| Titel: | Drei neue Bestimmungsmethoden des Eisens für Berg- und Hüttenleute; von Medicinalrath Dr. Mohr. | 
| Fundstelle: | Band 154, Jahrgang 1859, Nr. XCIV., S. 434 | 
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                        XCIV.
                        Drei neue Bestimmungsmethoden des Eisens für
                           Berg- und Hüttenleute; von Medicinalrath Dr. Mohr.
                        Aus dem Bergeist, 1859, Nr. 86 und 87.
                        Mohr's neue Bestimmungsmethoden des Eisens für Berg- und
                           Hüttenleute.
                        
                     
                        
                           Die gewöhnliche Bestimmungsmethode des Eisens in seinen Verbindungen und Erzen beruht
                              auf der Oxydation des Oxyduls zu Oxyd mittelst übermangansauren oder chromsauren
                                 Kalis. Da in den meisten Fällen das Eisen als Oxyd vorhanden ist, so muß dieser Bestimmung immer die Reduction zu Oxydul vorangehen, welche gewöhnlich mit metallischem
                              Zink ausgeführt wird. Abgesehen von der Schwierigkeit, fast Unmöglichkeit, ein
                              eisenfreies Zink zu erhalten, erfordert die Reduction eine bedeutende Zeit, und man
                              hat schließlich kein sicheres Zeichen, daß sie vollendet ist. Die Bestimmung würde
                              sehr an Einfachheit und Kürze gewinnen, wenn sie mit der Reduction sogleich vereinigt wäre. Die drei folgenden Methoden beruhen alle
                              auf der Reduction des Oxydes zu Oxydul, also auf der umgekehrten Operation, wie früher, und setzen voraus, daß
                              das Eisen vollständig als Oxyd vorhanden sey. Diese
                              Bedingung ist mit der größten Leichtigkeit zu erfüllen. Wenn die Verbindung (Erz,
                              Schlacke) Eisenoxydul enthält, oder nur im Verdacht steht, es zu enthalten, so setzt
                              man während der Lösung in Salzsäure einige Körnchen chlorsaures Kali oder etwas künstliches Manganhyperoxyd zu und fährt fort zu kochen, bis die Flüssigkeit nicht
                              mehr nach Chlor riecht. Sie enthält nun ein oxydulfreies
                                 saures Eisenchlorid.
                           
                        
                           I. Methode.
                           Man erwärmt die eisenoxydhaltige Lösung der Probe bis nahe
                              zum Kochen, setzt einige Tropfen Rhodankaliumlösung zu,
                              wodurch eine intensiv rothe Färbung entsteht, und fügt
                              nun aus einer Blasebürette tropfenweise Zinnchlorürlösung
                              zu, bis vollkommene Entfärbung eingetreten ist, indem man die Flüssigkeit immer nahe
                              am Sieden hält. Zinnchlorür zersetzt Eisenchlorid; die gelbe Farbe des letztern
                              verschwindet und die Lösung geht immer mehr ins Farblose
                              über. Um diesen Uebergang recht deutlich zu machen, ist das Rhodankalium zugesetzt, welches eine sehr intensive Farbe mit Eisenchlorid erzeugt. Die
                              Zersetzung durch Zinnchlorür geht aber nicht augenblicklich vor sich, sondern bedarf
                              einer gewissen Zeit, die um so länger ist, je verdünnter und kälter die Flüssigkeit
                              ist. Aus diesem Grunde ist eine ziemliche Concentration und Anwendung der Siedhitze
                              empfohlen. Die Erscheinung der beendigten Operation ist sehr deutlich und die
                              Resultate sind ganz genau.
                           Man muß nun noch den Werth der Zinnchlorürlösung suchen, d.h. den Titre nehmen. Dieß geschieht mit einer
                              Flüssigkeit, welche im Liter 10 Grm. reines Eisen in
                              Gestalt von Oxyd enthält. Ich bediene mich zu diesem Zwecke des Eisenoxyd-Ammoniak-Alauns. Dieses Salz ist
                              krystallisirt, fest, nicht zerfließlich und nicht veränderlich. Es läßt sich deßhalb
                              in jeder Menge leicht und sicher abwägen. Sein Atomgewicht ist 482 und dieses
                              enthält 2 Atome oder 56 Theile Eisen.
                           Man berechnet hieraus leicht, daß genau 86,071 Grm.
                              Eisenoxyd-Ammoniak-Alaun 10 Grm. Eisen enthalten. Es ist hier das metallische Eisen als Ausgangspunkt gewählt, weil alle
                              Hüttenmänner wegen des Ausbringens von metallischem Eisen ihre Erze darauf
                              berechnen. Man wägt 86,071 Grm. des genannten Salzes ab, bringt es in eine
                              Titreflasche, setzt Wasser und 100 bis 200
                              Kubik-Centimeter reine Salzsäure zu, löst unter
                              Umschwenken und füllt dann bis an die Marke an. Von dieser Flüssigkeit enthält jeder
                              K. C. 10 Milligramme metallisches Eisen, also 10 K. C. enthalten 0,1 Grm. Eisen. Man
                              pipettirt eine beliebige Menge (10 bis 50 K. C.) dieser Flüssigkeit in eine
                              Kochstasche ab, versetzt sie mit Rhodankalium, erwärmt
                              und entfärbt durch Zinnchlorür aus der Bürette. Man
                              erhält so den Werth der etwas wandelbaren Zinnchlorürlösung auf Eisen reducirt.
                           Gesetzt 10 K. E. Eisenlösung = 0,1 Grm. Eisen hätten 12,3 K. C. Zinnchlorürlösung
                              verbraucht, so hat man die Proportion anzusetzen 12,3 : 0,1 = der verbrauchten Menge
                              Zinnchlorür: zu der zu suchenden Menge Eisen.
                           
                        
                           II. Methode.
                           Man bringt die eisenoxydhaltige Flüssigkeit in eine Kochflasche, setzt etwas frische
                              Stärkelösung und Jodkalium
                              zu, und erwärmt bis zu 50 bis 60° Cels. Dann setzt man Zinnchlorür aus der Blasebürette hinzu, bis die blaue Farbe verschwunden ist und durch Erwärmen nicht wiederkehrt.
                           Hier ist die Jodstärke als Indicator an die Stelle des
                              Rhodankaliums getreten. Man sieht recht deutlich, wie die Zersetzung des Eisenchlorids und Zinnchlorürs
                              nicht plötzlich, sondern allmählich eintritt; denn wenn die blaue Farbe der
                              Jodstärke durch Zinnchlorür verschwunden ist, so sieht man noch deutlich die gelbe des Eisenchlorids. Auf einmal aber, oft nach einer
                              Minute Zeit, tritt plötzlich wieder die blaue Farbe
                              zugleich in der ganzen Flüssigkeit ein. Durch Erwärmen wird dieß beschleunigt, und
                              die blaue Farbe erscheint an der Stelle zuerst, welche
                              die Weingeistflamme beleckt. Wegen der Jodstärke darf man
                              nicht höher als 50 bis 60° Cels. erwärmen. Eine Verflüchtigung des Jods muß
                              ebenfalls vermieden werden, was am besten durch Verschluß mit einem gläsernen
                              Stöpsel und Erwärmen im Wasserbade geschehen kann. Die Zahlen, die nach dieser
                              Methode erhalten werden, sind absolut gleich jenen nach der ersten.
                           
                        
                           III. Methode.
                           Man versetzt die eisenoxydhaltige Flüssigkeit, wie bei II mit Stärkelösung und Jodkalium, erwärmt bis zu 50
                              bis 60° C. und titrirt nun mit einer Lösung von unterschwefligsaurem Natron aus. Die Erscheinung ist ganz genau wie bei
                              der zweiten Methode. Da die Lösung des
                              unterschwefligsauren Natrons ungleich haltbarer ist als Zinnchlorür, so hat man den
                              Vortheil, längere Zeit mit derselben Flüssigkeit ohne fernere Titrestellung
                              fortarbeiten zu können. Das in der Wärme ausgeschiedene Jod ist äquivalent der Menge des Eisenoxyds,
                              und die Genauigkeit der Jodbestimmung durch unterschwefligsaures Natron ist in meinem Lehrbuche der
                              Titrirmethode aufs schärfste nachgewiesen. Da 28 Eisen als Oxyd 1/2 Atom Jod aus
                              Jodwasserstoff ausscheiden und 1 Atom oder 124 Theile kryst. unterschwefligsaures
                              Natron 1/2 Atom Jod aufnehmen, so würde auf 10 Grm. Eisen
                              (124 × 10)/28 oder 44,3 Grm. unterschwefligsaures
                              Natron aufs Titre kommen. Von einer solchen Flüssigkeit brauchte ich jedoch auf 10
                              K. C. Eisenlösung 10,7 K. C. statt 10 K. C., die hätten gebraucht werden sollen.
                              Darnach würden 47,4 Grm. unterschwefligsaures Natron auf 1 Liter kommen, um eine der
                              Eisenlösung ganz gleichwerthige Flüssigkeit zu haben. In jedem Falle ist es
                              sicherer, den Titre auf die Eisenlösung zu stellen, weil man dadurch vor jeder
                              Abweichung der Zersetzung von der Formel ganz gesichert ist.
                           Alle drei Methoden lassen sich rückwärts corrigiren, wenn man glaubt, daß man den
                              richtigen Punkt überschritten habe.
                           Bei der ersten Methode mit Rhodankalium und Zinnchlorür
                              kann durch die Eisenlösung selbst aus einer Bürette die erste Probe des Rhodaneisens
                              wieder hergestellt werden.
                           
                           Bei den beiden anderen Methoden kann mit einer Jodlösung,
                              deren Stärke gegen die unterschwefligsaure Natronlösung vorher festgestellt ist, der
                              überschüssig zugesetzte Antheil des unterschwefligsauren Natrons sehr scharf
                              bestimmt werden. Man zieht die reducirten Mengen Jodlösung von der Menge des
                              unterschwefligsauren Natrons ab und berechnet dann.
                           Um die Zuverlässigkeit der Methoden durch Belege zu unterstützen, habe ich 1 Grm.
                              schwefelsaures Eisenoxydul-Ammoniak in Salzsäure gelöst, mit chlorsaurem Kali
                              oxydirt, und nun mit Rhodankalium und Zinnchlorür bestimmt. Es wurden 13,3 K. C.
                              Zinnchlorürlösung gebraucht. Die Titrestellung ergab, daß 30 K. C. Eisenlösung oder
                              0,3 Grm. metallisches Eisen = 28 K. C. Zinnlösung waren. Darnach sind 13,3 K. C. =
                              (13,3 × 0,3)/28 = 0,1425 Grm. Eisen.
                           Das Eisendoppelsalz enthält bekanntlich 1/7 seines Gewichts Eisen. 1/7 ist aber
                              decimal = 0,1428, also eine sehr befriedigende UebereinstimmungUebereinstimmmung. 2 Grm. desselben Eisendoppelsalzes erforderten in gleicher Weise
                              behandelt 26,7 K. C. Zinnchlorürlösung, diese entsprechen nach obigem Titre 0,2860
                              Grm. Eisen, während die Berechnung 0,2857 erfordert.
                           Welche von den drei fast gleich guten Methoden man wählen solle, hängt fast nur von
                              praktischen und ökonomischen Bestimmungsgründen ab. Die Rhodankaliummethode mit
                              Zinnchlorür läßt durch das Kochen eine ganz rasche Vollendung der Operation zu; die
                              Methode mit unterschwefligsaurem Natron hat den Vorzug eine titrebeständige Substanz
                              anzuwenden, die nicht jeden Tag eine Titrestellung verlangt.