| Titel: | Zur Theorie der Gerberei. – Untersuchungen über die Structur des Bindegewebes; von Dr. Alexander Rollett, Assistent bei der physiologischen Lehrkanzel der Wiener Universität. | 
| Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. LXXXIX., S. 298 | 
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                        LXXXIX.
                        Zur Theorie der Gerberei. – Untersuchungen
                           über die Structur des Bindegewebes; von Dr. Alexander Rollett, Assistent bei der physiologischen
                           Lehrkanzel der Wiener Universität.
                        Auszug seiner Abhandlung im
                              XXX. Bande, Nr. 13, des Jahrganges 1858 der Sitzungsberichte der mathem. naturw. Classe der kaiserl. Akademie der
                                    Wissenschaften.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Rollett, über die Structur des Bindegewebes.
                        
                     
                        
                           Ich lernte im Kalkwasser eine Flüssigkeit von
                              eigenthümlicher Wirkung auf bindegewebige Texturen kennen und dem Kalkwasser
                              gesellte sich auf Anrathen meines verehrten Lehrers, des Hrn. Professors Brücke, das ähnlich aber energischer wirkende Barytwasser bei.
                           Legt man ein Stück Sehne vom erwachsenen Menschen in Kalkwasser und läßt es darin
                              durch 6–8 Tage oder noch länger liegen, so bemerkt man an demselben keine
                              andere Veränderung, als daß die peripherischen Partien desselben ein wenig
                              durchscheinend werden.
                           Bringt man aber einen der cylindrischen Stränge, welche die Sehne zusammensetzen, auf
                              ein Objectglas und übt auf die Flanken jenes Stranges etwa in der Mitte seiner Länge
                              auch nur einen sehr mäßigen, zur Längsrichtung senkrechten Zug nach
                              entgegengesetzten Seiten aus, so breitet sich derselbe in dem durch die auseinander
                              gezogenen Präparirnadeln abgemarkten Raume zu einer Lage von theils gröberen, theils
                              feineren, theils sehr feinen Fäden aus, von denen die zuletzt genannten durch eine
                              Auffaserung der ersteren sich herstellen.
                           Es liegen diese Fäden auf verschiedene Weise über einander und indem sie nach
                              entgegengesetzten Richtungen hin verlaufen, kreuzen sie sich unter spitzen Winkeln.
                              Durch die zwischen ihnen vorhandenen Räume sieht man direct auf die Oberfläche des
                              Objectglases.
                           Das Barytwasser verändert schon in kürzerer Frist, etwa nach 4–6 Stunden, die
                              Sehnen in derselben Weise, wie dieß durch das Kalkwasser geschieht. Nur werden die
                              Sehnenstücke im Barytwasser im höheren Maaße durchscheinend. In dieser letzteren
                              Flüssigkeit quellen auch die Sehnen etwas mehr an als im Kalkwasser, es ist aber das
                              Quellungsmaximum der Sehnensubstanz weder für das Barytwasser, noch für das
                              Kalkwasser bedeutend größer, als für gemeines Wasser, und die Volumsveränderung der
                              eingelegten Sehnenstücke in beiden Fällen keine beträchtliche.
                           
                           So wie an dem Bindegewebe der Sehnen, so wird auch an dem Bindegewebe anderer Gebilde
                              durch die Behandlung mit Aetzkalk oder Aetzbaryt der Zusammenhang des leimgebenden
                              Stromas gelockert, ich werbe von den dabei stattfindenden Eigenthümlichkeiten später
                              handeln.
                           Das Kalk- oder Barytwasser verändert die morphologische Beschaffenheit des
                              Bindegewebes nicht, es greift die leimgebende Masse des Bindegewebes nicht an,
                              lockert aber den festen Zusammenhang derselben auf und gestattet die Isolirung
                              faseriger Formelemente aus derselben.
                           Eine weitere Untersuchung ergibt, daß während sich jene Abänderung der mechanischen
                              Verhältnisse des Bindegewebes herstellt, in das Kalk- oder Barytwasser eine
                              geringe Menge einer Substanz übergeht, welche durch Säuren wieder aus jenen
                              alkalischen Flüssigkeiten herausgefällt werden kann.
                           Mit der Anwesenheit jener Substanz im Bindegewebe fällt also das innige
                              Aneinanderhaften der Formbestandtheile desselben zusammen.
                           Um sich von den angegebenen Thatsachen zu überzeugen, benütze man Bindegewebe in
                              seiner reinsten Form, also Stücke, die aus dem Verlauf größerer frischer Sehnen
                              herausgeschnitten wurden. Legt man dieselben in eine nicht zu große Menge von
                              Kalk- oder Barytwasser ein, und untersucht diese Flüssigkeiten nachdem sie 24
                              Stunden über den Sehnen gestanden hatten, so findet man, daß sie sich durch Zusatz
                              von Essigsäure, verdünnter Chlorwasserstoffsäure oder Salpetersäure trüben und sich
                              ein flockiger Niederschlag daraus absetzt.
                           Hat man mit verdünnter Salpetersäure gefällt und diese im Ueberschuß zugesetzt so
                              sieht man, wenn man das Ganze erhitzt, daß in der Flüssigkeit eine blaß citrongelbe
                              Farbe entsteht, die, wenn man in die abgekühlte Flüssigkeit Ammoniak bringt, in die
                              schön gelbe Farbe des ranthoproteinsauren Ammoniaks übergeht. Diese Reaction kann
                              man auch benützen um geringere Mengen jenes Eiweißkörpers im Kalk- oder
                              Barytwasser nachzuweisen.
                           Der auf den Zusatz einer Säure entstehende Niederschlag ist mehr oder weniger
                              reichlich, je nach dem Verhältniß der verwendeten Sehnen zur Menge des angewendeten
                              Kalk- oder Barytwassers, d.h. nach dem Grade der Sättigung jener alkalischen
                              Flüssigkeiten mit der darin löslichen Substanz.
                           Zieht man eine beliebige Menge kurz abgeschnittener Sehnenstücke mit Kalk-
                              oder Barytwasser aus und erneut diese Flüssigkeiten ein oder mehreremale, so geht
                              bald nichts mehr weiter aus den Sehnenstücken in die alkalischen Lösungen über.
                           
                           Es ist wahrscheinlich, daß jener Eiweißkörper, an dessen Anwesenheit im Bindegewebe
                              das feste Aneinanderkleben der leimgebenden Formelemente geknüpft ist, auch noch von
                              anderen Lösungsmitteln, z.B. von verdünnten Mineralsäuren oder verdünnten Lösungen
                              der eigentlichen Alkalien, angegriffen wird.
                           Aber alle diese Lösungsmittel bewirken auch ein bedeutendes Aufquellen der
                              leimgebenden Masse des Bindegewebes, so daß dieselbe, wie bekannt, in eine
                              durchscheinende Gallerte verwandelt wird, an welcher die mikroskopischen Charaktere
                              des Bindegewebes vollkommen verwischt erscheinen; der Umstand, daß ein solches
                              Anquellen der leimgebenden Substanz des Bindegewebes nach der Anwendung des
                              Kalk- oder Barytwassers nicht stattfindet, macht diese Flüssigkeiten eben zu
                              so schätzenswerthen Untersuchungsmitteln des Bindegewebes.
                           Reißt man aus einem Stück Rindleder einen jener cylindrischen Stränge, welche der
                              Fleischseite desselben das bekannte filzige Ansehen ertheilen, mittelst einer
                              Pincette heraus und untersucht ihn mikroskopisch, so sieht man, daß derselbe alle
                              Verhältnisse des frischen Bindegewebes, aber auf die deutlichste Weise ausgeprägt an
                              sich erkennen läßt.
                           Jeder solche Strang (Fig. 16) besteht aus einem Bündel von Bindegewebsfasern, deren neben
                              einander liegende Contouren das längsgestreifte Ansehen jenes Stranges
                              hervorbringen, und zerlegt man einen solchen Strang in jene leicht isolirbaren
                              Fasern, so sieht man, daß diese vollkommen glattrandige durchsichtige Cylinder von
                              gleichmäßigem Durchmesser darstellen.
                           Nachdem ich diese Erfahrung gemacht hatte, schien es mir überhaupt ersprießlich das
                              Leder einer genaueren Untersuchung zu unterwerfen, indem die Textur des Bindegewebes
                              in demselben vollständig erhalten war, man aber in der gerbsauren Collagensubstanz
                              ein Object vor sich hat, welches von anderen durch seine Starrheit und die Prägnanz
                              seiner Verhältnisse eben so vortheilhaft verschieden ist, als die meisten
                              pflanzenanatomischen Objecte von denen der Thierhistologie.
                           Es kam mir nun zunächst darauf an zu untersuchen, welchen Einfluß die bis zur
                              vollendeten Gerbung der Haut wirksamen Processe auf das Bindegewebe ausüben.
                           Ich habe schon oben die Einwirkung des Kalkwassers auf bindegewebige Texturen
                              besprochen. Hier muß ich erwähnen, daß die Behandlung der zu gerbenden Häute mit Kalk in Substanz bis in die frühesten Zeiten der Gerberei
                              zurückreicht.
                           
                           Der erste, welcher die Anwendung des Kalkwassers
                              einführte, war A. Seguin,Leliévre et Pelletier: Rapport au
                                       comité de salut public sur les nouveaux moyens de tanner les
                                       cuirs, proposés par le citoyenArmand Seguin, aus dem Journal des arts et manufactures, Paris,
                                       Anneé 4. übersetzt in Hermbstädt's Journal, Berlin 1802, Bd. I, S. 187. derselbe welcher mit Lavoisier über die
                              Respiration experimentirte und die Abhandlung über Hautsecretion und den Einfluß der
                              Bäder schrieb.
                           Er erfand zur Zeit des Wohlfahrts-Ausschusses die Schnellgerberei.
                           Man gibt an, daß die Häute zum Zwecke des Enthaarens gekalkt werden, und allerdings
                              lösen sich die Haare und nicht nur diese, sondern die sämmtlichen Oberhautgebilde
                              von einer in Kalkwasser eingelegten Haut mit der größten Leichtigkeit ab.
                           Daß aber die Enthaarung und Befreiung der Haut von der Epidermis nicht der alleinige
                              Grund des Kalkens seyn können, hat schon Hermbstädt
                              Chemisch-technologische Grundsätze der gesammten Ledergerberei. Berlin
                                    1807, Bd. II S. 210. auseinandergesetzt. Er sagt daß die Häute, um gutes und geschmeidiges Leder
                              zu liefern, länger im Kalkwasser zubringen müssen, als zu ihrer Enthaarung
                              nothwendig ist, und hat sogar aus dem Kalkwasser mit dem er Stückchen Rinderhaut
                              durch 14 Tage behandelt hatte, mittelst Salzsäure eine Masse herausgefällt, über
                              deren Natur er aber sehr unrichtige Vorstellungen hatte, indem er sie für ein aus
                              einer löslichen Kalkseife abgeschiedenes Fett hielt.
                           Man überzeugt sich durch Untersuchung des zur Extraction eines Hautstückes
                              verwendeten Kalkwassers leicht, daß eine Eiweißsubstanz in dasselbe übergegangen
                              ist, die so wie sie zwischen die Formbestandtheile des Bindegewebes eingelagert ist,
                              wahrscheinlich auch zwischen dem Corium und den Oberhautgebilden sich befindet.
                           Ich kehre nun zu dem im Kalkwasser liegenden Hautstücke zurück.
                           Die Oberhaut läßt sich in einigen Tagen von demselben abstreifen. Ueberzeugt man
                              sich, daß schon eine ziemliche Menge jener Eiweißsubstanz in das Kalkwasser
                              übergegangen ist, so kann man dasselbe erneuen um das Hautstück möglichst
                              vollständig auszuziehen. Nachdem es der Einwirkung der alkalischen Flüssigkeit im
                              Ganzen acht Tage lang ausgesetzt war, bringt man es, um den Kalk daraus zu
                              entfernen, in schwach angesäuertes Wasser.
                           Die vollständige Entfernung des Kalkes ist unumgänglich nothwendig, damit man bei der
                              nachfolgenden Behandlung der Haut mit Tannin nicht einen guten Theil der
                              Wirksamkeit des letzteren vernichte, indem sich, wenn Kalk im Ueberschuß in die
                              gerbsaure Lösung gelangt, ein körniger Niederschlag von unlöslichem
                              basisch-gerbsaurem Kalk bilden würde, im umgekehrten Falle aber bei
                              überschüssigem Tannin zwar eine lösliche Verbindung von neutralem gerbsaurem Kalk
                              entstehen würde, die aber keine gerbenden Eigenschaften hat.
                           Ist also die Haut vom Kalke vollkommen befreit, so bringe man sie in eine mit
                              schwacher Tanninlösung gefüllte Flasche. Man prüfe gleichzeitig ein wenig jener
                              Lösung durch Hinzutropfen von Leimlösung auf den beiläufigen Gerbsäuregehalt.
                           Die thierische Haut zieht bald allen Gerbestoff vollständig an sich. Pelouze
                              Annales de Chimie et de Physique, December 1833,
                                    S. 337; polytechn. Journal Bd. LII S.
                                       302. hat diese Eigenschaft der thierischen Haut sogar benutzt, um aus einem
                              Gemenge von Gerb- und Gallussäure die erstere vollständig zu entfernen, und
                              aus der Gewichtszunahme der benützten Haut quantitativ zu bestimmen.
                           Man prüfe daher, nachdem man die Haut in die Tanninlösung eingelegt hat, diese
                              letztere von Zeit zu Zeit auf ihren Gehalt an Gerbsäure durch Hinzutropfen von
                              Leimlösung und setze, so oft man bemerkt daß die Gerbsäure aus der Flüssigkeit
                              verschwunden ist, eine neue Menge zu, so lange bis das neu hineingebrachte Tannin
                              nicht mehr absorbirt wird. Man lasse endlich das Hautstück so lange in der
                              gerbsäurehaltigen Flüssigkeit liegen, bis eine Probe desselben, die man mit Wasser
                              abgespült und dann getrocknet hat, alle Eigenschaften des Leders zeigt.
                           Ich will zuerst, weil die Verhältnisse, der mangelnden Papillen halber, dort sich
                              einfacher darstellen, mit dem Rindleder beginnen. Es ist einerlei ob man käufliches
                              Kuh- und Kalbleder verwendet oder solches, welches man selbst gegerbt hat;
                              ich habe mich überzeugt, daß sich letzteres in nichts von dem käuflichen
                              unterscheidet als in der Farbe, welche bei dem einen bekanntlich die eigenthümliche
                              Farbe der Lohe, bei dem andern nur ein lichtes Graubraun ist.
                           Hat man aus einem Stück Kalbleder senkrecht zur Oberfläche stehende, sonst beliebig
                              gerichtete Durchschnitte angefertigt, um sie mikroskopisch zu untersuchen, so ist es
                              am besten dieselben mit Terpenthinöl zu tränken. Will man die Präparate längere Zeit
                              aufbewahren und besonders schön und durchsichtig erhalten, so wende man die kürzlich
                              von Brücke
                              Untersuchungen über den Bau der Muskelfasern, welche mit Hülfe des
                                    polarisirten Lichtes angestellt wurden. (Denkschriften d. kais. Akademie d.
                                    Wissenschaften 1857, Bd. XV.) für die Muskeln
                              angegebene Methode an, man verdränge das Terpenthinöl mit Dammarfirniß und schließe
                              die Schnitte in dem letzteren ein.
                           An einem solchen Lederschnitte, Fig. 18, fallen zunächst
                              zwei Schichten in die Augen, deren Abgränzung von einander, so entschieden sie auch
                              hervortritt, doch nicht durch einen zwischen beiden Schichten hinlaufenden Contour
                              hervorgebracht wird.
                           Diejenige Schichte, welche der freien Oberfläche des Corium zugekehrt war, hat eine
                              geringere Breite als die unter ihr liegende, und bietet wegen der größeren Menge der
                              in ihr enthaltenen und die Zeichnung des Objectes gegen den lichten Grund
                              abgränzenden scharfen Contouren ein etwas dunkleres Ansehen dar, als die
                              letztere.
                           Die innere dieser Schichten besteht aus verschieden dicken Bündeln der oben näher
                              beschriebenen Fasern. Diese Bündel laufen im Allgemeinen der Oberfläche des Corium
                              parallel und steigen nur in allmählicher Neigung gegen dieselbe auf. Sie
                              durchkreuzen sich unter spitzen Winkeln. Kurz es ergibt sich hier derselbe Befund,
                              welcher sich auch am frischen Corium ganz leicht ermitteln läßt und längst bekannt
                              ist.
                           Anders verhält es sich mit der äußeren Schichte.
                           Die Untersuchung des gegerbten Corium ist geeignet, uns über das leimgebende Stroma
                              jener Schichte einen ganz gründlichen Aufschluß zu geben.
                           Kann man den Durchtritt eines Bindegewebbündels der inneren Coriumschichte durch die
                              oben angeführte Gränze zur äußeren Schichte verfolgen (und das ereignet sich fast
                              jedesmal an der einen oder der andern Stelle eines Lederdurchschnittes), so nimmt
                              man wahr, daß jenes Bündel sich auflöst, und zwar zerfährt es in jene constanten
                              Elemente, die man, jedesmal bei der Auffaserung eines aus dem Lederfilz
                              herausgerissenen Fadens erhält.
                           Durch die Zwischenräume der von jenem Bündel ausgehenden Fasern oder Faserpartien
                              flechten sich die in den Schnitt gefallenen Segmente gleichartiger Fasern in den
                              verschiedensten Richtungen hindurch, und diese innige Durchflechtung von kürzeren
                              oder längeren im Längsschnitt sichtbaren Fasern mit queren und schrägen
                              Faserdurchschnitten wiederholt sich, den eigenthümlichen optischen Eindruck der
                              äußeren Coriumschicht hervorrufend, bis an die Oberfläche der Lederhaut hin. Der
                              scharfe Rand, welcher jenen Theil des Durchschnittes gegen den Grund des Sehfeldes
                              absetzt, ist selbst wieder aus den scharfen Contouren der oberflächlichst liegenden
                              Fasern zusammengesetzt.
                           Man überzeugt sich also an solchen Lederdurchschnitten auf die schönste Weise davon,
                              daß das Hauptlager der Lederhaut aus vielfach durchflochtenen Bindegewebbündeln besteht,
                              während im peripherischen Theile des Corium die faserigen Elemente jener Bündel sich
                              auseinanderlegen, untereinander sich durchflechten und so die eigenthümliche
                              Beschaffenheit jener Gränzschichte zu Stande bringen.
                           Man bedient sich schon seit langer Zeit verschiedener chemischen Agentien um das
                              Bindegewebe in eine aufgequollene durchsichtige Masse zu verwandeln.
                           Solche Agentien sind die Essigsäure, sehr verdünnte Salz- oder Salpetersäure
                              oder die Lösungen der reinen Alkalien.
                           Wenn ein Stückchen einer Sehne in sehr verdünnter Salzsäure (1 p. m.) angequollen ist, so stellt dasselbe eine durchscheinende zähe und
                              klebrige Masse dar.
                           Interessant ist es, daß das Bindegewebe in dem durch die Quellung erworbenen
                              scheinbar structurlosen Zustande fixirt werden kann.
                           Wenn man eine in verdünnter Salzsäure angequollene Sehne in Tanninlösung bringt, so
                              schrumpft sie nicht zusammen, sondern wird im aufgequollenen Zustande in eine spröde
                              Masse umgewandelt.
                           In der Gerberei macht man von der Wechselwirkung zwischen dem aufgequollenen
                              Bindegewebe und dem Tannin schon lange Gebrauch.
                           Nicht bloß um den Kalk aus den Häuten zu entfernen, sondern auch um die Häute zu
                              „treiben“ oder zu „schwellen,“ wie man
                              sich ausdrückt, werden die zu Sohlleder zu verarbeitenden Häute in ein durch sauer
                              gährenden Gerstenschrot oder Weizenkleie erzeugtes Sauerwasser gelegt, sondern auch
                              um daraus ein dickeres Leder zu gewinnen.
                           
                        
                           Erklärung der Abbildungen.
                           Fig. 16
                              Bindegewebbündel aus dem Kuhleder, 600mal vergrößert.
                           Fig. 17
                              isolirte Fasern aus dem Kalbleder, 300mal vergrößert.
                           Fig. 18
                              Durchschnitt durch käufliches rohes Kalbleder, a
                              – b äußere Schichte des Corium, b – c innere Schichte
                              des Corium. Vergrößerung 300mal. Die Dicke des Leders betrug 1,8 Millim., deren
                              300malige Linearvergrößerung daher 54 Centim. Es sollten daher von c an noch 20 Centim. gezeichnet seyn.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
