| Titel: | Ueber das Schmelzen des Stahls im Flammofen ohne Tiegel; vom Bergingenieur Lan zu St. Etienne. | 
| Fundstelle: | Band 154, Jahrgang 1859, Nr. XXV., S. 106 | 
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                        XXV.
                        Ueber das Schmelzen des Stahls im Flammofen ohne
                           Tiegel; vom Bergingenieur Lan zu St. Etienne.
                        Aus dem Bulletin de la Société de l'Industrie
                                 minérale, t. IV p. 572.
                        Lan, über das Schmelzen des Stahls im Flammofen ohne
                           Tiegel.
                        
                     
                        
                           Hr. E. Barrault hat in der Versammlung der Gesellschaft
                              der Civilingenieure am 6. Mai d. J. ein Verfahren zum Umschmelzen des Stahls
                              besprochen, wornach dasselbe auf der Sohle eines Flammofens von eigenthümlicher
                              Einrichtung vorgenommen wird. Das Metall wird dabei durch eine flüssige
                              Schlackenschicht vollständig gegen die Einwirkung der Flamme geschützt. Diese
                              Schlacken gehören in die Classe der neutralen oder basischen Silicate mit mehreren
                              Basen, und bestehen aus Materialien welche überall zu einem billigen Preise zu haben
                              sind. Die Herdsohle des Ofens, welche die Form einer flachen Schale hat und oben von
                              horizontalen Linien begränzt ist, besteht entweder aus dem besten feuerfesten Thon,
                              der durch die Flamme des Ofens bis zum oberflächlichen Erweichen gebrannt worden
                              ist, oder aus einem zugerichteten Block von feuerfestem Sandstein.
                           Die geneigten Flächen gehen einem Abstich zu, welcher in der Nähe der Feuerbrücke
                              angebracht ist und außerhalb in einer Art von Nische endigt, die den Zweck hat den
                              Abstichcanal zu verkürzen. Das Gewölbe ist sehr niedrig, so daß für den Durchgang
                              der Flamme über dem flüssigen Bade nicht mehr als 20 bis 25 Centimeter Raum bleiben. Die
                              Herdsohle muß massiv seyn, um die Wärme so viel als möglich darin zurückzuhalten.
                              Wenn man sie aber aus sehr gutem feuerfesten Sandstein darstellt, so kann man unter
                              dem Herde einen weiten Canal anbringen, durch welchen die Flamme von dem Fuchs
                              herströmt und auf diese Weise die Sohle von Unten erwärmt, wodurch eine wesentliche
                              Brennmaterialersparung erzielt wird.
                           Das Verhältniß des Rostes zur Sohle ist ziemlich das für die Schweißöfen angenommene.
                              Die Oefen können natürlichen Zug haben, oder durch Ventilatoren gespeist werden, die
                              entweder kalte oder auf 300° C. erhitzte Luft einführen. Wenn man warme Luft
                              anwendet, so lassen sich Brennmaterialien von mittelmäßiger Beschaffenheit anwenden,
                              was stets eine Ersparniß ist.
                           In allen Fällen werden die entweichenden Flammen zum Vorwärmen der metallischen
                              Substanzen benutzt, welche dazu in eine große Muffel gebracht werden, um gegen den
                              glühenden Gasstrom geschützt zu seyn; ferner zum Vorwärmen der zerpulverten
                              Schlacken, welche dazu auf einen geeigneten Herd gebracht werden.
                           Die metallischen Substanzen kann man, nachdem sie vorher rothglühend gemacht worden
                              sind, in das geschmolzene Schlackenbad bringen, oder man kann das vorgewärmte Metall
                              auf die Herdsohle legen und es mit einer Schicht von zerpulverten und ebenfalls
                              erhitzten Schlacken bedecken. Letztere schmelzen, sobald stark gefeuert wird, und
                              schützen das Metall vollständiger als die Wände eines Tiegels. In einem Ofen, dessen
                              Sohle eine Oberfläche von 2 Quadratmetern hat, kann man 500 bis 1000 Kilogr. Stahl
                              auf einmal schmelzen. Der Proceß dauert 3 bis 5 Stunden und geht ganz vollständig
                              vor sich, obgleich die metallischen Substanzen gar nicht in unmittelbare Berührung
                              mit der Flamme kommen. Man kann den geschmolzenen Stahl mit Brechstangen und Haken
                              von sehr gutem Eisen umrühren, und die noch nicht geschmolzenen Stücke gegen die
                              Brücke schieben, um deren Schmelzung zu beschleunigen; auch kann man mittelst einer
                              Kelle von feuerfestem Thon, welche vorher weißglühend gemacht worden ist, aus dem
                              Bade ausschöpfen.
                           Nachdem die Schmelzung eine vollständige ist, öffnet man den Abstich und läßt den
                              Gußstahl in gußeiserne oder in Masseformen mit der gehörigen Vorsicht abfließen.
                              Darauf sticht man die Schlacken ab, reparirt nöthigenfalls die Herbsohle,
                              verschließt die Abstichöffnung sorgfältig, und beginnt einen neuen Proceß.
                           Nach den in Oefen mit natürlichem Zuge (nur solche wurden bis jetzt angewendet)
                              erlangten Resultaten, scheint der Brennmaterialverbrauch nicht mehr als 3 Theile
                              Steinkohlen auf 1 Theil Gußstahl zu betragen, und man hofft ihn noch beträchtlich
                              vermindern zu können. Die Herdsohlen von feuerfestem Thon leisten großen Widerstand
                              und versprechen eine lange Dauer. Das Ofengewölbe leibet durchaus nicht, denn die
                              zum Schmelzen des Stahls erforderliche Temperatur ist nicht viel höher als diejenige
                              zum Ausschweißen des Eisens.
                           Hr. E. Barrault gibt Zeit und Ort wo die Versuche mit
                              diesem Schmelzverfahren angestellt wurden, nicht an; aus der Besprechung dieses
                              Gegenstandes in der Versammlung der Civilingenieure am 6. Mai d. J. scheint aber
                              hervorzugehen, daß die Versuche ganz neuerlich in den Werkstätten der Nordbahn
                              angestellt worden sind.
                           Im December vorigen Jahres habe ich in den Stahlwerken der HHrn. Petin, Gaudet u. Comp. ein
                              ganz ähnliches Verfahren versucht. Auf die Idee dazu brachten mich Patente, welche
                              schon vor einigen Jahren in England genommen wurden, um Stahl auf dem Herde eines
                              Flammofens zu schmelzen, nachdem man ihn mit Alkalien oder alkalischen Salzen
                              überzogen hat, welche ihn während des Erhitzens gegen die Oxydation schützen müssen.
                              Ich hielt es nämlich für möglich, den Stahl ohne Veränderung auf einer hohlen
                              Herdsohle zu schmelzen, wenn er mit einer Schlacke bedeckt wird, welche Kalk,
                              Thonerde und Mangan als Basen enthält und die über dem Metallbad eine Wand zu bilden
                              vermag, welche von den Herdgasen ebenso wenig durchdrungen wird, wie die Wände der
                              gewöhnlichen Tiegel. Die von mir angenommenen Einrichtungen waren fast dieselben wie
                              die von Hrn. E. Barrault angegebenen, aber bisher erhielt
                              ich keine so vollkommenen Resultate wie dieser Ingenieur.