| Titel: | Untersuchung des ostindischen Erdöls und über die Verwendung desselben zur Darstellung von Photogen und Paraffin; von Dr. Hermann Vohl in Bonn. | 
| Autor: | Hermann Vohl | 
| Fundstelle: | Band 147, Jahrgang 1858, Nr. CX., S. 374 | 
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                        CX.
                        Untersuchung des ostindischen Erdöls und über die
                           Verwendung desselben zur Darstellung von Photogen und Paraffin; von Dr. Hermann Vohl in Bonn.
                        Vohl's Untersuchung des ostindischen Erdöls.
                        
                     
                        
                           Aus den ostindischen Besitzungen bezieht England große Quantitäten einer bituminösen,
                              halbflüssigen Masse, die unter dem Namen Erdöl in den
                              Handel kommt.
                           Die größte Menge dieser Substanz wird in England verarbeitet, und zwar wird aus
                              derselben ein leichtes Oel (sprit), zur Speisung von
                              Lampen anwendbar, und eine in der Kälte erstarrende Masse zum Schmieren von
                              Locomotivachsen bereitet.
                           Vergangenen Herbst wurde mir der Auftrag, dieses Oel zu untersuchen und wenn möglich
                              eine Verwendung desselben zur Darstellung von ätherischen Beleuchtungsmaterialien
                              nachzuweisen.
                           Das Rohproduct war von weicher Butterconsistenz (bei 12° C. Lufttemperatur),
                              erschien im geschmolzenen Zustande bei durchfallendem Lichte braun, bei auffallendem
                              dagegen von gelblich grüner Farbe. Der Geruch war höchst unbedeutend und dem des
                              Petroleums auffallend ähnlich. Das geschmolzene Bitumen setzte eine große Menge Sand
                              und Wasser ab, und diese Verunreinigung betrug nahe an 10 Proc. Das specifische
                              Gewicht war = 0,885 (bei 14° C.). Zur Untersuchung wurden 106,7 Pfd. dieser
                              Substanz in einer gußeisernen Versuchsblase der fractionirten Destillation
                              unterworfen. Die Destillation ergab mir an:
                           
                              
                                 leichtem Oel (sprit)
                                   44,5 Pfund
                                 
                              
                                 Paraffinmasse
                                   54,5    „
                                 
                              
                                 asphaltähnlichem Rückstand   
                                     4,9    „
                                 
                              
                                 Wasser
                                     3,0    „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 106,9 Pfund
                                 
                              
                           Während der Destillation hatte sich eine kleine Quantität brennbarer Gase entwickelt,
                              worunter das ölbildende Gas und Schwefelwasserstoff den Hauptbestandtheil
                              ausmachten. Er betrug 0,2 Pfd. und wurde durch den Verlust bestimmt. Demnach ergaben
                              100 Gewichtstheile:
                           
                              
                                 leichtes Oel
                                   41,705
                                 (spec. Gew. = 0,852)
                                 
                              
                                 Paraffinmasse
                                   51,077
                                 
                                 
                              
                                 Asphalt
                                     4,600
                                 
                                 
                              
                                 Gas und Wasser   
                                     2,618
                                 
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 100,000
                                 
                                 
                              
                           
                           Das Oel und die Paraffinmasse wurde durch Behandeln mit Schwefelsäure und Aetznatron
                              gereinigt, und das Oel vermittelst Wasserdämpfen abgeblasen.
                           Ich erhielt aus 100 Gewichtstheilen an reinen Producten:
                           
                              
                                 Photogen (sprit)
                                   40,705
                                 
                              
                                 Gas- oder Schmieröl
                                   40,999
                                 
                              
                                 Paraffin
                                     6,078
                                 
                              
                                 Asphalt
                                     4,600
                                 
                              
                                 Verlust, in Gas, Wasser,
                                    Kreosot      und Karbolsäure
                                    bestehend
                                     7,618
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,000
                                 
                              
                           Das erhaltene Photogen war wasserhell und farblos, von einem spec. Gewicht = 0,830,
                              und besaß einen angenehmen ätherischen Geruch. Auf den Photogen- und
                              Camphinlampen brannte dasselbe mit einem ausgezeichnet schönen Lichte, ohne den
                              mindesten Geruch zu verbreiten und den Docht stark zu verkohlen.
                           Das Gas- oder Schmieröl war fast gänzlich geruchfrei, und konnte sowohl zum
                              Schmieren feiner Maschinentheile, wie auch zum Speisen Argand'scher Lampen benutzt
                              werden. Beide Oele sind nicht im geringsten der Oxydation unterworfen, welche
                              Eigenschaft besonders dem Schmieröl zu gut kommt, da dadurch ein Angreifen der
                              Maschinentheile unmöglich wird.
                           Das Paraffin war blendend weiß und geruchlos, und sein Schmelzpunkt lag bei
                              60° C.
                           Das ostindische Erdöl wird gewöhnlich als Ballast nach England gebracht und steht
                              sehr niedrig im Preise, weßhalb eine Verwendung desselben als Leuchtmaterial sehr zu
                              empfehlen ist. Im vergangenen Winter (1857) wurden bedeutende Quantitäten dieses
                              gereinigten Erdöls in Cöln angeboten, und zwar zu einem Preise, der weit unter dem
                              des Photogens stand.