| Titel: | Beitrag zur Erdbohrer-Technik, mit Rücksicht auf Kind's Bohrsystem; von A. H. Beer, Lehrer an der k. k. Bergschule zu Přzibram. | 
| Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. XCII., S. 324 | 
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                        XCII.
                        Beitrag zur Erdbohrer-Technik, mit
                           Rücksicht auf Kind's
                           Bohrsystem; von A. H. Beer,
                           Lehrer an der k. k. Bergschule zu Přzibram.
                        Aus der österreichischen Zeitschrift für Berg- und
                                 Hüttenwesen, 1858, Nr. 31.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Beer, über Erdbohrer-Technik.
                        
                     
                        
                           Jeder technische Erwerbszweig, mag er nun wie immer heißen, hat gewisse geheime
                              Vortheile für sich, die, so lange sie nur von dem Erfinder allein benützt werden,
                              nicht immer eine solche Würdigung erleben, wie sie dieselbe eigentlich mit Recht in
                              Anspruch nehmen könnten. Wo aber der Erfinder irgend eines gemeinnützigen Verfahrens
                              oder Apparates, sey es nun im Wege einer Abtretung des Privilegiums oder in einer andern Weise, seine
                              Erfindung dem technischen Publicum zur Benützung übergibt, da erst tritt dieselbe
                              voll belebt auf, und die Nachwelt liest in den Annalen der Technik mit großen
                              Lettern den Namen desjenigen geschrieben, dessen Geist sie hervorgerufen. Unter
                              solche geistreiche, bekannt gegebene Erfindungen der Neuzeit gehört unstreitig auch
                              das sogenannte Freifall-Instrument des Hrn. C. G.
                              Kind, welches erst in dem letzten Jahrzehent
                              allgemeiner geworden, und dessen große Vortheile kaum ein Bohrtechniker verkennen
                              wird, wenn es sich darum handelt, ein tiefes Bohrloch von großem Durchmesser in der
                              kürzesten Zeit und mit verhältnißmäßig geringem Geldaufwande niederzustoßen.
                           Die Einrichtung des Freifall-Instrumentes nach Hrn. Kind findet man schon in sehr vielen bergtechnischen Schriften durch
                              Zeichnungen erklärt. Hr. Kind hat aber während seines
                              vieljährigen ruhmvollen Wirkens in vielen Staaten Europa's, besonders aber in
                              Frankreich, welches sein zweites Vaterland war, und seine Brust mit einem
                              Verdienstorden schmückte, sein Bohrverfahren vielfach verbessert, ohne daß hievon
                              bis jetzt die deutsche Bohrtechnik Alles veröffentlicht hätte. Der Grund davon kann
                              nur in dem Umstande gesucht werden, daß Hr. Kind sein
                              Bohrverfahren für Frankreich patentirt hat, und wo er in Deutschland Bohrungen
                              unternimmt, so sind seine Bohr-Ingenieure die Bewahrer seiner Erfindungen,
                              was besonders ihnen, und so auch Hrn. Kind kein Ehrenmann
                              verargen darf, denn sogar ein altes Sprüchwort sagt schon: „der Vortheil
                                 treibt das Handwerk.“
                              
                           Der Schreiber dieses war in der angenehmen Lage, im Sommer 1857 auf einer Reise durch
                              Deutschland einige Erdbohrarbeiten, bei welchen man sich des Bohrsystems von Hrn.
                              Kind bediente, zu sehen, und derselbe fand, daß die
                              dabei angewandten Instrumente von den bis jetzt durch den Druck bekannt gewordenen
                              bedeutend abweichen. Derselbe glaubt daher gegen Hrn. Kind durchaus keine Indiscretion zu begehen, wenn er die auf dieser Reise
                              gemachten Beobachtungen dem bergmännischen Publicum hiemit überliefert, indem er nur
                              das wiedergibt, was man ihn freiwillig sehen ließ, und hat derselbe vielleicht nicht
                              recht gesehen, so wolle man ihn freundlichst entschuldigen, denn an Ort und Stelle,
                              was wohl jeder reisende Bergmann erfahren haben wird, läßt sich bescheidenerweise
                              nicht überall schreiben und noch weniger zeichnen, um die zuvorkommende
                              Freundlichkeit der Fachgenossen nicht übermäßig in Anspruch nehmen zu müssen.
                           Die auffallend abweichende Einrichtung des neueren Bohrapparates nach Hrn. Kind besteht im Folgenden:
                           
                           1) Das hölzerne Bohrgestänge erhält jetzt die beiläufige
                              Form der Fig.
                                 1, welche die Schraubenschloß-Verbindung der einzelnen Stangen
                              darstellt. Die etwas conische scharfe Vaterschraube a
                              sowohl, wie die hiefür passende Mutterschraube b sehen
                              so aus, wie bei einem eisernen Bohrgestänge, und da, wo ihre Verlängerung mit der
                              Holzstange c verbunden werden soll, ist dieselbe auf 30
                              bis 36 Zoll Länge gabelförmig, läuft also in zwei breite ausgebogene Schienen s aus, welche die an den Enden rund gemachte, sonst
                              quadratische oder auch runde Tannenholzstange theilweise umgreifen. Damit endlich
                              diese Schloßschienen an die Stange fest halten, sind noch drei Ringe d darüber geschoben und angenagelt, außerdem aber noch
                              drei bis vier parallelogrammische Keile e durchgezogen,
                              und ihre Enden wie Nietköpfe platt geschlagen. Diese Art Schloßverbindung der
                              Holzstangen soll dauerhafter und auch minder kostspielig seyn, als die vom Hrn. Kind im Jahr 1842 zuerst bekannt gegebene und auch als
                              jene, welche Hr. W. v. Seckendorff (im 1sten Bande S. 65
                              bis 107 der Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen im
                              preußischen Staate von Hrn. R. v. Carnall)
                              beschreibt.Hr. Dr. A. E. Bruckmann erwähnt wohl in seinem Wegweiser durch den Berg-
                                    und Brunnenbohrerwald (Darmstadt 1852) der meisten hier angeführten
                                    Verbesserungen des Hrn. Kind, gibt jedoch keine
                                    Zeichnung davon.
                              
                           2) Das Freifall-Instrument durch Fig. 2 im Durchschnitte
                              bei dem höchsten Stande des Köpfchens a, und Fig. 3 in der
                              Seitenansicht nach erfolgtem Niederfall der Zunge A,
                              etwa in dem Verhältnisse wie 1: 18 dargestellt, weicht von dem bis jetzt durch die
                              HHrn. Ch. Combes
                              Im Bulletin de la Société
                                       d'Encouragement, August 1845, S. 344; polytechn. Journal Bd. XCVIII S. 166. und Rivot
                              Annales des min., IV. liv. 1845; Bergwerksfreund, 1846, Bd. X S. 513; polytechn. Journal
                                    Bd. C S. 365. bekannt gewordenen, und der ganz darnach schon im Jahre 1847 bei Brandeisel
                              in Böhmen von mir ausgeführten EinrichtungHr. F. Schott hat dieses in Brandeisel von mir
                                    construirte, jedoch durch besondere Verhältnisse nicht zur Anwendung
                                    gelangte Kind'sche Freifall-Instrument in
                                    P. Tunner's Jahrbuch der montanist. Lehranstalt
                                    zu Leoben, 1851, Bd. I S. 140 beschrieben. in vieler Beziehung ab, und die daran ausgeführten Verbesserungen hat
                              offenbar nur die Praxis hervorgerufen, namentlich das in gewissen Fällen nothwendige
                              sogenannte „Bohren am Ringe“; dann
                              das häufige Versagen des Spieles am Greifapparate, erzeugt durch das viele Hebelwerk
                              beim Angriffspunkte der beiden Zugstängelchen, endlich der nicht immer erfolgte
                              senkrechte Niedergang des Abfallstückes.
                           
                           Diese Verbesserungen, wie sie mir Hr. Kind Sohn im Juli
                              1857 bei Mengede nächst Dortmund in einem kleinen Modelle zu zeigen die Güte hatte,
                              und wie ich selbe kurz darauf in einem Bohrthurme bei St. Ingbert in der Rheinpfalz im Großen ausgeführt sahAuch in Böhmen bohrt ein Ingenieur des Hrn. Kind
                                    (Hr. Beel) im Interesse der priv. k. k.
                                    österreichischen Staatseisenbahn-Gesellschaft bei Brandeisel und
                                    Kladno, und so viel ich davon bei der Excursion mit meinen Schülern in den
                                    Ferien der Jahre 1856 und 1857 zu sehen bekam, steht auch hier dieselbe
                                    Einrichtung in Anwendung., bestehen im Folgenden:
                           Das AbfallstückA (die Zunge) ist so breit
                              wie die Leitbacken B, B' des Scherenstückes, und in der
                              Mitte mit dem Schlitze b versehen, mit welchem es über
                              den am unteren Ende der Scherenbacken B, B' gut
                              verkeilten Leitbolzen c senkrecht auf- und
                              niedergleiten kann. Unten behielt das Abfallstück seine Dute d zur Aufnahme des Bohrstückes
                              C. Oben aber übergeht es aus dem Parallelogramm
                              allmählich in das Zungenköpfchen
                              a, durch welche Form dieses ganzen Zungenendes, und dann
                              durch den Absatz z unten an der Dute d jedes Höhergehen des Köpfchens bis an die Bolzen q, q' des Greifapparates
                              vollständig unmöglich gemacht ist.
                           Die beiden Backen B, B' des Scherenstückes werden unten
                              durch den hohen Leitbolzen c und oben durch die vier
                              Keilbolzen e gehalten, welche letztere auch hier durch
                              das Halsstück
                              F durchgehen, und über dessen Verlängerung u nach Oben das Schieberstück g sammt dem Hütchen
                              k ebenfalls beweglich ist. Weiter sind hier die beiden
                              Zugstängelchen
                              h und h' mittelst des
                              Schraubenbolzens w an den Bund m und zugleich an eine Art massiven Keil v
                              festgemacht, so daß sich nun die beiden vierkantigen, nach Außen geneigten Enden o, o' der Zangenschenkel
                              n, n' nur zwischen den kurzen Seitenwänden des Bundes
                              m und zwischen dem Keile v frei und ohne jeden größeren Spielraum befinden. Nachdem zuvor durch die
                              bohrfertig gestellte Stellschraube am Bohrschwengel das
                              Zungenköpfchen a auf den Zangenhaken
                              r, r' der Greifzange
                              aufruhend gemacht wurde, und das Hütchen k in jedem
                              Bohrtechniker bekannter Weise in die Höhe gehoben wird, so schiebt sich auch der
                              Bund m sammt dem Keile v mit
                              den Zugstängelchen h, h' nach Aufwärts, bringt dadurch
                              die beiden abstehenden Enden o, o' der Zangenschenkel
                              n, n' näher gegen, die Zangenhaken r, r' hingegen von einander, das Zungenköpfchen a wird dabei frei, und das Abfallstück A gleitet dann längs des Splintes c senkrecht herab. Die Bewegung des Hütchens k
                              nach Aufwärts ist durch den Keil t in dem oberen Ende u des Halsstückes f begränzt, und damit
                              endlich in dem Bolzen q, q' keine Klemmung erfolgen
                              könne, wodurch dann der Greifapparat offenbar versagen müßte – welcher
                              Uebelstand hier viel seltener eintreten kann, als bei der alten Einrichtung des
                              Greifapparates – werden die beiden Leitschienen B,
                                 B' an dieser Stelle noch durch die zwei besonderen Bolzen s und x in der nothwendigen
                              Entfernung von einander gehalten.
                           Aus allem dem Gesagten sieht man nun, daß das neue Freifall-Instrument des
                              Hrn. Kind eine wesentliche Verbesserung im Greifapparate
                              erhielt, und zugleich eine Combination mit dem Schieber des
                                 Hrn. v. Oeynhausen bildet, seine Anwendbarkeit
                              ist somit bedeutend verallgemeint worden.
                           3) Das Bohrstück (Schwerstange,
                              Bärstück) C, durch Fig. 2 und 3 am oberen, und durch
                              Fig. 4 am
                              unteren Ende dargestellt, ist bekanntlich eine schwere Bohrstange aus einem Stücke
                              gewesen, deren Zweck es ist, einem Rammbär gleich, das Schlaggewicht zu bilden, und
                              die Verbindung des Meißels mit dem Abfallstücke A des
                              Freifall-Instrumentes zu vermitteln. Jetzt wird aber der Meißel nicht mehr
                              unmittelbar in die Schraubenmutter a des Bohrstückes
                              eingeschraubt, sondern:
                           4) der Nachbohrer, Fig. 5, welcher sonst ein
                              integrirender Bestandtheil des Meißels selbst gewesen. Dieser Nachbohrer bildet ein
                              Wechselstück N oben mit dem Schraubenzapfen u und unten mit der Mutterschraube t versehen, um mit der ersteren an das Bohrstück C gebracht werden, und in die letztere den Meißel
                              befestigen zu können, wozu offenbar wegen der bedeutenden Dimensionen der Stücke
                              große, in der gewöhnlichen Art construirte Stangenschlüssel benützt werden müssen.
                           Der Schaft N des Nachbohrstückes ist in der Mitte
                              bedeutend verstärkt, um die zwei Nachschneiden
                              h, h aufnehmen zu können; diese werden in darin
                              angebrachte schwalbenschwanzartige Nuthen von der Seite eingeschoben und behufs
                              größerer Stabilität noch mittelst gewöhnlicher Schraubenstifte s, s festgehalten.
                           Diese Nachschneiden sind von Gußstahl und stehen mit den Ohren schneiden des Meißels
                              parallel, was bekanntlich vortheilhafter ist, als
                              wenn sie zu denselben rechtwinkelig ständen.
                           Diese Einführung eines besonderen Nachbohrstückes verlangt zwar eine äußerst feste
                              Construction der Schraubenschlösser, besitzt aber den Vortheil nicht nur einer
                              leichteren und schnelleren Auswechslung der abgenützten Theile, sondern auch noch
                              jenen der Möglichkeit, anstatt des Nachbohrers den Flügelbohrer – wovon weiter unten gesprochen werden wird –
                              in welcher Höhe über dem Meißel immer anbringen zu können, nämlich in jenem Falle, wenn unter einer
                              Röhrentour, mit welcher die brüchigen Wände eines Bohrloches bekleidet sind, dieses
                              letztere zu einem größeren Durchmesser, als es jener der Röhren ist, erweitert
                              werden soll.
                           5) Den einfachen Meißel, den ich sah, zeigt Fig. 6;
                              derselbe fällt nun, weil der Nachbohrer von ihm getrennt ist, im Schafte
                              d kurz aus, hat die gewöhnlich übliche Form, besitzt
                              also eine gerade Schneide
                              m, n, und rechtwinkelig zu derselben zwei Ohrenschneiden
                              i, doch so angebracht, daß stets nur die Schneide m, n vor Ort des Bohrloches wirken kann, die
                              Ohrenschneiden i jedoch das Bohrloch auszugleichen und
                              abzurunden haben. Der ganze Meißel ist von Gußstahl.
                           6) Der Flügelbohrer, Fig. 7 bis 9, – sonst auch mit
                              dem Meißelschaft ein Ganzes bildend – besteht jetzt für sich, kann somit (wie
                              schon beim Nachbohrer gesagt wurde) in jeder Höhe über dem Meißel angeschraubt
                              werden, zu welchem Ende er auch eine Vater- und Mutterschraube besitzt.
                              Derselbe als ein Nachbohrer, hat somit das mit dem Meißel
                              vorgebohrte Loch zu einem größeren Durchmesser zu erweitern, was namentlich unter
                              einer Röhrentour am häufigsten zu geschehen pflegt, daher auch die Nachschneiden
                              desselben nicht fix, sondern verstellbar gemacht werden müssen. Um nun diesen Bohrer
                              durch die Röhrentour bringen zu können, werden die beiden Nachschneiden a um die Bolzen b drehbar,
                              in die dazu bestimmten Vertiefungen c eingelegt, und so
                              der Bohrapparat in das Bohrloch gehängt. Befindet sich einmal der Meißel vor Ort des
                              Bohrloches, und der Flügelbohrer soll unter der Röhrentour das Loch erweitern, so
                              müssen jene Nachschneiden geöffnet und festgehalten werden. Dieses letztere erfolgt
                              in nachstehender Weise. Vor dem Einlassen des Bohrapparates werden in das Bohrstück
                              C, Fig. 7 bis 9, drei bis vier kurze
                              Schraubenbolzen d eingeschraubt, welche als unterster
                              Stützpunkt der stählernen Spiralfeder e, die man über
                              die Bohrstange von Oben herabgeschoben, dienen. Auf diese Feder wird noch ein
                              zweiter Eisenring f herabgelassen, welcher über dieselbe
                              nicht gleiten, also nur den nothwendigsten Spielraum am Bohrstücke haben darf. An
                              diesem Bundringe f sind zwei Oesen g fest angenietet, und von jeder derselben geht ein
                              starker Eisendraht h bis zu den Ohren i der Nachschneiden, ist mit jenen fest verbunden, so
                              daß, wenn die Spiralfeder e gegen den Ring F und die Bolzen d drückt,
                              die Schneiden a schraff gespannt erscheinen, in welcher
                              Lage sie auch Fig.
                                 7 u. 9 darstellen. Um aber den Apparat einlassen zu können, müssen die beiden
                              Nachschneiden eingezogen werden, was dadurch bewirkt wird, daß man die Spiralfeder
                              zusammenpreßt; die Schneiden fallen durch ihre Schwere in die mit ihnen conformen
                              Vertiefungen c
                               und werden daselbst
                              mittelst kurzen Holzstückchen n festgehalten, wie dieß
                              in Fig. 8
                              versinnlicht erscheint. Tritt nach beendetem Einhängen der Meißel vors Bohrlochsort,
                              und hat man einige Hübe mit dem Erdbohrer gethan, so fallen die Holzstückchen in
                              Folge der Erschütterung heraus, die Feder spannt sich, so auch jeder der Drähte, und
                              die Schneiden treten hervor, um sich gehörig gebrauchen zu lassen. Diese Schneiden
                              sind von Gußstahl, scharf gezahnt und lassen sich sehr leicht auswechseln, indem man
                              nur die Schiene m abzuschrauben braucht.
                           7) Der Kernbohrer
                              Hr. A. T. Ponson beschreibt dieses Instrument in
                                    seinem Traité de l'exploitation des mines de
                                       houille, Liège 1852, t. I p.
                                    242, in der deutschen Bearbeitung von Hrn. Dr.
                                    C. Hartmann, Weimar 1856, Seite 101 (im
                                    polytechnischen Journal, 1855, Bd. CXXXVI S. 326); das hier beschriebene ist
                                    diesem nicht unähnlich. des Hrn. Kind hat zum Zwecke, von dem vor Ort des
                              Bohrloches anstehenden Gesteine oder Mineral einen Cylinder von bedeutender Höhe zu
                              erzeugen, und denselben zu Tage zu bringen, wornach sich die Beschaffenheit des
                              fraglichen Gebirges oder der angebohrten nutzbaren Mineral-Lagerstätte ganz
                              genau beurtheilen läßt; ja man kann sogar dieses Instrument, so wie jenes des Hrn.
                              Evrard, zur Bestimmung des Streichens und Verflächens
                              eines Flötzes aus einem einzigen Bohrloche benützen, was übrigens, mag die Operation
                              noch so delicat erfolgt seyn, immerhin nur annähernd auszuführen möglich ist.
                              – Diesen sogleich zu beschreibenden Kernbohrer habe ich in Folge der
                              besonders gütigen Anempfehlung durch Hrn. Svalmius van der
                                 Linden an Hrn. Baron Jacques Behr, Director der
                              Steinkohlen-Concession Ruhr-Rhein nächst Ruhrort, zu verdanken,
                              welcher damit bei Ruhrort etwa 12'' hohe Cylinder aus der dortigen Kreide-
                              und Kohlenformation zu Tage brachte.
                           Der Kernbohrer besteht aus zweierlei Instrumenten, aus dem eigentlichen Bohrer, Fig. 10 und
                              12 in den
                              beiden Seitenansichten und Fig. 11 in der Ansicht
                              von Unten abgebildet, und dann aus einem Werkzeuge, welches man den Kernbrecher
                              nennen könnte, und welcher in den Fig. 13 bis 17 dargestellt
                              erscheint.
                           Der Kernbohrer ist einem gezahnten Glockenbohrer nicht unähnlich; die Glocke A besitzt an der Peripherie in den Enden zweier
                              senkrecht auf einander stehenden Durchmesser Schneiden b, deren also vier sind; ihre Form und Lage ist aus den Figuren ersichtlich;
                              sie sind von Gußstahl und müssen mit der Glocke so zu sagen ein Stück bilden. Mit
                              diesem Instrumente wird in gewöhnlicher Weise, jedoch bei kleiner Hubhöhe und vorsichtig gebohrt,
                              welcher Arbeit nothwendigerweise eine vollständige Reinigung und ein Ebnen des
                              Bohrortes vorangegangen seyn mußte. Ist man nun mit der Bohrung so weit
                              vorgeschritten, daß hierdurch ein hinreichend hoher Gestein- oder
                              Kohlencylinder frei gebildet worden, so wird aufgeholt, und sogleich der Kernbrecher
                              eingelassen.
                           Dieses letztere Werkzeug besteht aus zwei Theilen, aus dem Eisenblech-Cylinder
                              B, Fig. 13 und 14, und aus
                              dem auf einer unten gabelförmigen Stange C befestigten
                              Schlagringe D, welchen letzteren die Fig. 15 bis 17 besonders
                              darstellen. Beide Stücke werden zugleich ins Bohrloch eingelassen, der Cylinder B wie jedes andere Bohrinstrument mittelst des
                              Bohrgestänges, und der Schlagring mittelst des Löffelseiles, offenbar bei Anwendung
                              des Löffelschiebers. Das Schlagwerkzeug, Fig. 15 bis 17, ist durch
                              die Zeichnung hinreichend erklärt. Bei dem Blechcylinder Fig. 13 und 18, besonders
                              aber Fig. 18
                              im verticalen Durchschnitte einschließlich des Schlagwerkzeuges und des gebohrten
                              Gesteincylinders E muß noch Einiges näher beschrieben
                              werden. Dieser Cylinder hat in der Mitte drei längliche Ausschnitte a, um dem mit Bohrschmant getrübten Wasser hinreichenden
                              Ausgang zu verschaffen, und in etwa 1 1/2 Zoll Höhe vom unteren Rande nach Aufwärts
                              vier parallelogrammische Schlitze b, welche 19 Linien
                              hoch, und 6 Linien breit sind. Vor jedem dieser Schlitze steht im Innern des
                              Cylinders ein gebogener Spaten c, welcher um ein in dem
                              Ringe e angebrachtes Scharnier gegen die Cylindermitte
                              beweglich und theilweise in jenem Schlitze versteckt ist, so daß nur die herzförmige
                              Spitze hervorragen kann. Wird nun der vollständige Kernbohrer, wie ihn Fig. 13 und
                              18 (diese
                              nur theilweise) darstellen, sorgfältig ins Bohrloch versenkt, so fällt der früher
                              erzeugte Gestein- oder Mineral-Cylinder E
                              (Fig. 18)
                              innerhalb des Ringes D und zwischen die vier Spaten, so
                              daß, wenn der Cylinder B ruhig auf der Bohrlochssohle
                              aufruht, und mit dem Schlagwerkzeuge langsam gerammt wird, der Ring D des letzteren die vorstehenden vier Spaten immer mehr
                              und mehr gegen die Gesteincylinder E treibt, bis sie
                              endlich mit ihrer Schärfe denselben abgebrochen, welcher nur noch, auf diesen Spaten
                              aufruhend (siehe Fig. 14), langsam mit dem ganzen Bohrzeuge zu Tage zu bringen seyn wird,
                              um das vor Ort anstehende Gestein mit unbestreitbarer Bestimmtheit beurtheilen zu
                              können, was bei dem sonst gewöhnlich erzeugten, und noch so sorgfältig
                              ausgewaschenen Vohrschmant kaum annähernd, und wenn ein Nachfall im Bohrloche
                              stattfand, sogar unmöglich erfolgen konnte, also Grund genug, warum bei keiner
                              Bohrung dieser Kernbohrer unangewendet bleiben soll.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
