| Titel: | Ueber die Läuterung des Zuckers durch Anwendung der Seifen; von Hrn. Basset. | 
| Fundstelle: | Band 147, Jahrgang 1858, Nr. XXXVIII., S. 129 | 
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                        XXXVIII.
                        Ueber die Läuterung des Zuckers durch Anwendung
                           der Seifen; von Hrn. Basset.
                        Aus den Comptes
                                 rendus, Decbr. 1857, Nr. 26.
                        Basset, über die Läuterung des Zuckers durch Anwendung der
                           Seifen.
                        
                     
                        
                           Durch die im Folgenden beschriebene neue Methode, welche von F. Garcia, einem alten Zuckersieder in Louisana, entdeckt wurde, vermeidet
                              man die mit der Anwendung des Kalkhydrats zur Läuterung des Saftes verbundenen
                              Nachtheile, benutzt jedoch die wirklichen Vortheile des Kalkhydrats. Es wurden zu
                              diesem Zweck schon verschiedene Verfahrungsarten vorgeschlagen, wovon die meisten
                              in der Praxis nicht entsprachen oder bei ihrer Ausführung zu große Schwierigkeiten
                              darboten, weßhalb das Problem noch nicht gänzlich gelöst war.
                           Die neue Methode beruht auf der bekannten Eigenschaft des Kalks, sich mit den Fetten
                              zu verbinden, dieselben mögen im freien Zustande oder im Zustande alkalischer Seifen
                              seyn. Vermischt man z.B. Zuckerkalk mit einer Auflösung von Natronseife, so erfolgt
                              eine merkwürdige Zersetzung, wobei der Zucker in Freiheit gesetzt wird, der Kalk
                              sich mit der fetten Säure der Seife verbindet, und das Natron in der Flüssigkeit
                              meistens in freiem Zustande verbleibt.
                           Nachdem die Läuterung (Scheidung) mit einem Ueberschuß von Kalk gemacht und der
                              Schaum weggenommmen worden ist, genügt es die Flüssigkeit unter 40° C.
                              (32° R.) in demselben Kessel oder in einem andern abkühlen zu lassen, um
                              sogleich mit der Seifenauflösung operiren zu können. Man gießt diese sachte in den
                              Saft, indem man die Masse im Kreise umrührt, und nachdem das Ganze gut gerührt
                              worden ist, steigert man die Temperatur bis zum Siedepunkt. Ist dieser erreicht, so
                              erniedrigt man sogleich die Temperatur, indem man das Einströmen des Dampfes
                              unterbricht, und schreitet zum Wegnehmen des neuen Schaumes, welcher nichts anderes
                              als eine Kalkseife ist, die als gallertartiges Netz alle Unreinigkeiten oder
                              fremdartigen Substanzen eingehüllt und mit sich vom Boden auf die Oberfläche gezogen
                              hat. Nach dem Beseitigen dieses Schaumes ist der Saft vollkommen klar, und sein
                              Geschmack läßt nichts zu wünschen übrig.
                           Nachdem ich mich durch zahlreiche Versuche im Kleinen von der Zweckmäßigkeit dieses
                              Verfahrens überzeugt hatte, wollte ich es durch die industrielle Anwendung im Großen
                              erproben lassen, bevor ich es der (französischen) Akademie der Wissenschaften
                              mittheilte. Dieß wurde mir in der Rübenzuckerfabrik der HHrn. Gebrüder Bonzel zu Haubourdin bei Lille gestattet, welche von dem
                              geschickten Chemiker Hrn. W. Dornemann dirigirt wird.
                              Derselbe ließ eine Reihe von Versuchen durchführen, jeden mit 10 Hektolitern Saft,
                              zweiten oder dritten Melassen; ich berichte nun über die dabei von mir gemachten
                              Beobachtungen.
                           Die Säfte von schwacher Dichtigkeit konnten nicht in meiner Gegenwart behandelt
                              werden, weil die erforderliche Abkühlvorrichtung noch nicht hergestellt war; aber
                              das Resultat der früheren Versuche war stets günstig gewesen in dem Falle wo, wenn
                              die Kalkseife (in Folge der schwachen Dichtigkeit) nicht vollständig auf die
                              Oberfläche stieg, ein bloßes Passiren durch das Sacksilber und ein Filtriren über
                              gebrauchte Kohle hinreichten um eine vollständige Klärung zu bewerkstelligen. In
                              allen Fällen besitzt der
                              Saft einen merkwürdig reinen Geschmack; sein Geruch ist vortrefflich. Es wurden
                              mehrmals zweite oder dritte Melassen nach diesem Verfahren behandelt, wobei die
                              Operation stets vollkommen gelang, so daß dieselben unmittelbar eingedickt und
                              verkocht werden konnten. Die zweiten und dritten Syrupe lassen im Geschmack nichts
                              zu wünschen übrig, und haben den reinsten Geruch, indem derjenige der Runkelrübe
                              vollständig verschwunden ist. Die Krystallisation erfolgt ohne Verzögerung, nach
                              einem leichten Verkochen; die Krystalle sind groß, gut gebildet; der Zucker ist
                              trocken und fest. Die Syrupe haben einen eben so guten Geschmack wie die
                              Zuckerrohrsyrupe. Man könnte daher den nach diesem Verfahren erhaltenen Rohzucker
                              unmittelbar in den Handel bringen, deßgleichen die Melassen. Ich habe mit Hrn. Dornemann beobachtet, daß die anzuwendende Seifenmenge
                              variirt, und daß sie bis zur vollständigen Sättigung des Kalks gesteigert werden
                              kann. Es scheint jedoch, daß die Hälfte dieser Quantität in der Praxis mehr als
                              ausreichend ist, weil die Schönheit der Krystallisation größer ist, wenn nicht aller
                              Kalk gesättigt wurde.
                           Der bereits in Gährung übergegangene Saft und die Syrupe welche in Gährung
                              überzugehen beginnen, müssen vor ihrer Behandlung nach dieser Methode mittelst
                              Alkali neutralisirt werden, weil die Kohlensäure die anzuwendende Seife zersetzen
                              würde.
                           Die beschriebene Methode des doppelten Läuterns mit Anwendung der Seifen erheischt
                              gar keinen besondern Apparat, und sie kann von einem gewöhnlichen Arbeiter
                              ausgeführt werden. Die angewendete Seife war aus Olivenöl gefertigte Natronseife;
                              man kann jedoch zu diesem Zweck alle Seifen verwenden, selbst die sehr unvollkommene
                              sogenannte Marseiller Seife; nur wird die Seife mehr oder weniger neutral
                              angewendet, je nachdem der zu behandelnde Saft alkalisch oder sauer reagirt.
                           Uebrigens verursacht die Anwendung der Seife nur geringe Kosten, indem man die
                              entstandene Kalkseife nachher mit Schwefelsäure zersetzt und die abgeschiedene fette
                              Säure wieder mit Natron verbindet; der Aufwand beschränkt sich also auf die
                              Schwefelsäure und das Natron welche hierzu erforderlich sind, indem die Fettsäure
                              immer wieder benutzt wird.
                           Ein nach der neuen Methode geläuterter Saft geht fast gar nicht mehr in Gährung über,
                              und man erhält in allen Fällen bessere Producte, insbesondere aus den zweiten und
                              dritten Melassen.
                           Endlich gewährt diese Methode eine sehr beträchtliche Ersparniß an Knochenkohle; man
                              hofft es dahin zu bringen, daß man dieselbe bei der Fabrication des Rohzuckers ganz
                              weglassen und beim Raffiniren um 30 Procent vermindern kann.