| Titel: | Ueber die Gewinnung der Soda direct aus Kochsalz; vom Professor Dr. Heeren. | 
| Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. XIV., S. 47 | 
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                        XIV.
                        Ueber die Gewinnung der Soda direct aus Kochsalz;
                           vom Professor Dr. Heeren.
                        Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
                              1858 S. 18.
                        Heeren, über die Gewinnung der Soda direct aus
                           Kochsalz.
                        
                     
                        
                           Im Jahre 1838 erhielten die Engländer Dyar und Hemming ein Patent auf eine von ihnen erfundene Methode
                              der Sodagewinnung direct aus Kochsalz,Die Beschreibung derselben wurde im polytechn. Journal Bd. LXXIV S. 129 mitgetheilt.A. d. Red. welche zwar, wie es scheint, nie zur dauernden Ausführung im Großen gekommen
                              ist, jedenfalls aber, nächst der allgemein gebräuchlichen Methode von Leblanc, zu den sinnreichsten und am meisten praktischen
                              Erfindungen im Gebiete der Sodafabrication gehört. Wenn sich gleich, wie mir
                              bekannt, schon mehrere Chemiker mit Versuchen darüber beschäftigt haben, so sind
                              doch meines Wissens nie die Ergebnisse solcher Versuche bekannt geworden, und ich
                              habe daher eine geraume Zeit hindurch mich mit der Prüfung dieser Methode
                              beschäftigt, um zu sehen, welche Hindernisse ihr etwa im Wege liegen, und ob sie
                              nicht mit Vortheil zur Ausführung gebracht werden könne. Es sind nun die Resultate
                              dieser Versuche, welche ich im Folgenden mittheile.
                           Das ursprüngliche den Erfindern patentirte Verfahren, auf der Zersetzung des Kochsalzes durch kohlensaures Ammoniak beruhend, ist
                              folgendes: Eine gesättigte Auflösung von Kochsalz wird mit einer, dem Gewicht des
                              Kochsalzes gleichen Menge fein pulverisirten anderthalb-kohlensauren
                              Ammoniaks aufs Innigste gemengt und der Ruhe überlassen. Sollte man
                              doppelt-kohlensaures Ammoniak, welches jedoch selten ist, haben können, so
                              wäre dieses vorzuziehen, und sie rathen daher auch, bei der nachherigen
                              Wiedergewinnung des kohlensauren Ammoniaks so zu verfahren, daß so viel wie möglich
                              doppelt-kohlensaures Salz gebildet werde. Nach Ablauf der nöthigen (nicht
                              näher angegebenen) Zeit wird die Flüssigkeit abgegossen und die Salzmasse gepreßt.
                              Sie besteht hauptsächlich aus doppelt-kohlensaurem Natron und kohlensaurem
                              Ammoniak. Durch Erhitzen in einer Retorte auf etwa 300° R. wird sowohl das
                              kohlensaure Ammoniak als auch die Hälfte der Kohlensäure des kohlensauren Natrons
                              ausgetrieben, welche man beide in einen Kühlapparat, z.B. eine Bleikammer, leitet.
                              Auch der in der gepreßten Masse noch etwa enthaltene Salmiak geht mit über, und es
                              bleibt in der Retorte nur kohlensaures Natron, verunreinigt wohl mit einer kleinen
                              Menge Kochsalz.
                           Die abgegossene und abgepreßte Flüssigkeit besteht hauptsächlich aus einer
                              Salmiaklösung, entstanden durch die gegenseitige Zersetzung des Kochsalzes und
                              doppelt-kohlensauren Ammoniaks; sie enthält aber auch noch Kochsalz,
                              kohlensaures Ammoniak und etwas kohlensaures Natron. Man läßt sie eine Zeit lang
                              kochen, um das kohlensaure Ammoniak auszutreiben und durch Einleiten in die
                              Bleikammer wiederzugewinnen, dampft sie sodann zur Trockne ab, pulverisirt den
                              hauptsächlich aus Salmiak bestehenden Salzrückstand, mengt ihn mit kohlensaurem Kalk
                              und erhitzt das Gemenge in einer eisernen Retorte, um die Zersetzung des Salmiaks
                              und seine Umwandlung in kohlensaures Ammoniak zu bewirken, welches entweicht und
                              ebenfalls in die Bleikammer geleitet wird. Das in der Bleikammer wiedergewonnene
                              doppelt-kohlensaure Ammoniak wird dann wieder mit Kochsalz gemengt u.s.f.; so
                              daß demnach, außer den kleinen unvermeidlichen Verlusten an Ammoniak, kein anderes Material als
                              kohlensaurer Kalk und Kochsalz verbraucht wird.
                           Das ganze, offenbar außerordentlich sinnreiche Verfahren beruht, wie man sieht, auf
                              der Schwerlöslichkeit des doppelt-kohlensauren Natrons, in Folge deren es
                              sich beim Zusammenkommen von Kochsalz und doppeltkohlensaurem Ammoniak als
                              pulverförmiger Niederschlag abscheidet, während der zugleich entstehende Salmiak in
                              der Flüssigkeit verbleibt.
                           Bei näherer Betrachtung dieses Verfahrens ergab sich sogleich, daß die
                              Wiedergewinnung des Ammoniaks im Zustande des festen doppeltkohlensauren Salzes mit
                              großen Schwierigkeiten verbunden seyn müsse und daß durchaus kein Grund vorlag, den
                              viel einfacheren und leichter ausführbaren Weg einzuschlagen, das Ammoniak im
                              Zustande des neutralen Salzes mit dem Kochsalz zusammenzubringen und dann erst durch
                              Zuleiten der Kohlensäure die Bildung des doppelt-kohlensauren Natrons zu
                              bewirken. Es ist daher bei allen meinen Versuchen dieser Weg eingeschlagen und das
                              Ammoniak theils im reinen, kohlensäurefreien, theils im kohlensauren Zustande in
                              gesättigter Kochsalzlösung aufgefangen und die Flüssigkeit sodann mit Kohlensäure
                              behandelt.
                           Es bieten sich nun, nachdem die erste Haupt-Operation, die Bildung des
                              doppelt-kohlensauren Natrons (Bicarbonates) beendigt und die Trennung des
                              Niederschlags von der Flüssigkeit in der weiter unten vorkommenden Art bewirkt
                              worden, zwei verschiedene Wege der weiteren Arbeit dar, nämlich:
                           A. Man läßt das Bicarbonat in seinem Zustande, um es
                              direct als solches in den Handel zu bringen. In diesem Falle muß es von allen etwa
                              beigemischten Ammoniaksalzen möglichst frei seyn, oder
                           B. man verarbeitet es auf Soda, indem man durch Erhitzen
                              die Hälfte der Kohlensäure austreibt. In diesem Falle hat eine kleine Menge
                              beigemengter Ammoniaksalze keinen erheblichen Nachtheil, weil auch diese beim
                              Erhitzen ausgetrieben und wiedergewonnen werden.
                           Die Wiedergewinnung des Ammoniaks kann ebenfalls nach zwei
                              verschiedenen Methoden stattfinden:
                           C. indem man die Salmiak haltende Flüssigkeit mit
                              gebranntem Kalk versetzt und das Ammoniak im kohlensäurefreien Zustande kochend
                              austreibt, um es von der Kochsalzlösung absorbiren zu lassen;
                           D. indem man die Flüssigkeit abdampft und den Rückstand
                              durch Glühen mit kohlensaurem Kalk zersetzt, wobei das Ammoniak als
                              einfachkohlensaures Salz ausgetrieben und ebenfalls in der Kochsalzlösung
                              aufgefangen wird.
                           
                           In beiden Fällen kann auch die Abänderung eingeschlagen werden, die Salmiak haltende
                              Flüssigkeit erst theilweise einzudampfen, den Salmiak auskrystallisiren zu lassen,
                              und ihn nun entweder durch gebrannten oder durch kohlensauren Kalk zu zersetzen. Man
                              erreicht hierdurch den Vortheil, das in der Flüssigkeit noch in nicht unbedeutender
                              Menge vorhandene Kochsalz wiederzugewinnen, um es demnächst dem Zersetzungsproceß
                              wieder übergeben zu können, was bei dem Abdampfen der Flüssigkeit ganz zur Trockne
                              nicht möglich ist.
                           Die so eben bezeichneten verschiedenen Wege A, B, C, D
                              bedingen einen wesentlichen Unterschied rücksichtlich der Kohlensäure.
                           Nach A in Verbindung mit C
                              muß die sämmtliche Kohlensäure jedesmal als Gas neu hinzugebracht werden.
                           Nach A in Verbindung mit D
                              gewinnt man die Hälfte der Kohlensäure (1 Atom) gleich mit dem Ammoniak, und nur die
                              andere Hälfte muß noch als Gas zugeführt werden.
                           Nach B in Verbindung mit C
                              wird die Hälfte der Kohlensäure wiedergewonnen, die andere Hälfte ist also noch
                              hinzuzubringen.
                           Nach B endlich in Verbindung mit D werden beide Hälften der Kohlensäure durch den Proceß selbst gewonnen,
                              und es ist daher ein weiteres Hinzuleiten von kohlensaurem Gas, abgesehen von dem
                              Ersatz kleiner Verluste, nicht nöthig.
                           Die Wahl des einzuschlagenden Weges wird daher mit von der Leichtigkeit und
                              Wohlfeilheit abhängen, mit welcher die Kohlensäure zu erlangen ist. Ihre Darstellung
                              durch Verbrennen von Kohle halte ich für den vorliegenden Zweck nicht für thunlich,
                              weil die so gewonnene Kohlensäure durch Stickstoffgas und unzersetzte atmosphärische
                              Luft so verdünnt ist, daß sie gewöhnlich nur 1/7 des Volumens ausmacht, und in
                              diesem Zustande so ausnehmend langsam von der ammoniakalischen Flüssigkeit absorbirt
                              wird, daß dadurch eine unerträgliche Verzögerung der Fabrication entstehen müßte. Da
                              ferner nur wenigen Fabriken die Gelegenheit geboten seyn wird, natürliche
                              Ausströmungen von Kohlensäure zu benutzen, so werde ich im Folgenden von der
                              Voraussetzung ausgehen, daß die Kohlensäure aus Salzsäure und Kalkstein gewonnen
                              werde. Da in allen Sodafabriken, die nach dem gewöhnlichen System arbeiten,
                              Salzsäure in solchen Quantitäten gewonnen wird, daß man wegen ihres Verkaufs oder
                              Verbrauchs oft in Verlegenheit sich befindet; da auch oft ein Theil der Salzsäure
                              durch die bestehende Methode der Condensation für andere Verwendungen zu schwach
                              ausfällt, so würde man diesen Ueberschuß sehr gut zur Kohlensäurebereitung verwenden
                              können, wie dieß ja auch schon häufig bei Bereitung von Bicarbonat auf gewöhnliche
                              Art geschieht.
                           
                        
                           
                           Nähere Betrachtung der einzelnen Operationen.
                           Zersetzung des Kochsalzes. Es eignet sich hierzu entweder
                              eine gesättigte Auflösung von fertigem fabricirtem Kochsalz oder Steinsalz, oder, wo
                              solche vorkommt, eine gesättigte Soole. Um ein reineres Product zu erhalten, ist es
                              nöthig, die Soole oder Salzlösung mit einer ganz kleinen Menge Soda zu versetzen,
                              wodurch Magnesia und Kalk gefällt werden. Da sich der Niederschlag außerordentlich
                              langsam absetzt, so ist es rathsam, ein Taylor'sches
                              Filtrum anzuwenden, wie solches bei der Zuckerraffinerie Anwendung findet. Die klare
                              Salzlösung wird nun in eine kleine Bleikammer gebracht, in welcher sie mit reinem
                              oder kohlensaurem Ammoniak geschwängert wird, welche beide in gasförmigem, also
                              möglichst wasserfreiem Zustande hinzugeleitet werden.
                           Das Mengenverhältniß zwischen Salz und Ammoniak ist keineswegs gleichgültig. Man
                              sollte auf den ersten Blick es für das Beste halten, sie zu gleichen Atomen, also
                              auf je 100 Gewichtstheile Salz 44 Theile reines Ammoniak anzuwenden; allein, und
                              hierin liegt ein wesentlicher Uebelstand, die Zersetzung (nach der Behandlung mit
                              Kohlensäure) erfolgt dann nur theilweise, und zwar zu etwa 2/3, so daß aus 100
                              Gewichtstheilen Salz nur etwa 105 (statt der theoretischen 158) Bicarbonat erfolgen.
                              Fügt man dagegen dem Salz nur die Hälfte der vorher angegebenen Menge Ammoniak
                              hinzu, oder mit anderen Worten, wendet man auf jedes Atom Ammoniak zwei Atome
                              Kochsalz an, so erfolgt die Zersetzung hinsichtlich des Ammoniaks vollständiger, und
                              zwar zu 4/5. Es entgeht aber dann über die Hälfte des Salzes der Zersetzung, welches
                              allerdings, wie schon oben gezeigt wurde, wiedergewonnen werden kann, dabei aber
                              jedenfalls Weitläufigkeiten veranlaßt. In Fällen also, wo der Preis des Salzes oder
                              der gesättigten Soole ein sehr niedriger ist, man also den Verlust von mehr als der
                              Hälfte nicht zu achten braucht, wird man zwar das letztere Verhältniß in Anwendung
                              bringen können, sonst aber jedenfalls das erstere von 100 Salz auf 44 Ammoniak
                              beizubehalten haben. Es ist wohl nicht zu bezweifeln, daß man bei einem Ueberschuß
                              voll Ammoniak dahin kommen könnte, die Zersetzung des Salzes ziemlich vollständig zu
                              erreichen, es würden aber beim Arbeiten mit so großen Mengen Ammoniaks die Verluste
                              desselben sich in gleichem Maaße steigern, weßhalb es, bei dem so großen
                              Preisunterschiede zwischen Salz und Salmiak, zweckmäßiger seyn wird, einen Antheil
                              Salz aufzuopfern, als die Menge des in Arbeit befindlichen Ammoniaks über Gebühr zu
                              vergrößern.
                           Nachdem nun die Salzlösung mit der erforderlichen Menge Ammoniak, sey dieses nun rein
                              oder kohlensauer, geschwängert worden, muß es der Behandlung mit Kohlensäure
                              unterworfen werden. Beim bloßen Hindurchleiten von kohlensaurem Gase wird dieses so
                              äußerst langsam aufgenommen, daß ein fabrikmäßiger Betrieb darauf wohl nicht zu
                              gründen wäre; selbst bei lebhafter Bewegung erfolgt, besonders gegen das Ende der
                              Sättigung, die Absorption der Kohlensäure ungemein langsam. Es würde daher wohl
                              unvermeidlich seyn, die Kohlensäure unter Druck mit der
                              Flüssigkeit in Berührung zu bringen, wie sich dieses auch bei meinen Versuchen im
                              Kleinen als äußerst wirksam bewahrt hat. Es wird sich dazu im Großen eine ähnliche
                              Einrichtung empfehlen, wie sie zur Anfertigung von kohlensäurehaltigen Wassern schon
                              längst in Gebrauch ist, nur würde der Apparat größer und von Gußeisen, im Innern mit
                              Blei ausgefüttert, auszuführen seyn.
                           Trennung des Bicarbonats von der Flüssigkeit. Das
                              doppelt-kohlensaure Natron scheidet sich in Gestalt eines feinen
                              krystallinischen Niederschlages aus, während allerdings ein kleiner Theil in
                              Auflösung verbleiben mag. Durch bloßes Filtriren die Trennung und Auswaschung zu
                              bewirken, würde sehr lange dauern, weil wegen der Feinheit des Niederschlages die
                              Flüssigkeit sehr langsam und unvollständig abfließt. Man würde daher zur
                              Beschleunigung zu künstlichen Mitteln seine Zuflucht nehmen müssen, unter welchen
                              eine Centrifugalmaschine oder ein Saugwerk (sogenannter Nutschapparat) sich am
                              besten eignen dürfte. Ich habe bei meinen Versuchen mich des letzteren bedient und
                              sehr rasche Wirkung erhalten. Da aber eine möglichst vollständige Entfernung des
                              Salmiaks als wichtige Bedingung vorliegt, so sind, nach dem Absaugen der ersten
                              Flüssigkeit, noch mehrmalige, etwa 4 Waschungen erforderlich, welche mit gesättigter
                              Bicarbonatlösung gemacht werden müssen und zwar am besten nach der Methode der
                              continuirlichen Auslaugung, in der Art also, daß man zur ersten Waschung die
                              Flüssigkeit verwendet, welche bei der vorhergehenden Operation zur zweiten Waschung
                              diente, u.s.f., und nur die letzte Waschung mit reiner Bicarbonatlösung verrichtet.
                              Die von der Luftpumpe aufgesogene Luft enthält eine geringe Menge kohlensauren
                              Ammoniaks, welche sich zwar leicht wiedergewinnen ließe, aber so gering ist, daß
                              sich die damit verbundenen Weitläufigkeiten kaum bezahlt machen dürften.
                           Das durch mehrmalige Waschungen ziemlich gereinigte Bicarbonat wird schließlich in
                              leinenen Säcken mit einer starken Schrauben-, oder besser hydraulischen
                              Presse gepreßt, welches vorzüglich leicht von Statten geht und es in Gestalt einer
                              fast trocknen, ganz harten Masse zurückläßt.
                           Wiedergewinnung des Ammoniaks. Es ist bereits oben
                              angeführt, daß nach der ursprünglichen Methode von Dyar
                              und Hemming
                               das Ammoniak im
                              kohlensauren Zustande wiedergewonnen werden soll, daß aber seine Wiedergewinnung im
                              reinen ätzenden Zustande bei weitem bequemer ist; ich werde daher dieses letztere
                              Verfahren zuerst anführen.
                           1) Gewinnung des Ammoniaks im reinen Zustande. Die auf dem Nutschapparat abgesogene
                              oder durch die Centrifugalmaschine gewonnene erste concentrirte Salmiaklösung,
                              welche auch noch eine gewisse Menge kohlensauren Ammoniaks enthält, wird in einer
                              eisernen Blase mit der nöthigen Menge zu Staub gelöschten Kalkes versetzt und bis
                              zur vollständigen Entfernung des Ammoniaks gekocht. Man leitet das übergehende
                              Ammoniakgas in einen mit Blei ausgefütterten geschlossenen Behälter, in welchen
                              vorher die Kochsalzlösung gebracht ist, und worin sich das Ammoniak verdichtet. Da
                              aber bei der Entwickelung des Ammoniaks aus der kochenden Flüssigkeit eine ziemlich
                              bedeutende Menge Wasser mit verdampft, welche eine nachtheilige Verdünnung der
                              Salzlösung zur Folge haben wurde, so ist es rathsam, nur einen Theil des Salzes als
                              Lösung, den anderen Theil in festem Zustande anzuwenden. Bei Verarbeitung von
                              gesättigter natürlicher Soole dagegen läßt sich ihre Verdünnung durch mit
                              übergehendes Wasser fast ganz vermeiden, wenn zwei Blasen
                              vorhanden, und in solcher Art verbunden sind, daß man, wie bei den neueren
                              Brenn-Apparaten, aus der einen in die andere destilliren kann. Bezeichnen wir
                              dieselben mit A und B. Zu
                              Anfang füllt man beide mit Salmiaklösung und Kalk, treibt das Ammoniak A in B über, entleert A, läßt den Inhalt von B
                              welcher nun die doppelte Menge Ammoniak enthält, in A
                              abfließen, füllt B mit neuer Flüssigkeit und beginnt
                              wieder mit der Destillation aus A. Jetzt aber läßt man
                              die erste Hälfte des Ammoniaks, welche fast wasserfrei entweicht, zu der Salzsoole
                              gelangen, die letztere Hälfte dagegen, welche viel Wasserdampf mitnimmt, in die
                              Blase B. Nach völliger Erschöpfung der Flüssigkeit in
                              A wird sie abgelassen, der Inhalt von B auf A gebracht, B neu gefüllt, u.s.f.
                           2) Gewinnung des Ammoniaks im kohlensauren Zustande. Zu diesem Ende ist die
                              salmiakhaltende Flüssigkeit entweder ganz zur Trockne, oder bis zur Krystallisation
                              des Salmiaks abzudampfen, der Salmiak mit der doppelten Gewichtsmenge Kreide oder
                              sehr fein gemahlenen Kalksteins zu mengen, und in eisernen Retorten bei gelinder
                              Glühhitze zu zersetzen. Da jedoch das rückständige Chlorcalcium in der Glühhitze
                              erweicht und nicht gut aus den Retorten zu entfernen seyn würde, so ist es rathsam,
                              eine dem Gewicht des Salmiaks gleiche Menge feuchten Thones zuzusehen, und aus
                              dieser Mischung von Salmiak, Kreide und Thon in einer Form kurze Cylinder zu
                              schlagen, deren Durchmesser um etwas geringer seyn muß, als jener der Retorten. Diese thonhaltigen
                              Kuchen erweichen nicht und sind nach beendigter Operation leicht aus den Retorten zu
                              entfernen.
                           Ich werde mich aber bei diesem Proceß der Wiedergewinnung des Ammoniaks im
                              kohlensauren Zustande nicht länger aushalten, weil er aus mehreren Gründen, theils
                              des bedeutenden Aufwandes an Brennmaterial und Arbeitslohn, theils eines
                              unvermeidlichen Verlustes von etwa 2 Proc. Ammoniak wegen, nicht empfehlenswerth
                              ist.
                           Nachdem nun also das Ammoniak wiedergewonnen und von der Salzlösung absorbirt worden,
                              fängt der Cyclus von vorn wieder an.
                           Stellt man über die wahrscheinliche Rentabilität der Fabrication von Bicarbonat und
                              von Soda nach der beschriebenen Methode eine Berechnung auf, so ergibt sich für Soda
                              ein ziemlich ungünstiges, für Bicarbonat dagegen ein günstiges Resultat.
                           A. Für Soda, eine tägliche
                              Production von 1000 Pfd. angenommen) in jährlich 300 Arbeitstagen.
                           
                              
                                 Zinsen eines Anlagecapitals von 30,000
                                    Rthlr.
                                               
                                    1200 Rthlr.
                                 
                              
                                 Amortisationsfonds
                                                 
                                    800    „
                                 
                              
                                 Reparaturkosten des Gebäudes
                                                 
                                    120    „
                                 
                              
                                 Abnutzung und Reparaturen der
                                    Apparate
                                               
                                    1800    „
                                 
                              
                                 Zinsen eines Betriebskapitals von 5000
                                    Rthlr.
                                                 
                                    200    „
                                 
                              
                                 Kochsalz, täglich 1650 Pfd., à 8 g Gr., pro Ctr.   
                                               
                                    1650    „
                                 
                              
                                 Salmiak
                                                 
                                    450    „
                                 
                              
                                 Kalkstein, à 1 gGr. pro Ctr.
                                                 
                                    250    „
                                 
                              
                                 Feuerung, täglich 30 Ctr., à 8 gGr.
                                               
                                    3000    „
                                 
                              
                                 Arbeitslohn, 12 Arbeiter à 12 gGr.
                                               
                                    1872    „
                                 
                              
                                 Werkführer
                                                 
                                    500    „
                                 
                              
                                 Erleuchtung
                                                 
                                    100    „
                                 
                              
                                 Fastage
                                                 
                                    500    „
                                 
                              
                                 Fuhrlohn
                                                 
                                    200    „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Summa 12,642 Rthlr.
                                 
                              
                           Gewonnen 3000 Ctr. Soda, welche sich demnach zu etwa 4 1/4 Rthlr. calculirt, wogegen
                              der jetzige Verkaufspreis zu 5 1/2 Rthlr. angenommen werden kann.
                           Es ist in dieser Rechnung die zur Bereitung der Kohlensäure nöthige Salzsäure aus
                              demselben oben angeführten Grunde nicht mit in Anschlag gebracht, aus welchem auch
                              Comptoir- und Handlungskosten nicht mit in Anschlag gebracht sind. Sollte die
                              Fabrication allein für sich betrieben und zu dem Ende die Salzsäure angekauft
                              werden, so würden täglich etwa 3000 Pfd. 15grädiger Säure nöthig seyn, welche, zu 8
                              gGr. veranschlagt, die
                              jährlichen Fabricationskosten um etwa 3000 Rthlr. erhöhen würden. Dazu noch
                              Comptoir- und Handlungskosten mit etwa 500 Rthlr. würde sich die gewonnene
                              Soda auf beinahe 5 1/2 Rthlr. calculiren, der Gewinn sich also auf 0 reduciren.
                           Günstiger berechnet sich die Fabrication von Bicarbonat, für welche jedoch des
                              geringeren Absatzes wegen die Fabrication in einem kleineren Maaßstabe stattfinden
                              müßte. Legen wir eine tägliche Production von 500 Pfd. zu Grunde, so würden sich die
                              Kosten etwa folgendermaßen vertheilen:
                           
                              
                                 Zinsen des Anlagecapitals von 20,000
                                    Rthlr.
                                               
                                    800 Rthlr.
                                 
                              
                                 
                                    
                                       Amortisationsfonds
                                       Amortisatisationsfonds
                                       
                                    
                                               
                                    533   „
                                 
                              
                                 Reparaturkosten des Gebäudes
                                                 
                                    80   „
                                 
                              
                                 Abnutzung der Apparate
                                             
                                    1000   „
                                 
                              
                                 Zinsen eines Betriebscapitals von 3000
                                    Rthlr.   
                                               
                                    120   „
                                 
                              
                                 Kochsalz, täglich 4 3/4 Ctr., à 8 gGr.
                                               
                                    475   „
                                 
                              
                                 Salmiak
                                               
                                    400   „
                                 
                              
                                 Kalkstein
                                               
                                    120   „
                                 
                              
                                 Feuerung, täglich 12 Ctr.
                                             
                                    1200   „
                                 
                              
                                 Arbeitslohn, 10 Arbeiter à 12 gGr.
                                             
                                    1500   „
                                 
                              
                                 Werkführer
                                               
                                    500   „
                                 
                              
                                 Erleuchtung
                                               
                                    100   „
                                 
                              
                                 Fastage
                                               
                                    300   „
                                 
                              
                                 Fuhrlohn
                                               
                                    100   „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Summa  7228 Rthlr.
                                 
                              
                           Gewonnen 1500 Ctr. Bicarbonat, welches sich demnach zu 4 Rthlr. 20 gGr. berechnet.
                              Müßte die zur Kohlensäurebereitung erforderliche Salzsäure angekauft werden, deren
                              Kosten sich auf etwa 1700 Rthlr. beliefen, so würden sich die Gestehungskosten des
                              Bicarbonats auf reichlich 6 Rthlr. calculiren; so daß, bei einem Verkaufspreis von 8
                              Rthlr., im ersten Fall ein Gewinn von 3 Rthlr. 4 gGr., im letzten Fall dagegen ein
                              Gewinn von 2 Rthlr. pro Ctr. verbleiben würde.
                           So günstig sich aber auch diese Berechnung herausstellt, so trage ich dennoch
                              Bedenken, die Fabrication des Bicarbonates nach dem beschriebenen Verfahren
                              unbedingt zu empfehlen, weil es noch sehr in Frage steht, ob nicht die gewöhnliche,
                              ohne Vergleich einfachere, mit höchst einfachen Apparaten und ganz ohne
                              Brennstoffverbrauch ausführbare Darstellung durch Behandlung von krystallisirter
                              Soda mit Kohlensäure den Vorzug verdient.