| Titel: | Bericht der Abtheilung für Manufacturen und Handel des Vereins für Gewerbfleiß in Preußen über die Brauchbarkeit des Wasserglases zur Wäsche statt der Seife: erstattet von den HHrn. Friedländer, Löwe und Stephan. | 
| Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. CVII., S. 373 | 
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                        CVII.
                        Bericht der Abtheilung für Manufacturen und
                           Handel des Vereins für Gewerbfleiß in Preußen über die Brauchbarkeit des Wasserglases
                           zur Wäsche statt der Seife: erstattet von den HHrn. Friedländer, Löwe und Stephan.
                        Aus den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des
                                 Gewerbfleißes in Preußen, 1858 S. 98.
                        Ueber die Brauchbarkeit des Wasserglases zur Wäsche statt der
                           Seife.
                        
                     
                        
                           Die Versuche, das Wasserglas im Großen statt der Seife, so wie überhaupt als
                              Waschmittel anzuwenden, sind nunmehr von zwölf verschiedenen Fabriken durchgeführt; es liegen
                              uns die genauen Berichte vor, aus denen wir auszugsweise das Wesentliche mittheilen.
                              Sie lauten im Allgemeinen nicht günstig, und wenn auch eine Reinigung ermöglicht
                              wird, so bleibt der Waare, die mit Wasserglas behandelt wird, eine unangenehme Härte
                              und Sprödigkeit. Es hat das Wasserglas in den meisten Versuchen nicht mehr als die
                              Soda geleistet, in keinem Falle die Seife ersetzt. Man kann sich durch folgenden
                              Versuch von einem wesentlichen Unterschiede der Seife vom Wasserglase überzeugen.
                              Wenn man eine Seifenauflösung auf Oel gießt, so bildet sich eine weiße Masse, die im
                              Wasser vollkommen löslich ist, gießt man hingegen eine Wasserglaslösung auf Oel, so
                              bildet sich zwar auch eine weiße Masse, die sich aber auf der Oberfläche des Wassers
                              sammelt und nicht löslich in Wasser ist. So wie bei diesem Versuche verhält sich das
                              Wasserglas in der Anwendung, es geht nicht die innige Verbindung mit dem Fette ein,
                              wie es die Seife thut, es treten nicht die beiden Umstände ein, die schon Berzelius in seinem Lehrbuche Bd. VI S. 562 anführt,
                              nämlich daß sich die Anwendung der Seife gründet:
                           1) auf ihr Vermögen, als emulsionsartige Auflösung fette Stoffe
                              vom Zeuge aufzunehmen, die sich dadurch in dem Seifenwasser auflösen;
                           2) auf die Leichtigkeit, mit der ihre aufgelösten Salze ihr
                              Alkali fahren lassen, welches dadurch im freien Zustande auf die Unreinigkeiten im
                              Zeuge wirkt, die sich mit dem Alkali zu theils auflöslichen, theils solchen
                              Verbindungen vereinigen, die nicht mehr am Zeuge haften, während eine entsprechende
                              Menge der Seife in zwei- oder vierfach öl- und margarinsaure Salze
                              übergeht.
                           Bei den Versuchen, die wir nun anzuführen haben, ist das Wasserglas von Kuhlmann und Comp. in Lille, von Kunheim und Comp. in Berlin, und das von Neusalzwerk zur Anwendung
                              gekommen, ohne daß ein merklicher Unterschied in der Qualität sich herausgestellt
                              hätte. Mehrere Fabriken haben mit Tausenden von Pfunden ihre Versuche gemacht; die
                              vorliegenden Resultate sind also Ergebnisse oft wiederholter Versuche und
                              Anwendungen im Großen.
                           Es haben ihre Versuche mitgetheilt: die Kattunfabriken von Stephan und Comp. R. Goldschmidt und Söhne,
                                 Dannenberger, Breslauer und Meyer, Bodemer und Comp.;
                           die Färbereien von W. Spindler und W. Wolfenstein;
                           die Walk- und Wäscherei von Rudolph und
                                 Friedländer;
                           die Bleich-Anstalt in Bielefeld;
                           die Strumpfwaarenfabrik von A. Hahn und die Wäschereien des königl.
                              Charité-Krankenhauses und der Strafanstalt in Spandau.
                           A. Stephan hat zunächst das Wasserglas auf sehr empirische
                              Weise zum Reinigen der Hände benutzt. Der Schmutz wurde zwar entfernt, jedoch wird
                              die Haut rauh und es bleibt in den Poren ein weißer Staub (Kieselerde). Auf eben
                              diese Weise müssen also Thier- und Pflanzenfasern starr werden. Als
                              Avivirmittel der Krappfarben lieferte es gleich schlechte Dienste als die Soda.
                           R. Goldschmidt und Söhne. Die Benutzung des Wasserglases
                              zum Waschen der Baumwollenwaaren blieb ohne Erfolg, dagegen hat es als Ersatz für
                              Kuhdünger ein ziemlich zufriedenstellendes Resultat gegeben.
                           Dannenberger's Kattunfabrik, durch Hrn. A. Loewe. Große und lange fortgesetzte Versuche mit
                              Wasserglas statt des Kuhmistes hatten nur mäßigen Erfolg; es leiden einige Farben
                              und im Allgemeinen ist das Weiß nicht so klar. Beim Bleichen der halbwollenen Zeuge
                              ist die Soda besser und billiger anzuwenden, als Wasserglas.
                           Bodemer und Comp. in Eulenburg. Die Versuche mit
                              Wasserglas in der Färberei sowohl als bei der Bleiche blieben ohne Erfolg; wir haben
                              mit der Seife stets Besseres erreicht.
                           Breslauer, Meyer und Comp., durch Hrn. A. Leonhard. Seine sehr genau beschriebenen Versuche, über
                              eine Post von 400 Stück, bekunden, daß bei der Anwendung einer gleichen Quantität
                              Wasserglas statt der Soda das Resultat geringer war, die Waare war grauer und roher,
                              die Borketheilchen, die mechanisch der Baumwolle anhaften, markirten sich noch
                              scharf, stärker als es bei einer Sodaabkochung der Fall ist. Bei einem zweiten
                              Versuche verdoppelte er die Menge des Wasserglases, die Borketheilchen waren
                              geringer, aber immer noch stärker, als bei einer Sodaabkochung. Die Kosten der
                              Reinigung wurden aber auch dadurch größer, und dieses Verfahren konnte nicht
                              fortgesetzt werden.
                           Wenn der Natrongehalt des Wasserglases mit der Wirkung der Soda verglichen wird, so
                              bleibt er sehr hinter derselben zurück; bei jetzigen Preisen stellt sich in Bezug
                              hierauf das Wasserglas um das Fünffache theurer. Dagegen ist allerdings die
                              mechanische Wirkung des Wasserglases wohl zu beachten, seine große Schlüpfrigkeit
                              und Glätte, selbst bei großer Verdünnung, machen es für die Hauswäsche anwendbar;
                              immerhin muß aber ein fortwährendes Reiben stattfinden. Die mit Wasserglas
                              gewaschene Wäsche war, wenn auch nicht ganz so schön als die mit Seife gewaschene,
                              doch nur wenig verschieden.
                           Der Director der königl. Strafanstalt in Spandau. Das Wasserglas ersetzt die Seife
                              beim Reinigen der Wäsche nicht. Die Wäsche wurde weder vollkommen rein, noch konnten
                              die Flecke entfernt werden, diese nahmen sogar andere Farben an, die sich schwer
                              entfernen ließen. Dagegen ersetzt das Wasserglas die Aschelauge und Seife beim
                              Bäuchen mit gutem Erfolge, die Wäsche wird sogar weißer als bei der Anwendung der
                              Aschelauge. Es wurde außerdem erspart bei 5936 Stück Wäsche, die in jeder Woche
                              durchschnittlich gewaschen werden, 6 Thlr. 12 Sgr. 10 Pf. Das frühere Verfahren
                              kostete nämlich 9 Thlr. 1 Sgr. 3 Pf., während das mit Wasserglas nur 2 Thlr. 18 Sgr.
                              5 Pf. kostet.
                           Königl. Charité-Krankenhaus. Das Wasserglas kann die Blut-,
                              Eiter- und andere Flecken nicht entfernen, befestigt sie vielmehr, so daß
                              dann Seife in größerem Maaße gebraucht wird. Das Wasserglas kann die Soda nicht
                              ersetzen, die bei uns mit bestem Erfolge angewendet wird, es verlangt mehr Zeit und
                              mehr Arbeitskräfte, auch stellen sich die Kosten dadurch höher, daß die
                              Wasserglasmischungen nicht noch einmal gebraucht werden können, was aber mit unserer
                              Lauge der bereits gedämpften Wäsche zu dazu geeigneten Waschstücken geschieht.
                           Bielefelder Bleich-Anstalt. Das Wasserglas ist statt der Seife nicht mit
                              Vortheil anzuwenden; die Seife hat bei der Leinenbleicherei nicht nur eine
                              reinigende, coagulirende Eigenschaft, sondern sie dient auch dazu, den durch die
                              Chlor- und Sauerbäder spröde gewordenen Faden wieder glatt und geschmeidig zu
                              machen.
                           Strumpfwaarenfabrikant Hahn. Während die Seife die
                              wollenen Garne geschmeidig macht, wirkte das Wasserglas dahin, daß sie spröde und
                              steif wurden, wodurch das Arbeiten beim Stricken sehr erschwert wird; als
                              Waschmittel bei fertigen Tricots war das Weiß schmutzig.
                           W. Spindler's Färberei. Die mit Wasserglas gereinigten
                              farbigen Seidenzeuge hatten bei Weitem nicht die Klarheit und Reinheit erlangt,
                              welche die mit Oelseife gewaschenen auszeichnet. Bei den Farben zeigte sich genau
                              derselbe Uebelstand, als bei der Seife, beide verändern durch alkalische Einwirkung
                              dieselben in gleichem Maaße. Die bei dem Wasserglase frei werdende Kieselsäure legt
                              sich außerdem als feiner Staub auf die Oberfläche des Zeuges und nimmt ihm den Glanz
                              und das weiche Gefühl, während dagegen die freiwerdenden Fettsäuren der Seife den
                              bei Stoff geschmeidig erhalten.
                           Wolfenstein's Färberei, durch A. Frank. Sie wendet eine Mischung von 2/3 Marseiller Seife und 1/3
                              Wasserglas als Reinigungsmittel Seiden- und Wollenwäsche mit gutem Erfolge
                              an.
                           Rudolph und Friedländer, durch H. Friedländer. Bei dem Walken tuchartiger Stoffe tritt zwar durch Wasserglas
                              eine Oekonomie ein, die Waare behält aber nicht die volle Milde, sie wird im
                              Gegentheil etwas hart.
                              Es ist ein langes Spülen nöthig, um die zurückgebliebene Kieselsäure zu entfernen.
                              Das Waschen wollener Stoffe, in denen nur Leim, Farbeschmutz etc. enthalten ist,
                              gelingt vollkommen durch Wasserglas, die Farben werden weniger als durch Seife oder
                              Soda angegriffen, jedoch ist gleichfalls ein langes Nachspülen nöthig und es bleibt
                              der Waare eine unangenehme Härte. Eine Mischung von Seife und Wasserglas hat bei dem
                              Entfetten von Streichgarnen gute Resultate gegeben.