| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 154, Jahrgang 1859, Nr. , S. 314 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Anwendung des Zeuner'schen Diagrammes auf Steuerungen mit kurzen
                              Excenterstangen.
                           Hr. Professor G. Zeuner in
                              Zürich kommt im 1sten Maihefte des Civil-IngenieursDaraus im polytechn. Journal Bd. CLIII S.
                                       315. auf die vom Unterzeichneten im vorjährigen 2ten Novemberhefte des polytechn.
                              Journals veröffentlichte Abhandlung: „die Anwendung des Zeuner'schen Diagrammes auf Steuerungen mit kurzen
                                 Excenterstangen“ zurück, und beweist, daß die dort aufgestellte
                              Theorie für den Vorwärtsgang des Kolbens wohl richtig, die Resultate derselben für
                              den Rückwärtsgang sich jedoch um ebensoviel negativ herausstellen, als sie für den
                              Vorwärtsgang positiv sind, und daß hierdurch jene Theorie nur noch zur Erkennung der
                              Größe des „Fehlergliedes“, und somit zur Beurtheilung, ob eine
                              Steuerung praktisch ausführbar ist oder nicht, benutzbar bleibt. In der That ist der
                              Unterzeichnete durch Nichtberücksichtigung der Resultate für den Rückwärtsgang des
                              Kolbens zu dem von Hrn. Professor Zeuner berichtigten Irrthum gekommen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 154, S. 315
                              In Folge dieser Berichtigung ist derselbe darauf aufmerksam geworden, daß der
                                 nebenskizzirte Mechanismus, durch welchen häufig bei Dampfpumpen die auf-
                                 und abgehende Bewegung des Kolbens in die rotirende der Kurbel übertragen wird,
                                 vollständig symmetrische Beziehungen zwischen den Abmessungen der geradlinigen
                                 Bewegung und den zugehörigen Drehungswinkeln der Kurbel vom todten Punkte aus,
                                 ergibt, so daß, wenn r die Größe der Excentricität
                                 ist, und sich am Ende der Stange a der Dampfschieber
                                 befindet, für den Drehungswinkel ω der Kurbel
                                 der Weg ξ, um welchen sich der Schieber aus
                                 seiner mittleren Stellung entfernt hat, unter allen Verhältnissen
                              ξ = ± r
                                    sin (ω + δ)
                              ist.
                              
                           Bewirkt man außerdem auch noch durch diesen Mechanismus die Umwandlung der
                              auf- und abgehenden Bewegung des Kolbens in die rotirende der Kurbel, so
                              ergeben sich gleiche Schieberstellungen bei gleichen Kolbenstellungen, was gewiß
                              einen sehr wohlthätigen Einfluß auf die Gleichmäßigkeit der Wirkung ausüben
                              wird.
                           Zudem zeigt eine Vergleichung dieses Mechanismus mit dem der Kurbel und Bleuelstange,
                              daß er während eines größeren Theiles des Kurbelkreises die vom Kolben empfangene
                              Kraft mehr tangential auf den Kurbelkreis überträgt, als der letztere, und eine
                              Dampfmaschine, bei welcher durch diesen Mechanismus die Uebertragung der Kraft auf
                              die Kurbel hergestellt wird, gestaltet sich immer einfacher und ist bei weitem
                              weniger theuer als eine solche, bei welcher diese Uebertragung durch die
                              Bleuelstange erfolgt.
                           Bei vielen stationären Dampfmaschinen dürfte die Bewegung der Schieber durch den in
                              Rede stehenden Mechanismus leicht von der Regulatorwelle aus zu bewerkstelligen
                              seyn, wenn die Uebersetzung von der Kurbelwelle nach hier 1 : 1 ist.
                           Dessau, im November 1859.
                           H. Fuhst.
                           
                        
                           Ueber das Schiffsziehen auf Canälen mittelst Dampf.
                           Das System des Schiffsziehens, welches durch den Ingenieur F. Bouquié vorgeschlagen worden ist, hat
                              zum Zwecke, die Zugpferde durch kleine Locomobilen zu ersetzen, welche auf dem
                              Verdecke der Boote aufgestellt werden und ihre Bewegung auf ein Rad übertragen,
                              dessen Zahne in die Glieder einer unter Wasser ausgespannten Kette eingreifen. Der
                              Bewegungsapparat steht auf einer beweglichen Unterlage, so daß er bei der Ankunft
                              entfernt und auf ein abgehendes Boot übertragen werden kann. Die Rückfahrt kann mit
                              derselben Kette erfolgen, wobei natürlich die abwärts fahrenden Boote die Kette
                              verlassen müssen, sobald ihnen ein aufwärts gehendes Boot begegnet.
                           Diese Methode der Beförderung bietet den Vortheil, sich auf jede Art von Kähnen
                              anwenden zu lassen, ohne einen besondern Remorqueur zu erfordern. Während bei der Anwendung des
                              letzteren an jeder Schleuße die sämmtlichen angehängten Kähne so lange warten
                              müssen, bis auch der letzte durchpassirt ist, fällt dieser Zeitverlust bei der neuen
                              Methode ganz weg. Man erspart ferner das ganze todte Gewicht des Remorqueurs, man
                              vermeidet den Kraftverlust, der durch das Senken der Ziehtaue entsteht, und kann
                              endlich eine verhältnißmäßig schwache Kette anwenden, da die daran angreifende Kraft
                              diejenige von 4 Pferden nicht übersteigt. Auch die Generalkosten des Transportes
                              werden durch die häufigeren Reisen vermindert, und Hr. Bouquié meint, daß durch seine Methode
                              den Canälen die Concurenz mit den Eisenbahnen wesentlich erleichtert werden wird.
                              Vor diesen haben die Canäle viele Vortheile, besonders in Beziehung auf das zu
                              bewegende todte Gewicht, auf den zu überwindenden Widerstand, das aufzuwendende
                              Capital, die Unterhaltungskosten etc. Einige Zahlen werden dieß beweisen.
                           Um 400 Tonnen Kohlen (à 1000 Kilogr.) auf der
                              Eisenbahn zu befördern, braucht man 40 Waggons, die leer (à 4200 Kilogr.)
                           
                              
                                 wiegen
                                 
                                 168000 Kilogr.
                                 
                              
                                 eine Locomotive und Tender
                                 
                                   63000    „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Summe
                                 231000 Kilogr.
                                 
                              
                           Das todte Gewicht zweier Kähne, die zusammen 400,000 Kilogr. Kohlen fassen, beträgt
                              nur 120,000 Kilogr., indem man dabei gleichzeitig das Leer-Zurückfahren
                              einrechnet, was wir bei der Eisenbahn nicht angenommen haben.
                           Auf einer Eisenbahn, deren mittlere Steigung 1 : 500 ist, beträgt die zur Bewegung
                              von 1000 Kilogr., mit einer Geschwindigkeit von 1 Meter per Secunde, nöthige Kraft 7 Kilogr., was sechsmal soviel, als bei der
                              Schifffahrt erforderlich ist. Was die aufzuwendende Capitalanlage anbelangt, sind
                              die Vortheile noch viel bedeutender; die Canäle kosten per Kilometer, mit dem Materiale, ungefähr 150,000 Frc., während die
                              Kosten von 1 Kilometer Eisenbahn zwischen 3–400,000 Frc. schwanken. Die
                              Unterhaltungskosten der Eisenbahnen sind bedeutend; man muß ohne Unterlaß repariren
                              und erneuern, sowohl was den Bahnkörper, als was das rollende Material anbelangt,
                              während von einer Abnutzung der Canäle kaum die Rede ist. Der Beweis für die
                              unzweifelhaften Ersparnisse beim Transporte schwerer Massen auf den Wasserwegen
                              liegt darin, daß der Canaltransport trotz der großen Opfer, welche von Seiten der
                              Eisenbahnen gebracht sind, überhaupt noch besteht, obwohl er bisher auch die Hülfe
                              der Dampfkraft hat entbehren müssen – eine Kraft, deren jetzt ermöglichte
                              Anwendung der Kahnschifferei und damit der ganzen Transportindustrie einen nicht
                              geahnten Aufschwung geben muß.
                           Die Zahlen des Hrn. Bouquié sind durch praktische Erfahrungen bestätigt worden.
                              Seine Methode ist gegenwärtig auf der Seine zwischen Paris und Conflans
                              eingerichtet, und es bleibt nur noch übrig, die 303 Kilometer zwischen Conflans und
                              Mons, und die 164 Kilometer zwischen la Fère und Charleroi ebenso
                              herzustellen. Da das Seilziehen nach dieser Methode das Wasser nicht aufrührt, kann
                              man die Geschwindigkeit der Kähne leicht aus 4 Kilometer per Stunde steigern, und wenn die Fahrt täglich 12 Stunden dauert und an
                              jeder Schleußt 15 Minuten verloren werden, kann man von Charleroi und Mons (den
                              Hauptkohlenplätzen) nach Paris in 9 Tagen kommen. Unter diesen Umständen und mit
                              Zugrundelegung der schon erhaltenen Resultate, berechnet Hr. Bouquié, daß die Fracht per Tonne von Charleroi und Mons nach Paris nur 6,79
                              Frc., gegen die früheren 10,29 Frc. kosten wird.
                           Durch die erzielte größere Geschwindigkeit läßt sich die Zahl der nöthigen Fahrzeuge
                              wesentlich vermindern. Statt 3000, wie jetzt, würden 900 genügen, um den
                              gegenwärtigen Kohlenverkehr von Charleroi etc. nach Paris zu vermitteln.
                           Es würden kosten:
                           
                              
                                 900 Fahrzeuge à 6000
                                    Frc.
                                 
                                 5,400000 Frc.
                                 
                              
                                 400  Locomobilen à 5000 Frc.
                                 
                                 2,000000  „
                                 
                              
                                 451  Kilometer Kette à 2000 Frc.
                                 
                                    902000  „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––
                                 
                              
                                 Das nöthige Capital
                                 zusammen 
                                 8,302000 Frc.,
                                 
                              
                           eine gegen die Wichtigkeit der Anlage verschwindende Summe.
                              (Moniteur des int. mat., 1859 S. 241; Wochenschrift
                              des schlesischen Vereins für Berg- und Hüttenwesen, Nr. 43.)
                           
                        
                           
                           Trockenkammer für Baumwolle, Wolle, Garn, Getreide etc., von
                              Colin Mather in Salford und Henry Charlton in Manchester.
                           In einer länglich-viereckigen gemauerten Kammer sind zwei parallele und
                              verticale Scheidewände angebracht, welche bis beinahe an die Decke der Kammer
                              reichen. Der Boden desjenigen Theiles der Kammer, welcher zwischen den beiden
                              Scheidewänden liegt, ist vielfach durchlöchert, und der Raum unter demselben steht
                              mit einem stark ziehenden Schornstein in Verbindung. Die beiden anderen Theile der
                              Kammer, welche zwischen den Außenwänden und den beiden Scheidewänden liegen werden
                              durch Gas oder auf irgend eine andere Weise geheizt. Die erhitzte Luft steigt nach
                              der Decke auf und geht, durch den Zug im Schornstein angesaugt, im mittleren Theile
                              nieder. In diesem befinden sich die zu trocknenden Gegenstände.
                           Sollen Garne oder gewebte Waaren auf diese Weise getrocknet werden, so sind sie in
                              Zickzacklinien über Rollen zu führen. Handelt es sich um das Trocknen von Getreide
                              und ähnlichen Artikeln, so kommen diese auf siebartig durchlöcherte Tröge oder
                              Gesimse zu liegen Die Kammer ist mit einer durch eine Thür verschließbaren Oeffnung
                              versehen. – Patentirt in England am 14. April 1858. (Repertory of Patent-Inventions, December 1858, S. 469.)
                           
                        
                           Neue Anwendung des Mineralöls zum Einölen der Uhren und
                              anderer metallener Geräthschaften; von Dr. Willibald Artus.
                           Man hat die Erfahrung gemacht, daß selbst die feinsten thierischen und Pflanzenfette,
                              Oele u.s.w. mit der Zeit, indem dieselben zersetzt werden, die Metalle angreifen und
                              oxydiren; ich wurde deßhalb oft von Technikern angegangen, ein paffendes
                              Ersatzmittel ausfindig zu machen, welches mir auch an dem Mineralöle (ein Product
                              der Destillation fossiler Brennstoffe und als ein Gemenge von verschiedenen noch
                              nicht genau studirten Kohlenwasserstoffverbindungen anzusehen) gelungen ist.
                           Da jedoch das Mineralöl stets einen unangenehmen Beigeruch enthält, so ist dasselbe
                              zu vorliegenden Zwecken zuvörderst dadurch zu reinigen, indem man dasselbe mit einer
                              gesättigten Lösung von unterchlorigsaurem Natron schüttelt, hierauf einige Zeit
                              stehen läßt, das obenauf sitzende Oel abgießt, das Abgegossene wiederholt mit
                              Kalkmilch schüttelt und hierauf die Masse abklären läßt, worauf dann das Oel
                              abgegossen, mit 1/3 Volumen concentrirter Natronlauge vermischt und der
                              Rectification unterworfen wird.
                           Mit diesem Oele sind von verschiedenen Technikern Versuche angestellt worden, die für
                              die außerordentlich günstige Brauchbarkeit zu obigen Zwecken sprechen, weßhalb ich
                              daher keinen Anstand nehme, das Oel zu den gedachten Zwecken den Technikern hiermit
                              zur Beachtung zu empfehlen. (Vierteljahresschrift für technische Chemie)
                           
                        
                           Ueber Mäßigung des allzu grellen Lichts der
                              Photogen-Lampen; von Apotheker C.
                                 Feldmann in Bad Wildungen.
                           So vortrefflich auch das Licht der sogenannten Photogen-Lampen ist, so ist
                              dennoch nicht zu läugnen, daß dasselbe, bei anhaltendem
                              Gebrauch, den Augen unangenehm, ja schädlich werden kann, vorzüglich beim Schreiben
                              oder Lesen. Um nun das Grelle dieses Lichts zu mildern, habe ich Folgendes als
                              äußerst zweckdienlich erkannt. Man verreibe gut trocknenden (dicken) Copal-
                              oder Dammarlack mit dunkelgrünem Zinnober zu einer dicklichen, kaum fließenden
                              Masse. Vermittelst eines gewöhnlichen (mindestens daumendicken) Haarpinsels
                              bestreiche man dann die äußere
                               Seite der
                              Milchglas-Kuppeln und zwar so, daß man mehr betupfend als streichend den
                              Pinsel verwendet. Auf diese Weise entstehen (selbst von Solchen, die nie einen
                              Pinsel geführt) wunderschöne moos- oder laubartige transparante Gebilde;
                              anfangs verschwinden diese, binnen einigen Minuten jedoch wo die Lackfarbe zu
                              trocknen beginnt, bleiben sie stehen. Um die Procedur besser überwachen zu können,
                              nimmt man sie Abends vor, indem man die Kuppel über die brennende Lampe stellt. Für
                              wenige Groschen und binnen einer halben Stunde kann jeder Laie im Malen sich mehrere
                              solcher Schirme anfertigen, die sich nicht bloß recht hübsch ausnehmen, sondern auch
                              äußerst wohlthuend für die Augen sind. Sehr vortheilhaft kann man sich selbst
                              theilweis gesprungener Kuppeln, die man in
                              Glas-Handlungen nicht selten zum vierten Theil des Preises erkaufen kann,
                              bedienen, indem man die Sprünge aus der Außenseite derselben mit schmalen Streifen
                              feiner Leinwand mittelst dicker Gummilösung beklebt und nach
                                 dem Trocknen dann auf die vorhin angedeutete Weise bestreicht; die
                              schadhaft gewesenen Stellen im Glase verschwinden für das Auge fast ganz. (Böttger's
                              polytechnisches Notizblatt, 1859, Nr. 22.)
                           
                        
                           Darstellung einer zu Kerzen geeigneten starren Fettsäure
                              (Elaidinsäure) durch Einwirkung von Untersalpetersäure auf Oelsäure, nach Jacquelain.
                           Das von Jacquelain angegebene Verfahren besteht im
                              Wesentlichen darin, daß man Oelsäure, Talg oder irgend ein anderes, nicht
                              trocknendes Fett mit Untersalpetersäure behandelt, um die Oelsäure in Elaidinsäure
                              zu verwandeln. Die Untersalpetersäure erzeugt man durch Erhitzen von salpetersaurem
                              Bleioxyd. was in einem emaillirten gußeisernen Cylinder geschehen soll. Auf 500
                              Kilogr. Oelsäure oder Talg wendet man diejenige Quantität Untersalpetersäure an,
                              welche aus 7 Kilogr. getrocknetem salpetersaurem Bleioxyd entwickelt wird. Die
                              Untersalpetersäure wird aus dem Cylinder durch ein bleiernes Rohr in das Fett
                              geleitet, welches sich in einer mit Blei ausgefütterten Kufe befindet. Das Bleirohr
                              breitet sich auf dem Boden der Kufe in einer Spirale aus, welche mit vielen kleinen
                              Löchern versehen ist, durch welche die Untersalpetersäure austritt. Die Windungen
                              dieser Spirale liegen abwechselnd mit denen eines andern spiralförmigen Bleirohrs
                              (ohne Löcher), durch welches man Wasserdampf leitet, um das Fett flüssig zu
                              erhalten. Man kann mehrere Kufen mit einander verbinden, indem man die Dämpfe von
                              Untersalpetersäure, welche aus dem Fett der einen Kufe entweichen, in das in einer
                              zweiten Kufe befindliche Fett leitet.
                           Wenn diese Behandlung mit Untersalpetersäure beendet ist, bringt man das Fett in die
                              Formen, wo es erstarrt. War die angewendete Substanz Oelsäure, so hat man nun weiter
                              nichts mehr zu thun, als das erstarrte Fett erst kalt und dann warm in einer
                              hydraulischen Presse zu pressen. Wenn man aber Talg als Rohmaterial angewendet hat,
                              so verseift man das Fett, nachdem die Behandlung mit Untersalpetersäure
                              stattgefunden hat, in gewöhnlicher Manier durch Kalk und führt weiter alle die
                              Operationen aus, welche bei der gewöhnlichen Stearinsäurefabrication vorkommen.
                           Zur Entwicklung der Untersalpetersäure, die zu diesem Verfahren nothwendig ist,
                              können nur wasserfreie salpetersaure Salze verwendet werden. Der Patentträger
                              benutzt, wie erwähnt, vorzüglich salpetersaures Bleioxyd; es ist aber auch
                              entwässertes salpetersaures Kupferoxyd anwendbar. Beim Glühen dieser Salze bleibt
                              Bleioxyd oder Kupferoxyd in dem Cylinder zurück. Aus diesen Oxyden erzeugt man immer
                              wieder die salpetersauren Salze, indem man sie mit gewöhnlicher Salpetersäure, die
                              mit etwas Wasser vermischt ist, befeuchtet und das Ganze in gelinder Wärme
                              austrocknet.
                           In einem zweiten Patent vom Jahre 1854 bemerkt Jacquelain
                              zunächst, daß er sich überzeugt habe, daß die Untersalpetersäure nur auf die
                              Oelsäure, nicht auf die starren Fettsäuren wirke, und theilt dann nachstehende
                              Modifikationen seines Verfahrens mit:
                           Auf 100 Kilogr. Oelsäure nimmt man 7 Kilogr. salpetersaures Bleioxyd oder die
                              äquivalente Menge salpetersaures Kupferoxyd. Statt dieser salpetersauren Salze kann man auch
                              wasserfreien salpetersauren Kalk anwenden, was sogar sehr vortheilhaft ist. Es ist
                              seit lange bekannt, daß die Kuchen der rohen, noch mit Oelsäure vermischten
                              Stearinsäure schon durch bloßes kaltes Pressen ein reineres Product geben, wenn sie
                              nicht zu hart sind und die Stearinsäure darin deutlich krystallisirt ist. Diese
                              Erfahrung benutzend, hat der Patentträger gefunden, daß man aus der mit
                              Untersalpetersäure behandelten Oelsäure leichter die erstarrte Fettsäure abscheiden
                              und bleichen kann, wenn man das mit Untersalpetersäure behandelte Fett vor dem
                              Pressen mit 1/4 seines Gewichts gewöhnlicher Oelsäure zusammenschmilzt. Man gießt
                              diese Mischung in Formen, läßt sie gut erkalten und preßt die Masse dann zuerst kalt
                              und dann warm zwischen Haartüchern in gewöhnlicher Manier aus.
                           Wenn man 100 Kilogr. geschmolzenen Talg mit Untersalpetersäure behandelt, sodann mit
                              Kalk verseift und aus der Kalkseife die Fettsäuren wieder ausscheidet, so erhält man
                              eben so viele Fettsäuren, als wenn man den Talg ohne vorausgegangene Behandlung mit
                              Untersalpetersäure durch Kalk verseift, nämlich circa 96
                              Proc.; die Fettsäuren sind aber im ersten Falle weit härter als im letztern. Man muß
                              daher im erstern Falle dem Product, welches zu hart ist, um mit Nutzen gepreßt
                              werden zu können, vor dem Pressen 1/3 seines Gewichts Oelsäure hinzufügen.
                           Es versteht sich von selbst, daß bei der Behandlung des Talgs mit Untersalpetersäure
                              das in demselben enthaltene Olein (Main) in Elaidin umgewandelt wird, woraus es sich
                              erklärt, daß man bei der nachfolgenden Behandlung mit Kalk etc. weit mehr starre
                              Fettsäure erhält, als wenn man ohne Anwendung von Untersalpetersäure bloß mit Kalk
                              verseift. Am besten ist es aber, den Talg zunächst durch Kalk zu verseifen und die
                              durch eine Säure aus der Kalkseife abgeschiedenen Fettsäuren mit Untersalpetersäure
                              zu behandeln, worauf man sie mit 1/5 ihres Gewichts gewöhnlicher Oelsäure
                              zusammenschmilzt und diese Mischung nach dem Erstarren erst kalt und dann warm
                              preßt.
                           Der Patentträger führt zuletzt noch an, daß es ihm gelungen sey, den salpetersauren
                              Kalk vollständig auszutrocknen, und daß solcher wasserfreier salpetersaurer Kalk das
                              beste Mittel zur Entwickelung der Untersalpetersäure sey, da er einen durch Eisen
                              nicht reducirbaren Rückstand lasse, aus welchem durch Zusatz von Salpetersäure immer
                              wieder salpetersaurer Kalk erzeugt werden könne. Die Entwickelung der
                              Untersalpetersäure aus salpetersaurem Kalk kommt weit wohlfeiler zu stehen als die
                              aus salpetersaurem Bleioxyd, weil der salpetersaure Kalk bei gleichem Gewicht viel
                              wohlfeiler ist, und weil man davon nur 19 Kilogr. nöthig hat, um die Quantität
                              Untersalpetersäure zu erzeugen welche von 35 Kilogr. salpetersaurem Bleioxyd
                              geliefert wird. (Aus dem Technologiste, durch das
                              polytechnische Centralblatt, 1859 S. 1028.)
                           
                        
                           Die künstliche Austernzucht.
                           Wenn Austern auch nicht geradewegs gesponnen und gewoben wie Garn oder gegossen und
                              gewalzt wie Eisen werden, so hat doch die künstliche Beförderung der Erzeugung
                              solche Formen angenommen, daß man wohl von einer Manufactur reden kann. Der
                              Austernfang ist ein wichtiger Erwerbszweig an den Küsten des atlantischen Meeres,
                              und England, Frankreich, Belgien und Deutschland betheiligen sich gleicherweise
                              dabei, so sehr sie es vermögen. Bekanntlich hat man in Frankreich den Gegenstand der
                              nachhelfenden Befruchtung der Fische in den Strömen sehr ernsthaft ins Auge gefaßt
                              (worüber wir des Mehreren im polytechn. Journal) zu verschiedenen Malen
                              veröffentlicht haben. Diese Nachhülfe dehnt man jetzt auch auf Austernbänke aus. Man
                              hat dazu einen Theil der Bay von St. Brieux gewählt, einen Platz, der von Natur dazu
                              geschaffen scheint und auf eine Ausdehnung von 12,000 Hektaren (zu 2 Acker) der
                              Austernzucht alle Vortheile bietet, denn der Boden ist feiner Sand, wenig gemischt
                              mit Schlick oder Klei. Die Fluth, welche dort von N. W. zu S. W. und umgekehrt
                              steigt und fällt, mit einer Geschwindigkeit von 3 engl. Meilen in der Stunde,
                              erneuert das Wasser fortwährend und führt allen unreinen Niederschlag ab und faßt, indem
                              es sich gegen die Felsen bricht, alle wünschenswerthen belebenden Eigenschaften in
                              sich. Die Auslegung der Brutaustern geschah im März und schloß mit April dieses
                              Jahres, während welcher Zeit 3 Millionen Austern ausgelegt wurden, die zum Theil aus
                              der See, zum Theil von den Bänken von Cancale und Treguler genommen wurden. Man
                              legte sie in 10 längwegs laufende Bänke, die zusammen eine Oberfläche von 1000
                              Hektaren ausmachen. Die Lage dieser Bank hat man im vorweg auf einer Karte
                              ausgemessen und schwimmende Flaggen Behufs der Zurechtfindung der Schiffe
                              ausgesteckt. Damit die Auslegung der Austern mit gehöriger Regelmäßigkeit geschehe
                              und die weiblichen Austern nicht verletzt werden dadurch, daß man sie zu dick
                              aufeinander legt, bedient man sich zweier Dampfer, welche die mit den Austern
                              beladenen Boote nachschleppen und sich innerhalb der ausgemarkten Stellen von einem
                              Ende zum andern bewegen und dabei das Aussetzen von Austern vor sich gehen lassen
                              und wenn sie an einem Ende angekommen sind, auf demselben Wege zurückkehren und das
                              Aussetzboot fortziehen, so daß das Setzen genau so bewirkt wird als wenn man
                              Pflugfurchen auf dem Felde zieht. Nach geschehener Aussetzung oder Auslegung tritt
                              sofort auch die Nothwendigkeit auf rings um die Bänke und oben darüber Vorrichtungen
                              anzubringen daß der Laich sich gehörig sammle und auf einem und demselben Platz
                              verbleibe. Ein Mittel, was man zu diesem Ende anwendet, besteht darin, daß man die
                              Bank mit alten Austernschalen bedeckt, damit nicht ein einziges Samenkorn irgend
                              wohin falle, wo es sich nicht zu befruchten vermag. Das zweite Mittel ist die Legung
                              von Faschinen von einem Ende der Bank zum andern, die man an der Wurzel mit Steinen
                              belastet und an der Spitze fest macht, ähnlich wie Spaliere. Die Faschinen stehen
                              18–20 Zoll über der Bank und verhindern dadurch, daß der Laich von der Fluth
                              mit fortgerissen werde. Gelegt werden die Faschinen durch Männer in Taucherkleidung.
                              Da die Stricke, mit denen die Faschinen vor der Hand befestigt wurden,
                              wahrscheinlich sich bald abnutzen werden, so wird man später dünne eiserne verzinkte
                              Ketten dazu anwenden, welche in Werkstätten des Staats gefertigt werden.
                           Die Bänke und Faschinenhecken sind ganz genau auf der Karte verzeichnet, so daß es
                              thunlich ist sie nach der Reihe aufzunehmen, gerade wie ein Bauer seine Aepfel Baum
                              für Baum pflückt.
                           Der Bericht der Commission für jene künstliche Austernzucht führt an, daß kaum 6
                              Monate seit der Vollendung der Anlage verflossen seyen, und das Ergebniß derselben
                              bereits die kühnsten Erwartungen übertreffe. Die Austernbänke von Cancale und
                              Granville selbst in ihrem gedeihlichsten Zustande und ihren besten Tagen hätten nie
                              eine solche Masse Austern geliefert. Die Faschinenzweige sitzen gehäuft voll Austern
                              gleich wie Blüthen, die im Frühling einen Baum ganz bedecken. Man könnte die
                              Faschinen in der That für versteinert halten. Eine dieser Faschinen hat man nach
                              Paris geschafft und an derselben 20,000 junge Austern gezählt. Sie sind bereits
                              größer als 1 Zoll im Durchmesser und die Faschine nimmt mehr Platz im Wasser ein als
                              eine Garbe auf dem Felde. Die Austern, wenn sie vollkommen ausgewachsen wären,
                              würden einen Preis von 16 Francs das Tausend haben. Die Bay von St. Brieux kann
                              demnach dermaleinst eine wahre Schatzkammer werden. (Deutsche Gewerbezeitung, 1859,
                              Heft 7.)