| Titel: | Ueber Verfahrungsarten den natürlichen Torf zu verdichten und zu verbessern; vom Prof. Rühlmann in Hannover. | 
| Fundstelle: | Band 154, Jahrgang 1859, Nr. LXXII., S. 343 | 
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                        LXXII.
                        Ueber Verfahrungsarten den natürlichen Torf zu
                           verdichten und zu verbessern; vom Prof. Rühlmann in
                           Hannover.
                        Im Auszug aus Henneberg's Journal für Landwirthschaft, Septbr.
                              1858, S. 459.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        Rühlmann, über Verfahrungsarten, den natürlichen Torf zu
                           verdichten.
                        
                     
                        
                           Zweiter Artikel.Der erste Artikel, dem Verfahren Challeton's
                                    gewidmet, wurde im polytechn. Journal Bd.
                                       CXLVIII S. 141 mitgetheilt.
                           
                              1. Verfahren von Gwynne.
                              Der Engländer Gwynne (London, Essex-Street,
                                 Strand) scheint der erste gewesen zu seyn, welcher es verstand die Challeton'sche Idee, den natürlichen Cohäsionsverband
                                 des Torfes, zum Zwecke des nachherigen Verdichtens, aufzuheben, mit dem alten
                                 Verfahren des Pressens zu verbinden.
                              Gwynne's deßfallsiges Patent datirt vom 6. Mai 1853
                                 (Specification etc. A. D. 1853, No. 1117) und ist ausgestellt auf „Improvements in the Treatment or Manufacture of Peat
                                       and other Substances to be used as Fuel.“ Dabei wird
                                 besonders hervorgehoben, daß seine Methode namentlich dann besteht das
                                 (zerkleinte) Material zu trocknen und zwar, indem es gezwungen wird eine Reihe
                                 (7 Stück) geneigter und in verticaler Ebene so über einander gestellter
                                 Trockencylinder zu passiren, daß es von einem Cylinder immer in den unmittelbar
                                 darunter liegenden läuft und nach und nach alle (7 Stück) durchwandert, während
                                 sich dabei jeder Cylinder um seine geneigte Achse dreht. Sämmtliche Cylinder
                                 werden von einem Ofen umschlossen, der unter dem am tiefsten liegenden Cylinder
                                 seinen Herd hat. (Hinsichtlich betreffender Abbildungen muß auf die vorher
                                 citirte Quelle verwiesen werden.) Eine starke Excentrik-Presse verrichtet
                                 den zweiten Theil der Arbeit. Als Preßtisch dient dabei eine horizontal
                                 aufgestellte, um eine Vertical-Achse sich drehende gußeiserne Scheibe,
                                 welche (12) viereckige Durchbrechungen (Formkasten) von der Größe der
                                 anzufertigenden Torfziegel enthält, dabei aber hohl ist, um Wasserdampf
                                 einführen, überhaupt die Torfmasse im heißen Zustande pressen zu können.
                              Nach dem Füllen eines der Formkästen wird die große Scheibe um so viel gedreht,
                                 daß ersterer genau unter dem Stempel der Excentrikpresse zu stehen kommt, worauf
                                 das Pressen erfolgt, der gepreßte Torfziegel heraus und auf ein fortschreitendes
                                 Tuch ohne Ende geworfen wird, während sich die Formscheibe abermals so dreht,
                                 daß die nächste Form unter den Stempel gelangt. Hieraus wird man leicht
                                 erkennen, daß Gwynne in vielen Theilen eine der
                                 bekannten Pressen nachgeahmt hat, die, seiner Zeit, viel Aufsehen zur
                                 Fabrication der Torfziegel machte.
                              Die nach Hannover gelangten Producte des Gwynne'schen
                                 Preßverfahrens waren ausgezeichnet, von fast steinartiger Härte und 1,302
                                 specifischem Gewichte.
                              Nichts desto weniger erkannte man bald, abgesehen von den mehr als übertriebenen
                                 Forderungen für die Apparate, daß Gwynne's
                                 Mechanismus zu kostspielig war, um mit einiger Gewißheit eine Rente erwarten zu
                                 können. So viel mir bekannt, hat deßhalb auf dem Continente von den Apparaten
                                 und Maschinen Gwynne's Niemand Gebrauch gemacht.
                              
                           
                              2. Verfahren von Exter.
                              Im Sommer 1857 erhielt ich vom königl. hannoverschen Ministerium des Innern den
                                 ehrenvollen Auftrag, die vorzüglichsten Torfbereitungsanstalten Deutschlands
                                 (speciell Pinneberg und das Haspelmoor) zu besuchen und gleichzeitig der XIX.
                                 Versammlung deutscher Land- und Forstwirthe in Coburg über diesen (auf
                                 der Tagesordnung stehenden) wichtigen Gegenstand Mittheilungen zu machen.
                              
                              Auf dem Haspelmoor mit größter Zuvorkommenheit aufgenommen, ward mir Alles
                                 gezeigt, was im Ganzen und Einzelnen zur Einsichtnahme in den ganzen
                                 Torfverdichtungsproceß des Hrn. Oberpostraths Exter erforderlich war, und werbe ich nie den
                                 schönen Tag vergessen, den ich an einer Stelle erlebte, wo deutscher Fleiß, mit
                                 ungewöhnlicher Ausdauer und Energie gepaart, von Talent und Einsicht unterstützt
                                 der Lösung einer Aufgabe gewidmet war, die für Landwirthschaft, für Industrie
                                 und Volkswirthschaft von gleich hoher Bedeutung bleiben wird.
                              Das an mehreren Stellen über 20 Fuß mächtige Moor liegt auf der Wasserscheide
                                 zwischen Augsburg und München und somit ganz geeignet, die erforderliche
                                 Wasserabführung und Trockenlegung durch Gräben vornehmen zu können. Bei meiner
                                 Anwesenheit (28. August 1857) gab man die in Angriff genommene Moorfläche zu 90
                                 bayerischen Tagwerk1 Tagwerk = 400 Quadratruthen = 40,000 Quadratfuß bayerisch. an, welche zum Theil in Beete (Felder) von etwa 600 Fuß Länge und 200
                                 Fuß Breite eingetheilt war.
                              Nach vorhergegangener Entfernung der etwa vorhandenen Baumäste, Sträucher und
                                 Wurzeln, auch Wegnahme der obersten meist unbrauchbaren Decke erfolgte
                              1) das Trocknen der Torffläche mittelst Pflügen von etwa 5 Fuß Gesammtbreite, mit
                                 drei gegen einander versetzten Scharen, wobei als Zugkraft entweder Ochsen oder
                                 eine transportable Dampfmaschine in Anwendung gebracht wurden.
                              Mir war letztere Art der Arbeit ganz neu, da bis zu dieser Zeit von Dampfpflügen
                                 wohl kaum an einem anderen Orte Deutschlands Gebrauch gemacht worden war.
                              Diesem Processe folgte
                              2) das Eggen, wobei die betreffenden Geräthe, Klopfer genannt, aus 12 bis 13 einzelnen circa 5 Fuß langen Balten, jeder mit etwa 9 Spitzen
                                 versehen, gebildet und die Verbindung der Balken untereinander durch Ketten (an
                                 den Enden) bewirkt war. Jeder solcher Klopfer wurde durch zwei starte Ochsen
                                 gezogen und bedurfte einen Treiber, so wie einen Lenker für das hintere Ende.
                                 Nach abermaligem 2 bis 3 Tage langen Liegenlassen der so bearbeiteten Flächen
                                 erfolgte
                              3) das Wenden etc. etc. und zwar mittelst Geräthen,
                                 welche den sogenannten Saatdeckern ähnlich sind. Bei etwa 4maligem Uebergehen
                                 des Feldes in der Querrichtung desselben wendete man das Torfklein doppelt um und machte es zu
                                 fernerem Abtrocknen zurecht, worauf es nach einigen Tagen
                              4) zum Zusammenfahren und Abräumen bereit ist. Ersteres erfolgte durch sogenannte Bifangs,
                                 Striemen (Häufelkästen die vorn weiter als hinten sind), letzteres durch eine
                                 Art colossalen Hobel mit zwei oder drei Eisen, in deren hohlen prismatischen
                                 Räumen sich die Masse beim Fortziehen des Geräthes ansammelt.
                              Von dem Torffelde weg transportirte man das gewonnene Gut auf einer Eisenbahn
                                 durch Seilbetrieb (von der Dampfmaschine aus) in kleinen Wagen von circa 90 Kubikfuß Inhalt entweder direct nach dem
                                 1800 Fuß entfernten Maschinen-(Preß-) Hause, oder stapelte
                                 dasselbe in entsprechenden Magazingebäuden auf, die für den Durchgang der
                                 atmosphärischen Luft nach Art der Trockenhäuser (für Appretur oder Zeugdruck)
                                 eingerichtet sind.Mit Hülfe von 106 Personen (Männern und Weibern) wollte man binnen 4
                                       Tagen etwa 100,000 Kubikfuß Torf zubereitet und an die Bahn geschafft
                                       haben.
                                 
                              Je nach Umständen wurde wohl auch der so gewonnene Torfgrus und Staub vor dem
                                 Pressen durch ein vorhandenes Walzwerk zerkleinert.
                              Der vor dem Pressen eintretende Proceß des Trocknens erfolgte, bei meiner
                                 Anwesenheit, erst in Gefäßen mittelst abziehenden Wasserdämpfen, und hierauf in
                                 einem zweiten Apparate, bestehend aus geneigten Cylindern, mit inneren
                                 Wende- und Transport-Werkzeugen versehen, wovon jeder etwa 12 Fuß
                                 lang war und vielleicht 18 Zoll Durchmesser hatte, geheizt durch die vom Feuer
                                 der Dampfkessel abziehende heiße Luft.
                              Aus letzterem Apparate läuft das Torfmehl heiß
                                 Hr. Prof. A. Vogel
                                       jun. in München bemerkt bei Beschreibung
                                       dieses Verfahrens in seiner Schrift über „den Torf, seine
                                          Natur und Bedeutung“ (Braunschweig, Verlag von G.
                                       Westermann, 1859), daß die Temperatur womit der Torf aus den
                                       Trockencylindern in die Zuführtrichter der Pressen gelangt, circa 80º R. beträgt. Er fügt bei:
                                       „Die Annahme des Hrn. Dr. Bromeis, daß bei dieser Temperatur eine
                                          Entwicklung von Theerdämpfen beginne und diese nothwendig seyen zur
                                          Haltbarkeit des Präparats, ist sicherlich irrig. Nach meinen
                                          vielfachen Beobachtungen über den Destillationsproceß des Torfes
                                          beginnt die Entwickelung von Theerdämpfen erst bei einer viel höhern
                                          Temperatur, bei schon vorangeschrittener Zersetzung des Torfes.
                                          – Diese Theerdämpfe sind übrigens gar nicht nöthig, um die
                                          Consistenz des Materials zu erklären. Bekanntlich erhält trockenes
                                          Thonpulver durch starken Druck die Consistenz von Ziegelsteinen;
                                          auch haben wir Pappendeckel gesehen, die aus trockenen über einander
                                          gepreßten Blattern ohne alles Bindemittel bestanden, und gleichwohl
                                          durch sehr starken Druck eine solche Consistenz erhalten hatten, daß
                                          sie durch kein mechanisches Mittel mehr getrennt werden konnten und
                                          den härtesten Stahlinstrumenten widerstanden Die Wärme erweicht die
                                          einzelnen Torftheile und erleichtert und befördert ihr
                                          Aneinanderschließen, ist aber zur Herstellung eines haltbaren
                                          Präparates, wenn nur die Gewalt der Pressung stark genug ist, nicht
                                          unbedingt erforderlich.“ A. d. Red. direct in die Zuführtrichter der Pressen, wovon ich zwei im Gange fand,
                                 welche beide zusammen per Minute etwa 90 Torfziegel (so heiß,
                                 daß man sie nicht gut mit den Fingern anfassen konnte) lieferten. Die in meiner
                                 Gegenwart durch das Pressen gewonnenen Ziegel hatten (durchschnittlich) 8 1/2
                                 Zoll Länge, 2 1/8 Zoll Breite und 3/4 Zoll Dicke und ein Gewicht von 0,696
                                 Zoll-Pfund, wonach sich der Kubikfuß zu circa
                                 72 Pfd. berechnet. Da mittelgutes Torfpulver 12 bis 14 Pfd., sehr gutes 15 bis
                                 20 Pfd. per Kubikfuß wiegt, so kann man annehmen,
                                 daß die Verdichtung mindestens eine vierfache war.
                              Beide im Gange befindliche Pressen wurden durch Dampfmaschinen betrieben, wovon
                                 die der ersten Presse einem Dampfschiffe angehört hatte, die andere aber in
                                 directer Verbindung mit der (zweiten) Presse arbeitete. Letztere Dampfmaschine
                                 hatte einen Kolben von ungefähr 12 Zoll Durchmesser bei 24 Zoll Hub, während der
                                 Stempelhub der Presse etwa 7 Zoll betragen mochte und eine Dampfspannung im
                                 Kessel von circa 45 Pfd. Ueberdruck vorhanden war.
                                 Da der hierdurch gepreßte Kuchen eine Länge von 8 1/2 Zoll englisch und 2 7/8
                                 Zoll Breite besaß, so hatte die (letzte) Pressung unter einem Drucke von
                                 mehreren hundert Atmosphären stattgefunden.
                              Das Gesammturtheil über die Torfbereitung auf dem Haspelmoore kann in jeder
                                 Beziehung nur ein anerkennendes seyn, da Erfahrungen aller Art gleichsam erst im
                                 Verlaufe der Arbeit gesammelt werden mußten und gewiß eine von Grund aus völlig
                                 neue Anlage jetzt viel einfacher, billiger und wirksamer geschaffen werden
                                 würde, als die des Haspelmoors, weßhalb ich jedem nachfolgenden Unternehmer nur
                                 dringend rathen kann, sich den schönen Schatz von Erfahrungen anzueignen,
                                 welchen Hr. Oberpostrath
                                    Exter gesammelt hat.
                              Indem ich mir Mittheilung von weiteren Erfahrungen in der fraglichen Sache
                                 vorbehalte, schließe ich mit der Beschreibung einer der
                                    neuesten Exter'schen Torfpressen.Die früheren, complicirteren Torfpressen, auf welche Hrn. Exter am 8 Januar 1857
                                       für das Königreich Hannover ein Patent ertheilt wurde, hat Hr. Prof.
                                       Rühlmann in
                                       unserer Quelle ebenfalls beschrieben und durch Abbildungen erläutert. A.
                                       d. Red. Bei den Abbildungen, Fig. 32 bis 34, sind
                                 in allen Ansichten gleiche Theile mit denselben Buchstaben bezeichnet.
                              Der erste Anblick läßt ohne weiters erkennen, daß man eine sogenannte
                                 Excentrikpresse vor sich hat. Dabei ist A eine
                                 Vorgelegewelle, worauf die mit einem Motor (Dampfmaschine oder Wasserrad)
                                 communicirende Riemenscheibe R sitzt, ferner V ein Schwungrad und N
                                 ein Zahngetriebe, welches letztere mit dem auf der Excentrikwelle B
                                 befestigten Stirnrade M in Eingriff steht. Die
                                 Bewegung des Preßstempels S geschieht von der Welle
                                 B aus, an welcher sich die excentrischen Zapfen
                                 z, z befinden, die mit S durch ein paar Lenk- oder Zugstangen t, t in Verbindung stehen. Der Zuführrumpf T und der kastenförmige Raum k für die zu
                                 pressende Torfmasse bedürfen keiner Erklärung. O ist
                                 ein um eine Achse drehbarer, gegen fortschreitende Bewegung aber festliegender
                                 Deckel, welcher mittelst einer Schraube P beliebig
                                 herabgedrückt und wodurch der Widerstand der Seitenwandreibung im Preßkasten k fast beliebig verstärkt werden kann; nicht mit
                                 Unrecht pflegt man daher letztere Anordnung den Regulator der Presse zu nennen.Wir verweisen auf die Resultate der von Dr.
                                       Kraut ausgeführten Untersuchung des
                                       Haspelmoor-Preßtorfs, im polytechn. Journal Bd. CLIII S. 289.
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
