| Titel: | Beschreibung von Verbesserungen an dem Spulapparat der Schußspulmaschine Tranchat'schen Systems; erfunden von Heinrich Häfner in Chemnitz und ihm, in Sachsen patentirt. | 
| Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. CXVII., S. 417 | 
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                        CXVII.
                        Beschreibung von Verbesserungen an dem
                           Spulapparat der Schußspulmaschine Tranchat'schen Systems; erfunden von Heinrich Häfner in
                           Chemnitz und ihm, in Sachsen patentirt.
                        Aus der deutschen Gewerbezeitung, 1858 S.
                              217.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VII.
                        Verbesserungen an dem Spulapparat der Schußspulmaschine
                           Tranchat'schen Systems.
                        
                     
                        
                           In dem bekannten Werke von Armengaud
                              „Publication industrielle de Machines
                                    etc.“ befindet sich im Jahrgang 1847, t. V p. 164–171, die Beschreibung einer
                              Schußspulmaschine nebst dazu gehörigen Zeichnungen, construirt von Tranchat in Lyon, welche zufolge der Einleitung jener
                              Beschreibung auf demselben Principe beruht, wie solches den Maschinen von Duchamp in Lyon (patent. in Frankreich am 22. August
                              1844) und von Piavoux (patent. in Frankreich am 4.
                              November 1844) zu Grunde gelegt ist.
                           Dieses Princip besteht aber, wie es in der oben erwähnten Beschreibung von Armengaud deutlich auseinander gesetzt ist, in der
                              Anwendung einer kleinen, auf einer Spindel verschiebbaren Reibungsrolle (galet de friction) am Umfang der sich mit Fäden
                              füllenden Schußspule. Indem sich diese durch – auf irgend eine bekannte
                              mechanische Weise bewirkte – Hin- und Herbewegung des Fadenführers mit
                              Fäden umwickelt, beginnend an der unteren kegelförmigen Verstärkung der Spule, wird
                              sie natürlicherweise dort dicker oder größer von Durchmesser. Ist nun dieser
                              Spulendurchmesser an dieser Stelle so groß geworden, daß die nahe liegende
                              Reibungsrolle von ihm berührt wird, so geschieht es, daß die Rolle durch die Umdrehung der Spule,
                              in Folge ihrer Reibung an ihr, ebenfalls gedreht wird. Diese Drehung der Rolle hat
                              aber zugleich deren Verschiebung in der Richtung von der Basis nach der Spitze des
                              Spulenkegels zur Folge, und zwar wird diese Verschiebung so lange stattfinden, als
                              der Umfang der Garnspule in Berührung mit der Rolle bleibt. Hört diese Berührung
                              auf, so steht auch die Rolle still, während die Garnspule sich wegen des Hin-
                              und Herganges des Fadenführers mit Faden zu füllen fortfährt. Sobald aber die
                              Fadenaufwindung wieder die Gränze erreicht hat, wo sie die Rolle berühren kann, so
                              tritt auch sofort die Fortdrehung letzterer ein, darauf aufs Neue Stillstand u.s.w.
                              Solchergestalt wiederholt sich das Spiel dieser sinnreichen Vorrichtung, wodurch
                              sich die seitliche Hin- und Herführung des Fadens immer mehr verkürzt und
                              derselbe in fortgesetzten Spiralwindungen um die Spule gelegt wird, wie solches
                              nöthig ist, damit sie sich, im Schiffchen liegend, beim Weben gehörig entleeren
                              kann, mit anderen Worten, damit der Faden sich leicht, und ohne zu reißen, in der
                              Achsenrichtung der Spule von ihr abziehen lasse.
                           Die Beschreibung dieses Reibungsrollenprincips, wie es von Tranchat mechanisch ausgeführt ist, beginnt in dem Eingangs angezogenen
                              Werke, S. 168, mit den Worten: „Pour forcer le fil à s'appuyer successivement sur
                                    lui-même à mesure qu'il s'enroule sur la bobine, on a
                                    imaginé un galet de friction qui reste toujours en contact avec la
                                    cannette.“ –
                           Mit dieser Reibungsrolle steht der Fadenführer in irgend einer beliebigen Verbindung.
                              Auch die Bauart der Rolle und Spindel ist verschieden. Zuweilen ist die Spindel fest
                              an der Rolle und bewegt sich in einer besonderen Mutter fort, zuweilen schiebt sich
                              die Rolle auf der Spindel fort; die Wirkung bleibt sich aber immer gleich, nämlich
                              die allmähliche Verkürzung des Fadenführerwegs, wodurch die conische Auswindung, die
                              sogenannte Formbildung der Schußspule (graduation nach
                              französischer Ausdrucksweise), bedingt wird.
                           Die von Piavoux und Tranchat
                              angewendete Art, die Rolle recht allmählich und sicher auf der Spindel fortzurücken,
                              in Folge der Reibung an der Schußspule, besteht darin, daß sie die Spindel mit
                              Schraubengängen versehen und aus dem Loche oder der Büchse der Rolle, mit der sie
                              auf die Spindel gesteckt ist, eine kleine gebogene Stahlfeder herausragen lassen,
                              die mutterartig in das Gewinde eingreift, um – wie Armengaud sagt – „permettre par
                                    conséquent de faire cet écrou et le galet de friction, avec
                                    lequel il fait corps, sur la tige de cette vis, afin de les ramener
                                    promptement à leur position primitive après
                                 „qu'ils ont parcouru toute l'étendue
                                       nécessaire“
                                  (den „nöthigen Weg“ durchlaufen haben).
                           Das Wesen der Duchamp-Piavoux-Tranchat'schen Schußspulmaschine
                              besteht, noch einmal zusammengefaßt, in der Anbringung einer sich fortschiebenden
                              Rolle, durch deren Wirkung der Faden geführt (weil – wie Armengaud sich ausdrückt – „c'est la course du galet de friction qui détermine
                                    la longeur de cannette à faire“) und welche
                              Fortschiebung herbeigeführt wird durch die sich bauende Spule selbst in Folge ihres
                              Bewickelns mit Fäden, und zwar durch die Berührung von Spulenumfang und
                              Rollenumfang.
                           In der Beschreibung von Ch. W. Schönherr vom 6. August
                              1852 zu seinem Patente im Königreich Sachsen auf eine Schußspulmaschine bezeichnet
                              derselbe einen beweglichen Fadenhalter, wodurch das Garn
                              zur Schußspule geführt wird, als den hauptsächlichsten Mechanismus. Die Bewegung des
                              beweglichen Fadenhalters wird, nach seinen Worten,
                              „durch die Peripherie der Spule mittelst der Friction des aufgespulten
                                 Garnes bewirkt.“ Kommt – schreibt er weiter – der
                              conische Fadenhalter (Reibungsrolle, galet de friction)
                              mit dem conischen Kegel der Spule in Berührung, so wird der Fadenhalter durch die
                              drehende Bewegung der Spule auf der Schraubenstange (tige de
                                 vis) bis zur Vollendung der Spule jedesmal um so weit fortgerückt, als es
                              zur regelmäßigen Bildung der Spule erforderlich ist (il est
                                 forcé de marcher sur la vis avec l'écrou qu'il entraine dans sa
                                 rotation).
                           Schönherr nennt die Reibungsrolle Fadenhalter, weil es
                              seine Erfindung ist, die sich bei den französischen Maschinen nicht vorfindet, daß
                              jene Rolle auf sehr hübsche einfache Weise zugleich als Fadenhalter dient, während
                              dieser bei anderen Maschinen auf sehr verschiedene Weise nur so angebracht ist, daß
                              er der Bewegung der Reibungsrolle folgen muß. Schönherr
                              hat in seine Reibungsrolle eine tiefe Kerbe eingedreht, in welcher der Faden liegt
                              und fortgeführt wird, wenn sich die Rolle auf der Schraubenstange fortdreht. Das ist
                              seine concrete Ausführungsform der allgemeinen Idee und des bekannten Princips der
                              Formbildung der Schußspule mittelst der fadenführenden Reibungsrolle.
                           Heinrich Häfner führt nun dieses schon vor 1847 in die
                              Oeffentlichkeit gebrachte und also nicht neue Princip auf eine eigentümliche Weise
                              aus, durch welche sich mehrere nicht unbedeutende Verbesserungen beim Betriebe der
                              in Rede stehenden Art Schußspulmaschinen ergeben. Er bringt:
                           1) Für jede Schußspule einen besonderen fadenführenden Reibungsrollenapparat
                              (Spulapparat von ihm genannt) auf einer Stange an, die er Changirstange nennt und auf
                              welcher sich eine Reihenfolge von Spulapparaten waagrecht und senkrecht verstellen
                              läßt. Dadurch wird es möglich, bei einer Mehrzahl von Spindeln bei gleichmäßiger
                              Bewegung der Maschine gleichzeitig stärkere und schwächere Schußspulen zu wickeln,
                              was bei häufigem gleichzeitigen Bedarf von verschiedenen Spulen, namentlich in
                              kleineren Weberstuben, von wesentlichem Vortheil um so mehr ist, als auch durch
                              Aufstecken eines anderen Fadenführers die Kettenscherspulen gewunden werden.
                           2) Sein Spulapparat ist für einfache und doppelte Fadenführung eingerichtet, um
                              zugleich von Kötzern und Winden spulen zu können. Zugleich wird durch die getroffene
                              Anordnung für die Bedienung möglichst kurze Fadenführung, daher Erleichterung und
                              Bequemlichkeit herbeigeführt.
                           Zu näherem Verständniß der Einrichtung dieses Spulapparats dienen die Figuren 11 und 12, woraus mit
                              leichter Mühe die Abweichungen von den bekannten Ausführungsformen des bekannten
                              Princips deutlich zu erkennen sind. Dahingegen ist als eigenthümlich zu
                              erachten:
                           
                              1) die ganze Zusammenstellung des Apparats auf der Changirstange
                                 d, wodurch eine waagrechte und senkrechte
                                 Stellung des Apparats möglich wird;
                              2) die eigenthümliche Verbindung des doppelten Fadenführers e mit der Reibungsrolle a durch eine Verlängerung der Rollenbüchse f und mit der Changirstange, in Folge welcher der Fadenführer eine für
                                 Schonung des Garns sehr zuträgliche Spielung erhält, weil der Fadenführer mit
                                 einem Loch in seiner Mitte auf der erwähnten Rollenbüchsverlängerung lose
                                 steckt, während sein gabelförmiges Ende die Changirstange umfaßt, wodurch er
                                 verhindert wird, sich um die Rollenbüchsverlängerung f zu drehen;
                              3) die eigenthümliche Form dieses Fadenführers, wie solche aus
                                 der Zeichnung erhellt.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
