriftzüge bloß durch die Wirkung des Dampfes von rauchender Schwefelsäure ins Glas schon
                                 schwach eingeatzt werden. Alle Mineralsäuren verhalten sich in dieser
                              Beziehung gleich. Soll die Entscheidung für Fluor zuverlässig seyn, so muß man den
                              Dampf auf eine Bergkrystallplatte wirken lassen, denn
                              diese wird von anderen Säuren nicht angegriffen und bloß vom Fluorwasserstoff
                              angeätzt.
                           Seitdem hat Nicklès gefunden, daß die käufliche
                              Schwefelsäure bisweilen Flußsäure enthält, welche durch den zur Oxydation des
                              Schwefels angewendeten Salpeter hineinkommt. Behufs obiger Probe muß daher auch eine
                              von Flußsäure gereinigte Schwefelsäure angewendet werden.
                           Reinigung der Schwefelsäure von Flußsäure. – Man gibt die zu reinigende
                              Schwefelsäure in eine Porzellanschale, oder, noch besser, in den Bauch einer
                              zerbrochenen Retorte, und verdünnt sie mit ihrem zweifachen Volum Wasser. Man stellt
                              das Gefäß in ein Sandbad (oder in ein Bad von Eisenfeile oder
                              Gußeisen-Drehspänen), und erhitzt bis man eine schwache Bewegung im Innern
                              der Flüssigkeit bemerkt Man ersetzt das Wasser in dem Maaße als es verdampft, und
                              läßt die Flüssigkeit erst dann sich concentriren, wenn man die Operation als
                              beendigt betrachtet, was nach fünfzehn Stunden der Fall seyn kann.
                           Bevor man jedoch diese Säure als rein betrachtet, muß man sie auf folgende Weise
                              prüfen:
                           Prüfung der Schwefelsäure. – Man gibt dreißig
                              Gramme dieser Säure in einen Platintiegel, welcher geräumig genug ist, um beiläufig
                              das Doppelte dieser Quantität zu fassen; man setzt zehn Gramme Wasser zu und bedeckt
                              den Tiegel sogleich mit der Bergkrystallplatte. Diese Platte muß auf folgende Weise
                              zubereitet worden seyn: nachdem man sie auf einer ihrer Seiten mit Wachs überzogen
                              hat, zeichnet man auf diese Seite einige regelmäßige Figuren, welche man später
                              leicht erkennt. Nachdem diese Platte auf dem Tiegel angebracht ist, muß man dieselbe
                              mittelst einer Wasserschicht, welche man oft erneuert, gut abkühlen. Durch die
                              Wärme, welche sich in dem Augenblick entwickelte wo das Wasser und die Schwefelsäure
                              in Berührung kamen, wurde ein Theil des Wassers verdampft, welcher sich natürlich an
                              der Oberfläche der abgekühlten Platte verdichtete. Diese Bedingung muß nothwendig
                              erfüllt werden, weil der schwache Thau, den man so erhält, das Fluorwasserstoffgas
                              auffangt, welches bekanntlich in Wasser sehr löslich ist, und ohne Feuchtigkeit
                              weniger lebhaft auf das Glas einwirkt.
                           Nachdem die Säure hinreichend verdünnt ist, um sich durch Zusatz einer neuen
                              Quantität Wasser nicht mehr zu erhitzen, bringt man sie auf die Weingeistlampe oder
                              in ein Sandbad und erhöht die Temperatur so weit, daß die Hand die unmittelbare
                              Berührung des Tiegels nicht ertragen kann. Nach zweistündiger Dauer dieser
                              Behandlung kann man die Operation als beendigt betrachten. Man nimmt dann die
                              Bergkrystallplatte weg, schmilzt das Wachs weg, wischt sie ab und läßt sie erkalten;
                              wenn man mit bloßem Auge von der Zeichnung nichts gewahr wird, macht man die
                              Oberfläche der Platte matt, indem man sie dem Athem aussetzt; wenn auch nur die
                              geringste Aetzung stattgefunden hat, werden die in die Wachsschicht radirten Figuren
                              dann zum Vorschein kommen und so lange sichtbar bleiben, als die durch die
                              (Condensation des Athems erzeugte Dampfschicht andauert. (Comptes rendus t. XLIV p. 679 und t. XLV p. 250.)
                           
                        
                           
                           Anwendung des Wasserglases zur Bereitung eines Papiers,
                              welches das bisher gebräuchliche Wachspapier ersetzt; von Prof. Dr. W. Artus.
                           Von einer auswärtigen Gesellschaft für Technik beauftragt, einen ausführlichen
                              Bericht über die beste technische Verwendung des Wasserglases zu liefern, sind in
                              meinem Laboratorium eine Reihe von Versuchen angestellt worden, um sowohl das
                              Bestehende zu prüfen und zu verbessern, als auch neue Versuche vorzubereiten und
                              auszuführen, zu denen auch die Verwendung des Wasserglases zur Bereitung eines
                              Papiers gehört, welches statt des bisher gebräuchlichen Wachspapiers zur Verpackung
                              von Salben und Pflastern hiermit dem pharmaceutischen Publicum, theils seiner
                              Zweckmäßigkeit, theils seiner Wohlfeilheit wegen zu empfehlen ist.
                           Die Bereitung des Papiers zu dem gedachten Zwecke ist einfach folgende: Es wird ein
                              mäßig starkes Schreibpapier zweimal mit einer Wasserglaslösung von 1,12 bis 1,15
                              spec. Gewicht (16 bis 20° Baumé) überstrichen, doch so, daß der erste
                              Ueberzug gehörig getrocknet ist. Mit 1 Pfd. einer solchen Wasserglaslösung können
                              viele Bogen überstrichen werden, und man erhält ein Papier, welches zu obigen
                              Zwecken vollständig genügt Mit einer concentrirteren Lösung erhält man zwar einen
                              schöneren glasartigen Ueberzug, allein das Papier läßt sich dann nicht rollen, ohne
                              Brüche zu bekommen. (Chemisches Centralblatt, 1857, Nr. 47.)
                           
                        
                           Ueber die Darstellung des rothen Blutlaugensalzes mittelst
                              gebundenen ozonisirten Sauerstoffes; von Prof. E. F. Schönbein.
                           Das braune Wismuthsuperoxyd. wie man es aus dem Oxyd nach Kaiser mit gelöstem unterchlorigsaurem und caustischem Natron gewinnt,
                              enthält einen Theil seines Sauerstoffs so. daß derselbe das gelbe Blutlaugensalz
                              beinahe eben so leicht in das rothe verwandelt, als dieß der freie ozonisirte
                              Sauerstoff thut. Schüttelt man eine kalte nahezu wasserhelle Lösung des gelben
                              Cyanürs mit dem besagten Superoxyde zusammen, so erscheint sie schon nach wenigen
                              Minuten stark roth gefärbt und liefert mit reinen Eisenoxydulsalzen einen tiefblauen
                              Niederschlag. Noch rascher aber erfolgt die Zersetzung des Salzes bei der Siedhitze
                              des Wassers, wobei das Superoxyd zu Oxyd reducirt, der vierte Theil des Kaliums des
                              Cyanürs in Kali und eben dadurch das gelbe Blutlaugensalz in das rothe übergeführt
                              wird.
                           Da bekanntlich das freie Kali in der Wärme zersetzend auf das gelöste Cyanid einwirkt
                              und dadurch wieder die Erzeugung von gelbem Cyanür unter Ammoniakbildung veranlaßt,
                              so kann diese schädliche Wirkung dadurch leicht verhindert werden, daß man durch die
                              siedende Lösung des mit Wismuthsuperoxyd behandelten gelben Blutlaugensalzes einen
                              Strom von Kohlensäure gehen läßt.
                           Bringt man eine zureichende Menge Superoxydes mit der siedenden Lösung des Cyanürs
                              zusammen und hält man beide Materien mittelst Umrührens in gehöriger Berührung, so
                              erfolgt die Ueberführung des gelben Salzes in das rothe in kurzer Zeit, und es ist
                              kaum nöthig zu sagen, daß die Erzeugnisse dieser Einwirkung rothes Cyanid,
                              kohlensaures Kali und Wismuthoxyd sind.
                           Da ersteres Salz sehr leicht krystallisirt, so läßt es sich auch ohne alle
                              Schwierigkeit vom Kalicarbonat trennen und man erhält schon bei der ersten
                              Krystallisation ein schönes Product, bei der zweiten aber ein so ausgezeichnetes,
                              wie es sich wohl kaum durch eine andere Darstellungsweise erhalten läßt.
                           Bei sorgfältiger Behandlung werden aus 100 Theilen des gelben Salzes 71–75
                              Theile des rothen Cyanides erhalten, also nahezu so viel als die Rechnung
                              verlangt.
                           Was nun die beschriebene Bereitungsweise des rothen Blutlaugensalzes betrifft, so
                              müssen die Fabrikanten entscheiden, ob sie im Großen anwendbar, d.h. ökonomisch sey.
                              Daß sie mehr Cyanid und schöneres liefert als die gewöhnliche, welche nur etliche
                              sechzig Procente gewinnen läßt, daß das dabei gewonnene kohlensaure Kali werthvoller
                              als das salzsaure ist, daß das Wismuthoxyd sich immer wieder leicht in Superoxyd
                              verwandeln läßt und daher nur einmal angeschafft zu werden braucht, und endlich daß
                              sie den Arbeiter durchaus nicht belästigt, sind Umstände, welche die volle
                              Berücksichtigung des technischen Chemikers verdienen. (Abhandl. der
                              naturwissenschaftl.-techn. Commission der bayer. Akademie der Wissensch. in
                              München, Bd. I S. 224)
                           
                        
                           Jünnemann's Methode der Erzeugung schöner, weißer und
                              harter Unschlittkerzen, welche mit einer großen und hellen Flamme brennen und wobei
                              der Docht sich selbst verzehrt.
                           Das Unschlitt wird in einer mit einem Rührer versehenen Kufe, in welche man das
                              gleiche Gewicht an Wasser gegeben hat, durch Dampf geschmolzen Sodann werden (je
                              nach der Härte des Kalkes) 14 bis 20 Procente Aetzkalk, welcher mit Wasser zu
                              Kalkmilch angemacht wurde, in kleineren Portionen nach und nach zugegeben und
                              fortwährend mit dem Rührer in Bewegung erhalten. Nach Verlauf von 4 Stunden ist die
                              Verseifung soweit gediehen, daß der Rührer nicht mehr bewegt werden kann; man läßt
                              noch 1 bis 2 Stunden Dampf einstreichen, bis die Masse wie Gries aussieht; sodann
                              sperrt man den Dampf ab und läßt das am Boden der Kufe stehende, gelbliche, süß
                              schmeckende Wasser, worin das Glycerin gelöst ist, ablaufen. Nachdem die Seife
                              erkaltet ist, wird sie herausgenommen und zwischen zwei eisernen gerippten Walzen zu
                              Pulver gemahlen.
                           Die gepulverte Seife kommt hierauf in eine ebenfalls mit Dampf geheizte Kufe, welche
                              aber ganz mit Bleiblech ausgeschlagen seyn muß und in welche früher 28 bis 30
                              Procente concentrirte 66gradige englische Schwefelsäure mit so viel Wasser gegeben
                              wurde, daß dieselbe 25° B. zeigt. Man läßt 4 Stunden kochen, binnen welcher
                              Zeit der Kalk der Seife sich mit der Schwefelsäure zu Gyps verbunden hat und zu
                              Boden gesunken ist, die Fettsäuren aber gelblich gefärbt obenauf schwimmen. Die frei
                              gewordenen Fettsäuren werden in eine oder mehrere kleine Kufen gegeben, und wenn sie
                              schon sehr abgekühlt sind, 3 Procent salpetrige Säure unter beständigem Umrühren
                              zugegeben und mit dem Umrühren so lange fortgefahren, bis die Fettsäuren gänzlich
                              erstarrt sind.
                           Die salpetrige Salpetersäure wird hierzu folgendermaßen erzeugt. Zu concentrirter
                              Salpetersäure wird so lange Wasser zugesetzt, bis dieselbe 22° B. stark ist
                              diese kommt nun in Woulf'sche Flaschen, welche mit einer
                              gußeisernen Retorte durch ein Gasverbindungsrohr communiciren. In die Retorte werden
                              5 Proc. fein gepulverter Zucker und 20 Proc. verdünnte Salpetersäure gegeben und so
                              lange erhitzt, bis keine rothen Dämpfe mehr übergehen, während welcher Zeit sich die
                              in den Flaschen vorgeschlagene und in Abkühlung erhaltene Säure durch die Absorption
                              von salpetriger Säure nach und nach blau, grün bis dunkelgrün gefärbt hat, welches
                              der rechte Augenblick ist, die Operation zu unterbrechen und die Säure dem Fette
                              beizumischen. Das mit der Säure vermengte Fett wird sammt einigen Zinkstreifen in
                              eine Kufe gegeben und mittelst Dampf 1 bis 2 Stunden lang gekocht, während dieser
                              Zeit der Dampfhahn 3 bis 4mal durch 5 bis 10 Minuten abgesperrt, endlich, wenn man
                              durch herausgenommene Proben bemerkt, daß das Fett eine dunkelgelbe Farbe und eine
                              bedeutende Härte erlangt hat, werden einige Eimer Wasser zugegebenzugegebeu, das Ganze 1/2 Stunde gekocht und dann der Ruhe zum Abstehen
                              überlassen.
                           Die Fettsäuren kommen endlich in einen Destillationsapparat, werden hier unter dem
                              Einflusse eines reichlichen Stromes überhitzten Wasserdampfes destillirt und hierauf
                              in einer durch Dampf geheizten Kufe mit durch 1/4 Proc. Oxalsäure angesäuertem
                              Wasser einigemale ausgewaschen, dann der Ruhe überlassen und endlich durch dicken
                              Wollenstoff oder Filz filtrirt.
                           Die Fettsäuren haben nach diesen Vorgängen ihr ursprüngliches Aussehen verloren und
                              erscheinen nun als eine weiße, sehr harte, nur wenig fettig sich anfühlende Masse,
                              welche bei 88 Proc. des angewendeten Unschlitts beträgt und sehr schöne Kerzen 2.
                              Qualität liefert, welche sparsamer wie Unschlitt, und doch dabei mit einer äußerst
                              weißen, großen Flamme brennen und deren Dochte sich selbst verzehren.
                           
                           Zur Erzeugung von Lichtern 1ster Qualität werden die destillirten Fettsäuren erst
                              kalt, dann heiß gepreßt. Die ausgepreßten Kuchen betragen
                              bei 70 Proc. vom angewendeten Unschlitt, kommen in ihren äußern Eigenschaften mit
                              der Stearinsäure überein und unterscheiden sich von ihr nur durch einen um einige
                              Grade niederen Schmelzpunkt.
                           Zum Gießen der Kerzen werden die Modelle erwärmt und die Masse erst hineingegossen,
                              wenn sie unter beständigem Umrühren anfängt milchicht zu werden. Wachs wird keines
                              zugesetzt. Die Dochte sind dreizöpfig geflochten und werden durch 10 Minuten langes
                              Kochen im Wasser, in welchem früher auf 100 Pf., 20 Loth glasige Phosphorsäure und 3
                              1/3 Loth Boraxsäure aufgelöst wurden, gebeizt, und sodann langsam getrocknet.
                              (Böttger's polytechn. Notizblatt, 1857, Nr. 20.)
                           
                        
                           Ueber die Verunreinigungen des Carmins.
                           Die schöne Farbe, welche allgemein unter dem Namen Carmin bekannt ist, wird
                              gewöhnlich dargestellt, indem man Cochenille mit Wasser oder einer alkalischen
                              Salzlösung auszieht und den Farbstoff durch eine schwache Säure oder ein saures Salz
                              fällt. Hierzu wendet man entweder Sauerkleesalz (saures oralsaures Kali) oder eine
                              Mischung von Weinstein und Alaun an; die Abscheidung des Niederschlags wird häufig
                              durch Hinzufügung von Gelatine oder Eiweiß befördert, daher gewöhnlich zwei Sorten
                              bereitet werden. Die erste Sorte, unter Mitanwendung von Eiweiß dargestellt, läßt
                              sich schwer zerreiben, bleibt stets etwas körnig und findet ihre Hauptanwendung zum
                              Färben der Bonbons, zur Bereitung der rothen Tinte und als Malerfarbe. Die zweite
                              Sorte, mit Gelatine dargestellt, ist sehr zertheilbar, und wird in der feinen
                              Malerei, besonders der Miniaturmalerei, gebraucht.
                           Der Carmin bildet ein leichtes, geruch- und geschmackloses Pulver von prächtig
                              rother Farbe, welches auf einem Löffel erhitzt, unter Ausstoßung eines dem
                              verbrannten Horne ähnlichen Geruches verkohlt und beim Verbrennen fast ganz
                              verschwindet. Hinterläßt bei diesem Vorgange der Carmin einen weißen Rückstand, so
                              enthielt er Thonerde oder Zinnoxyd und ist dann eigentlich Carminlack. Ein solcher
                              löst sich auch nicht vollständig in Aetzammoniakflüssigkeit auf und deßhalb ist auch
                              überhaupt dieses das beste Erkennungsmittel für die verschiedenen Verfälschungen des
                              Carmins; wie z.B. Alaun, Zinnober, Kartoffelstärke, die zuweilen an 50 Proc.
                              betragen. Die Stärke läßt sich mittelst Jodtinctur, welche die Stärke blau färbt,
                              erkennen? die Thonerde im Alaun, durch ihre Löslichkeit in heißer Kalilauge, und der
                              Zinnober durch Auflösen in Königswasser in der Siedhitze und Fällen der Lösung
                              mittelst Jodkalium, wodurch ein schöner rother Farbstoff (Ouecksilberjodid)
                              entsteht. (Chevalier's Wörterbuch der
                              Verunreinigungen.)
                           
                        
                           Ostermann's Fabrication von Siegellack mit Docht.
                           Zur Darstellung dieses Siegellack verwendet man folgende Composition: 6 Loth ächte
                              Bologneser Kreide, 6 Loth Magnesia, 1 Pfund 12 Loth Zinnober, 30 Loth venetianischen
                              Terpenthin, 1 Pfund 29 Loth blonden Schellack, 7 Loth Terpenthinöl, 3 Loth
                              Terpenthinöl mit Mastix, 3 Loth Peruvianischen Balsam. Netto-Gewicht des
                              Ganzen – 5 Pfunde.
                           Zuerst wird der venetianische Terpenthin in einem irdenen Gefäße langsam über
                              Kohlenfeuer in Fluß gebracht, hierauf der Schellack zugesetzt und bei fortwährendem
                              Umrühren in gelinder Wärme auf möglichst dünnflüssige Beschaffenheit gebracht. Nun
                              wird der schon früher sehr fein geriebene und mit der Bologneser Kreide und Magnesia
                              aufs gleichmäßigste vermengte Zinnober eingetragen und nach bewirkter in der Wärme
                              erfolgter Vermischung mit den Harzen etwas abkühlen gelassen. Endlich schüttet man
                              die drei oben zuletzt genannten Substanzen dazu, wärmt es nochmals unter
                              fortwährendem Rühren mit einem Holzstäbchen, und kann dann nach 5 Minuten das fertige
                              Siegellack in beliebige Formen gießen. Um eine andere Farbe, wie die des Zinnobers,
                              dem Siegellacke zu geben, substituirt man z.B. für Schwarz: fein präparirtes Elfenbeinschwarz, für Blau: feinstes Ultramarin, für Gelb: fein
                              präparirtes Chromgelb.
                           Was die Dochte anbelangt, so werden dieselben aus 6 bis 10 Fäden Baumwollgarns,
                              welches mit Wachs oder Stearin getränkt wird, bereitet. Um sie in die
                              Siegellackstangen einführen zu können, bedient sich der Erfinder eigener Formen,
                              welche aus zwei nach der gewünschten Gestalt des Siegellacks ausgehöhlten
                              Metallplatten bestehen, deren sich berührende Flächen auf einander geschliffen sind.
                              An dem einen Ende der Höhlung befindet sich eine kleine Oeffnung zum Einlegen des
                              Dochtes, während dessen anderes Ende durch einen Steg geht, welcher an der oben
                              behufs Eingießens offen gelassenen und trichterförmig erweiterten Form eingelegt
                              wird.
                           Vor dem Gebrauche werden die beiden Modellhälften handwarm gemacht und schwach mit
                              einem Oele benetzt. (Stamm's neueste Erfindungen, 1857,
                              S. 269.)
                           
                        
                           Neue Masse für Streichriemen, zum Schärfen der Messer.
                           Man nehme gereinigte Gutta-percha, erwärme sie in heißem Wasser und knete so
                              viel Smirgelpulver, Graphit, Zinn- und Bleiasche hinein, als dieselbe, ohne
                              ihre Consistenz zu verlieren, annehmen kann, oder man löse Gutta-percha in
                              Schwefelkohlenstoff auf und vermische eine concentrirte Lösung davon mit den
                              genannten Ingredienzen. Aus dieser mit den Schärfpulvern gemengten Masse bildet man
                              in einer erwärmten und ausgeölten Form mittelst einer Presse Platten, aus welchen
                              dann Riemen geschnitten werden. Zu den schwarzen Riemen, welche bloß zum Schärfen
                              aber nicht zum Poliren geeignet sind, wird das oben genannte Gemenge genommen; für
                              die rothen Riemen, die aus feinen geschlämmten Pulvern
                              bestehen, setzt man statt des Graphits Eisenoxyd (sogenannten Colcothar) hinzu. Die
                              durch Schwefelkohlenstoff gemachte Lösung der Gutta-percha mit den gemischten
                              Pulvern wird in Formen gegossen und nach der vorsichtigen Abdampfung des
                              Schwefelkohlenstoffs in Riemen geschnitten. Das Mischungsgewicht für die schwarzen Riemen ist: 4 Theile Smirgel, 1 Theil
                              Zinn- und Bleiasche, 1/2 Theil Graphit; für die rothen: 3 Theile Smirgel, 2 Theile Zinn- und Bleiasche, 1 Theil
                              Eisenoxyd. Nachdem die Riemen gehörig zubereitet sind, werden sie entweder auf
                              convexe oder gerade Holzflächen mittelst Leim oder Gutta-percha-Lösung
                              befestigt. (Blätter für Landwirthschaft und Gewerbewesen in der Pfalz.)
                           
                        
                           Ueber Wallosin, ein Ersatzmittel für Fischbein; von G. Vöckler, Kaufmann in Leipzig.
                           Der Verfasser hat in dem von ihm mit dem Namen „Wallosin“
                              belegten Stoff einen Körper aufgefunden, welcher nicht nur das. Fischbein in allen
                              Verwendungen zu ersetzen vermag, sondern auch vor demselben namentlich in Bezug auf
                              den Mangel der hygroskopischen Eigenschaften wesentliche Vorzüge hat, und dabei
                              wohlfeiler geliefert werden kann. Der wesentliche Bestandtheil desselben ist
                              Gutta-percha mit einem Zusatz von Kautschuk oder Yintawa. Da es jedoch nicht
                              möglich ist diesen Körpern auf chemischem Wege neben ihrer Zähigkeit und Elasticität
                              auch diejenige Steifheit zu geben, welche von dem Fischbein verlangt wird, so mußten
                              dieselben mit einem Körper auf mechanischem Wege verbunden werden, welcher diese
                              Eigenschaft in dem erforderlichen Grade besitzt, und zu diesem Zwecke hat sich das
                              unter dem Namen Indisches Rohr im Handel bekannte Holz als am geeignetsten
                              herausgestellt. Sobald dieses Rohr von feiner festen kieselhaltigen Schale befreit
                              ist, zeigt es in seiner Längenrichtung jene furchige Beschaffenheit, welche dem
                              natürlichen Fischbein eigenthümlich ist. Zugleich ist es wie letzteres leicht
                              spaltbar. Das Schälen
                              und Beschneiden des Rohrs geschieht durch zwei Maschinen, die, wie überhaupt das
                              Verfahren, in unserer Quelle näher beschrieben sind.
                           Die geschälten Rohrstangen werden durch Eisenbeize und Blauholzabsud schwarz oder
                              mittelst Heller Farben blau, grün, roth etc. gefärbt, und durch Auskochen die
                              überflüssig anhangenden Farbemittel, welche der Festigkeit der Fasern schaden
                              würden, entfernt. Auch haben die angestellten Versuche gelehrt, daß durch nachherige
                              Behandlung des Rohrs mit Wasserdämpfen von 2 bis 3 Atmosphären Druck die Zähigkeit
                              der Fasern und ihre Widerstandsfähigkeit gegen ZerbrechenZerbrecheu wesentlich erhöht wird. Nach geschehener Dämpfung wird das gefärbte
                              Rohrproduct in einem warmen Luftstrome vollständig getrocknet.
                           Nach dieser Vorbereitung wird das Rohr mit dem Kautschuk und der Gutta-percha
                              vereinigt. Dieß geschieht durch ein mehrmaliges gewaltsames Einpressen der Lösung
                              dieser letztgenannten Stoffe in Steinkohlentheeröl mittelst hydraulischen Druckes
                              und vorsichtiges Trocknen des so zubereiteten Rohrs. Da aber Gutta-percha und
                              Kautschuk bei einer niedrigen Temperatur hart werden und zum Theil ihre Elasticität
                              verlieren, welcher Umstand für viele Verwendungen der so gewonnenen
                              Wallosin-Stäbe hinderlich seyn würde, so ist es nothwendig, daß diese Stoffe
                              entweder vor oder nach ihrer Verbindung mit dem Rohre vulcanisirt werden, und so
                              ihre Elasticität auch bei niederer Temperatur beibehalten. Als das einfachste und
                              zweckmäßigste Verfahren der Vulcanisation des Kautschuks und der Gutta-percha
                              für die vorliegenden Zwecke hat sich eine Vereinigung der Lösungen dieser Stoffe,
                              sowie einer solchen von Schwefel in Steinkohlenöl, und nachherige Verdampfung des
                              Oels herausgestellt. Nach der Verdampfung des Oeles bleibt der Kautschuk etc. mit
                              Schwefel verbunden zurück, und man erhält so eine innigere Verbindung, als durch
                              irgend eine andere der sonst angewandten Vulcanisationsmethoden. Durch nachherige
                              Behandlung in einem Strom auf 2 Atmosphären gespannter Wasserdämpfe wird die Masse
                              vollkommen elastisch. Sind die präparirten Stäbe vollständig getrocknet und mit
                              Wasserdämpfen behandelt, so werden sie gewalzt, wodurch ihre Elasticität noch
                              bedeutend vermehrt und ihre Porosität vollständig beseitigt wird. (Kunst- und
                              Gewerbeblatt für Bayern, 1856, S. 659.)
                           
                        
                           Ueber den Werth des englischen Patentfleisches; von Prof. Dr. E. Harleß in
                              München.
                           Die Methode, das englische Patentfleisch zu gewinnen, besteht darin (man vergl.
                              polytechn. Journal Bd. CXXXVII S. 159), daß
                              man nach dem Schlag auf die Stirne oder nach der Knickung rechts und links mittelst
                              eines Trockart einen Einstich in die Brusthöhle macht, sodann mit einem starken
                              doppelten Blasebalg Luft in sie hineinpreßt, die Oeffnung schließt, und das Thier
                              1–2 Stunden liegen läßt, ehe man die Halsgefäße anschneidet.
                           Prof. Harleß hat auf Veranlassung der k. bayer. Regierung
                              über das nach diesem Schlachtverfahren gewonnene Fleisch im Vergleich mit dem nach
                              dem gewöhnlichen Verfahren gewonnenen eine ausführliche Untersuchung angestellt,
                              welche in den „Abhandlungen der naturwissenschaftlich-technischen
                                 Commission bei der königl. bayer. Akademie der Wissenschaften zu
                                 München“, Bd. I S. 85–120, abgedruckt ist. Indem wir
                              hinsichtlich des Näheren auf diese Quelle verweisen, theilen wir im Nachstehenden
                              die Resultate mit, welche der Verf. am Schlusse seiner Untersuchung zusammengestellt
                              hat.
                           1) Das Einblasen der Luft in den Brustraum und deren Compression darin kürzt weder
                              den Todeskampf der Thiere ab, noch ändert es wesentlich dessen Erscheinungen.
                           2) Durch das Lufteinblasen wird nur aus den Lungen das Blut verdrängt, nicht aus dem
                              Herzen und den übrigen großen Gefäßen der Brusthöhle.
                           3) In den Lungen von Thieren, nach der neuen Methode geschlachtet, sind 3,725 Mal
                              weniger Blut dem Volum nach als in denen von Thieren nach der alten Methode
                              geschlachtet.
                           
                           4) Die Menge des aus den Lungen verdrängbaren Blutes beträgt circa 2 Pfund.
                           5) Unter Voraussetzung, daß diese 2 Pfd. dem Fleisch allein zu Gute kämen, würde das
                              Pfund Fleisch circa 1/5 Loth an Gewicht gewinnen.
                           6) Die Mengen der einzelnen bei dem Sieden des Fleisches gewonnenen Bestandtheile
                              zeigen keinen Unterschied.
                           7) Größere Weichheit oder Harte rührt nicht von dem Schlachtverfahren, sondern von
                              der Individualität des Thieres vor dem Tode her.
                           8) Röthere Färbung des Fleisches rührt, wo nicht wirkliche Sugillationen in Folge des
                              Liegenlassens oder der traumatischen Verletzung vorhanden sind, nicht von größerem
                              Blutreichthum, sondern von größeren Mengen des eigenthümlichen Muskelfarbstoffes
                              her.
                           9) Der höhere Eisengehalt bei einem nach der alten Methode geschlachteten Thier kann
                              nicht von Vergrößerung des Blutreichthums überhaupt herrühren, weil die Mengen der
                              coagulablen Bestandtheile keine entsprechenden Differenzen in anderen Muskeln der
                              gleichen Thiere auffinden ließen.
                           10) Frühere Fäulniß ist kein constantes Vorkommen bei dem Patentfleisch.
                           11) Die bei der chemischen Analyse des Patentfleisches gefundenen Mehrgehalte an
                              coagulablen Bestandtheilen können nicht auf Rechnung der Blutverdrängung durch die
                              Compression der Luft im Thorax gebracht werden; denn es entsprechen ihnen nicht
                              gleichzeitige Zunahmen des nicht coagulablen Saftes.
                           12) Die Differenzen der procentischen Mittelwerthe zweier Fleischsorten von den nach
                              beiden Methoden geschlachteten Thieren sind nicht größer, als die Differenzen bei
                              zwei Fleischproben von Thieren, welche nach der gleichen Methode geschlachtet
                              wurden.
                           13) Der größere Spielraum der Schwankungen in den Gewichtswerthen der einzelnen
                              Stoffe bei dem Patentfleisch sind nicht Folgen der mechanischen Deplacirung des
                              Blutes durch die Gewalt der Luftverdichtung, sondern können nur auf Rechnung des
                              Stoffaustausches durch Diffusion vor dem Anschneiden der Halsgesäße gebracht
                              werden.
                           14) So weit der Harnstoff einen wesentlichen Inder für die Energie und Ausgiebigkeit
                              des Stoffumsatzes in dem ganzen Organismus abgeben kann, erleiden seine
                              Mengenverhältnisse keine Aenderung durch den Genuß des Patentfleisches im Gegensatz
                              zu dem des gewöhnlichen Fleisches. Ebenso bleibt im Durchschnitt das spec Gewicht
                              des Harns ganz gleich.
                           15) Das Patentfleisch verdient keinen Vorzug als nahrhafterer oder leichter
                              verdaulicher Stoff.
                           16) Alle aufzufindenden Unterschiede sind nicht sowohl von der Methode des
                              Schlachtens als von der Individualität der Thiere abhängig. Es gibt keine constanten Unterschiede.
                           17) Der vorausgesetzte höhere Blutgehalt kann das Fleisch nur weniger dauerhaft
                              machen, nicht aber seinen Nahrungswerlh beträchtlich erhöhen.
                           18) Vollkommen überflüssig ist die Oeffnung der Brusthöhle und das Einblasen von Luft
                              in dieselbe. Der ganze Gewinn ist, daß das Fell um 36 kr. an Werth verliert.
                           19) Alle etwa zu statuirenden Unterschiede rühren von dem Liegenlassen des Thieres
                              her.
                           20) Auch dieser Theil der Methode ist wegen der Verkehrsstörung in großen
                              Schlachthäusern und des geringen Gewinnes an Gewicht, sowie wegen Begünstigung der
                              Fäulniß, zu verwerfen.
                           21) Das ganze Verfahren entspricht nicht dem vorausgesetzten Gewinn und ist weder
                              praktisch noch wissenschaftlich gut zu heißen.