| Titel: | Vegetabilischer Filz; von Hrn. Albert. | 
| Fundstelle: | Band 147, Jahrgang 1858, Nr. XXII., S. 72 | 
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                        XXII.
                        Vegetabilischer Filz; von Hrn. Albert.
                        Aus dem Journal de Chimie
                                 médicale, Novbr. 1857, S. 681.
                        Albert's vegetabilischer Filz.
                        
                     
                        
                           Zur Verfertigung desselben benutzt Hr. Albert bisher noch
                              nicht zu diesem Zweck angewandte Pflanzenfasern, als die Haare des Bartes, Flaumes
                              und der Blüthen-Haarbüschel, der Rispen, Kätzchen und Aehren einer Menge von
                              Wasserpflanzen, von welchen wir, als schon erprobt, folgende anführen.
                           1) Calamagrostis (nach Andern Arundo), zwei Arten: C. colorata und epigejos, und deren Varietäten;
                           2) Stipa (Spartgras), zwei Arten: St. pennata und capillata und deren
                              Varietäten;
                           3) Arundo (Rohre), zwei Arten: phragmites und nigricans sowie deren
                              Varietäten (Besenrohre);
                           4) Typha (Rohrkolben), drei Arten: latifolia, media und angustifolia und deren
                              Varietäten;
                           5) Eriophorum (Wollgrasarten), sechs Arten: vaginatum, capitatum, latifolium, gracile und Vaillantii und deren Varietäten.
                           Alle diese besitzen ein mehr oder weniger großes, immer aber hinreichendes Vermögen,
                              sich zu verfilzen, so daß die einen vermengt mit den thierischen Stoffen, die
                              anderen für sich allein zu Filz verwendet werden können.
                           
                           Das Verfahren dabei ist, mit Ausnahme des bei den Pflanzenfasern unnöthigen Beizens,
                              ganz dasselbe wie bei der Verfertigung des gewöhnlichen Filzes, welchen der neue für
                              alle Anwendungen ersetzen kann.
                           Anders verhält es sich aber mit der Zubereitung oder Reinigung der
                              Pflanzenfasern.
                           Das Einsammeln der Haarbüschel an den Blüthenstengeln muß geschehen nachdem sie
                              vollkommen reif sind: jedoch bei solchen, die der Wind zerstreuen könnte, bevor
                              starke Kälte eintritt; beim Arundo z.B. kann es bis zum
                              Februar und März vorgenommen werden.
                           Man beginnt die Reinigung damit, daß man die an den Spitzen dieser Pflanzen
                              befindlichen Federbüschel zwischen den Zähnen eines Kamms durchzieht, wie den Hanf
                              oder Lein, wodurch die flaumartigen Theile sich von den kleinen Stielchen, an denen
                              sie sich befinden, losmachen.
                           Hierauf trennt man sie von den Samen und der Rindensubstanz mittelst einer
                              Vorrichtung, die aus einem stählernen Läufer besteht, dessen Umfang tief genug
                              gefurcht ist, um eine cylindrische Reibe zu bilden, welche zum Theil mit einem
                              hölzernen Mantel umgeben ist, der zwischen sich und dem Läufer einen, den
                              Dimensionen der zu bearbeitenden Substanzen entsprechenden Zwischenraum läßt. Beim
                              Durchgang zwischen dem Läufer und seinem Mantel zerbricht die Rindensubstanz,
                              wodurch ihre Trennung von dem Flaume vorbereitet wird, welche letztere man durch
                              mehrmaliges Fachen, wie es die Hutmacher ausüben, bewerkstelligt; die Vorrichtung
                              dazu besteht in einem Ventilator, dessen Flügel, nachdem sie die zu reinigende
                              Substanz geschlagen haben, einen Luftzug hervorbringen, der die in derselben
                              befindlichen fremdartigen Theilchen in einen langen Canal führt, wo sie sich, je
                              nach ihrer verschiedenen Dichtigkeit, in verschiedenen Entfernungen absetzen, und
                              zwar die leichtesten, also der von fremdartigen Körpern gänzlich gereinigte Flaum,
                              am weitesten weg vom Ventilator.
                           Die mit fremdartigen Körpern noch vermengten Antheile werden alsdann mittelst einer
                              Kratze entfernt, welche, die Rindensubstanz vollends zerbrechend, die vollständige
                              Absonderung des Flaumes durch wiederholte Behandlung mittelst des Ventilators
                              ermöglicht.
                           Die Kürze der Pflanzenfasern würde die Speisung einer gewöhnlichen Kratze schwierig
                              machen; recht gut wird der Zweck aber erreicht, wenn man den Rand des Speisetisches
                              zu einer dünn ausgezogenen Schnauze aufbiegt, welche mit der Kratze beinahe in
                              Berührung zu stehen kommt, und in der concaven Krümmung dieses Schnabels eine Art
                              Stachelwalze anbringt, deren rotirende Bewegung ihr die Substanzen, welcher sie sich
                              bemächtigen soll, zuführt.