| Titel: | Ueber verschiedene Sorten von Ultramarin und deren Verwendung zum Ultramarindruck auf wollene und baumwollene Gewebe, Papier etc.; von O. P. Meister in Chemnitz. | 
| Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. LXXXVII., S. 291 | 
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                        LXXXVII.
                        Ueber verschiedene Sorten von Ultramarin und
                           deren Verwendung zum Ultramarindruck auf wollene und baumwollene Gewebe, Papier etc.;
                           von O. P. Meister in
                           Chemnitz.
                        Aus der deutschen Gewerbezeitung, 1858 S.
                              272.
                        Meister, über verschiedene Sorten von Ultramarin und deren
                           Verwendung zum Ultramarindruck auf wollene und baumwollene Gewebe etc.
                        
                     
                        
                           Die hierorts am meisten gebrauchten Sorten von blauem Ultramarin waren das Ultramarin
                              aus der Nürnberger Fabrik und das der Meißner Porzellanfabrik. Während das erstere
                              eine unbestritten schönere blaue Farbe mit rothem Scheine hat, als das doch etwas
                              grünlichen Schein zeigende Meißner, trug letzteres durch viel feinere Mahlung,
                              größere Vertheilbarkeit und Deckkraft den Sieg davon, zumal da es sich leichter
                              suspendirt, in der Druckfarbe schwebend bleibt und sich weder auf die Druckform noch
                              auf die Walze auflegt. Ist die Farbe hart und riesch, so legt sich das Ultramarin
                              nicht allein auf und verschmiert die Gravure, sondern es ruinirt auch die Walze und
                              die Rakel, indem es Scharten erzeugt. In neuerer Zeit hat sich aber das Ultramarin
                              von Bartels und Mohrhardt in
                              Coburg als Rival geltend gemacht und großen Eingang gefunden, weil es alle Vorzüge
                              des Meißner in Bezug auf Feinheit und Verwendbarkeit zum Druck und zur Appretur
                              besitzt, aber von viel schönerem Blau und noch größerer Vertheilbarkeit ist. Für den
                              Druckfabrikanten und Appreteur ist es von großer Wichtigkeit zu wissen, wie groß die
                              Vertheilbarkeit und die Deckkraft eines Ultramarins ist, und sollte dieses
                              Gegenstand der sorgfältigsten Beobachtung der Coloristen seyn. Denn je feiner und
                              vertheilbarer ein Ultramarin ist, desto mehr deckt es und desto weniger braucht man
                              zu einer bestimmten Farbennüance. Dieser Umstand wirkt aber nicht allein auf den
                              Geldbeutel des Fabrikanten, sondern auch auf die Qualität des Fabricates ein. Je
                              mehr Ultramarin man zu einer Farbe nimmt oder nehmen muß, desto härter und erhabener
                              tritt der Druck hervor, und dieses ist ein starker Fehler. Je gröber das Ultramarin
                              ist, desto mehr brauchen die Bleicher und Appreteure zum Bläuen der Waare, desto
                              leichter erhalten sie Streifen. Beim Bläuen mit Ultramarin rathe ich die
                              wohlentsäuerte Waare in die Blauflüssigkeit zu bringen,
                              welche man darstellt, indem man das Ultramarin mit dem gleichen Gewicht weißer Seife
                              und dem vierfachen Gewicht warmen Wassers zusammen in eine Flasche gibt, darin gut
                              suspendirt, und durch Umschütteln mischt, hernach über den Hals der Flasche einen
                              feinen Kattunlappen bindet und dann mit dieser so zugebundenen Flasche so lange in
                              dem Wasser herumfährt, bis es die gewünschte Farben-Nüance hat. Wenn man so
                              verfährt, wird man nie Streifen oder Flecken erhalten.
                           Säure darf nie in dem Wasser enthalten seyn, sonst
                              zersetzt sich das Ultramarin, entwickelt Schwefelwasserstoff und die Waare wird
                              nicht blau, sondern gelbgrün.
                           Man darf deßhalb die Bleichwaare nie aus dem Säurebade, sondern nur aus dem
                              Seifen- oder Laugenbade bläuen.
                           Wollene Waaren, die aus der Schwefelkammer stets noch schweflige Säure enthalten,
                              müssen, dafern sie auf dem Lager weiß bleiben sollen, nach dem Schwefeln nochmals
                              durch Seifenwasser gezogen und dann erst gebläut werden. Sofern sie aber später
                              bedruckt werden sollen, also keine Fett- und Seifentheile enthalten dürfen,
                              thut man wohl, wenn man sie zuvor durch ein Wasser zieht, worin 1 Pfd. kohlensaure
                              Magnesia (per Ctr. 20–25 Thlr.) auf 100 Liter Wasser enthalten ist. Ebenso
                              rathe ich der Stärke, dem Leim oder Gummiwasser etwas kohlensaure Magnesia
                              zuzusetzen, um die Säure abzustumpfen oder das Sauerwerden zu verhindern. Mit saurer
                              Stärke oder Appreturmasse kann man nie ein schönes Blau erhalten.
                           Auch hier ist bei den verschiedenen Ultramarinsorten des Handels ein großer
                              Unterschied. Es wird zwar jedes Ultramarin von Säuren zersetzt, vermöge seiner
                              chemischen Constitution aber zersetzt sich ein Ultramarin leichter als das andere, und auch hier ist das Coburger Ultramarin
                              dasjenige, welches am längsten Widerstand leistet. Man versucht das am besten, wenn
                              man eine Auflösung von 1 Theil Alaun in 10 Theilen Wasser mit dem Ultramarin
                              vermengt, in einem Cylindergläschen stehen läßt und die Zeit abmißt, während welcher
                              die Farbe verschwindet. Coburger Ultramarin hält 14 Tage ehe es verschwindet.
                              – Das ist auch der Grund, warum so manches an und für sich schöne Ultramarin
                              von dem Einen verbraucht
                              und von dem Andern getadelt wird. „Es steht nicht im Dampf“
                              sagt man. Im Dampfrohr entwickelt sich immer Säure, namentlich bei Wollfarben, und
                              diese zersetzt das Ultramarin, falls es nicht eine große Widerstandsfähigkeit gegen
                              Säure besitzt. – Ebenso häufig kommt es vor, daß das daneben gedruckte
                              Hellroth, oder Rosa namentlich, das Ultramarin-Dessin vermöge des Gehaltes
                              von Zuckersäure, Kleesalz oder Alaun wegbeizt, was sehr schlecht aussteht. –
                              Kann man sich nicht in der Gravure helfen, so ist es vorzuziehen, der
                              Ultramarinfarbe etwas Kalk zuzusetzen. Dieß rathe ich überhaupt den
                              Wolldruckfabrikanten. – Alle Eiweißfarben halten auf Wolle schlechter als auf
                              Baumwolle. Das kommt einerseits von der Fettigkeit, andererseits von dem
                              Zusammenziehen der Wolle während des Dämpfens her. Das Albumin zerreißt und läßt
                              sich leicht losreiben. Der Kalk corrodirt die Wolle, löst sie ein wenig auf und
                              kittet so die Wolle und das verwendete Eiweiß zu einem Körper zusammen, der sich
                              weder im Wasser löst, noch sonst leicht herunter geht, während sonst Ultramarindruck
                              auf Wolle selbst das leiseste Waschen mit Seife nicht verträgt, auch schon durch das
                              bloße Tragen der Tücher etwas losgeht. Jedoch kann dieser Kalkzusatz nicht ohne
                              weiteres geschehen; man muß nämlich Zucker und gelöschten Kalk zu gleichen Theilen
                              zusammenreiben, dann mit dem vierfachen Gewicht Wasser vermengen, einen Tag unter
                              Umrühren stehen lassen und die helle Lösung zur Albuminlösung setzen, so daß 1 Loth
                              Kalk auf 1 Liter Albuminverdickung kommt. Bloßer Alaun jedoch schadet dem Coburger
                              Ultramarin, wie gezeigt, nicht, so daß beim Bläuen der Papiermasse im Holländer
                              durchaus kein Zusatz nöthig ist, auch kann es vermöge seines rothen Tones ohne jeden weiteren Zusatz von Cochenille und dergl. zum
                              Bläuen verwendet werden.
                           Die Feinheit der Ultramarinsorten, von der übrigens auch außer den bereits
                              angeführten Vortheilen die Möglichkeit zu glätten abhängig ist, probirt man am
                              besten durch Abreiben mit kohlensaurer Magnesia. Man nehme von dem zu prüfenden
                              Ultramarin 1 Gewichtstheil und verreibe es mindestens 10 Minuten lang mit 1
                              Gewichtstheil kohlensaurer Magnesia, um eine möglichst innige Vertheilung
                              hervorzubringen. Dieses Gemisch verreibe man wieder mit 1, 2, 3 u.s.f.
                              Gewichtstheilen Magnesia und man wird sehr bald sehen welche Ultramarinsorte am
                              besten ist. Diejenige welche am meisten färbt, ist am feinsten zertheilt, deckt am
                              meisten, und so hat man sogleich eine Werthscala an dieser Probe.
                           Unter den Sorten der Coburger Fabrik sind es die Sorten F.
                                 F. und A. F. für Baumwoll- und Wolldruck
                              und P. F. für Papierfabrication, Bleicherei und
                              Appreturanstalten, welche in Bezug auf Preis und Qualität bestens empfohlen werden
                              können.
                           Zum Schluß will ich noch Einiges über die Zubereitung der Farbe selbst und deren
                              Zusammensetzung sagen, da doch darin noch mehrfache Unsicherheit herrscht.
                           Man thut wohl, wenn man dem Ultramarin etwas Copaivabalsam oder weißes Baumöl
                              zusetzt, es mit demselben abreibt und es erst dann zu der Albuminlösung mischt, weil
                              durch das Oel das Ultramarin eine tiefere Farbe erhält. Man spart an Ultramarin,
                              während andererseits das mit Copaivabalsam oder Oel abgeriebene Ultramarin die Walze
                              und Rakel durchaus nicht mehr angreift, gegen Säuren unempfindlicher wird und eine
                              weichere Farbe gibt. Diese Vortheile treten nicht ein, wenn man das Oel der
                              Albuminverdickung selbst zusetzt, außerdem bildet dann auch das Oel noch mit der
                              Albumin- oder Gummiauflösung eine Milch und das macht, daß man (weißere)
                              hellere Farben erhält, also mehr Ultramarin braucht. – Das Oel, oder besser
                              der Copaivabalsam, verhindert aber auch das Schäumen der Farbe, welches beim Druck
                              sehr lästig werden kann. – Die Druckfarbe ist ferner dem Verderben durch
                              Fäulniß des Albumins unterworfen, nicht minder wird das Ultramarin leicht grün beim
                              Dämpfen. Beide Uebelstände hebt ein Zusatz von schwefligsaurem Natron vollständig
                              auf. Als Verdickungsmittel ist Eier-Albumin nicht um ein Haar besser als das
                              Blutalbumin, welches Hr. Platner in Nürnberg neuerdings
                              in den Handel brachte. Letzteres ist aber bedeutend billiger.
                           Casein ist billig, gibt aber eine milchichte Farbe, zu der man viel mehr Ultramarin
                              setzen muß als zur Albuminfarbe, und außerdem hält es nicht die Wäsche.
                           Ich empfehle für kräftiges dunkles Blau folgende
                              Vorschrift.
                           Man nehme 1/2 Pfd. Ultramarin von Bartels u. Mohrhardt, reibe es mit 6 Loth
                              weißem Baumöl oder 6 Loth Copaivabalsam an, vermische es dann mit 1 Liter
                              Albuminlösung (1 Liter = 1 Kanne sächs.), die man erhält, wenn man
                           1 Pfd. Blutalbumin in
                           3 Kannen Wasser löst und
                           1 Kanne Gummiwasser oder Traganthschleim
                           zusetzt und endlich jeder Kanne dieser Verdickung noch 2 Loth einer
                              Auflösung von schwefligsaurem Natron von 50° Baumé beifügt.
                           Diese Farbe ist für Baumwolle wie für Papierdruck mittelst
                              Stein oder Typen gleich zu empfehlen, für Wolle setze ich noch die vorher angegebene
                              Zuckerkalklösung zu. – Zu helleren Nüancen nimmt man einfach weniger
                              Ultramarin und ja keine käuflichen helleren Sorten.
                           
                           Anstatt des Dämpfens kann man die Waare auch durch kochendes Gypswasser ziehen (1
                              Pfd. Gyps auf 1000 Kannen Wasser.)
                           Das Dämpfen schadet allen andern Farben gar nichts, aber das Blau fällt auf diese
                              Weise schöner aus als das gedämpfte.
                           Für die Bunt-Papier-Fabrication sind
                              übrigens sehr praktisch zwei verschiedene Präparate von obgedachten Herren offerirt,
                              je nachdem das Blau satinirt oder matt werden soll.