| Titel: | Bestimmung der Salpetersäure; von Prof. R. Fresenius. | 
| Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. LVI., S. 188 | 
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                        LVI.
                        Bestimmung der Salpetersäure; von Prof. R. Fresenius.
                        Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, 1858, Bd. CVI S.
                              217.
                        Fresenius, Bestimmung der Salpetersäure.
                        
                     
                        
                           Die Methode von Pelouze
                              Comptes rendus t. XXIV p. 209; polytechn. Journal Bd.
                                       CIV S. 111. zur Bestimmung der Salpetersäure gibt, wenn man sie mit aller Sorgfalt nach
                              der gegebenen Vorschrift ausführt, zuweilen gute, zuweilen unrichtige, nie ganz
                              zuverlässige Resultate. Hierin stimmen alle überein, welche sich kritisch mit dem
                              genannten Verfahren beschäftigt haben, vergl. Fr. Mohr,Lehrbuch der Titrirmethode Bd. I. S. 216.
                              Abel und Bloram.Quart. Journ. of the Chem. Soc. t. IX p. 97,
                                    polytechnisches Journal Bd. CXLIII. S.
                                       282. Auch die vielfachen in meinem Laboratorium angestellten Versuche hatten mich
                              längst zu denselben Resultaten geführt.
                           Als Gründe der mangelhaften Genauigkeit sind folgende zu nennen:
                           a. Vor Allem Einwirkung von Luft auf das in dem Kolben
                              neben Wasserdampf vorhandene Stickoxydgas, wodurch Salpetersäure regenerirt
                              wird.
                           b. Nicht vollständiges Austreiben des Stickoxyds aus der
                              Flüssigkeit, wodurch sie mehr Chamäleonlösung reducirt, als ihrem Eisenoxydulgehalte
                              entspricht – ein Umstand, der nur bei verdünnten Lösungen zu befürchten
                              ist.
                           c. Entweichen von Salpetersäure, bevor sie auf das
                              Eisenchlorür eingewirkt hat; bei sehr raschem Kochen der Flüssigkeit nach Zusatz des
                              salpetersauren Salzes und bei relativ geringem Ueberschuß an Eisenchlorür zu
                              besorgen.
                           d. Wohl auch zuweilen Verlust an Eisen bei
                              unvorsichtigem Kochen; namentlich dann zu befürchten, wenn ein Theil des
                              Eisenchlorürs und Eisenchlorids sich oberhalb der Flüssigkeit in fester Gestalt
                              absetzt.
                           Es ist mir jetzt gelungen, die Ausführung des Pelouze'schen Verfahrens so wesentlich zu modificiren, daß alle diese
                              Fehlerquellen vermieden und Resultate erlangt werden, die in Betreff ihrer
                              Zuverlässigkeit und Genauigkeit vollkommen befriedigend sind.
                           Man nehme eine tubulirte Retorte von etwa 200 Kubik-Centimeter Inhalt mit
                              langem Halse und spanne sie so ein, daß letzterer ein wenig schräg aufwärts gerichtet ist.
                              Man bringe in ihren Bauch etwa 1,5 Grm. feinen Clavierdraht (genau abgewogen) und
                              setze etwa 30 bis 40 Kubikcent. reine rauchende Salzsäure zu. Man leite jetzt durch
                              den Tubulus, mittelst einer nur etwa 2 Centimeter in die Retorte reichenden
                              Glasröhre, durch Kalilauge gewaschenes Wasserstoffgas ein und verbinde den Hals der
                              Retorte mit einem U-förmigen, etwas Wasser enthaltenden Rohre. Den Bauch der
                              Retorte setze man auf ein Wasserbad und erhitze gelinde bis zu erfolgter Lösung des
                              Eisens. Man lasse jetzt im Wasserstoffstrome erkalten, verstärke letzteren und werfe
                              durch den Hals der Retorte das in einem kleinen Röhrchen abgewogene salpetersaure
                              Salz (dessen Menge so zu berechnen ist, daß darin nicht mehr als etwa 0,200 Grm.
                              Salpetersäure enthalten ist) sammt dem Röhrchen in den Bauch der Retorte. Nachdem
                              die Verbindung des Halses mit dem U-förmigen Rohre hergestellt ist, erhitze
                              man den Inhalt der Retorte im Wasserbade etwa 1/4 Stunde, entferne alsdann das
                              Wasserbad, erhitze nunmehr mit der Lampe zum wallenden Kochen, bis die durch das
                              absorbirte Stickoxydgas dunkel gefärbte Lösung die Farbe des Eisenchlorids
                              angenommen hat, und setze auch nach Erreichung dieses Punktes das Kochen noch einige
                              Minuten fort. Hierbei ist zu beachten, daß man durch jeweiliges Umschütteln Sorge
                              tragen muß, daß sich an der Retortenwandung nirgends trockenes Salz absetze. Bevor
                              man mit dem Kochen aufhört, verstärke man den Strom des Wasserstoffgases, auf daß
                              nicht beim Wegnehmen der Lampe durch das U-förmige Rohr Luft eintrete. Man
                              läßt im Wasserstoffstrome erkalten, verdünnt mit Wasser stark und bestimmt endlich
                              das noch als Oxydul vorhandene Eisen mit Chamäleonlösung.
                           Nach diesem Verfahren sind die folgenden Bestimmungen ausgeführt worden:
                           
                              
                                 
                                      1.
                                      2.
                                      3.
                                       
                                    4.
                                 
                              
                                 In die Retorte eingebrachtes Eisen
                                 1,1223
                                 1,5950   
                                 1,4403   
                                 1,3722
                                 
                              
                                 Grm. In die Retorte eingebrachter
                                    Salpeter
                                 0,3742
                                 0,2693
                                 0,2585
                                 0,2454 Grm.
                                 
                              
                                 Beim Zurücktitriren verbrauchte
                                    Chamäleonlösung   
                                 62,35
                                 78,05
                                 68,75
                                 65,45 Kub.-Ct.
                                 
                              
                                 100 Chamäleonlösung entsprachen
                                    Eisen
                                 0,8010   
                                 1,470
                                 1,476
                                 1,470 Grm.
                                 
                              
                           Statt 100 Salpeter lieferten die Versuche:
                           
                              
                                     1.
                                      2.
                                      3.
                                      4.
                                 
                              
                                 100,1     
                                 100,03     
                                 100,03     
                                 100,57
                                 
                              
                           
                           Man kann sich somit dieser Methode mit vollkommenster Beruhigung bedienen. Daß sie
                              nur dann anwendbar ist, wenn organische Materien nicht zugegen sind, liegt auf der
                              Hand.