| Titel: | Ueber ein Verfahren zur Milchprüfung; von Joh. Michaelson, Fabrikant in Stockholm. | 
| Autor: | John Michaelson | 
| Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. XVI., S. 59 | 
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                        XVI.
                        Ueber ein Verfahren zur Milchprüfung; von
                           Joh. Michaelson, Fabrikant
                           in Stockholm.
                        Mit einer Abbildung.
                        Michaelson, über ein Verfahren zur Milchprüfung.
                        
                     
                        
                           Die gebräuchlichste Methode, die Milch zum polizeilichen Zweck oder für industrielle
                              und ökonomische Anwendungen auf ihre Güte zu prüfen, nämlich mittelst des Aräometers, kann kein zuverlässiges Resultat geben, weil
                              die Milch nicht bloß aus Wasser und Butterfett besteht, sondern überdieß Casein,
                              Albumin, Milchzucker, Salze etc., sämmtlich in wechselndem Verhältniß enthält. Man
                              mußte daher immer die chemische Analyse zu Hülfe nehmen, wenn es erforderlich war
                              die Bestandtheile derselben mit Genauigkeit zu erfahren.
                           Gegen letztere Untersuchungsweise wird der Einwand gemacht, daß die chemische Analyse
                              der Milch zu umständlich sey und zu viel Zeit erfordere, als daß sie zu den
                              erwähnten praktischen Zwecken eine Anwendung gestatte. Hierzu ist es aber offenbar
                              nicht nothwendig, jeden Bestandtheil der Milch zu bestimmen, sondern man kann sich
                              auf diejenigen beschränken, welche den Werth der Milch als Handelswaare bedingen,
                              indem man bloß genau ermittelt: 1) die Menge des in der Milch enthaltenen Wassers; 2) diejenige des Butterfettes, und 3) die Quantität der übrigen
                                 festen Bestandtheile zusammengenommen. Von dem Gehalt an Wasser und Fett
                              hängt hauptsächlich der Handelswerth der Milch ab; ersteres verringert, letzteres
                              erhöht denselben.
                           Von dieser Ansicht ausgehend, hat der Verfasser folgendes Verfahren zur Milchprüfung
                              ermittelt, welches so einfach ist, daß es in der kurzen Zeit von ein paar Stunden
                              ausgeführt werden kann.
                           Zur Bestimmung des Wassergehalts wiegt man von der zu
                              prüfenden Milch in einer kleinen Schale von Platin, Silber, oder auch von Porzellan,
                              5 Gramme ab, und vermischt, sie darin mit 30 Grm. sogenanntem Perlsand, einem in Form von abgerundeten Körnern im Handel vorkommenden
                              Quarzsand, worauf man die Schale in ein kochendes Bad von gesättigter Kochsalzlösung
                              setzt und den Inhalt unter vorsichtigem Umrühren mit einem Glasstabe vollkommen
                              eintrocknet. Der Sand erscheint schon nach kurzer Zeit trocken, man läßt aber
                              dessenungeachtet die Schale noch einige Zeit im Bade, und stellt sie dann in eine Trockenkammer, wo die
                              Temperatur 110° C. erreicht; man wägt sie einigemal mit ihrem Inhalt, indem
                              man sie jedesmal in die Trockenkammer zurückbringt, bis sie an Gewicht nichts mehr
                              verliert. Der Gewichtsverlust der Schale mit den 30 Grm. Sand entspricht dem Wasser,
                              welches die 5 Grm. Milch verloren haben; dieser Verlust, von den 5 Grm. Milch
                              abgezogen, ergibt deren Gehalt an festen Bestandtheilen. Betrug z.B. das Gewicht des
                              verdampften Wassers 4,384 Grm., so wiegt der Milchrückstand 0,616 Grm.; multiplicirt
                              man denselben mit 20, so erhält man den Gehalt der Milch in Procenten, nämlich:
                           
                              
                                   87,68
                                 Wasser,
                                 
                              
                                   12,32
                                 feste Bestandtheile
                                 
                              
                                 ––––––
                                 
                                 
                              
                                 100,00.
                                 
                                 
                              
                           Mittelst dieser einfachen Eintrocknungsmethode kann man sich durch vergleichende
                              Versuche genügend überzeugen, ob eine Milch mit Wasser verfälscht worden ist. Bei
                              der beschriebenen Operation hat der Zusatz von Sand den Zweck, einerseits die
                              Verdampfungsfläche der Milch zu vergrößern, wodurch das Eintrocknen derselben
                              rascher bewirkt wird, andererseits den Rückstand in einem zertheilten Zustande zu
                              erhalten, wobei ihn die Lösungsmittel sofort rasch angreifen. Zu demselben Zweck hat
                              Haidlen den Gyps, Brunner
                              die HolzkohleProf. Brunner empfiehlt in seiner neuesten Mittheilung über Milchprüfung
                                    (vorgetragen in der naturforschenden Gesellschaft zu Bern den 10. April
                                    1858, polytechn. Journal Bd. CXLVIII S.
                                       374) ebenfalls das Vermischen der abzudampfenden Milch mit Quarz,
                                    welcher gröblich zerstoßen und von dem feinen Pulver durch ein Sieb befreit
                                    worden ist. Er hat sich durch einen directen Versuch überzeugt, daß mittelst
                                    dieser Abdampfungsmethode (welche, die Wägungen mitgerechnet, in 25 Minuten
                                    ausführbar ist) 1/2 Procent Wasser in der Milch mit vollkommener Sicherheit
                                    bestimmt werden kann. – Die Anwendung der Wärme beim Ausziehen des
                                    Butterfettes mit Aether, nach Michaelson's
                                    Verfahren, beschleunigt offenbar diese Operation.A. d. Red. angewendet; der Verfasser glaubt aber, daß der besprochene Sand den Vorzug
                              verdient, weil er eine große Oberfläche darbietet ohne porös zu seyn, überdieß fast
                              in allen Lösungsmitteln unauflöslich, auch beim Verdampfen der Flüssigkeit ein
                              besserer Wärmeleiter ist. Vor seiner Anwendung muß man jedoch die feinsten Theile
                              von ihm absieben, den Staub vom Rückstand abwaschen, denselben mit destillirtem
                              Wasser nachwaschen und ihn dann trocknen.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 149, S. 61
                              Um das Butterfett auszuziehen, benutzt der Verfasser
                                 den in nebenstehender Figur abgebildeten Apparat. a
                                 ist eine kleine tubulirte Glasretorte mit abwärts gebogenem Hals; b ist eine Glasröhre von 2 Centim. Durchmesser und
                                 15 Centimet. Länge, unten in eine Spitze von 2 Millimeter lichtem Durchmesser
                                 ausgezogen.
                              
                           In die Röhre b wird der in der Abdampfschale gebliebene,
                              mit Perlsand gemengte Milchrückstand gebracht, nachdem man die Spitze dieser Röhre
                              zuvor mit Baumwolle lose verschlossen hat. Zum Reinigen der Schale benutzt man
                              Baumwolle, welche in Aether getaucht wurde, die man dann auf den Sand in der Röhre
                              einlegt. Man setzt nun in die Röhre einen Kork, durch welchen das abwärts gebogene
                              Ende der Retorte gesteckt wird. Nachdem die Retorte durch ihren Tubulus zur Hälfte
                              mit Aether gefüllt und wieder verschlossen worden ist, setzt man sie in warmes
                              Wasser. Der Aether tritt dann in die Röhre, kommt mit deren Inhalt sowohl in
                              flüssiger Gestalt als in Dampfform in Berührung und löst das Butterfett mit der
                              größten Leichtigkeit auf. Die ätherische Lösung desselben läuft an der unteren
                              Oeffnung der Röhre heraus und wird in einem darunter gestellten Glasstäschchen
                              gesammelt. Nachdem aller Aether übergegangen ist, entleert man den Inhalt dieses
                              Fläschchens in die Retorte, und beginnt die Destillation neuerdings. Auf diese Art
                              wiederholt man die Destillation (mit zeitweiser Ersetzung des durch Verdunstung
                              verlornen Aethers) 5 bis 7mal, überhaupt so lange, daß man überzeugt seyn kann alles
                              Butterfett ausgezogen zu haben. Durch dieses Verfahren ist das Butterfett in der
                              Retorte gesammelt worden. Es ist einleuchtend, daß die Extraction des Fettes auch
                              ohne Destillation des Aethers, bloß durch Filtration bewerkstelligt werden könnte,
                              aber hierbei wird mehr Aether verbraucht. Das in der Retorte gesammelte Fett gießt
                              man in ein gewogenes Becherglas, spült die Retorte mit Aether nach, und gießt diesen
                              ebenfalls in das Becherglas. Man verdunstet nun den fetthaltigen Aether im
                              Wasserbad, wobei man ein Aufkochen desselben vermeidet, um keinen Verlust an Fett zu
                              veranlassen. Wenn das zurückgebliebene Fett im Wasserbad keinen Gewichtsverlust mehr
                              erleidet, entspricht die Gewichtszunahme des Becherglases dem Gewicht des in 5 Grm.
                              der untersuchten Milch enthaltenen Butterfettes, und wenn man dieses von den mit dem Perlsand
                              gewogenen festen Bestandtheilen abzieht, so erhält man die Summe aller übrigen
                              festen Bestandtheile der Milch.
                           Die beschriebene Methode eignet sich eben so gut zur Untersuchung des Rahms, nur muß man wegen seines größern Fettgehalts
                              entweder die Menge des anzuwendenden Perlsandes verdoppeln oder statt 5 Grm. nur 2,5
                              Grm. Rahm zur Analyse anwenden. Beim Extrahiren des Fetts aus dem Rahm ist bisweilen
                              der zuerst aus der Röhre ablaufende Aether durch mitgerissene Sandtheilchen getrübt;
                              man filtrirt dann diesen Theil durch ein kleines Papierfilter, welches man in dem
                              Trichter anbringt, womit man den Aether in die Retorte zurückgießt. Sobald der
                              Aether klar aus der Röhre abläuft, stellt man ein anderes Gefäß unter dieselbe; das
                              Papierfilter aber bringt man über dem Sand auf die Baumwolle in die Röhre, damit
                              kein Fett darin zurückgehalten werden kann.
                           Die Quantität der zur Untersuchung verwendeten Milch muß der Empfindlichkeit der
                              verfügbaren Waage angemessen seyn; bei Anwendung von 5 Grm. Milch, wo 1/1000 = 5
                              Milligrammen, ist eine sehr empfindliche Waage nicht einmal nöthig.
                           Die Resultate der in der folgenden Tabelle ausgeführten Milchprüfungen wurden
                              mittelst der beschriebenen Methode erhalten:
                           
                              
                                 
                                   Nr. 1.
                                      2.
                                      3.
                                      4.
                                      5.
                                      6.
                                 
                              
                                 Wasser
                                   87,68
                                   87,65
                                   87,84
                                   87,74
                                   90,18
                                   60,46
                                 
                              
                                 Butterfett
                                     3,32
                                     3,31
                                     3,32
                                     3,30
                                     0,84
                                   32,66
                                 
                              
                                 übrige feste Bestandtheile   
                                     9,00
                                     9,04
                                     8,84
                                     8,96
                                     8,98
                                     6,88
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00   
                                 100,00   
                                 100,00   
                                 100,00   
                                 100,00   
                                 100,00
                                 
                              
                           Nr. 1 und 2 ist das Resultat der Prüfung einer und derselben Milchpartie vom Landgute
                              „Enskede“ bei Stockholm.
                           Nr. 3 ist süße Milch von demselben Landgute, einige Tage später erhalten.
                           Nr. 4 ist Milch aus einem Kuhstall in Stockholm, unmittelbar nach dem Melken zur
                              Prüfung verwendet.
                           Nr. 5 ist dieselbe Sorte wie Nr. 3, aber nach dem Abrahmen untersucht.
                           Nr. 6 ist Rahm von „Enskede“, von ungewöhnlich fetter
                              Beschaffenheit (für die königliche Küche bestimmt).
                           Stockholm, den 25. Mai 1858.