| Titel: | Dampfwagen für gewöhnliche Straßen, von Thomas Rickett. | 
| Fundstelle: | Band 154, Jahrgang 1859, Nr. XXXII., S. 161 | 
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                        XXXII.
                        Dampfwagen für gewöhnliche Straßen, von Thomas Rickett.
                        Aus dem Practical Mechanic's Journal, August 1859, S.
                              119.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Rickett's Dampfwagen für gewöhnliche Straßen.
                        
                     
                        
                           Der hier zu beschreibende Dampfwagen wurde von Thomas Rickett in Buckingham für den Marquis v. Stafford und einen Hrn. Mac
                                 Connel von der London und North Western Eisenbahn ausgeführt. Er
                              sollte zur Beförderung von drei Passagieren mit 10 engl. Meilen Geschwindigkeit per Stunde dienen, und wir glauben, daß derselbe diese
                              Bedingung vollständig erfüllt hat. Das Wagengestell ruht auf drei Rädern, zwei
                              hinteren Laufrädern und einem vorderen Steuerrade. Die Rahmstücke der Maschine, Fig. 27,
                              bestehen aus Kasten von schwachem Bleche, zwischen denen sich am hinteren Ende der
                              Kohlenbehälter, am vorderen Ende die Verbindung für das Steuerrad befindet, welches
                              so viel Raum hat, daß es rechtwinkelig zur Längenachse des Wagens gestellt werden
                              kann. Der Kessel steht über dem Kohlenbehälter am hinteren Ende des Gestelles, und
                              auf jeder Seite desselben liegt einer der horizontalen Dampfcylinder. Am Vordertheil
                              des Gestelles, zwischen dem Kessel und dem Steuerrade, befindet sich ein bequemer
                              Sitz für drei Passagiere.
                           Die Kurbelachse liegt unter dem Sitze, und die Uebertragung der Kraft von den
                              Cylindern auf dieselbe ist in gewöhnlicher Art bewerkstelligt. Diese Achse trägt ein
                              Kettenrad, über welches eine Kette ohne Ende führt, welche die Transmission der
                              Kraft auf ein größeres, auf der Achse der Treibräder sitzendes Kettenrad bewirkt.
                              Die Durchmesser des treibenden und getriebenen Kettenrades verhalten sich = 1 : 2,5.
                              Die Treibachse liegt am hinteren Ende der Rahmstücke; die Achsbüchsen haben
                              Führungen in denselben, und auf beiden ruht eine querliegende Tragfeder, welche das
                              Gestell trägt.
                           Hinter der Treibachse befindet sich ein Fußbret und ein Sitz, letzterer gleichzeitig
                              als Werkzeugkasten für den Heizer dienend. Das eine Treibrad ist fest mit der Achse
                              verbunden, das andere dagegen lose aufgesteckt und mit einer festen Kuppelung
                              versehen. Diese Kuppelung wird jedoch nur ausgelöst, wenn die Maschine durch sehr
                              kurze Curven zu fahren hat, so daß ein Rad das Centrum des zu durchfahrenden Bozens
                              bildet.
                           Die Maschine wird mit Leichtigkeit durch einen mit der Gabel des Steuerrades
                              verbundenen Handhebel gelenkt, welcher, mit einer Feder versehen, gestattet, daß das
                              Gestell auf den Tragfedern schwingen kann. Dieser Steuerhebel ist entweder auf der
                              Mitte der Gabel oder seitlich so angebracht, daß er an der rechten Seite des Sitzes
                              in einer Linie mit dem dort befindlichen Regulatorhebel ist. Die dort sitzende
                              Person hat den Führerdienst zu verrichten und die vollständige Aufsicht über die
                              Maschine.
                           Die Dampfcylinder haben 3 Zoll Durchmesser und 9 Zoll Hub; der Dampfdruck ist 110
                              Pfd. pro Quadratzoll. Die Treibräder haben 3 Fuß
                              Durchmesser. Der Dampfkessel hat innere Heizung und Retourröhren; die Veränderung
                              der Ebene hat beim Steigen und Fallen nur wenig Einfluß auf ihn. Derselbe besteht
                              aus Gußstahlblech, hat 19 Zoll Durchmesser und ergibt 31 Quadratfuß Heizfläche. Die
                              Wasserbehälter bilden gleichzeitig die Langbäume des Gestelles und enthalten 42
                              Gallons Wasser, welche für eine Fahrt von acht bis zehn englische Meilen ausreichen.
                              Der Vorrath im Kohlenbehälter reicht für zwanzig bis dreißig englische Meilen Fahrt
                              aus.
                           Das Gewicht der Maschine selbst ist 19 1/2 Ctr. engl.; sammt Passagieren, Heizer,
                              Kohlen und Wasser beträgt es 30 Ctr. engl.
                           Der Brennmaterialverbrauch beträgt 6 bis 7 Pfd. Steinkohlen per engl. Meile, und der Kessel verdampft per
                              Minute circa 10 Pfd. Wasser.
                           Auf guten ebenen Straßen läuft diese Locomotive leicht mit einer Geschwindigkeit von
                              12 bis 14 engl. Meilen per Stunde, und sie kann
                              Steigungen bis 1 : 12 ziemlich leicht befahren. Um ihre Leistung in dieser Hinsicht
                              beurtheilen zu können, muß man sich erinnern, daß beiläufig fünf Pferdekräfte
                              erforderlich sind, um 30 Ctr. mit einer Geschwindigkeit von 4 engl. Meilen eine
                              Steigung von 1 : 12 hinauf zu ziehen. Ihre Bewegung beim Fahren ist eine äußerst
                              ruhige, da die Construction der Federn eine sehr gute ist, und die einzige
                              Unannehmlichkeit ist das Geräusch des Ausblaserohrs. Rauch wird selten erzeugt, und
                              die Passagiere können auf ihrem Sitze vor dem Kamin weder durch diesen noch durch
                              Dampf belästigt werden.
                           Die Beförderer dieses neuen Versuches, die Zugkraft der Pferde auf den Landstraßen
                              durch die Dampfkraft zu ersetzen, versprechen sich den besten Erfolg, was jedoch,
                              wie der Erbauer dieser Locomotive selbst zugibt, abgewartet werden muß. Die
                              Constructionsbedingungen für derartige Locomotiven sind wesentlich verschieden von denen für
                              Schienenstraßen. Große Kraft bei geringem Gewicht ist die Hauptsache; wenn derselben
                              nicht entsprochen wird, sind nur theilweise Erfolge zu erreichen. Um die
                              größtmögliche Leichtigkeit der Maschine zu erzielen, wandte Hr. Rickett einen so kleinen Kessel an,
                              und wollte lieber 1/2 Pfd. Kohle per Meile mehr
                              verbrennen, als einen Centner mehr Metall und Wasser unnütz mitschleppen. Die
                              nutzbare Zugkraft der Maschine war bei den ausgedehnten Proben auf den Chausseen in
                              Buckinghamshire und der Nachbarschaft = 380 Pfd., oder 1/6 ihres Gewichts, oder 1/9
                              des Gesammtgewichtes im beladenen Zustande.
                           Eine Hauptschwierigkeit bei der Anwendung von Dampfwagen auf gewöhnlichen Straßen
                              dürfte immer die Scheu der Pferde vor den bei ihnen vorbei passirenden, sich
                              automatisch bewegenden Maschinen bleiben, weßhalb letztere häufig zum Stillstand
                              gebracht werden müssen. Uebrigens wird das Befahren der gewöhnlichen Straßen mit
                              Dampfwagen in England jetzt ernstlich in Angriff genommen, denn eine Bill über das
                              zu erhebende Chausseegeld kommt bereits im Parlament zur zweiten Lesung; darnach
                              wäre für jede Locomotive per engl. Meile 1 Shilling, und
                              für jeden von einer derartigen Locomotive gezogenen Wagen, je nach dessen
                              Felgenbreite, 3 bis 4 Pence per Räderpaar zu entrichten;
                              überdieß müßte jede Locomotive mit Vorrichtungen zur vollständigen Rauchverbrennung
                              versehen werden.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
