| Titel: | Einiges über Photogen- und Paraffin-Fabrication, sowie über den gegenwärtigen Stand der betreffenden Fabriken; von C. Sprengel. | 
| Autor: | C. Sprengel | 
| Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. LXVII., S. 221 | 
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                        LXVII.
                        Einiges über Photogen- und
                           Paraffin-Fabrication, sowie über den gegenwärtigen Stand der betreffenden
                           Fabriken; von C.
                              Sprengel.
                        Sprengel, über Photogen- und Paraffin-Fabrication,
                           sowie über den gegenwärtigen Stand der betreffenden Fabriken.
                        
                     
                        
                           Von vielen Seiten hört man noch laute Klagen über den penetranten, fast narcotischen
                              Geruch und die damit im Zusammenhang stehende schlechte, dunkle Farbe des Photogens.
                              Die meisten Fabrikanten glauben, daß der Abstand ihres mangelhaften Erzeugnisses von
                              den besseren Anderer in der Verschiedenheit der angewendeten Rohmaterialien liege
                              und nicht zu beseitigen sey. Ebenso ist es mit der Leichtschmelzbarkeit des
                              Paraffins; den Grund der Unvollkommenheit beider Fabricate hat man aber ganz wo
                              anders zu suchen.
                           Der Verfasser hat seit fünf Jahren diesem Fabricationszweige seine ganze Thätigkeit
                              gewidmet, und obgleich er mit von Natur höchst verschiedenen Rohmaterialien
                              gearbeitet hat, dennoch Photogen, Paraffin u.s.w. als Handelsproducte geliefert,
                              welche an Schönheit einander gleich waren. Auch bot sich demselben häufig
                              Gelegenheit als Besucher und auch als Consulent in verschiedenen
                              Photogen-Fabriken Eingang zu finden, wo er dann in den meisten Fällen die
                              Erzeugung schlechter Fabricate der mangelhaften Construction der angewendeten
                              Apparate zuschreiben mußte. Es ist dieß ein Fehler der Neuzeit – denn
                              meistens sind derartige Anlagen nach den Mittheilungen in Journalen von Theoretikern
                              ohne praktischen Sinn angelegt worden.
                           Ueberdieß sind diese Anlagen durchweg viel zu theuer gebaut, so daß dieser Umstand
                              schon wesentlich bei der Rentabilität des Unternehmens mitspricht. Ebenso drückend
                              für das Gedeihen des Werkes ist bei billigem, an Bitumen armen und in großen Mengen
                              vorkommenden Rohmaterial die Anwendung der kostspieligen, eisernen Retorten wegen
                              ihrer enormen Abnutzung und der vielen Bedienungsmannschaften, welche solche
                              benöthigen.
                           Meines Erachtens müssen Fabriken, welche arme, massenhaft vorkommende und daher
                              billige Materialien verarbeiten, sich großer Oefen bedienen, die es möglich machen,
                              kolossale Mengen in kurzer Zeit mit geringem Aufwand an Arbeiterkräften zu
                              enttheeren.
                           Außer den genannten Uebelständen ist ein wesentlicher noch der, daß nicht sämmtliche
                              erzeugte Producte (die schwersten Oele) eine Verwerthung gefunden haben.
                           Mir ist es vor kurzer Zeit gelungen durch Verseifung eines Oeles von 0,940 spec.
                              Gewicht eine ganz dickflüssige Schmiere zu erhalten, der in Bezug auf die Fettigkeit
                              beim Anfühlen von keinem andern Schmiermaterial der Rang streitig gemacht werden
                              kann.
                           Um das Paraffin für die Kerzenfabrication tauglich zu machen, ist es von der größten
                              Wichtigkeit, dasselbe durch mechanische Vorrichtungen möglichst zu entölen. Alsdann
                              sehe ich 15 Proc. Schwefelsäure, dem Gewichte nach, hinzu und digerire die Masse
                              unter fleißiger mechanischer Umrührung längere Zeit. Sodann überlasse ich die
                              Mischung der Ruhe, decantire die Säure vom Paraffin und verseife letzteres, nach
                              Befreiung von den letzten Antheilen der Säure, mit Aetznatronlauge von 10°
                              Baums. Aus dieser seifenähnlichen Masse scheide ich das Paraffin heraus, welches nun
                              nach zwei bis dreimaliger Waschung mit angesäuertem Wasser zum Vergießen fertig
                              ist.
                           Den Theer bringe ich auf die Blase, woselbst er auch entwässert wird; ziehe das
                              leichte Oel im Durchschnitt von 0,830 spec. Gewicht mittelst Dampf und schwacher
                              Unterfeuerung ab. Das schwere Oel wird ohne Beihülfe des Dampfes übergetrieben und
                              für sich aufbewahrt.
                           
                           Ebenso die Paraffinmasse, welche in einem guten Keller in eigens construirten Kästen
                              zur Krystallisation gebracht wird.
                           Um den Unannehmlichkeiten des Uebersteigens und der Verschwendung an Heizmaterial zu
                              entgehen, habe ich die Blasen so construirt, daß das condensirte, sich während der
                              Destillation abscheidende Wasser, stets von der Feuerberührungsfläche Abfluß
                              findet.
                           Das rohe Theeröl von 0,830 spec. Gewicht behandle ich mit 2 Proc. Schwefelsäure,
                              hernach mit Aetznatron und endlich mit wenig Salpetersäure und rectificire es dann
                              mittelst direct einströmenden Dampfes. Das erhaltene Destillat hat ein specifisches
                              Gewicht von 0,820, ist von wasserheller Farbe und fast geruchlos.
                           Das schwere Oel wird auf ähnliche Weise wie das leichte behandelt, auf die Blase
                              gebracht und mit directem Feuer und Dampf das leichtere Oel von etwa 0,860
                              Durchschnittsgewicht durch fractionirte Destillation getrennt. Dieß gibt das
                              beliebte Solaröl. Der Rest des schweren Oeles wird ohne Dampf übergetrieben und auf
                              Schmiere verarbeitet.
                           Ich ziehe es vor, die Destillationen nicht bis zur Trockniß zu treiben, da einmal die
                              Destillirgefäße darunter leiden und der Rest des übergehenden Paraffins in Folge der
                              theilweisen Zersetzung sich schwierig reinigen läßt. Deßhalb ziehe ich die Reste aus
                              den Blasen ab und verarbeite sie in einer besonderen Blase auf Asphalt, wobei das
                              schwere Oel und Paraffin dennoch gewonnen wird.
                           Zeitz, im Juli 1858.