| Titel: | Ueber ein neues Verfahren zum Regeneriren des Mangansuperoxyds; von Hrn. Carl Kestner. | 
| Fundstelle: | Band 147, Jahrgang 1858, Nr. CXXI., S. 441 | 
| Download: | XML | 
                     
                        CXXI.
                        Ueber ein neues Verfahren zum Regeneriren des
                           Mangansuperoxyds; von Hrn. Carl Kestner.
                        Aus dem Bulletin de la
                                 Société industrielle de Mulhouse, Nr. 142.
                        Kestner, über ein neues Verfahren zum Regeneriren des
                           Mangansuperoxyds.
                        
                     
                        
                           Bei der Chlorbereitung mittelst Braunstein und Salzsäure verbleibt bekanntlich als
                              Rückstand eine Auflösung von Manganchlorür (salzsaurem Manganoxydul), welche fast
                              werthlos ist. Man hat schon viele fruchtlose Versuche gemacht, das Mangansuperoxyd
                              dadurch zu regeneriren, daß man das Manganoxydul, welches man durch Fällen des
                              Chlorürs mit Kalkhydrat erhält, höher oxydirt. Einer meiner Freunde, Hr. Dunlop, Theilhaber der chemischen Fabrik von Tennant und Comp. in Glasgow, hat endlich ein neues
                              Verfahren ermittelt, welches in technischer Hinsicht eben so sinnreich, als in
                              wissenschaftlicher Hinsicht interessant ist. Seine Methode gründet sich auf die
                              Thatsache, daß das kohlensaure Manganoxydul, mit Vorsicht auf die geeignete
                              Temperatur und in Berührung mit der Luft erhitzt, seine Kohlensäure verliert und
                              sich größerntheils in Mangansuperoxyd verwandelt. Die Schwierigkeit bestand nun
                              darin, das kohlensaure Manganoxydul auf eine wohlfeile Weise zu erhalten, denn die
                              Fällung des Manganchlorürs mittelst eines löslichen kohlensauren Alkalis wäre, bei
                              dem verhältnißmäßig hohen Preise dieser kohlensauren Salze, offenbar zu kostspielig
                              gewesen. Im Verlauf seiner Versuche gelang es Hrn. Dunlop, eine vollständige Zersetzung des Manganchlorürs dadurch zu erzielen,
                              daß er dessen Auflösung mit kohlensaurem Kalk versetzt und das Gemisch in einem
                              geschlossenen Behälter der Einwirkung des Wasserdampfes von vier Atmosphären
                              Spannung aussetzt.
                           Im Großen verfährt man folgendermaßen: Man reinigt das Manganchlorür zuerst
                              vollständig vom Eisenchlorid; diese Trennung bewirkt man leicht durch Zusatz einer
                              Quantität Kalkhydrats und kohlensauren Kalks, wodurch zuerst die überschüssige
                              Salzsäure gesättigt und dann das Eisen als Oxyd gefällt wird. Man erhält so eine
                              Flüssigkeit, welche nur noch Manganchlorür und Chlorcalcium enthält. Diese
                              Flüssigkeit wird in einen horizontalen Cylinder aus Gußeisen oder Eisenblech
                              gebracht, welcher mit einer Rührvorrichtung versehen ist; in diesen gibt man
                              zugleich eine entsprechende Menge kohlensauren Kalks als unfühlbares Pulver, und
                              leitet dann Wasserdampf hinein, bis dessen Druck auf vier Atmosphären gestiegen ist.
                              Von diesem Zeitpunkt an sind nur noch drei Stunden Zeit erforderlich, um die
                              vollständige Zersetzung zu erzielen, welche einerseits reines kohlensaures
                              Manganoxydul liefert, und andererseits Chlorcalcium, das aufgelöst bleibt. Das
                              kohlensaure Mangan wird sorgfältig ausgewaschen, hernach unvollständig getrocknet,
                              so daß es im Teigzustande bleibt. In diesem Zustande bringt man es in einen
                              Calcinirofen (Muffelofen); man erhitzt es auf beiläufig 300° C., indem man
                              von Zeit zu Zeit umrührt, um die Oberfläche zu erneuern, und überdieß befeuchtet;,
                              denn die Gegenwart einer kleinen Menge Wasser erleichtert und beschleunigt die
                              Entbindung der Kohlensäure, und zugleich die Oxydation.
                           
                           Ich sah Dunlop's Verfahren im Großen in der Fabrik der
                              HHrn. Tennant
                              				    und Comp. ausführen, und seitdem habe ich
                              mir selbst einen solchen Apparat angeschafft; das versprochene Resultat wurde
                              vollkommen erreicht.
                           Dr. W. Reißig hat Versuche
                              über die Umwandlung des kohlensauren Manganoxyduls in Superoxyd angestellt;Annalen der Chemie und Pharmacie, Juli 1857, S. 27; polytechn. Journ. Bd.
                                       CXLV S. 439. nach seinen Beobachtungen erfolgt diese Umwandlung niemals vollständig. Die
                              Operationen im Großen scheinen dieses Resultat zu bestätigen, indem das regenerirte
                              Mangansuperoxyd höchstens 73 Proc. reines Superoxyd enthält; wenn die Operationen
                              nicht sehr gut ausgeführt werden, enthält es nur 60 bis 65 Procent.
                           Das beschriebene Verfahren ist aber dennoch sehr interessant und wird gewiß zu
                              wichtigen praktischen Resultaten führen. Das regenerirte Mangansuperoxyd wird wegen
                              seiner Reinheit und als ein höchst zartes Pulver vielleicht Anwendungen finden, wozu
                              sich der natürliche Braunstein nicht eignet. Besonders beachtenswerth ist aber die
                              Anwendung des Dampfes von hohem Druck, um bisher unbekannte chemische Reactionen zu
                              erhalten; diese ganz neue ThatsacheDerartige Thatsachen sind: 1) W. Siemens'
                                    Bereitung des Wasserglases durch Auflösen der Kieselerde in Aetzkalilauge in
                                    einem geschlossenen Dampfkessel bei einer Temperatur welche Dämpfen von 4
                                    bis 5 Atmosphären entspricht (polytechnisches Journal Bd. CVI S. 448), 2) E.
                                    Meyer's Verfahren zur Gewinnung von Potasche
                                    aus Feldspath; derselbe fand, daß der mit Kalk durch Glühen aufgeschlossene
                                    Feldspath durch 2–4 stündiges Kochen mit Wasser unter einem Druck von
                                    7–8 Atmosphären vollständig zersetzt wird, so daß die dann über dem
                                    Pulver befindliche Lösung frei von Kalkhydrat ist und stets alles Natron und
                                    9 bis 11 Proc. Kali vom Gewichte des angewandten Feldspaths enthält
                                    (polytechn. Journal Bd. CXLIII S. 274).A. d. Red. wird sicher zu anderen nützlichen Entdeckungen führen.