| Titel: | Verbesserung in der Herstellung von Oelanstrichen; von O. Heumann, Apotheker in Oberramstadt. | 
| Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. LX., S. 200 | 
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                        LX.
                        Verbesserung in der Herstellung von
                           Oelanstrichen; von O.
                              Heumann, Apotheker in Oberramstadt.
                        Aus dem Gewerbeblatt für das Großherzogthum Hessen, 1858,
                              Nr. 9.
                        Heumann's Verbesserung in der Herstellung von
                           Oelanstrichen.
                        
                     
                        
                           Hr. Dorange in Joigny hat folgende Composition angegeben,
                              welche die der Gesundheit des Arbeiters nachtheilige Verwendung des Terpenthinöls
                              als Siccativzusatz beseitigen und gleichzeitig allen technischen Anforderungen
                              entsprechen soll.
                           
                           
                              
                                 Zinkweiß
                                   50 Th.
                                 
                              
                                 Leinöl
                                   20  „
                                 
                              
                                 Flandrischer Leim
                                   10  „
                                 
                              
                                 Essig
                                   10  „
                                 
                              
                                 Siccativ (Siccatif
                                       zumatique)   
                                     8  „
                                 
                              
                                 Fettes Oel
                                     2  „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 100 Th.
                                 
                              
                           Diese Composition enthält demnach in dem mittelst Essig flüssig gemachten Leim einen
                              in Wasser löslichen Bestandtheil, der in den übrigen nicht löslichen Stoffen durch
                              Zusammenreiben hauptsächlich nur mechanisch vertheilt, und als Bindemittel
                              theilweise geeignet ist, nach dem Trocknen des Anstrichs eine fürs Auge gleichmäßige
                              und scheinbar dauerhafte Fläche darzustellen.
                           Nach dem Urtheile erfahrener Techniker aber läßt ein Gehalt an in Wasser löslichen
                              Substanzen die allgemeine Anwendung der vorgeschlagenen Composition nicht räthlich
                              erscheinen, und wenn wir bedenken, daß Oelanstriche in den meisten Fällen der
                              Einwirkung des Wassers, namentlich dem Reinigen vermittelst Bürste und Seife, auf
                              längere Zeit widerstehen sollen, wird die Verwendung jener Mischung sogar nur eine
                              sehr beschränkte seyn dürfen. Man wird ohne besondere Erfahrung in dieser Hinsicht
                              annehmen können, daß diejenigen Anstriche, welche nur Oel als Bindemittel enthalten,
                              unter allen dem Reinigungsverfahren unterworfenen Anstrichen am längsten Widerstand
                              leisten.
                           Im vorigen Jahre hat der Verfasser bereits auf privatem Wege einzelnen der
                              betreffenden Gewerbtreibenden ein Verfahren in Vorschlag gebracht, welches einen
                              reinen Oelanstrich zuläßt, ohne zu dem Terpenthinöl als Siccativmittel seine
                              Zuflucht nehmen zu müssen, und welches dennoch in einem Tage einen vollständig
                              erhärtenden und glänzenden Anstrich liefert. Er nimmt nun Veranlassung, namentlich
                              in Bezug auf die möglichste Beseitigung des durch die Verdunstung lästigen
                              Terpenthinöls, auf diesem Wege nochmals das hier erwähnte Verfahren zu empfehlen und
                              in Nachstehendem zu erläutern.
                           Wir besitzen in neuerer Zeit in dem auf chemischem Wege dargestellten
                              Manganoxydhydrat das bequemste Mittel, dem Leinöl in kürzester Zeit, in 1/4 bis 1
                              Stunde, mit geringerem Kostenaufwande als bei Verwendung der bekannten Siccative,
                              und sicherer wie durch diese, die Eigenschaft zu geben, in einem Tage, für sich oder
                              als Bindemittel für die meisten Farben in Anstrich vollständig und dauerhaft zu
                              erhärten. Dieß wird durch die Beachtung der folgenden Vorschrift erreicht:
                           
                           Zu einem Maaß Leinöl füge man ein halbes Loth des erwähnten Manganoxydhydrats,
                              erhitze die Mischung in einem Kessel unter bisweiligem Aufrühren (am besten
                              vermittelst eines eisernen Schaumlöffels) bis zum schwachen Rauchen des Oels und
                              erhalte es in dieser Temperatur 1/4 bis 1/2 Stunde hindurch. Beginnt zu dieser Zeit
                              das Oel sich zu bräunen, so wird alsbald die Feuerung unterbrochen und das Oel in
                              Ruhe erkalten lassen, wobei die kleine Menge des zugesetzten Pulvers sich zu Boden
                              setzt. Mit dem abgegossenen klaren Oele werden alsdann die Farben angerieben, der
                              geringe braune Bodensatz kann zu dunkeln Farben noch verwendet werden.
                           Die auf diese Art präparirten Farben werden jedoch, wenn sie nicht alsbald zum
                              Verbrauch kommen, nach tagelangem Stehen in offenen Gefäßen zu zähe, und es ist
                              deßhalb für das Präpariren in Masse räthlich, die Farben auf dem Stein mit
                              gewöhnlichem Leinöl anzureiben und ihnen alsdann für den Anstrich die erforderliche
                              Menge des auf obige Art vorbereiteten Oels zuzumischen. Das Erhärten wird zwar
                              hierbei etwas langsamer, namentlich in nicht luftigen Räumen, vor sich gehen; doch
                              hat die Erfahrung erwiesen, daß auch dann noch von einem Morgen zum andern der
                              Anstrich getrocknet ist.
                           Wird das Erhitzen des Oels etwas länger, als in obiger Vorschrift angegeben, und um
                              das Braunwerden zu vermeiden, bei nicht zu hoch gesteigerter Temperatur fortgesetzt,
                              oder auch das nach der Vorschrift behandelte Oel in offenen Gefäßen einige Wochen
                              sich selbst überlassen, so erhält es eine Konsistenz, welche es zur Verwendung als
                              schnell erhärtender Firniß ohne Terpenthinölzusatz
                              tauglich macht. Auch ist die Erhärtung dieses Oelfirnisses in kurzer Zeit so
                              vollständig, daß er geschliffen werden kann, weßhalb er für alle Lackirarbeiten
                              ebenfalls zu empfehlen ist.
                           Die üblichen Zusätze von Bleiglätte und Bleizucker zu den Farben, sowie die
                              Terpenthinöl haltenden Siccativmittel, werden nach diesem Verfahren für alle Farben
                              entbehrlich, mit Ausnahme der Kasseler Erde, wegen ihres Gehalts an bituminösen
                              Stoffen, und des nicht vollständig ausgeglühten Kienrußes, wegen der demselben
                              anhängenden empyreumatischen Körper. Für die immer allgemeiner werdenden
                              Zinkweißanstriche aber ist die vorgeschlagene Behandlung des Oels mit größtem
                              Vortheil anwendbar und verdient in dieser Hinsicht noch ganz besondere
                              Aufmerksamkeit.
                           Aus dem größten Theil der Weißbinderarbeit läßt sich hiernach das Terpenthinöl
                              entfernen, doch wird es noch zur Zeit bei der Anfertigung matter Anstriche, wenn sie rein
                              in Oel ausgeführt werden sollen, nicht entbehrlich seyn, und zur vollständigen
                              Ausnutzung der Farbmaterialien, namentlich zum Verdünnen zu zähe gewordener Farben,
                              wegen seiner Dünnflüssigkeit und großen Lösungsfähigkeit, aus den Werkstätten nicht
                              ganz verbannt werden können. Mit der Beschränkung auf dieses ist jedoch die
                              Gesundheit der Arbeiter während des größeren Theiles ihres Tagwerks seinem
                              schädlichen Einflüsse nicht ausgesetzt.
                           Die Ausführung des vorgeschlagenen Verfahrens möglich zu machen, beschäftigt der
                              Verfasser sich seit längerer Zeit mit der Darstellung des Manganoxydhydrats, und ist
                              erbötig, Bedarf und Proben in jedem beliebigen Quantum durch die Post zu versenden.
                              Ebenso kann ein damit gekochtes Oel, per Schoppen um 2
                              Kr. über den Tagespreis des Leinöls, von ihm bezogen werden.
                           Wenn der Verf. diese Verbesserung in Anfertigung von Oelanstrichen zur allgemeinen
                              Annahme empfiehlt, so beruft er sich nicht bloß auf die von ihm angestellten
                              Versuche, vielmehr steht ihr die Erfahrung des Weißbindermeisters Georg Frank in Darmstadt zur Seite, welcher bereits in
                              größerem Maaßstabe das Verfahren erprobt und sich mit Vortheil angeeignet hat.